Abweichende Wundversorgung im ambulanten Bereich

Julsz

Newbie
Registriert
21.07.2017
Beiträge
2
Hallo liebes Forum,

Ich hoffe das ihr mir vielleicht weiterhelfen könnt.
Es geht im allgemeinen um die Kompetenzen von Pflegefachkräften und etwaiger Kompetenzüberschreitung (?) im ambulanten Bereich. Die dargestellten Wunden dienen der Verdeutlichung der Problematik.

Ich versorge im ambulanten Bereich einige chronische Wunden bei denen die ärztliche Anordnung manchmal auch ziemlicher Mist ist.

Beispiel 1: Eine sekundär heilende Wunde im Sakralbereich nach operativer Entfernung einer Fistel. Die Größe (der Vollständigkeit halber) war ca. 6cm x 4cm und die tiefste Stelle war 3,5cm.
Laut Anordnung sollte diese nur gespült werden und mit einer Kompresse abgedeckt werden. Durch meine Erfahrungen in der Wundversorgung wusste ich dass solche Wunden eigentlich tamponiert gehören damit sich die Wundränder nicht zusammenziehen bevor sie ausreichend hochgranuliert ist.

Da haben wir im Team drüber gesprochen und das wurde denn auch so umgesetzt und die Wundheilung mit Erfolg abgeschlossen.

Jetzt habe ich aber zwei chronische Wunden die etwas schwieriger zu versorgen sind mit allerhand heilungsstörenden Faktoren.
Die Wunde mit dem größten Streitpotenzial ist ein Ulcus cruris venosum am Außenknöchel.
Größe 3,5cm x 3cm
Die Anordnung sieht wie folgt aus:

Alle zwei Tage
1. Wundreinigung mit dem verordneten Mittel
2. Eine 10cm x 10cm Fettgaze als Abstandsgitter
3. Saugkompresse drauf und fixieren

Die Wundheilung wird durch massive Ödeme und höllisch viel Exsudation gestört. Ich habe mich dazu entschlossen die Fettgaze weg zu lassen und habe damit auch sehr gute Erfolge erzielt bisher. Die Wunde hat wesentlich weniger Exsudat, die Wundränder sind nicht mehr mazeriert und die Wunde granuliert schön hoch und verkleinert sich.

Natürlich alles schön dokumentiert und jetzt kam bei einer Qualitätskontrolle raus das ich die Anordnung nicht einfach übergehen darf und mich damit sogar strafbar mache.

Meine Frage diesbezüglich ist eigentlich ob es nicht in unserer Fachkompetenz liegt ärztliche Anordnungen kritisch zu hinterfragen und ggf. auch anders zu machen.
Gerade im ambulanten Bereich wo die Ärzte Wunden im besten Falle alle 4 - 8 Wochen sehen und sich in dieser Zeit die Wundversorgung auch dramatisch verändern kann. Und ich habe ja auch „nur“ verordnetes Verbandsmaterial weggelassen und nicht eigenständig anderes benutzt.

Oder muss ich eine ärztliche Anordnung solange Hirnlos durchziehen bis es eine neue gibt?

Schonmal Danke für die Mühe

Julien
 
Ich denke du hättest einfach den Arzt anrufen sollen und entsprechen die VO ändern lassen. Letztendlich entscheidet der Arzt über die Therapie...

Ja und ich kann mir vorstellen wieviel Ahnung ein Hausarzt von einer Chor. Wunde hat die er nur alle 4-8 Wochen mal sieht.
Ich denke allerdings das ein Kurzer Anruf gereicht hätte um die AO zu ändern.
 
Natürlich alles schön dokumentiert und jetzt kam bei einer Qualitätskontrolle raus das ich die Anordnung nicht einfach übergehen darf und mich damit sogar strafbar mache.
Mal langsam, es ist ja nichts passiert, und außerdem: Wo kein Kläger, da kein Richter.
Aber theoretisch könnte das tatsächlich Ärger geben, eine Arztanordnung einfach zu mißachten.
Meine Frage diesbezüglich ist eigentlich ob es nicht in unserer Fachkompetenz liegt ärztliche Anordnungen kritisch zu hinterfragen und ggf. auch anders zu machen.
Nein, nicht in Deutschland. Hier wird letztlich die Therapie immer vom Arzt angeordnet - und wenn er nur seinen "Servus" unter den Vorschlag der Wundmanagerin bzw. von euch drunter haut.

Also so, wie @InetNinja schon schrieb: Rücksprache mit dem behandelnden Arzt nehmen.
Nicht einfach irgendwas eigenmächtig machen.
 
  • Like
Reaktionen: Jacaranda
Also, da kann ich mal was sagen.
1. ich schlage immer dem Arzt eine Therapie vor. Die meisten Ärzten haben von d. chr. Wunden keine Ahnung und sind für Vorschläge dankbar
2. falls der Arzt nicht nach meinem Therapievorschlägen verordnen will weise ich ihm darauf hin, wieso mein Vorschlag so aufgebaut ist sowie was für ein Nachteil seine Therapie vorbringt.
3. Viele Ärzte vergessen, dass die Wundtherapie alleine nicht ausreichend ist. Eine Begleittherapie (z.B. Kompressionstherapie) ist sehr wichtig.
4. ich kommuniziere mit den Ärzten per Fax. Somit kann ich meine Kommunikation mit ihm nachweisen und er ist nicht unter Drück gesetzt mitten in der Behandlung irgendwelcher Entscheidungen zu treffen. i.d.R. antwortet er auch per Fax. Unbedingt aufbewahren (Papierformat oder eingescannt)

Habe so einen Fall, wo der HA mir Wundspülung und noch was nicht rezeptieren wollte. Als Antwort auf meine Mail kam es " die Spülung sei toxisch " (?), den Rest hat er mir doch rezeptiert. Nach hin und her kam der MDK noch zur Prüfung. Ich habe denen alles vorgelegt. Ich bekam recht, weil ich nach aktuellen Stand der Medizin gehandelt haben.
 
Frage zu den ärztlichen Anordnungen, wie ganz oben beschrieben.
Sind diese mündlich oder schriftlich? Wenn mündlich, könnte der Arzt ja später bei Komplikationen einfach sagen, er habe dies nicht angeordnet.
 
Wenn mündlich, könnte der Arzt ja später bei Komplikationen einfach sagen, er habe dies nicht angeordnet.
Deswegen lässt man sich ärztliche Anweisungen tunlichst immer schriftlich geben.
Falls doch einmal mündlich, immer korrekt dokumentieren:
Datum, Uhrzeit, Name des Arztes, genaue Anweisung. Ggf. nochmal nachfragen.
Auf Zuruf mach ich sowieso nichts (bzw. habe nichts gemacht).
 
Guten Morgen zusammen,

mir fällt da die Remonstrationspflicht ein... ist der Verband nicht lege artis, also nicht nach den Regeln der modernen Wundversorgung sind wir lt. Expertenstandard verpflichtet im Rahmen unserer Durchführungsverantwortung Einspruch gegenüber dem anordnenden Arzt zu erheben und diesen schriftlich in der Doku zu fixieren.
(zu finden im Expertenstandard "Pflege von Menschen mit chronischen Wunden" 1. Aktualisierung 2015 S. 39, zweiter Absatz)

Eigenmächtig die AO verändern geht nicht, soweit ich weiß. Würde die AO eine Straftat darstellen (z. B Körperverletzung durch nicht fachgerechte Verbandsmaterialien) dürfte man sich jedoch der Durchführung verweigern.
 
Guten Morgen zusammen,

mir fällt da die Remonstrationspflicht ein... ist der Verband nicht lege artis, also nicht nach den Regeln der modernen Wundversorgung sind wir lt. Expertenstandard verpflichtet im Rahmen unserer Durchführungsverantwortung Einspruch gegenüber dem anordnenden Arzt zu erheben und diesen schriftlich in der Doku zu fixieren.
(zu finden im Expertenstandard "Pflege von Menschen mit chronischen Wunden" 1. Aktualisierung 2015 S. 39, zweiter Absatz)

Eigenmächtig die AO verändern geht nicht, soweit ich weiß. Würde die AO eine Straftat darstellen (z. B Körperverletzung durch nicht fachgerechte Verbandsmaterialien) dürfte man sich jedoch der Durchführung verweigern.
......das ist weitgehend richtig zusammengefasst, nur am Schluss darf man nicht - sondern muss sich der Durchführung verweigern! Das ist ein wichtiger und nicht nur gradueller Unterschied.
 
......das ist weitgehend richtig zusammengefasst, nur am Schluss darf man nicht - sondern muss sich der Durchführung verweigern! Das ist ein wichtiger und nicht nur gradueller Unterschied.
*Ironiemodus ein* es sei denn man hat Lust auf strafrechtliche Konsequenzen *Ironiemodus aus*

Stimmt, matras, da hast Du vollkommen Recht!!!
 
  • Like
Reaktionen: Susjed
Ja ich hab heute auf Frust geschoben weil ich nen Pat. lieber vernünftig mobilisieren wollte statt mit O2 Maske versorgen und Katecholamine rein zu ballern. Und was durfte ich mir anhören? "Das ist eine ärztliche Anweisung" Wir reden von einem pat. der 5h in Rückenlage unter Narkose rumlag und dann postOP nen RR 100/55 und ne 90 Sättigung peripher hatte. Dabei lag der Pat. flach wie ne Flunder im Bett und hat seine Bettdecke gefressen, wie den Kopf schön mit dem Kissen abgeknickt.
Als ich fertig war mit Mobilisierung, Kopfteil hochstellen, VATI Lagerung hatte er nen RR 130/70 aber nen Sättigung von 86 weil mir bei der Aktion der Klipp verrutscht war... Dann hat der Arzt einfach mal das Kopfteil in absolut flach, wieder untergestellt und die Nasenbrille auch noch falsch drauf gemacht...
Anschließend wurde meine Pflege hinterrücks als gemeingefährlich kommentiert und ich hätte zu tuen was man mir sagt. (Ja nach Arbeitsvertrag hab ich das leider wirklich).

Ja wenn man mich so sehr darauf hinweist habe ich kein Bock auf meinen Job und vielmehr frag ich mich wofür ich mich in der Ausbildung überhaupt angestrengt habe. Das Kissen hätte ich mir gerne dann selber ins Ma.ul gestopft...

Geil ist auch immer wenn der eine Kollege regelmäßig die Pat. die Sättigung per Flachlagerung kaputt pflegt und ich nach 10 Minuten Mobilisierung den Pat. verlegungsfähig mache... Immer die Frage... Was ist das denn für nen Unsinn den sie da machen? Nennt sich Post OP Frühmobiliesierung, Atemtraining, Atelekatasen lösen, Kreislauf in Schwung bringen... Ja soll man schon im Aufwachraum machen. Ja hab ich ohne Katecholamine und Beatmung gemacht . Ja finde ich gut wenn wir Pat. schnell von AWR auf Normalstation verlegen können. gerade Delirgefärdete die unter dem ganzen Geklingel gerne mal abdrehen. und Generell kümmern ich mich Leiber um 2 Pat. als um 5 weil wir die uns im AWR konservieren. ;)

Und ja am Ende habe ich mich leider Falsch verhalten... Ich hätte einfach Kommentarlos machen soll was Gott in Weiß befielt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo liebes Forum,

Ich hoffe das ihr mir vielleicht weiterhelfen könnt.
Es geht im allgemeinen um die Kompetenzen von Pflegefachkräften und etwaiger Kompetenzüberschreitung (?) im ambulanten Bereich. Die dargestellten Wunden dienen der Verdeutlichung der Problematik.

Ich versorge im ambulanten Bereich einige chronische Wunden bei denen die ärztliche Anordnung manchmal auch ziemlicher Mist ist.

Beispiel 1: Eine sekundär heilende Wunde im Sakralbereich nach operativer Entfernung einer Fistel. Die Größe (der Vollständigkeit halber) war ca. 6cm x 4cm und die tiefste Stelle war 3,5cm.
Laut Anordnung sollte diese nur gespült werden und mit einer Kompresse abgedeckt werden. Durch meine Erfahrungen in der Wundversorgung wusste ich dass solche Wunden eigentlich tamponiert gehören damit sich die Wundränder nicht zusammenziehen bevor sie ausreichend hochgranuliert ist.

Da haben wir im Team drüber gesprochen und das wurde denn auch so umgesetzt und die Wundheilung mit Erfolg abgeschlossen.

Jetzt habe ich aber zwei chronische Wunden die etwas schwieriger zu versorgen sind mit allerhand heilungsstörenden Faktoren.
Die Wunde mit dem größten Streitpotenzial ist ein Ulcus cruris venosum am Außenknöchel.
Größe 3,5cm x 3cm
Die Anordnung sieht wie folgt aus:

Alle zwei Tage
1. Wundreinigung mit dem verordneten Mittel
2. Eine 10cm x 10cm Fettgaze als Abstandsgitter
3. Saugkompresse drauf und fixieren

Die Wundheilung wird durch massive Ödeme und höllisch viel Exsudation gestört. Ich habe mich dazu entschlossen die Fettgaze weg zu lassen und habe damit auch sehr gute Erfolge erzielt bisher. Die Wunde hat wesentlich weniger Exsudat, die Wundränder sind nicht mehr mazeriert und die Wunde granuliert schön hoch und verkleinert sich.

Natürlich alles schön dokumentiert und jetzt kam bei einer Qualitätskontrolle raus das ich die Anordnung nicht einfach übergehen darf und mich damit sogar strafbar mache.

Meine Frage diesbezüglich ist eigentlich ob es nicht in unserer Fachkompetenz liegt ärztliche Anordnungen kritisch zu hinterfragen und ggf. auch anders zu machen.
Gerade im ambulanten Bereich wo die Ärzte Wunden im besten Falle alle 4 - 8 Wochen sehen und sich in dieser Zeit die Wundversorgung auch dramatisch verändern kann. Und ich habe ja auch „nur“ verordnetes Verbandsmaterial weggelassen und nicht eigenständig anderes benutzt.

Oder muss ich eine ärztliche Anordnung solange Hirnlos durchziehen bis es eine neue gibt?

Schonmal Danke für die Mühe

Julien
wer heilt. hat r
Recht- aber halte dich an AO---smile
 

Ähnliche Themen