Bin ich wirklich zu alt?

Hallo sixty, danke für die Blumen!
Zu den Themen berufliches Selbstverständnis und Konfrontation fällt mir mal wieder unsere Auseinandersetzung zum Thema Pflegekammer ein. Falls es Dich interessiert, das ist der Link: http://www.krankenschwester.de/foru...kammer-bayern-groesste-idelle-aufwertung.html
Da kannst Du die unterschiedlichen Meinungen innerhalb Deiner neuen Berufsgruppe gut nachvollziehen.
Doch noch einmal zum Thema Salutogenese: ich denke, daß Dir dieses Modell sehr entgegenkommen wird, wenn ich an Deine Beiträge so denke.
Ihr Prinzip ist ja, nicht mehr in Dichotomien (entweder krank oder gesund) zu denken, sondern das Ganze als einen Prozess zwischen den Polen krank und gesund zu verstehen. Mit diesem Verständnis ist man zwar auch krank, hat aber bis zum letzten Tag noch gesunde Anteile in sich. Also jemand der Asthma hat, gilt u.U. als gesund, wenn er sein Asthma im Griff hat und kaum Einbußen in seiner Lebensqualität hinnehmen muß. Und dann kommt natürlich die Frage nach den Gesundheitsfaktoren. Was also hat Einfluß auf unsere Gesundheit, im positiven wie im negativen Sinne? Es sind immer materielle, soziale, persönliche und gesellschaftlich-kulturelle Faktoren, die dafür verantwortlich sind, wie krank oder gesund wir uns fühlen.
Am wichtigsten ist das Kohärenzgefühl, also die allgemeine Grundhaltung dem Leben und der Welt gegenüber. Und das wiederum ist von 3 Dingen abhängig: der Verstehbarkeit, der Handhabbarkeit und der Bedeutsamkeit meines Asthmas für mein Leben.
Um beim Beispiel Asthma zu bleiben: Wenn ich weiß, wie das Enstehen von Asthma erklärt werden kann, selbst wenn es unterschiedliche Ansätze sein sollten, habe ich bereits ein anderes Verständnis dafür. Wenn ich dann noch weiß, welche Auslöser z.B. für einen Anfall verantwortlich sein können und die dann meide, wenn ich mich mit den Medikamenten gut auskenne und sie richtig anwende, einen Arzt meines Vertrauens habe, dann kann ich mit meinem Asthma umgehen. Und wenn dann meine innere Überzeugung noch die ist, daß ich mit meinem Asthma gut weiterleben kann, weil ich ein Grundvertrauen in die Natur, die Fähigkeiten von mir und meinem Arzt sowie in die Pharmaindustrie habe, so bedeutet das bereits Gesundheit auf diesem Kontinuum. Das heißt, obwohl ich Asthma habe, fühle ich mich gesund und bin es auch in einem gewissen Maße. Nicht mehr vollständig, aber doch noch genug.
 
Off Topic: Salutogenese hat in Gegensatz zu den anderen Gesundheitsmodellen, nicht die Ausgangsfragestellung "Wie entstehen die Krankheiten?", sondern hat sich Antonovsky mit der Fragestellung "Was hilft den Menschen gesund zu bleiben" beschäftigt. Das war ein wichtiger Perspektivenwechsel. Übrigens hat er fest gestellt, dass die Frauen die KZ überlebt haben statistisch ähnlich krank waren wie die Frauen die diese nie erfahren haben.
 
On Topic: Ich glaube nicht, dass du zu alt bist. In meiner Helferausbildung war auch jemand der so alt war. Wenn ich alles lese was du schreibst, glaube ich einfach du solltest das Ganze bisschen gelassener angehen. Ich bin selbst 35 und werde in einer Woche fertig. Ähnliche Gedanken hatte ich am Anfang. Mittlerweile weiß ich, dass es viel einfacher war als ich es befürchtet habe. Mindestens was die Umgebung angeht. Sicherlich gab es auch Probleme, aber statistisch eigentlich seltener als bei meinen Kurskollegen.

Ich wünsche Dir für deinen Weg alles Gute
 
"Was hilft den Menschen gesund zu bleiben"
Ja, Kräuterfrau, das war ein ganz wesentlicher Perspektivenwechsel. Warum nur fällt mir in diesem Zusammenhang nur die unsägliche Definition der WHO ein? Nach dieser sind ja nur noch die wenigsten Menschen gesund, sie ist absurd und führt höchstens zu einem gewissen Gesundheitswahn, denn die vollkommene Gesundheit eines jeden Menschen ist eine Illusion und nicht machbar. Wie Manfred Lütz (sinngemäß) schon einmal sagte: Gesundheit wird zu einem neuen Gott und die Medzin wird überhöht und bekommt noch einen fast religiösen Charakter. Dazu kommt, das Gesundheit als Kompetenz und machbar angesehen wird, was leider unsere auch weiter bestehende Vergänglichkeit völlig außer Acht läßt. Auch wir werden einmal sterben! Apropos Sterben: manchmal wäre es schlimmer, in bestimmten Zuständen überleben zu müssen als sterben zu dürfen!
 
Apropos Manfred Lütz: "Alle Menschen sind gesund, bis sie internistisch ausreichend untersucht werden."
 
Genau, Du sagst es! Deshalb ist ja auch die Anzahl der Ärzte, die selbst an Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen, so verschwindend gering!!!
 
Übrigens, für die , die sich noch nicht so mit der Definition von Gesundheit beschäftigt haben: Früher hieß Gesundheit "das Schweigen der Organe", d.h., man fühlte sich wohl und nichts tat einem weh. Heute lt. Definition der WHO: "Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit und Gebrechen."
Eine Utopie nach meiner Meinung...
Nach Friedrich Nietzsche allerdings, und das paßt jetzt gut zur Salutogenese, ist Gesundheit "dasjenige Maß an Krankheit, das es mir noch erlaubt, meinen wesentlichen Beschäftigungen nachzugehen."
 
Hallo sixty,
leider habe ich diesen Thread jetzt erst entdeckt...Mist...
Lass Dich nicht entmutigen von einem Vorstellungsgespräch, das so „mittelmässig“ gelaufen ist.
Was Dir widerfuhr, kommt leider vor.
Manchmal ist das Alter, das die Voreingenommenheit auslöst, manchmal das Aussehen, die Stimme usw.usw.; die Liste an irrationalen Gründen ist endlos fortführbar.

Ich selbst habe es schon erlebt, dass einfach die unbeeinflussbare Tatsache, dass der Bewerber nicht aus der Region kommt, zu einer Ablehnung führte. „Oh weia, die spricht ja Hochdeutsch und nicht mal unseren regionalen Dialekt, die muss einfach arrogant sein.....so was brauchen wir hier aber nicht“

Zum Thema auf Erfahrung beruhender Respekt:
Bei einem umzugsbedingten Wechsel in eine neue Klinik ( nicht Fachabteilung) steht auch eine erfahrene Schwester immer wieder als Newbie da und wird lange entsprechend behandelt....egal, wie gross die Erfahrung in der Fachdisziplin ist.
Nach über 10 Jahren OP-Erfahrung ist es mir passiert, dass nach einem Umzug, die lieben neuen KollegInnen mir das Einsatzgebiet so vergällt haben, dass nur die Flucht blieb. Respekt gleich null, nicht mal menschlich.
Fachlich gab es, selbst auf lange Sicht, keine Chance sich zu beweisen, da die Platzhirsche nichts von ihren „Privillegien“ abgeben wollten ( Sr xy steht immer in der Chir. Am Tisch, der Dr aus der Unfallchir. Bekommt immer diese Sr), so blieb nur das Ausharren in der Warteschleife mit Putztätigkeiten.... Vom Umgangston mag ich gar nicht reden.

Mein persönliches Fazit:
Wer in seiner Abteilung wirklich Hilfe/Unterstützung durch neue Kollegen braucht, der wird auch bemüht sein, die „Neuen“ zu integrieren und einzuarbeiten.
In Abteilungen, die eigentlich gesättigt sind (keine Mehrarbeit/Überstd nötig, spärliche Bereitschafts-Dienste, sämtliche „Platzhirschplätze“ inclusive derer Vertretungen auf Jahre belegt), wird sich nicht um die Neuen gekümmert, sie werden ausgegrenzt.

Nach meinem Rückzug aus dieser unerträglichen OP-Situation, habe ich dann in einer ganz neuen Abteilung ganz von vorne angefangen, habe mich bequem als Neuling einsortieren können, meine Erfahrungen gesammelt und bin dort seit Jahren zufrieden.

Damit möchte ich Dir zeigen, dass Du nicht alleine stehst, aber vor allen Dingen, dass es auch anders geht und es sich lohnt weiter zu kämpfen, wenn Dir genug daran liegt.
VG lusche
 
Ja, Lusche, die Probleme, die Du meistern mußtest und auch gemeistert hast, kennen viele. Oft ist es nur ein einziges Detail, was neue MA von der Gruppe unterscheidet und was dazu führt, daß man "weggebissen" wird. Der Unterschied von ganz jungen zu älteren Menschen in solchen Situationen ist dann nur, daß ein lebenserfahrener sich (meist) durchkämpft oder einen kontrollierten Rückzug antritt und ein jüngerer, unerfahrenerer Mensch häufig die Flucht ergreift oder "umfällt". Das ist ja auch das Hauptthema der meisten Lebensläufe: Einiges kommt eben so ganz anders, als man es sich vorgestellt hat... Und damit muß man fertigwerden. Und das Allheilmittel der Neuzeit (Denke positiv!) würde ich mal ersetzen durch "Denke realistisch und sieh trotzdem zu, was Du aus der Situation machen kannst!"
 

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