Pflegerischer Umgang mit Angst

hartwig

Stammgast
Registriert
02.04.2006
Beiträge
338
Beruf
Krankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
Dozent, Stationäre Pflege
Moin, moin!

Angst im Krankenhaus ist ein beinahe tägliches Phänomen: Patienten haben Angst vor Schmerzen, der Isolation, der Diagnose, der OP usw.
Wie gehen wir damit um? Hat Angst als Pflegeproblem überhaupt einen Stellenwert?
Wenn wir Angst als bewussten oder unbewussten Kommunikationsversuch des Patienten deuten, können wir hieraus einen Arbeitsauftrag ableiten, aber die Frage ist, was ist zu tun?
Was können wir ausser den üblichen Floskel wie:"Das wird schon wieder", "so schlimm isses nicht" und "aufgewacht sind sie bisher alle (bei OP)" noch tun?
Hier scheint es mir erst einmal wichtig, den Grad der Angst einzuordnen. In meinem Bereich, der Endoskopie, ist Angst normal. So gut wie jeder Patient hat Angst oder zumindest eine gesteigert Nervosität. Den Patienten ist aber auch klar, dass es hier nicht um existientielle Probleme geht, es lässt sich eher vergleichen mit einem Besuch beim Zahnarzt. Dem entsprechend fallen auch die pflegeischen Intervention aus: Ein der Person angepasste pflegerische Aufklärung mindert hier in den meisten Fällen das Angstniveau beträchtlich. Hier kann man davonausgehen, dass der Patient seine Angt konkret beschreiben und deuten kann: Angst ist hier (oft) eine Folge der Unwissenheit, die pflegerische Intervention ist damit klar. In anderen Fällen (ausserhalb der Endoskopie) wird es komplexer. Der Patient kann hier seine Angst eher difus erleben und nicht konkret einer Ursache zuordnen. HIer muss man pflegerisch mit einem Interventionsmix antworten (beispielsweise "Information" + "Ablenkung"). Eine andere Möglichkeit wäre, dem Patienten zu helfen, seine eigene Angst greifbar und verstehbar zu machen.
Wie sind eure Erfahrungen im Umgang mit diesem Thema? Was können wir konkret tun? Gibt es dafür überhaupt einen Platz im täglichen Arbeitsablauf?

Gruss Hartwig
 
Moin, Hartwig,

hoffentlich werden die genannten Floskeln nicht angewendet, denn sie bedeuten nichts anderes als dass man selbst Angst vor dem Thema hat.

Ein Patentrezept für den Umgang mit Angst suchen wir alle, da wird es wohl leider auch in Zukunft keinen Standard geben. Was man tun kann (das deutest Du ja an), ist den Patienten ernstzunehmen; statt mit einer Floskel zu antworten lieber zurückfragen: Ja, ich spüre Ihre Angst, können Sie das näher beschreiben?

Auch Wahrhaftigkeit hilft weiter als Verniedlichen und Beschönigen, das gilt überhaupt im Umgang miteinander (typische Situation: "Das dauert jetzt mal einen ganz kleinen Moment" - und in Wirklichkeit vergeht eine Ewigkeit - was hält uns davon ab, zu sagen, dass etwas dauern kann; manchmal sind wir dann schneller und der Patient freut sich, weil er sich auf Warten eingestellt hatte).

Patienten fragen in der Regel nur soviel nach, wie sie verkraften können, aber sie spüren ganz genau, wenn ihnen etwas vorenthalten wird, und das schafft Misstrauen und - Angst.

Also mehr Mut zur eigenen Angstbekämpfung bei unangenehmen Themen!

Gruss calypso
 

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