Im Grunde genommen, liebe ich meinen Beruf noch immer,- aber das drumherum. Mal ganz abgesehen davon, daß Betriebsvereinbahrungen Mitarbeiter nicht aus dem Frei zu holen irgendwie nur auf dem Papier zu existieren scheinen, mit denen sich dann irgendwelche Nichtbetroffene auf Plakaten und in den Medien fröhlich lächelnd ablichten lassen um zu demonstrieren, was sie alles Tolles geleistet haben.- In der Praxis wissen wir ja, daß das anders aussieht und daß man die Erfindung des Telefons langsam bereut. Nach der letzten Woche gruselt es mich tatsächlich mal wieder. Von 5 freien Tagen ( ich bin Teilzeitkraft) sind 3 übrig geblieben, obwohl meine Überstunden schon dick rot im Dienstplan aufleuchten, weil in diesem Jahr jeden Monat schon von vorne herein 2 -3 Arbeitstage mehr geplant waren, als eigentlich in meinem Vertrag steht. ( Das wird sich jedoch in Zukunft wohl nicht SO wiederholen, weil sich das sozusagen als Geschenk, des Arbeitgebers an mich entpuppte, als ich wegen einer Notoperation dann 8 Wochen ausfiel und die verplanten Stunden alle in Plusstunden umgewandelt werden mußten, von dem das Haus nun wirklich nichts hat.)
Täglich 12-14 Aufnahmen, sowie Entlassungen machten mir weniger aus, auch nicht der tobende alte Herr, der mir zunächst die Urinflasche hinterhergeworfen hatte, späterhin dem Doc dermaßen einen Kinnhaken verpaßte, daß der seine Kollegin zur Hilfe rufen mußte. Nein, das alles ist normal und mein Job. Was mir die Nerven raubte, hat eigentlich gar nichts mit meinen Aufgaben zu tun. Das stundenlange Lamentieren von Angehörigen und auf Untersuchungen wartenden ambulanten Patienten und Ehefrauen, raubte mir den letzten Nerv und vergällte nahezu jeden Gang über den Stationsflur. Ich frage mich, warum sitzt eine Ehefrau wartend auf dem Stationsflur und fängt nach 40 Minuten an ununterbrochen lauthals zu lamentieren, weil der Ehemann zu einer Untersuchung muß, für die von vorne herein schon einige Stunden angesetzt ist? Ergebnis 3 Stunden Belagerung,- wie veraten und verkauft man doch ist, wenn man in einem Krankenhaus als Angehöriger warten muß, während der Ehemann einen großen Herzkatheter in der Nebenklinik erhält. - Am nächsten Tag warteten dann 2 Damen vor dem Raum um eine Spezialuntersuchung zu erhalten, für die ein bestimmter Arzt aus dem OP kommen mußte. Fazit: lautstarkes(!) Meckern und Lamentieren auf dem Klinikflur.Ich weiß nicht warum die Menschen nicht mehr wissen, wie man sich auf einem Krankenhausflur benimmt .Kaum war das Palawer bewältigt, folgte ein Nachzügler der auf dieselbe Untersuchung warten mußte mit demselben Palawer. Sicherlich ist es ärgerlich warten zu müssen. Den Patienten wird unten in der Ambulanz schon gesagt, daß sie entweder noch mal wieder zu einem Termin kommen müßten oder aber 2 Stunden spazieren gehen könnten. Die wartenden Patienten haben nicht einmal etwas mit meiner Abteilung zu tun.- Man erlebt dann je wartenden Patienten 2 Stunden demonstratives Auf- und Abgehen mit lautstarken Beschimpfungen vor dem Dienstzimmer, während man zb. die Medikamente stellen muß und alle 5 Minuten wird dann insistiert, daß man den Arzt anrufen soll. Der Hinweis, daß dieser zur Zeit mit dem Messer in der Hand operiert und jeder erneute Anruf nur weitere Verzögerungen bedeutet, bringt rein gar nichts. ( Es gibt nur 1 Arzt der diese Untersuchung machen kann, und der bekommt täglich ein volles OP Programm zugewiesen.) Erscheint der Doc dann, verlieren die wartenden Patienten nicht ein böses Wort über ihren Aufstand während der Wartezeit und tun so, als sei die Warterei überhaupt kein Problem gewesen.
Manchmal beneide ich die Dauernachtwachen, die diese Kontakte nachts nicht haben müssen und das Pflegepersonal früher zu den Zeiten, als es pro Woche 2 Besuchstage gab.
Den Vogel schoß dann am Folgetag eine Ehefrau ab, deren Ehemann auf seine Op 4 Stunden länger als geplant warten mußte, weil es einen schweren Unfall gegeben hatte. Dieser Notfall, der dafür gesorgt hatte, daß die geplante Op nach hinten verschoben wurde, wäre ohne sofortige Notop verblutet. "Fazit 4 Stunden lang "bewaffneter" Überfall der wartenden Ehefrau auf dem Flur, die bishin zum Klinikdirektor, der an der Situation auch nichts ändern könnte,-den Aufstand probte. "Für Notfälle habe sie kein Verständnis, der Ehemann sei auch ein Notfall." ( ein OSH der 2 Tage liegen mußte bis der Quick die OP erlaubte.) Man kam nicht mehr dazu an einem seiner Patienten etwas zu arbeiten ohne, daß diese Dame lamentierend hinter einen her lief und schimpfte. Ich könnte die Story nun noch weiterfortführen,- Ihr kennt das sicher.-Am Ende der 12 Arbeitstage, hatte ich das Bedürfnis von keinem mehr angesprochen zu werden und ich wünschte mir Schlappohren oder einen vorrübergehenden Hörsturz,- auch von Freunden privat nicht mehr. Nun könnte man ja meinen, daß man den lamentierenden Menschen, sagen könnte:" Dies ist ein Krankenhausflur. Hier liegen frischoperierte Patienten, bitte warten Sie unten in der Cafeteria oder Eingangshalle, wir rufen sie an. oder verhalten Sie sich bitte rücksichtsvoll." Das hätte jedoch zu 50% eine schriftliche Beschwerde zur Folge, für die man dann im Frei angerufen wird um dann extra nocheinmal anrücken zu müssen um sich bei der PDL und Geschäftsleitung zu verantworten und bei der man unter Garantie einen Anpfiff erhält und dazu verurteilt wird einen ellenlangen Bericht anzufertigen ( natürlich nicht in der Dienstzeit auf der Station).
Ich bin dazu übergegangen, mich freundlich zu entschuldigen und für die Beschwerden solcher Leute, direkt die PDL oder die Geschäftsleitung als Ansprechpartner herauszugeben. Dann erspare ich mir den Weg zur Klinik in meiner Freizeit. Die sind darüber zwar etwas genervt, aber die lamentierenden Angehörigen und wartenden Amnulanzpatienten sind damit gleich an der richtigen Stelle und das erspart uns den Umweg eines Beschwerdebriefes.
Das Arbeiten auch mit schwierigen Patienten macht mir gar nichts aus, das ist mein Job. Aber ich weiß nicht, was ich mit den lamentierenden ambulanten Patienten oder Besuchern zu tun haben soll. Seitdem es in der Klinik für jeden Kaffee gibt, gibt es zb. täglich jedesmal Zinober, wenn der letzte Patient die Kaffeekanne geleert hat und nicht sofort nachgefüllt wird. Die Leute kommen mir auf den Fluren schon mit schwappenden Kaffeebechern entgegen und überall stehen die gebrauchten Tassen herum. Somit hat der nächste Besucher einen Grund darüber zu lamentieren, daß die Sitzecken noch nicht abgeräumt und gesäubert wurden und daß man stattdessen lieber einen Patienten aus dem Op geholt , gelagert oder sich um dessen Schmerzen gekümmert hat.- Was passiert da mit der Krankenpflege? Ist das überhaupt noch Krankenpflege was ich da machen soll? Pflegefremde Tätigkeiten werden auf zentrale Dienste delegiert um sie durch andere pflegefremde Tätigkeiten zu ersetzen. Mich würde es nicht wundern, wenn es nicht mehr nur noch McDonalds, McFit demnächst heißt sondern auch noch McH..... liebe Grüße Fearn