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Moin Lieschen,
deine Entscheidung die Patientin (Freundin) zu überwachen war richtig. Da du warscheinlich keinen BZ messen kannst sind deine Möglichkeiten aber leider begrenzt. Daß du aus dem Gruppenzwang heraus deinem richtigen Urteil, den Notarzt hinzu zu ziehen, nicht gefolgt bist verstehe ich. Leider muss ich dir sagen, daß diese Entscheidung fachlich jedoch nicht korrekt war.
1. Es lag eine Bewustlosigkeit vor. Gefahr: fehlende Schutzreflexe, ggf. erschlaffter Muskeltonus . Erstickungsgefahr! Heißt :Notarztindikation!
2. Es lagen eindeutige Vergiftungserscheinungen, in diesem falle mit Alkohol , vor: Gefahr: Insuffizienter Atemantrieb, Abwehrreaktion (Erbrechen) bei fehlenden Schutzreflexen (Aspirationsgefahr), insuffiziente Temperaturregulierung ( zentrale Unterkühlung ), insuffiziente Kreislaufregulation ( deswegen der niedrige Puls), insuffuziente Regelung des Zuckerhaushaltes ( Unterzuckerung), verstärkte Neigung zu Krampfanfällen. Heist: Notarztindikation!
3.Als Schülerin (Unterkurs) hast du noch nicht die ausreichende Erfahrung die Risiken abschätzen zu können. Du hast noch keine ausreichende Erfahrung bei Komplikationen richtig und schnell zu handeln
4. Du hast noch keine eigenen Gerätschaften zur Vitalzeichenkontrolle und Notfallversorgung ( lässt sich aber , wenn du gelernt hast die Geräte richtig zu bedienen und mit den ermittelten Werten was anfangen kannst sicher mal beheben. Ein kleines Notfalltäschchen im Auto ist ab und an mal ganz nett)
Zu den Maßnahmen.
Nach Feststellung der Situation ( Wenn du später mal Gerät mit hast, sonst halt ggf. nicht):
-Pat in die stab. Seitenlage,
-Wärmeerhalt ( Decke auch unter die Patientin,Heizung an, ggf. Wärmflasche ( nur mäßig warm um die Pat nicht zu überhitzen oder gar zu verbrennen, versteht sich von selbst.) ,
-Kontrolle von Atmung, Puls und wenn später mal vorhanden Temperatur, Blutdruck und Blutzucker.
-Jemanden an die Straße stellen, zum Einweisen der eintreffenden Rettungsmittel.
-Wenn möglich Sauerstoffgabe, aber wer hat sowas schon dabei. -Erbrochenes in Plastiktüte sicherstellen und dem rettungsdienst mitgeben ( nicht alles, etwas reicht
), für den Fall, daß es mal nicht nur der Alk sondern auch Tabletten, Pappen oder sonst was war.
-Infusion vorbereiten, 20ml G40 (Glucose 40%) aufziehen. ( je nach BZ )
-Vitalwerte protokollieren und Pat. an Rettungsdienst übergeben.
Ich hoffe dir weiter geholfen zu haben.
Liebe Kollegen,
ich weis, daß akute C2 Patienten uns oft Zeit und Nerven und die Gemeinschft viel Geld kosten. Dieses ist aber ein gesellschaftliches Problem, welches ich hier nicht weiter ausbreiten möchte. Sonst komme ich wieder auf die Diskussion , warum Alkohol erlaubt, medizinisch gesehen harmlosere Substanzen jedoch verboten sind. Da kann sich jeder sein eigenes Bild machen.
Trotzdem handelt es sich schon bei der "normalen" C2-Intox. um einen potenziell lebensbedrohlichen Notfall. Weiterhin ist eine Differenzialdiagnose zu anderen Erkrankungen in Betracht zu ziehen. CT ist m.e. sicherlich nicht primär notwendig, aber eine Blutalkoholkontrolle obligat . Dieses schon um ein Missverhältniss zu Klinik und Stoffkonzentration ermitteln zu können. Der Mensch kann auch Läuse und Flöhe gleichzeitig haben ! Wenn ich hier anfange nachlässig zu werden, weil derjenige selber schuld ist, wo höre ich dann auf ? Beim COPD-Patienten, der jahrelang geraucht hat ? Beim Herzkranken, der nie Sport gemacht hat ? Beim Diabetiker, der sich sein Leben lang schon falsch ernährt und nie was gegen sein Übergewicht unternommen hat ?
Wenn ich mit dieser Denkweise anfange, dann kann ich meinen Job aufgeben. Wenn ich erst überlege, ob der Patient meine Hilfe auch wirklich verdient hat...
Wir haben in unserem Beruf dringenderes zu erledigen und uns, mal wieder, zu erkämpfen. Die Pflege muss wieder das werden was sie einmal war, stark selbstbewust, interdisziplinär und innovativ.Das ist aber wieder eine andere Diskusion
.
Gruß aus dem Rheiderland.
Lutz