Vorgehen bei unsicheren Todeszeichen

Sixx

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Hallo,
beim Durchblättern der aktuellen "Die Schwester, der Pfleger" ist mir der Artikel "Wissenswertes über den Tod"(S. 460) ins Auge gefallen. In diesem Artikel heisst es:
[...]Beim Auftreten unsicherer Todeszeichen ist immer die Möglichkeit der Reversibilität in Betracht zu ziehen und eine Reanimation verpflichtend. Do-not-resuscitate(DNR) Richtlinien und -Anordnungen müssen gesondert betrachtet werden.[...]

Ich habe nun mal folgendes Szenario als Beispiel: 92 Jahre, weiblich, wird nachts ohne Vitalzeichen mit relativ warmer Körpertemperatur im Bett liegend vorgefunden.

Ich könnte mir vorstellen, dass viele hier ein ethisches und moralisches Problem hätten, in solch einen Fall eine Reanimation durchzuführen. So würde mir es zumindestens gehen. Allerdings hat mich obiges Zitat zum Nachdenken gebracht, wie den nun in solchen Situation verfahren werden kann. Einrichtungsintern haben wir die Anweisung, auch bei vorliegender Pat.verfügung, im Notfall zu reanimieren und dem verständigtem (Not)Arzt die weitere Entscheidung zu überlassen.
Habt ihr solch eine Situation schon einmal erlebt und wie würdet ihr, unter Berücksichtigung des obigen Zitates, vorgehen?
 
Ich verstehe weder dein moralisches Problem (92 Jahre, weiblich...), noch wieso dich obiges Zitat zum nachdenken bringt. Was genau?


Das Vorgehen ist sowohl moralisch, als auch fachlich und gesetzlich dasselbe: Reanimieren!
Und ja, ich habe schon Reanimationen von Menschen die a) über 92 und b) weiblich sind, erlebt...

Zuletzt bringst du ja noch eine Pat-Verfügung im Nebensatz mit ein. Das solltet ihr einrichtungsintern DIREKT bei Aufnahme klären! Also die Übernahme der Inhalte in eure Akten/Vorgaben, wie auch immer. Eine Pa-Verfügung ist ja auch nicht gleich einer Pat-Verfügung...
 
Ab wann darf man von dieser Welt gehen? Erst dann, wenn die moderne Medizin bzw. ein Jurist entscheidet: jetzt? Mir graust davor, i-wann von diesen Entscheidungen abhängig zu sein. Denn ein "Sterbetestament" ist ja offensichtlich auch keine Sicherheit. Lieber Herrgott mach, dass ich nicht in eine Pflegeeinrichtung muss.

Elisabeth
 
Mein "Problem" liegt in dem Fall, dass ich es in meinen paar Berufsjahren bisher noch nicht erlebt bzw. gehört habe, dass in solch einem Fall eine Reanimation durchgeführt wurde.
Vielmehr wird der Bewohner meistens für die Leichenschau, welche in vielen Fällen auch erst nach einigen Stunden stattfindet, gebettet.
 
Danke. Es gibt sie noch, die Menschen, die wissen, dass der Tod zum Leben dazu gehört und selten angemeldet kommt.

Elisabeth
 
Bei Eintritt in die Institution muss der Reastatus geklärt werden. Der Arzt hat das bei uns bei jedem Patienten auszufüllen. Ich denke nicht, dass es in unserer Hand liegt zu beurteilen, ob ein Patient nun sterben sollte oder nicht. Wenns dann soweit ist, bleibt eh keine Zeit. Egal wie alt der/die Patient/in ist. Was sagt das Alter schon über AZ, Lebensqualität und Autonomie aus?
Natürlich verstehe ich den Einwand von Elisabeth. Ich hoffe darauf vertrauen zu können, dass meine Angehörigen sehr genau wissen, was ich möchte, wenns dann soweit ist.
 
Ich habe schon einige dieser Beispiele erlebt und die Antwort ist ganz klar: REANIMATION!
Liegt ein eindeutiger Wunsch des Patienten (zB Patientenverfügung) vor, dass dieser nicht reanimiert werden möchte, dann ist das zu unterlassen. Dieses Thema sollte aber bei Ankunft eines jeden Patienten geklärt und im Verlauf immer wieder hinterfragt werden.

Wir haben zB schon einen 97jährigen erfolgreich reanimiert, dafür eine 34jährige auf eigenen Willen und nach klarem Wunsch NICHT reanimiert.
Ist ein Mensch, nur weil er die 90 überschritten hat weniger lebenswürdig? Ist jeder Mensch über 90 ans Bett gefesselt und dem Tode nahe?
 
Darf ich fragen, wie das Outcome bei dem 97jährigen war?

Sicher steht es uns nicht an, Lebensqualität zu beurteilen. Aber wird das auch wirklich so praktiziert? Erst wird reanimiert. Dann ist man entsetzt über das Outcome und möchte es wieder rückgängig machen. Und wenn die Natur hier nicht mehr mitspielt, dann wird nachgeholfen indem man den Zustand zum Sterbeprozess erklärt mit allen Folgen.

Elisabeth
 
Ab wann darf man von dieser Welt gehen? Erst dann, wenn die moderne Medizin bzw. ein Jurist entscheidet: jetzt? Mir graust davor, i-wann von diesen Entscheidungen abhängig zu sein. Denn ein "Sterbetestament" ist ja offensichtlich auch keine Sicherheit. Lieber Herrgott mach, dass ich nicht in eine Pflegeeinrichtung muss.

Elisabeth
Danke. Es gibt sie noch, die Menschen, die wissen, dass der Tod zum Leben dazu gehört und selten angemeldet kommt.

Elisabeth

Anstatt auf den Hergott zu vertrauen, solltest du eine Patientenverfügung schreiben und sie mit deinen ANgehörigen besprechen.

Was ein Sterbetestament ist, weiß ich nicht, aber in obigem Beispiel waren die einzigen Vorgaben 92 Jahre alt und weiblich.

Hier hat erst letztens ein 103jähriger seinen Schrittmacherwechsel bekommen. Und das war gut so! Weder das Alter, noch das Geschlecht sagen, SO, jetzt kannst sterben, das ist uns egal.

Und das hat auch nichts mit einem Pflegeheim zu tun!
 
... Einrichtungsintern haben wir die Anweisung, auch bei vorliegender Pat.verfügung, im Notfall zu reanimieren und dem verständigtem (Not)Arzt die weitere Entscheidung zu überlassen. ...
Du erkennst das Problem? Du- und auch der hinzugezogene Notarzt- können nicht wissen, ob das Papier auf den Zustand zutrifft. Du schreibst ja selber, dass das kalendarische Alter keine Rückschlüsse zulässt.

Bei mir heißt die Patientenverfügung nun mal Sterbetestament. Ein natürlicher Vorgang wie das Sterben ist nicht krankhaft. Das Leiden dürfte nicht selten mehr auf der Angehörigenseite liegen. Damit entfällt der Begriff Patient.

Sterben entzieht sich unserer Kontrolle. Auch die moderne Medizin hat nicht alles im Griff. Und es tauchen zunehmend häufiger die Fragen auf, was ist sinnvoll und was nicht. Dummerweise kann man hier keine Checkliste erstellen. In der Intensivmedizin wurde das vor Jahren mal ausprobiert. Man kam zum Ergebnis, dass der Mensch so individuell ist, dass eine sichere Vorgersage - zumindest heute- nicht möglich ist. Scheinbar gibt es zu viele "Wunder" in beide Richtungen- Leben und Tod.

Btw.- hast du schon deine Patientenverfügung aufgesetzt? Ich musste es vor einigen Jahren machen. Es ist etwas anderes über den Tod zu reden als ihm ins Auge zu blicken. Das wird oft vergessen. Nicht umsonst sind diese Papiere oft mehr von Angst vor dem Sterben in Institutionen geprägt. Dafür fehlen konkrete Aussagen. Es ist immer auch eine Interpretation, wie ein Arzt das Outcome sieht und was er nebst Angehörigen als lebenswert ansieht. Und wer kennt sie nicht- die Spezies, die nicht loslassen kann.

Elisabeth
 
Auf jeden Fall die Rean einleiten/durchführen. (im o.a. Beispiel)
- Und auch nicht auf der Weichlagerungsmatratze - sondern Richtig.
- Du bist von Deinem AG dazu beauftragt - also hat er das Problem
mit der DNR-Chose.
- (Straf-) Rechtlich wiegt im Zweifelsfall die Unterlassung schwerer.
 
Bei uns im KH ganz klar Rea wenn nichts gegenteiliges angeordnet/besprochen ist. Im Heim würde ich darauf bestehen, bei Aufnahme diesen Komplex zu klären.
 
Hattu völlig wahr !

in der Heim- oder ambulanten Pflege lässt man das
Thema lieber unter dem Deckel, um den Kunden nicht
zu verscheuchen und sitzt nachher auf dem Topf ...
 

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