Aktivierung einer Dementen Bewohnerin

Lisza

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06.08.2010
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Hallo an alle,

Ich mache meine Ausbildung zur Altenpflegehelferin und habe am Montag meine Abschlussprüfung. In dieser muss ich eine demente Bewohner aktivieren. Die Bewohnerin ist völlig desorientiert, spricht kaum noch und zeigt an nicht´s Interesse. Ich habe verschiedene Sachen ausprobiert. Bilder malen, ein Sandbild herstellen, eine Kiste zum wühlen, einen heißen Kakao machen da sie den sehr gerne trinkt ect... Die Bewohnerin hat alles abgelehnt, blickte stur aus dem Fenster und reagierte wenn dann nur mit Kopfschütteln. Basale Stimulation bei der Grundpflege lehnt sie auch ab, da sie dann sagt, sie friert oder will das nicht. Aktivierendes Frühstück darf ich von der Schule aus nicht machen.

Habt ihr vielleicht noch eine Idee, was ich probieren könnte? ich bin am verzweifeln...
 
Wo liegen die Ressourcen der Patientin? Wozu ist sie motorisch, geistig, willentlich in der Lage?

Hast du sie mal gefragt, was sie glücklich macht bzw. was sie sich wünscht?

Ich weiß nicht, inwieweit du zur Biographiearbeit gekommen bist - für die Frau ist sicher auch wichtig, was ihr Sicherheit gibt und welche Beschäftigungen in der Vergangenheit einen Tag ge- und sie selbst erfüllt hat.

Das bekommst du nur raus, indem du die Patientin oder Angehörige dazu befragst.

:)
 
Warum setzt du dich nicht einfach neben sie und schaust mit ihr aus dem Fenster... begegnest ihr da, wo sie ist? Erzähl ihr was. Woran mag sie sich erinnern, wenn sie aus dem Fenster schaut?

Es ist Sommer. Du kannst den Sommer rein holen. Aktuell gibt es die ersten Äpfel. Man kann daran riechen. Man kann sie betasten. Man kann schauen, was sie mit dem Apfel anfängt.

...

Ich find es immer schade, dass BasStim so völlig falsch verstanden wird und man es nur mit Waschen und belebend und beruhigend verbindet. BasStim ist viel mehr.

Ziele der Basalen Stimulation lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Sicherheit geben
Vertrauen aufbauen
Beziehung aufnehmen und Begegnung gestalten
Leben gestalten - Rhythmus entwickeln
Wahrnehmung fördern (über individuelle Stimulation der Sinne)
Außenwelt erfahrbar machen
Wiedererlangung des Körperbildes
Autonomie und Verantwortung leben

Elisabeth
 
darf ich mir die Ziele mal klauen? so wie sie da stehen?

So knapp und präzise hab ich sie noch nirgends gefunden :)
 
http://www.basale-stimulation.de/fileadmin/Redaktion/pdf/081121SatzungsAnhang.pdf

Und noch mehr, wenn du unter google suchst mit: Ziel Basale Stimulation. *g* . Die Ziele sind übrigens schon annähernd 10 Jahre bei den basalen Leuten bekannt. Schade, dass sie so wenig außerhalb dieser "Szene" Verbreitung gefunden haben.

Elisabeth

PS Vielleicht erschließt sich für dich dann auch, warum ich die ASE net als Pneumonieprophyalxe sehe sondern als nonverbales Angebot. Wäre hier auch ne Idee: ASE über dem bekleideten Körper anzubieten... wenn sie es denn zulässt.
 
hab selten soviel Input bekommen wie in den letzten Tagen - und ja, wenn ich es aus dem Blickwinkel der Stimulation sehe, verstehe ich deinen Einwand der Prophylaxe noch mehr - ich kann nur dazu lernen - danke für die vielen Links und Ansätze - es kommt leider tatsächlich zu kurz :(

(Ich beschäftige mich zuviel mit Beatmung und theoretischen Krams - anstatt das Wissen in Prozesse mit einzubinden - ich weiß ja wo der Knackpunkt liegt ;) )

Die Ziele im Groben sind mir tatsächlich klar, aber schau mal in ein Buch über Basale Stimulation - du hast 20Seiten nur Ziele die immer wieder umschrieben werden - mir gings grad um die Tatsache, alles auf einen Punkt gebracht zu haben.

Der Ansatz mit der Natur und einfach beobachten und erfühlen ist klasse :)


ich denke trotzdem dass es Sinn macht, die Klientin einfach mal zu fragen, was ihr denn gerade im Moment gut tun würde. Gerade in Prüfungssituationen werden Menschen mit Demenz überfahren - das ist zumindest mein Eindruck. Wenn die Klientin in dem Moment ihre Ruhe haben möchte und die Stille und Einsamkeit genießen will (ist ja gut möglich) dann sollten wir das respektieren.
 
Es ist Sommer. Du kannst den Sommer rein holen. Aktuell gibt es die ersten Äpfel. Man kann daran riechen. Man kann sie betasten. Man kann schauen, was sie mit dem Apfel anfängt.

...

Ich find es immer schade, dass BasStim so völlig falsch verstanden wird und man es nur mit Waschen und belebend und beruhigend verbindet. BasStim ist viel mehr.

Hallo Elisabeth! Die Idee mit dem Sommer ist gut, vielleicht kann ich da was umsetzten, Danke! Allerdings hast du mich mißverstanden. Es geht nicht um Basale Stimulation, sondern um eine 10-Minuten-Aktivierung. Also mit Reizen alle Sinne fördern, durch Impulse das Langzeitgedächntnis fördern.

Zu dem Krankheitsbild/Ressourcen meiner Bewohnerin: Sie ist in jeglicher Hinsicht desorientiert, Ressourcen sind lediglich essen, trinken (unter Anleitung), gehen, stehen ect. nur sehr kurze Strecken und mit Rollator und Unterstützung. Sie spricht sehr sehr selten, und dann auch nur einzelne Wörter. Sie starrt immer ins leere, lehnt alle Angebote der Alltagsbetreuung ab. Durch einen Apoplex hat sie rechts eine armbetonte Hemiparese.

Biographisch habe ich alles zusammen, leider hat die Bewohnerin keinen Bezug mehr dazu.Früher hatte Ihr Vater eine Hundezucht, diese Tiere liebt sie. Mir kam eben der Gedanke, evtl. einen Hund mit ins Heim zu nehmen...sie kann ihn streicheln, riecht es und vielleicht wird so ein wenig etwas geweckt...
 
Ressourcen sind lediglich essen, trinken (unter Anleitung), gehen, stehen ect. nur sehr kurze Strecken und mit Rollator und Unterstützung. Sie spricht sehr sehr selten, und dann auch nur einzelne Wörter. Sie starrt immer ins leere, lehnt alle Angebote der Alltagsbetreuung ab. Durch einen Apoplex hat sie rechts eine armbetonte Hemiparese.


du hast vergessen dass sie

- sehen
- hören
- riechen
- schmecken
- tasten
- stehen usw. kann

Ressourcen sind nicht immer offensichtlich, - da geht doch noch mehr bei der Dame - oft sind es die Klitzekleinen Sachen, die für uns selbstverständlich erscheinen.

Ich stell mir die Prüfung nicht einfach vor, ich selbst könnte mit an Demenz erkrankten Menschen nicht arbeiten.

Ist das Zusammenstoßen mit einem Hund denn theoretisch machbar?
 
Hallo,

ja klar, diese Ressourcen hat sie noch. ich versuche oft, diese zu stimulieren. Riechen sie mal, schmecken sie mal. Es erzielt keine (nach aussen zumindest erkennbare) Wirkung. Meist schaut sie mich dann ganz verängstigt an weil sie nicht weiß, was sie tun soll. (wie geht riechen?)

Naja, mit dem Hund würde evtl. klappen, ich könnte aber keinen Probelauf machen.
 
ICH empfinde die Idee mit dem Kontakt zu einem Hund als sehr anregend - nur, welches Ziel verfolgen wir damit - also welches konkret, was möchtest du ansprechen an ihr? Möchtest du nur beobachten - was ist deine Erwartung an ihre Reaktion?

Der Supergau wäre, wenn sie plötzlich Angst vor dem Tier bekommt. Es ist schwierig, Menschen mit Demenz einzuschätzen... wie du schon schreibst, verlernen sie bereits wichtige Elemente im Leben.

Ich hoffe es kommen noch mehr Vorschläge und Ideen. Insb. von unseren Kollegen hier, die täglich mit dem Klientel zusammenarbeiten.
 
bevor du mit dem Hundeli kommst, solltest du vielleicht erst mal schauen, was denn überhaupt in der Biographie steht. Gibt es keine, dann kann vielleicht richtungsweisend sein, dass Stadtmenschen nicht ganz so hundeversessen sein können. meine Mutter wäre "not amused" über einen Hund in der Wohnung. Sie kommt zwar vom Lande- aber Hunde gehören für sie nach draußen. nach ihrer Vorstellung bringen Hunde Schmutz ins Haus. Ist ihre prägende Lebenserfahrung, die du nicht mehr korrigieren kannst.

Ansonsten überlege ich gerade, wie ich reagieren würde, wenn da jemand kommt und mit mit ein Sandbild machen will obwohl ich mein Leben lang immer am Praktischen interessiert war und für eine Familie sorgen musste. Wenn ich stets selbst entschieden habe, was ich wann will. Und wenn ich mich auf einmal in einer Umgebung befinde, die ich nicht verstehen kann und wo es keine Bezüge zu meinem früheren Leben gibt... außer vielleicht dem Baum vor dem Fenster. Und wenn mir dann noch einer nonverbal zu verstehen gibt: sie interessieren sich für nix m weil ich mit den "neumodischen Sachen" nix anfangen kann.

Welche Reaktion erwartest du eigentlich von ihr? Die "Angstreaktion" finde ich schon bedenklich. Sie scheint die Forderung zu spüren udn will dich offensichtlich net enttäuschen.

Deshalb: versuche teilzuhaben an dem, was die dir anbietet. Und wenn ihr beide ganz still nebeneinander sitzt und aus dem Fenster schaut. Das kann der Beginn eines Beziehungsaufbaus sein. Undd arum gehte s doch schlussendlich... axo: war ja hier anders. Die TE kann ja net frei entscheiden und ihrer eigenen Intention folgen. Hier wollen Lehrer ja was zu sehen bekommen. *grmpf*

Elisabeth
 
Elisabeth, ich glaube du verstehst mich grundlegend falsch :mrgreen:

Ein Sandbild weil: Sie früher gerne gemalt hat und oft an der Ostsee war. Also habe ich hier an die Biographie versucht anzuknüpfen. Ich kenne die Bewohnerin sehr gut und würde ihr nichts anbieten wo ich weiß, das dies nicht´s bringt. Ich habe eine GRÜNDLICHE Biographiearbeit gemacht, auch mit Angehörigen gesprochen ect. Auch zu dem Bezug mit den "neumodischen" Sachen verstehe ich nicht...denn dies habe ich nicht getan und wird im Heim auch nicht gemacht. Davon ab hat sie zu ihrem früheren Leben kein Bezug mehr. Ihr Langzeitgedächtnis ist bereits "verloren". (Stadium IV)

So und Angst hat sie IMMER, weil sie eben die einfachsten Sachen nicht mehr umsetzen kann. Das liegt also nicht an mir oder meinen Versuchen Ressourcen zu fördern sondern daran, das sie merkt das mit ihr was nicht stimmt und sie weiß nicht, was nicht mit ihr stimmt. Sie weint auch wenn ihr Sohn da ist und ihr was erzählt. So ist ihr Wesen eben, und darauf muss man sich als pflegende Person einstellen und sie validierend beruhigen. Der eine schlägt um sich, der andere weint.

AdVitam,

ja ich denke das mit dem Hund ist grenzwertig, da sie wie du schon sagtest evtl Angst bekommen könnte. es kann ja auch passieren, das sie nicht mehr umsetzt, das dieses Tier ein Hund ist.
Ach es ist zum Mäuse melken :o
 
Lisza weißt du denn, dass es ganz sicher diese Patientin werden wird?

Ich finde es so schwierig hier eine Prüfungssituation zu simulieren - die Frau ist massiv ängstlich, dann steht plötzlich nich mehr nur eine Pflegekraft im Raum sondern mindestens DREI.

Sind deine Lehrer sich im Klaren, was sie der Patientin damit zumuten? Abgesehen davon, dass eine Prüfung in diesem Fall wirklich überhaupt keineswegs planbar ist von deiner Seite... ich fänd es so schade für beide Seiten - du gehst raus mit einem mulmigen und wahrscheinlich auch unbefriedigten Gefühl - und die Patientin ist im schlimmsten Fall endgültig verwirrt und verängstigt - blöde Kiste

 
Ja AdVitamin,
diese Person steht definitiv fest, ich habe versucht eine andere zu kriegen. Habe die Probleme geschildert.

Leider war die Antwort der Schulleitung, das ja dann eben dies eine Herausforderung wäre und ich die Lehrer "überraschen" solle. Ich und meine gesamten Kollegen finden es unmöglich.

Vielleicht sollte ich mich am Ende einfach nur auf eine Massage ihres gelähmten Armes beschränken. :weissnix:
 
Überlege mal: in welchem Zusammenhang hat sie gerne gemalt? Was hat sie gerne gemalt? Welche Technik hat sie verwandt? kennst du Bilder von ihr? ... wäre übrigens ne schöne Anknüpfung: alte Bilder von ihr zu betrachten und darauf aufzubauen.

So und Angst hat sie IMMER, weil sie eben die einfachsten Sachen nicht mehr umsetzen kann.
... auch eine für dich so einfache Sache wie das malen.

Du verschenkst dir so viel, weil du ihr unbedingt aktiv was gutes tun willst. Dabei übersiehst du m.E. das naheliegendste: einfach nur da sein- nichts fordern- nichts anbieten- nur gemeinsam eine Zeit verbringen... einfach so dasitzen.

Es ist so schade, dass diese Fähigkeit, die in dir schlummert, nicht genutzt werden kann. Du wirst angehalten zur "Aktivierung einer dementen Bewohnerin". Es geht aber in dieser Situation net um Aktivierung sondern um Begleitung in ihrem Rhythmus.


Versuch doch einfach mal, nichts zu machen und ihren Rhythmus zu beobachten- ihr Zeit zu lassen.

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Nebenbei: Demente haben es in der von dir beschriebenen Phase oft nicht so mit körperlicher Nähe. Sie empfinden sei als stark irritierend und bedrohlich. Da bist dann mit körperformgebenden Angeboten u.U. net unbedingt willkommen.


Elisabeth
 
:roll:

Ich war heute nachmittag nochmal im Heim und hab was passendes gefunden. Eine schöne Massage mit Öl. Die Bewohnerin hat deutlich zu erkennen gegeben das ihr dies gefiel. Betr. Bewohnerin sucht nämlich auch Körpernähe...:roll:
Vielen Dank für die Büchertips, Elisabeth. Basale Stimulation ist sehr präsent bei uns im Heim/im Unterricht...

Das Problem ist, ich würde gerne einfach nur da sein, nichts machen, sehen was sie macht, wie sich das entwickelt. Gemeinsam schweigen ect. Das ist aber LEIDER nicht das, was meine Prüfer sehen möchten. Die möchten eine Aktivierung, und ich muss jeden Schritt schriftlich niederlegen vorher. Ich hab´s mir nicht ausgesucht, seufz.
 
Vielen Dank für die Büchertips, Elisabeth. Basale Stimulation ist sehr präsent bei uns im Heim/im Unterricht...
Vielleicht kannst ja die Heimleitung bitten, die Bücher anzuschaffen.

Lisza schrieb:
Das Problem ist, ich würde gerne einfach nur da sein, nichts machen, sehen was sie macht, wie sich das entwickelt. Gemeinsam schweigen ect. Das ist aber LEIDER nicht das, was meine Prüfer sehen möchten. Die möchten eine Aktivierung, und ich muss jeden Schritt schriftlich niederlegen vorher. Ich hab´s mir nicht ausgesucht, seufz.

Elisabeth schrieb:
Die TE kann ja net frei entscheiden und ihrer eigenen Intention folgen. Hier wollen Lehrer ja was zu sehen bekommen. *grmpf*

Ich drück dir die Daumen, dass die Prüfung klappt... und das du danach endlich das tun kannst, was dein Herz dir sagt.

Elisabeth
 

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