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- 23.12.2019
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- Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin
- Akt. Einsatzbereich
- Interne Station
Liebes Forum!
Ich habe mich eben erst angemeldet, da mir momentan viel auf dem Herzen liegt und mir einmal etwas Leid von der Seele schreiben möchte. Ich möchte gleich zu Beginn dazu sagen, dass ich aus Österreich komme und der Pflegealltag zwar nicht allzu viel von Deutschland abweicht, es aber nehme ich an doch etwas anders ist. Jedoch habe ich kein vergleichbares österreichisches Forum in dieser Berufssparte gefunden.
Ich habe im Sommer diesen Jahres das Diplom (Examen) zur Gesundheits- und Krankenpflegerin gemacht. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich nicht schon immer Krankenschwester werden wollte, sondern einfach mit Menschen arbeiten wollte und ich mir dann dachte, dies sei meine beste Möglichkeit. Die Ausbildung dauert bei uns 3 Jahre (ich bin mir ziemlich sicher, dass es so auch in Deutschland ist) und davon besteht eine Hälfte nur aus Praxiseinsätzen, und die andere Hälfte schließt sich aus dem theoretischem Unterricht in der Schule zusammen. Bereits in den Praktika merkte ich, wie sehr mir die Arbeit mit Menschen Spaß machte. Auch fühlte ich mich immer am Ende des Tages gut und hatte das Gefühl, tatsächlich Menschen geholfen zu haben. Ebenso gefiel mir die Verantwortung, die man als Pflegeperson hat, sowie die Abwechslung im Beruf. Auch der medizinische Aspekt des Ganzes hat bei mir auf großes Interesse getroffen.
Neben den positiven Dingen merkte ich jedoch bereits schon in der Ausbildung, wie viel in unserem System schief läuft, und wie überarbeitet und Non-Stop gestresst die meisten Krankenschwestern doch sind. Als Schüler wurde ich oft herumgeschupst und wenig nett behandelt, es gab jedoch auch Einsätze, wo ich mich richtig wohl gefühlt habe und bereits als Teil des Teams angesehen wurde. An diese Zeiten denke ich gerne zurück.
Seit 3 Monaten arbeite ich nun auf einer internen Abteilung mit Schwerpunkt Onkologie in einem großen Krankenhaus. Ich habe mich damals an etwa 5 verschiedenen Stellen beworben, und bekam im Endeffekt dann genau den Job, den ich mir am meisten gewünscht hatte- bereits in der Ausbildung merkte ich, dass der Bereich Onkologie genau das Richtige für mich ist. Ich stieg also mit einer riesigen Vorfreude und hohen Erwartungen in mein Arbeitsleben ein. Ich hörte von vielen Personen, dass die Station, auf der ich anfing, aus einem tollen Team besteht.
Anfangs lief auch noch alles nicht so schlecht. Die Kollegin, der ich zum Einschulen zugeteilt war, war freundlich und geduldig, und ich fühlte mich eigentlich gut aufgehoben. Auch mit den Kollegen kam ich anfangs super klar, auch wenn man sich zu Beginn natürlich noch eingewöhnen muss und einem manchmal in den Pausen keine Gesprächsthemen einfallen, aber ich denke mal das ist normal, wenn man neu in ein Team kommt.
Nach einigen Wochen merkte ich jedoch, dass die Station doch nicht so toll war, wie anfangs gedacht. Mir wurde berichtet, dass innerhalb des letzten Jahres sieben Leute zum Einschulen auf die Station kamen, und von diesen sechs nach wenigen Wochen kündigten. Ebenso ließen sich von den "älteren" Kollegen drei auf andere Stationen versetzen. Man kann also sagen, dass das "Kernteam" komplett weggebrochen ist, und nur mehr junge, frisch diplomierte Pflegekräfte nachkamen. Dadurch, dass wir so viele junge auf der Station sind, geht es ziemlich chaotisch zu. Die Einschulungszeit war mit 4 Wochen (von denen ich jedoch nur zwei Wochen wirklich eingeschult wurde, denn nach diesen 2 Wochen lief ich eigentlich schon komplett alleine mit) meines Erachtens sehr kurz, wenn man bedenkt, dass wir auf der Station auch Chemotherapien selbstständig vorbereiten und verabreichen. Auch meine anderen jungen Kollegen erzählten mir, dass ihre Einschulung ebenso nicht das gelbe vom Ei war. Dies wird begründet mit Personalmangel und einfach "keine Zeit" für eine zu lange und gründliche Einschulung. Ich habe oft das Gefühl, dass sich sehr viele meiner Kollegen (mir inklusive) viele Dinge selbst aneignen mussten, und dass viele Dinge dann oft nicht reibungslos ablaufen. Angefangen von mangelhafter Dokumentation bis hin zu Planung oder falsche Wundversorgung liegt hier alles an der Tagesordnung. Ich finde dies sehr schade, da ich eigentlich ein sehr genau arbeitender Mensch bin und ich finde, dass es gerade in solch einem Beruf nicht zu solchen Fehlern kommen dürfte. Jedoch mache auch ich genug Fehler, da ich eben häufig im Dienst mit ebenfalls jungen unerfahrenen Kollegen bin, die mir meine Fragen dann nicht immer beantworten können.
Neben dem alltäglichen chaotischen Zustand auf der Station kommt auch dazu, dass das Team ziemlich gespalten ist. Lästereien liegen hier an der Tagesordnung, und oft wird versucht, mich auf eine Seite zu ziehen, wobei ich mich hier stark raus halte. Ich habe auch schon angesprochen, dass ich mir gerne eine eigene Meinung über meine Kollegen bilde und ich von solchen Lästereien nicht viel halte, jedoch hat dies nicht viel gebracht. Häufig bekomme ich auch mit, wie über andere Kollegen geschimpft wird, alles was ich mir dabei denken kann ist "Was wird über mich gesprochen wenn ich das Zimmer verlasse"... Ständig hat man das Gefühl, man muss aufpassen, mit wem man über was spricht oder wen man was fragt, nur damit keiner hinter dem Rücken blöd zum Reden anfangt. Einen Teamzusammenhalt gibt es auf dieser Station meines Erachtens nicht, was ich sehr schade finde. Dies belastet mich eigentlich am allermeisten an der Ganzen Situation, denn ich habe immer gesagt:" Es ist mir egal, auf welcher Station ich einmal lande, Hauptsache das Team versteht sich und ich fühle mich wohl". Wohl fühle ich mich nur leider überhaupt nicht.
Alle Kollegen sind extrem gestresst und überarbeitet, geplagt von den vielen Überstunden. Diese haben dann auch dementsprechend wenig Geduld für meine Fragen, die ich natürlich trotzdem stelle. Es ist nicht erst einmal passiert das ich aufgrund einer Frage blöd angemacht wurde oder die Augen verdreht wurden.
Ich fahre mittlerweile jeden Tag mit Bauchschmerzen in die Arbeit, war jetzt auch ein paar Tage (sicherlich nicht ganz gerechtfertigt) im Krankenstand, weil ich einfach eine Pause gebraucht habe. Neben dem Team gibt es auf unserer Station auch einen relativ hohen Arbeitsaufwand, die meisten unserer Patienten sind bettlägerig, sehr viele auch sterbend. Damit habe ich an sich kein Problem, und es macht mir natürlich auch nichts aus, auch diese Patienten zu pflegen, aber oftmals bleibt einfach keine Zeit für eine gute Pflege. Ich bin mir sicher, dass es auf vielen Stationen so zugeht, aber es ist nun mal so, dass man am Tag 30 Patienten zu pflegen hat, dazwischen dann so Dinge wie Vorbereitung der Chemos oder anderer Infusionstherapien, Nahrung eingeben, Inkontinenzversorgung, Wundversorgung, und die ständigen Rufglocken, die dazwischen kommen. Ich habe oft einfach nicht die Zeit, meine Patienten in der Früh gründlich zu waschen, auch bei meinen Kollegen ist die Devise eher "schnell, schnell, dafür habe ich jetzt keine Zeit"- und langsam merke ich, dass ich auch so werde. Genau das wollte ich jedoch nie, und es tut mir im Herzen weh, wenn ich mich einem redebedürftigen Patienten, welcher gerade eine Krebsdiagnose erhalten hat, abwenden muss, weil ich höre, dass ein anderer Patient gerade die Rufglocke betätigt, weil ich weiß, dass sonst keiner auf die Glocke geht. Es bleibt nicht einmal Zeit für Gespräche, auf die die Patienten meiner Meinung nach jedoch ein gutes Recht haben. Es tut mir wirklich im Herzen weh. Der Alltag ist ein einziges herumlaufen, von A nach B und retour, dies schnell erledigen, dazwischen schnell dokumentieren, damit man es nicht vergisst, dann wieder rausgerissen werden weil jemand dies oder das benötigt... Ich weiß, dass ist Jammern auf hohem Niveau, denn so ist der Zustand in der Pflege nun mal, und ich weiß, dass es in Deutschland nicht besser ist. Aber langsam merke ich, wie ich mich zu einer verbitterten überforderten Krankenschwester entwickle, die kaum noch Kapazität für die Anliegen und leiden ihrer Patienten hat, und ich frage mich mittlerweile echt, ob ich wirklich im richtigen Beruf bin. Mir liegt das Wohl meiner Patienten sehr am Herzen, und es frisst mich innerlich auf, dass mir einfach keine Zeit bleibt, ihre Wünsche oder Anliegen zu bearbeiten. Ich hätte gehofft, dass das alles mit der Routine besser wird und man, wenn man nach einiger Zeit ein besseres Zeitmanagement entwickelt und einfache Aufgaben schneller erledigt, mehr Zeit für die Patienten hat. Jedoch höre ich auch von den Kollegen mit 20+ Jahren Berufserfahrung, dass es ihnen nicht anders geht als mir. Auch die beklagen sich, dass die Zustände mittlerweile untragbar sind. Die ganze Situation ist für mich irrsinnig frustrierend, oft denke ich mir, dass ich meinen eigenen Ansprüchen guter Pflege nicht gerecht werde, und dass ich einfach hoffe, dass meine Großeltern oder Eltern niemals krank werden und ins Krankenhaus müssen...
Mit meiner Stationsleitung habe ich bereits darüber gesprochen, die zeigt jedoch wenig Verständnis und hat mir mehr oder weniger zu verstehen gegeben, dass ich wohl für den hohen Arbeitsaufwand nicht genügend stärke besitze und es dann wohl besser sei, wenn ich mir etwas anderes suche.
Aufgrund des für mich untragbaren Zustandes habe ich mich nun in einem anderen Krankenhaus beworben, jedoch fürchte ich, dass es nirgendwo besser ist als auf meiner derzeitigen Station. Ich habe mir sogar überlegt, ob ich mich in einem Pflegeheim bewerben solle, da ich im Praktikum gemerkt habe, dass es dort oftmals familiärer zugeht, da man die Bewohner ja auch schon jahrelang kennt. Nun habe ich aber eine Freundin, die in einem Pflegeheim arbeitet, und auch sie meinte, die Zustände wären katastrophal und dass sie nicht einmal dazu kommen würde, mit den Bewohnern duschen zu gehen. Ambulante Pflege hätte ich mir auch schon überlegt, nur muss ich ehrlich zugeben dass mir hier das Gehalt dann doch zu knapp ist (aufgrund fehlender Nachtdienste, die ich auch sehr gerne mache), für die Stunden die man auch in der ambulanten Pflege leisten muss.
Ebenso hätte ich mir bereits überlegt, in eine Privatklinik zu gehen, hier hört man jedoch ebenso dass die Zustände nicht besser seien, sondern teilweise die Patienten dort so hochnäsig sind (wobei man das natürlich nicht pauschalisieren kann), ebenso müsste ich hier sehr weit fahren. Mit Kindern kann ich leider nicht gut, die Psychiatrie hätte mich immer extrem interessiert, jedoch traue ich mir das zum momentanen Zeitpunkt mit meinen doch noch großen Wissenslücken noch nicht zu.
Langsam aber sicher habe ich starke Selbstzweifel. Vielleicht bin ich einfach wirklich nicht für diesen Beruf und den damit verbundenen Stress gemacht. Auf der anderen Seite macht mir ein hoher Arbeitsaufwand an sich nichts aus, ebenso bin ich ein Fan der Schichtdienste und auch mit Überstunden habe ich kein Problem- jedoch nur, wenn mir die Arbeit an sich Spaß macht, und das tut sie momentan leider einfach nicht. Ich bewundere diese Menschen, die sich einfach mit den Zuständen in der Pflege abfinden, und einfach "funktionieren". Ich kann es leider nicht. Ich finde nicht, dass ich unter diesem ständigen Zeitdruck auf der Arbeit die Pflege leisten kann, die meine Patienten verdient haben, und das tut mir wie gesagt im Herzen weh. Was meint ihr dazu? Stelle ich mich einfach an wie eine Prinzessin? Soll ich der Station noch eine Chance geben? Gibt es Stationen da draußen, wo man tatsächlich Zeit für seine Patienten hat? Ich weiß es nicht... Jetzt arbeite ich gerade einmal 3 Monate in dem Beruf und schon plagen mich solche Zweifel, das ist doch auch nicht normal. Mich nochmal in die Schule setzen und etwas anderes lernen möchte ich auch nicht, da mir der Beruf an sich ja wirklich total Spaß macht. Ebenso möchte ich aber auch nicht im Selbstmitleid versinken, denn nur ich habe das Ganze und wie es weiter gehen soll in der Hand, nur bin ich leider momentan etwas ratlos.
Vielen Dank für alle, die sich das hier durchgelesen haben! Es tat einfach mal gut das alles loszuwerden.
Liebe Grüße,
Luisa
Ich habe mich eben erst angemeldet, da mir momentan viel auf dem Herzen liegt und mir einmal etwas Leid von der Seele schreiben möchte. Ich möchte gleich zu Beginn dazu sagen, dass ich aus Österreich komme und der Pflegealltag zwar nicht allzu viel von Deutschland abweicht, es aber nehme ich an doch etwas anders ist. Jedoch habe ich kein vergleichbares österreichisches Forum in dieser Berufssparte gefunden.
Ich habe im Sommer diesen Jahres das Diplom (Examen) zur Gesundheits- und Krankenpflegerin gemacht. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich nicht schon immer Krankenschwester werden wollte, sondern einfach mit Menschen arbeiten wollte und ich mir dann dachte, dies sei meine beste Möglichkeit. Die Ausbildung dauert bei uns 3 Jahre (ich bin mir ziemlich sicher, dass es so auch in Deutschland ist) und davon besteht eine Hälfte nur aus Praxiseinsätzen, und die andere Hälfte schließt sich aus dem theoretischem Unterricht in der Schule zusammen. Bereits in den Praktika merkte ich, wie sehr mir die Arbeit mit Menschen Spaß machte. Auch fühlte ich mich immer am Ende des Tages gut und hatte das Gefühl, tatsächlich Menschen geholfen zu haben. Ebenso gefiel mir die Verantwortung, die man als Pflegeperson hat, sowie die Abwechslung im Beruf. Auch der medizinische Aspekt des Ganzes hat bei mir auf großes Interesse getroffen.
Neben den positiven Dingen merkte ich jedoch bereits schon in der Ausbildung, wie viel in unserem System schief läuft, und wie überarbeitet und Non-Stop gestresst die meisten Krankenschwestern doch sind. Als Schüler wurde ich oft herumgeschupst und wenig nett behandelt, es gab jedoch auch Einsätze, wo ich mich richtig wohl gefühlt habe und bereits als Teil des Teams angesehen wurde. An diese Zeiten denke ich gerne zurück.
Seit 3 Monaten arbeite ich nun auf einer internen Abteilung mit Schwerpunkt Onkologie in einem großen Krankenhaus. Ich habe mich damals an etwa 5 verschiedenen Stellen beworben, und bekam im Endeffekt dann genau den Job, den ich mir am meisten gewünscht hatte- bereits in der Ausbildung merkte ich, dass der Bereich Onkologie genau das Richtige für mich ist. Ich stieg also mit einer riesigen Vorfreude und hohen Erwartungen in mein Arbeitsleben ein. Ich hörte von vielen Personen, dass die Station, auf der ich anfing, aus einem tollen Team besteht.
Anfangs lief auch noch alles nicht so schlecht. Die Kollegin, der ich zum Einschulen zugeteilt war, war freundlich und geduldig, und ich fühlte mich eigentlich gut aufgehoben. Auch mit den Kollegen kam ich anfangs super klar, auch wenn man sich zu Beginn natürlich noch eingewöhnen muss und einem manchmal in den Pausen keine Gesprächsthemen einfallen, aber ich denke mal das ist normal, wenn man neu in ein Team kommt.
Nach einigen Wochen merkte ich jedoch, dass die Station doch nicht so toll war, wie anfangs gedacht. Mir wurde berichtet, dass innerhalb des letzten Jahres sieben Leute zum Einschulen auf die Station kamen, und von diesen sechs nach wenigen Wochen kündigten. Ebenso ließen sich von den "älteren" Kollegen drei auf andere Stationen versetzen. Man kann also sagen, dass das "Kernteam" komplett weggebrochen ist, und nur mehr junge, frisch diplomierte Pflegekräfte nachkamen. Dadurch, dass wir so viele junge auf der Station sind, geht es ziemlich chaotisch zu. Die Einschulungszeit war mit 4 Wochen (von denen ich jedoch nur zwei Wochen wirklich eingeschult wurde, denn nach diesen 2 Wochen lief ich eigentlich schon komplett alleine mit) meines Erachtens sehr kurz, wenn man bedenkt, dass wir auf der Station auch Chemotherapien selbstständig vorbereiten und verabreichen. Auch meine anderen jungen Kollegen erzählten mir, dass ihre Einschulung ebenso nicht das gelbe vom Ei war. Dies wird begründet mit Personalmangel und einfach "keine Zeit" für eine zu lange und gründliche Einschulung. Ich habe oft das Gefühl, dass sich sehr viele meiner Kollegen (mir inklusive) viele Dinge selbst aneignen mussten, und dass viele Dinge dann oft nicht reibungslos ablaufen. Angefangen von mangelhafter Dokumentation bis hin zu Planung oder falsche Wundversorgung liegt hier alles an der Tagesordnung. Ich finde dies sehr schade, da ich eigentlich ein sehr genau arbeitender Mensch bin und ich finde, dass es gerade in solch einem Beruf nicht zu solchen Fehlern kommen dürfte. Jedoch mache auch ich genug Fehler, da ich eben häufig im Dienst mit ebenfalls jungen unerfahrenen Kollegen bin, die mir meine Fragen dann nicht immer beantworten können.
Neben dem alltäglichen chaotischen Zustand auf der Station kommt auch dazu, dass das Team ziemlich gespalten ist. Lästereien liegen hier an der Tagesordnung, und oft wird versucht, mich auf eine Seite zu ziehen, wobei ich mich hier stark raus halte. Ich habe auch schon angesprochen, dass ich mir gerne eine eigene Meinung über meine Kollegen bilde und ich von solchen Lästereien nicht viel halte, jedoch hat dies nicht viel gebracht. Häufig bekomme ich auch mit, wie über andere Kollegen geschimpft wird, alles was ich mir dabei denken kann ist "Was wird über mich gesprochen wenn ich das Zimmer verlasse"... Ständig hat man das Gefühl, man muss aufpassen, mit wem man über was spricht oder wen man was fragt, nur damit keiner hinter dem Rücken blöd zum Reden anfangt. Einen Teamzusammenhalt gibt es auf dieser Station meines Erachtens nicht, was ich sehr schade finde. Dies belastet mich eigentlich am allermeisten an der Ganzen Situation, denn ich habe immer gesagt:" Es ist mir egal, auf welcher Station ich einmal lande, Hauptsache das Team versteht sich und ich fühle mich wohl". Wohl fühle ich mich nur leider überhaupt nicht.
Alle Kollegen sind extrem gestresst und überarbeitet, geplagt von den vielen Überstunden. Diese haben dann auch dementsprechend wenig Geduld für meine Fragen, die ich natürlich trotzdem stelle. Es ist nicht erst einmal passiert das ich aufgrund einer Frage blöd angemacht wurde oder die Augen verdreht wurden.
Ich fahre mittlerweile jeden Tag mit Bauchschmerzen in die Arbeit, war jetzt auch ein paar Tage (sicherlich nicht ganz gerechtfertigt) im Krankenstand, weil ich einfach eine Pause gebraucht habe. Neben dem Team gibt es auf unserer Station auch einen relativ hohen Arbeitsaufwand, die meisten unserer Patienten sind bettlägerig, sehr viele auch sterbend. Damit habe ich an sich kein Problem, und es macht mir natürlich auch nichts aus, auch diese Patienten zu pflegen, aber oftmals bleibt einfach keine Zeit für eine gute Pflege. Ich bin mir sicher, dass es auf vielen Stationen so zugeht, aber es ist nun mal so, dass man am Tag 30 Patienten zu pflegen hat, dazwischen dann so Dinge wie Vorbereitung der Chemos oder anderer Infusionstherapien, Nahrung eingeben, Inkontinenzversorgung, Wundversorgung, und die ständigen Rufglocken, die dazwischen kommen. Ich habe oft einfach nicht die Zeit, meine Patienten in der Früh gründlich zu waschen, auch bei meinen Kollegen ist die Devise eher "schnell, schnell, dafür habe ich jetzt keine Zeit"- und langsam merke ich, dass ich auch so werde. Genau das wollte ich jedoch nie, und es tut mir im Herzen weh, wenn ich mich einem redebedürftigen Patienten, welcher gerade eine Krebsdiagnose erhalten hat, abwenden muss, weil ich höre, dass ein anderer Patient gerade die Rufglocke betätigt, weil ich weiß, dass sonst keiner auf die Glocke geht. Es bleibt nicht einmal Zeit für Gespräche, auf die die Patienten meiner Meinung nach jedoch ein gutes Recht haben. Es tut mir wirklich im Herzen weh. Der Alltag ist ein einziges herumlaufen, von A nach B und retour, dies schnell erledigen, dazwischen schnell dokumentieren, damit man es nicht vergisst, dann wieder rausgerissen werden weil jemand dies oder das benötigt... Ich weiß, dass ist Jammern auf hohem Niveau, denn so ist der Zustand in der Pflege nun mal, und ich weiß, dass es in Deutschland nicht besser ist. Aber langsam merke ich, wie ich mich zu einer verbitterten überforderten Krankenschwester entwickle, die kaum noch Kapazität für die Anliegen und leiden ihrer Patienten hat, und ich frage mich mittlerweile echt, ob ich wirklich im richtigen Beruf bin. Mir liegt das Wohl meiner Patienten sehr am Herzen, und es frisst mich innerlich auf, dass mir einfach keine Zeit bleibt, ihre Wünsche oder Anliegen zu bearbeiten. Ich hätte gehofft, dass das alles mit der Routine besser wird und man, wenn man nach einiger Zeit ein besseres Zeitmanagement entwickelt und einfache Aufgaben schneller erledigt, mehr Zeit für die Patienten hat. Jedoch höre ich auch von den Kollegen mit 20+ Jahren Berufserfahrung, dass es ihnen nicht anders geht als mir. Auch die beklagen sich, dass die Zustände mittlerweile untragbar sind. Die ganze Situation ist für mich irrsinnig frustrierend, oft denke ich mir, dass ich meinen eigenen Ansprüchen guter Pflege nicht gerecht werde, und dass ich einfach hoffe, dass meine Großeltern oder Eltern niemals krank werden und ins Krankenhaus müssen...
Mit meiner Stationsleitung habe ich bereits darüber gesprochen, die zeigt jedoch wenig Verständnis und hat mir mehr oder weniger zu verstehen gegeben, dass ich wohl für den hohen Arbeitsaufwand nicht genügend stärke besitze und es dann wohl besser sei, wenn ich mir etwas anderes suche.
Aufgrund des für mich untragbaren Zustandes habe ich mich nun in einem anderen Krankenhaus beworben, jedoch fürchte ich, dass es nirgendwo besser ist als auf meiner derzeitigen Station. Ich habe mir sogar überlegt, ob ich mich in einem Pflegeheim bewerben solle, da ich im Praktikum gemerkt habe, dass es dort oftmals familiärer zugeht, da man die Bewohner ja auch schon jahrelang kennt. Nun habe ich aber eine Freundin, die in einem Pflegeheim arbeitet, und auch sie meinte, die Zustände wären katastrophal und dass sie nicht einmal dazu kommen würde, mit den Bewohnern duschen zu gehen. Ambulante Pflege hätte ich mir auch schon überlegt, nur muss ich ehrlich zugeben dass mir hier das Gehalt dann doch zu knapp ist (aufgrund fehlender Nachtdienste, die ich auch sehr gerne mache), für die Stunden die man auch in der ambulanten Pflege leisten muss.
Ebenso hätte ich mir bereits überlegt, in eine Privatklinik zu gehen, hier hört man jedoch ebenso dass die Zustände nicht besser seien, sondern teilweise die Patienten dort so hochnäsig sind (wobei man das natürlich nicht pauschalisieren kann), ebenso müsste ich hier sehr weit fahren. Mit Kindern kann ich leider nicht gut, die Psychiatrie hätte mich immer extrem interessiert, jedoch traue ich mir das zum momentanen Zeitpunkt mit meinen doch noch großen Wissenslücken noch nicht zu.
Langsam aber sicher habe ich starke Selbstzweifel. Vielleicht bin ich einfach wirklich nicht für diesen Beruf und den damit verbundenen Stress gemacht. Auf der anderen Seite macht mir ein hoher Arbeitsaufwand an sich nichts aus, ebenso bin ich ein Fan der Schichtdienste und auch mit Überstunden habe ich kein Problem- jedoch nur, wenn mir die Arbeit an sich Spaß macht, und das tut sie momentan leider einfach nicht. Ich bewundere diese Menschen, die sich einfach mit den Zuständen in der Pflege abfinden, und einfach "funktionieren". Ich kann es leider nicht. Ich finde nicht, dass ich unter diesem ständigen Zeitdruck auf der Arbeit die Pflege leisten kann, die meine Patienten verdient haben, und das tut mir wie gesagt im Herzen weh. Was meint ihr dazu? Stelle ich mich einfach an wie eine Prinzessin? Soll ich der Station noch eine Chance geben? Gibt es Stationen da draußen, wo man tatsächlich Zeit für seine Patienten hat? Ich weiß es nicht... Jetzt arbeite ich gerade einmal 3 Monate in dem Beruf und schon plagen mich solche Zweifel, das ist doch auch nicht normal. Mich nochmal in die Schule setzen und etwas anderes lernen möchte ich auch nicht, da mir der Beruf an sich ja wirklich total Spaß macht. Ebenso möchte ich aber auch nicht im Selbstmitleid versinken, denn nur ich habe das Ganze und wie es weiter gehen soll in der Hand, nur bin ich leider momentan etwas ratlos.
Vielen Dank für alle, die sich das hier durchgelesen haben! Es tat einfach mal gut das alles loszuwerden.
Liebe Grüße,
Luisa