Mitwirkung an Abtreibung?

Hallo,

ich bin grad ein wenig verwirrt, ich hatte grade mein Praktikum auf der Gyn und dort werden fast täglich Interruptios durchgeführt, aber bei den Frauen wird ausschließlich eine Curettage durchgeführt, es erfolgt somit keine "Entbindung" des Fötus. Habe ich da was falsch verstanden?

lG Eva aus Wien, wo es grade heftig blitzt und donnert
 
Die Abtreibungen nach der 12. SSW sind aber medizinisch indiziert. Ich glaube nicht, dass ich mich aus religiösen Gründen dagegen sperren könnte. Diese Art Abort wird meines Wissens auch in christlichen Krankenhäusern vorgenommen.

reden wir etwa von abtreibungen nach ssw 12 (nicht 14?), die etwa um die gesundheit der mutter zu schützen vorgenommen werden?

also konkret möchte ich fragen:

wer käme allen ernstes auf die idee, sich aus religiösen gründen gegen die mithilfe bei der rettung (weit davon entfernt dürfte ein solcher eingriff ja nicht sein, die werden ja dann nicht "mal eben so" gemacht) des lebens der mutter zu sperren Oo

bitte nicht falsch verstehen: ich glaube, bei egal welchem grund würde ich exakt einmal assistieren & dann nie wieder (das ist eindeutig etwas, das ich für mich persönlich unter "geht in keinem der möglichen fälle" einordne - könnte ich einfach nicht, egal warum die abtreibung durchgeführt wird)
 
Es gibt meines Wissen nach deutschem Recht vier verschiedene Arten von Abtreibung:

1) aus medizinischen Gründen, also bei Gefahr für die Mutter und / oder nicht lebensfähigem Embryo, intrauterinem Fruchttod oder sowas. Solche Eingriffe darf zumindest kein Haus ablehnen - dass sich die Mitarbeiter gegenseitig zu entlasten versuchen ist ja was ganz anderes.

2) bei Schwangerschaften nach Vergewaltigungen
3) wenn der Embryo behindert ist.

Die drei sind legal; wenn ich recht weiß, kann sich keine Einrichtung dagegen verwahren. Ich kann aber verstehen, wenn jemand in Fall 2 & 3 ein Problem hat. Ich weiß nicht, ob ich bei der Abtreibung eines Trisomie-21-Babys ein gutes Gewissen haben könnte.

4) aus sozialer Indikation (blöder Ausdruck): sprich, wenn die Frau das Baby nicht austragen will. Das ist illegal, aber straffrei (noch blöder) und dies kann auch von Einrichtung abgelehnt werden. Ich kenne christliche Krankenhäuser, die keine solche Abtreibung vornehmen. Allerdings dürfen die eben bis zur 12. SSW durchgeführt werden.

Meine Vorschreiberin sprach von den Abtreibungen nach der 12. Woche, und da kann es sich nur noch um die Gründe 1 - 3 handeln. Einfach ist es da auch nicht, aber die Situation ist dennoch eine andere.
 
Genau, wir haben meist die Abtreibung ab der 12SSW, die medizinische Ursachen hat, die früheren werden wenn es keinen anderen med. oder sozialen Grund gibt ambulant gemacht.
Ich muss ehrlich sagen, ich selbst könnte außer aus dem 1 Grund nicht abtreiben, aber ich verurteile keinen Pat. für seine Entscheidung, da ich die Hintergründe ja nicht genau kenne. Was aber nicht heißt, dass es mir nicht jedesmal aufs neue schwerfällt bei der Ausstoßung dabei zu sein, grade weil ich selbst grade ein Kind erwarte bzw. da ich davor schon länger versucht habe eines zu bekommen.
 
Da ich selber als Schülerin bei einer Ausstoßung dabei war (weil die Frau nicht rechtzeitig in den Kreißsaal kam) kann ich das gut verstehen.

@Eisenbarth: In den 1950ern oder sogar noch länger hat man sich in einigen christlichen Krankenhäusern z.B. bei einer Schwangerschaftsvergiftung dazu entschieden, die Frau nicht aufzuklären und sie das Kind austragen zu lassen. Mutter und Kind konnte man da noch nicht retten. Also hat man sich für das Kind entschieden - die Mutter starb dann ja an einer natürlichen Todesursache, das konnte man dann wohl als Gottes Willen interpretieren.

Keine Sorge, heutzutage denkt man nicht mehr so.
 
Auch nach einer Vergewaltigung ist ein Schwangerschaftsabbruch nur bis zur 12. Woche in Deutschland durchführbar.

Wenn ich den Thread so überfliege, werde ich immer wärmer mit der Idee, Abbruchkliniken einzurichten, um die Suche nach Ärzten und Pflegepersonal, die bereit sind, Abbrüche vorzunehmen, zu finden.

Wie ist es denn eigentlich mit einem Gynäkologen, der aus ethischen Gründen keine Abbrüche vornimmt - darf er sich weigern, seiner Patientin Kollegen zu nennen, die Abbrüche vornehmen?
 
Wie ist es denn eigentlich mit einem Gynäkologen, der aus ethischen Gründen keine Abbrüche vornimmt - darf er sich weigern, seiner Patientin Kollegen zu nennen, die Abbrüche vornehmen?

Das glaube ich nicht. Aber vor der Abtreibung aus sozialen Gründen kommt ja ohnehin die Beratung. Dort wird man auch Adressen von den Praxen und Krankenhäusern bekommen können, bei denen solche Eingriffe durchgeführt werden.

Gegen die Abtreibung aus anderen Indikationen darf sich meines Wissens kein Gynäkologe sperren. Aber nicht jeder niedergelassene Gynäkologe bietet ambulante operative Eingriffe, zu denen ja auch die Abtreibung gehört, an. Diejenigen müssen dann ja eh ab und an eine Patientin an die Kollegen überweisen.
 
Aber vor der Abtreibung aus sozialen Gründen kommt ja ohnehin die Beratung. Dort wird man auch Adressen von den Praxen und Krankenhäusern bekommen können, bei denen solche Eingriffe durchgeführt werden.

Stimmt, daran hab ich nicht gedacht.

Gegen die Abtreibung aus anderen Indikationen darf sich meines Wissens kein Gynäkologe sperren.

Ich habe mal beim SPIEGEL einen Bericht über einen Fall gelesen, bei dem sich mehrere Ärzte weigerten, einen Abbruch nach der 20. SSW durchzunehmen. Die Eltern hatten sich für den Abbruch entschieden, weil bei dem Kind eine Behinderung festgestellt wurde, die jedoch nicht direkt tödlich für Mutter oder Kind war (ging von der Diagnose in Richtung Down- Syndrom).
Ich versuche, ob ich den Link zum Artikel noch finde.
 
Hi :-)
zu dem Spiegel-Artikel, übrigens, ein sehr interessanter - hier ist der ganze Artikel 'Der Ludwig lacht' in dem es um den Wunsch nach einer sehr späten Spätabtreibung geht. Medizin: Der Ludwig lacht - SPIEGEL ONLINE

Ich beschreib einfach mal, wie das bei uns so ist und wie ich drüber denke :-)
An dem Haus, wo ich arbeite werden ausschließlich Abbrüche aus medizinischer Indikation durchgeführt.
Wir führen keine Abbrüche durch aus Gründen wie 'weil man versehentlich schwanger geworden ist', etc etc.
Spätabruptios gibt es bei uns auch nur vor dem Erreichen der Lebensfähigkeit also vor 23+0 und wie gesagt aus medizinischer Indikation.

Ich persönlich würde nicht an einem Haus arbeiten wollen, das etwas anderes als medizinische Abbrüche durchführt. Über '''normalen''' Abbrüche möchte ich nicht richten, aber ich möchte auch nicht daran beteiligt sein. Würde unser Haus damit anfangen würde ich persönlich wechseln.
Für Leute, die auch gegen medizinische Abbrüche sind gibt es z.B. viele katholische Häuser, an denen auch keine medizinischen Abbrüche durchgeführt werden. Ich für meinen Teil weiß nicht ob ich ein behindertes/schwerstkrankes Kind 'behalten' würde/könnte und finde das grad bei Trisomie 21 besonders schwierig zu sagen, aber das ist eine Entscheidung wo ich, egal, wie die Eltern dies entscheiden, das respektieren und akzeptieren kann.

Mit unseren Schülern:
Wir sprechen mit unseren Schülern bei solch anstehenden Sachen ausführlich über die ganze Situation. Wir überlassen ihnen die Entscheidung ob sie z.B. bei einer solchen Geburt auf Station mit ins Zimmer möchten oder nicht, ob sie das Kind später anschauen möchten oder nicht, etc etc. Genauso handhaben wir das bei Geburt nach Intrauterinem Fruchttod. Hatte aber noch nie einen Schüler, der sich da 'außen vor' halten wollte.
Was wir aber schon erwarten würden, wenn jemand das obig beschriebene nicht will, ist, das die Pat. grundsätzlich betreut werden (z.B. Vitalwertkontrollen, allgemeine postoperative Pflege, etc). (Man muss ja auch Verbrecher, religiös anders/extrem denkende usw medizinisch-pflegerisch fachlich richtig betreuen, egal, was man von ihnen hält, meiner Meinung nach. )

Von Kollegen würden wir auf Station nicht akzeptieren, das sie sich da 'rausnehmen'. Bei Einstellung werden solche Sachen nicht von uns verschwiegen, so das keiner hier überrumpelt dadurch ist und sich bewusst entscheiden kann, ob er das akzeptieren/handeln kann oder nicht.
 
interessantes statement von dir, find ich, und auch ein interessanter artikel, mit einigen "schlüsselsätzen", die einem einen so oder so gearteten schauer über den rücken jagen.

hab noch ne nachfrage: warum findest du es gerade bei trisomie 21 so schwierig zu beurteilen, ob das kind 'behalten werden kann' oder nicht?
 
hab noch ne nachfrage: warum findest du es gerade bei trisomie 21 so schwierig zu beurteilen, ob das kind 'behalten werden kann' oder nicht?

Falls ich mit der Frage gemeint war..... Ob das Kind "behalten werden kann" oder nicht, hat m.M.n. in jedem Fall sowieso grundsätzlich NUR die Schwangere zu beurteilen und niemand anders.
Ich habe Trisomie 21 als Beispiel ausgewählt, da dies meines Wissens nach eine Erkrankung mit einer sehr weiten Spannbreite ist. Je nach Ausprägung können Menschen mit dieser Erkrankung ein ganz "normales" Leben führen oder jedoch schwer krank sein.
Anders bei anderen Erkrankungen, bei denen die betroffenen Kinder nur eine extrem kurze Lebensspanne haben (z. B. Anencephalie). In einem solchen Fall weiß die Schwangere eher, was auf sie zu kommt und kann sich darauf einstellen.

Ich bin jedoch weder KiKra noch arbeite auf der Gyn, deswegen sind alle Gedanken, die ich mir zu diesem Thema gemacht habe, recht theoretisch und laienhaft.
 
Wobei "sich darauf einstellen" ein schlecht gewählter Ausdruck ist. Besser formuliert: Die Ärzte können ihr wahrscheinlich eher erklären, was die Diagnose für ihr Kind bedeutet und kann theoretisch ein genaueres Bild von ihrer Zukunft mit dem Kind bilden. Wird so deutlich, was ich meine?
 
Ich stimme da Tabea vollkommen zu, die Entscheidung zum Abbruch sollte nur bei der Mutter liegen.
Letztens kam eine Reportage im TV über Menschen die Trisomie 21 hatten. Darin kamen auch etliche Vertreter der Kirche vor die Abtreibung zutiefst verurteilten.
Meiner Meinung nach wird man mit einem behinderten Kind sehr alleine gelassen oder muss für jeden Mist kämpfen, mit der KK oder dem Amt. Von dem her verurteile ich keine Familie die einen Schwangerschaftsabbruch vornimmt, weil das Kind behindert wird. Es ist und bleibt ihre Entscheidung und die sollte auch die Gesellschaft akzeptieren.
 
Hallo,

diese Theama hätte mich bald geknackt (Zweifel an den richtigen Weg Krankenschwester zu werden).

1979/80 ich war Praktikantin und hatte einen 6 Wochenkurs zur Schwesternhelferin gemacht, wurde ich auf einer Gyn-Station eingeteilt.
Ich habe später erfahren das die PDL mir das Leben schwer machen wollte. Erfolgreich schwer, aber nicht verscheucht.
Ich musste die Damen abends rasieren, das Spekular halten bei der Vorbereitung zur Interuptio, wenn sie das Kind ausbestoßen hatten musste ich schauen ob alles dran ist und ab in den Mülleimer.
Die Frage von einigen Frauen, war es ein Junge oder ein Mädchen haben mir sehr zu schaffen gemacht.
Man(n)/frau hat mich nicht gefragt ob ich da helfen wollte, das war so, fertig aus. Für mich die harte Schule. Ich habe mich viel damt beschäftigt und es hat mich arg belastet.
Teilweise kamen Frauen zwei/drei mal und oft waren die finaziellen Voraussetzungen für ein Kind vorhanden, das fand ich erschreckend.
Ich kann mich an eine Frau erinnern, die die Pille nicht nehmen wollte (sollte, weil der Mann das nicht wollte. Hormongabe ist schlecht für den Körper) und der damalige Chefarzt sich mit dem Mann angelegt hatte.
Er hatte ihm eine Sterilistation (bei ihm) vorgeschlagen, weil er die Frau nicht ein viertes mal zur Interuption haben wollte.
Oft hatten wir auch Frauen die alles versuchten um schwanger zu werden. Diese hin und her der moralischen, ethischen Gründen in meinem Kopf waren sehr anstrengend.

Dieser Chefarzt hat mir sehr geholfen, er sagte:"Die Frauen, die abteiben wollen, tun es auch und mache kommen einen Pfuscher unter die Hände. Mir ist lieber sie kommen zu uns und sie haben noch eine Chance wenn ihre Zeit gekommen ist, sich doch noch für ein Kind zu entscheiden."
Ich habe auf dieser Station mit 17/18 Jahren, gedanklich Frauenprobleme bewälzt die so manche Frau wesendlich später hatte.

Einige Frauen habe ich in unserer Stadt noch getroffen und viele von ihnen hatten meist lange nach der Abtreibung ihr Päckchen zu tragen.
Sie sahen Kinder und in ihrem Kopf kam sofort ihr abgetriebens Kind (mein Kind wäre jetzt in diesem Alter).

Ich kam damals zu dem Entschluss wie
schlitzkompresse:


Es ist und bleibt ihre Entscheidung und die sollte auch die Gesellschaft akzeptieren.

Jeder hat "sein" Leben und hat das Recht, das Wie und mit wem zu entscheiden.

Claudia B.
 
Claudia, ich glaube, mit 17 wäre ich mit der Situation vollkommen überfordert gewesen und hätte mich doch für die Lehre zur Bankkauffrau entschieden! Ich weiß noch, wie geschockt ich von dem Foto eines Foetos aus der 23 (?) SSW war, der relativ grob aus dem Uterus entfernt worden war (das war in der Ausbildung, Thema Ethik/ Tod des Kindes; der Foetos war schon in uteri verstorben, es handelte sich also nicht um einen Abbruch).
Wie schön, dass du trotz dieser erfahrung deinen Weg gegangen bist!
 
Danke, "heute" weiß ich noch mehr zu schätzen was ich durchgemacht habe.
Ich war überfordert, habe mich diesen Situationen gestellt, mich damit beschäftigt und ich hatte die richtigen Leute "an" meiner Seite.
Ich erinnere mich an eine Krebspat. (Endstadium), "Kind, was du hier zusehen bekommst und durchmachst, prägt dein ganzes Leben. Ich bin froh und dankbar das es dich gibt. Vergiß mich nicht und gehe deinen Weg in die Pflege."

Neben dem Chefarzt (leider schon lange tot), mein Mann (damals gerade kennengelernt) hat es viel "beruflichen" Gesprächsstoff gegeben und mein Mann hat mich bei meinen Ausbildungen (Krankenpflegehelferin, Krankenschwester) unterstützt.

Ich habe damals keinen andern Berufswunsch gehabt (hätte auch keinen anderen Beruf für mich gewusst) und habe auch nie bereut Krankenschwester geworden zu sein. Verärgert, über das Gesundheitssytem, enttäuscht von AG´s, wie die Pflege geachtet wird, ja, nur der Mittelpunkt (an und mit Menschen zu arbeiten) ist mir nie (komplet) genommen worden.

Ich (50 Jahre alt) arbeite immer noch gerne als Krankenschwester und freue mich auf jede "junge" Pflegekraft. Sie sind unsere Zukunft und sie tragen "unsere" Pflegewerte weiter.
 
Finde den Satz von deinem Chefarzt prima.

Ich finde es bei der Diskussion wichtig, beide Seiten zu betrachten...d.h. wenn ich mal aus welchen Gruenden auch immer eine Abtreibung an mir vornehmen lassen muss, dann hoffe ich sowohl beim Arzt als auch bei den Pflegern, dass ich nicht verurteilt werde.
Ich kenne keine Frau, die leichtfertig abgetrieben hat, einige hat das noch einige Zeit danach beschaeftigt...diese Frauen brauchen Verstaendnis und Kompetenz aber keinen Richter. Die Gruende fuer eine Schwangerschaft sind vielfaeltig, ebenso wie die fuer einen Abbruch- aber das ist das Paeckchen das die betroffene Frau zu schleppen hat, nicht ich als Pfleger.