Gesetzliche Grundlage für 12-Stunden-Schichten in der ambulanten Intensivpflege

Smutjes

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Leider habe ich bei der internen Suche nur veraltete Beiträge gefunden.

Vieles funktioniert ja wunderbar nach dem Motto "Wo kein Kläger, da kein Richter".

Ich habe das ArbZeitG rauf und runter gelesen, Tarifverträge studiert und einschlägige Meinungen bekommen, jedoch niemals eine Gesetzliche Grundlage, die in irgendeiner Form die Übliche Praxis in der ambulanten Intensivpflege legitimieren würde.

Die im Moment einzige Grundlage die ich finden konnte ist §12 des DRK-Reformtarifvertrags (leider ohne genauere Bezeichnung).
Sinngemäß kann die tägliche Arbeitszeit auf bis zu 12 Stunden Täglich, jedoch maximal 48 Stunden in der Woche erhöht werden, wenn regelmäßig je Schicht mindestens 3 Stunden auf Arbeitsbereitschft entfallen. Was durchaus zutrifft.
Nur arbeite ich eben nicht beim DRK, sondern bei einem privaten Anbieter ohne Tarifvertrag, ohne MAV und ohne Betriebsrat, trotz 1200 Mitarbeitern...
Im Arbeitsvertrag heist es zum Punkt "Arbeitszeit" lediglich es gelten die Bestimmungen nach oben genannten Tarifvertrag des DRK.

Gibt es außer diesem Tarifvertrag noch eine weitere GESETZLICHE Grundlage?
Gilt dieser Tarifvertrag überhaupt für mich?
 
Der § 7 des Arbeitszeitgesetzes beschreibt die Umstände, unter denen von den Regelungen, die die Arbeitszeit betreffen, abgewichen werden kann. Darin ist auch die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit enthalten.
 
Der § 7 des Arbeitszeitgesetzes (1) In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann zugelassen werden, den haben wir jedoch nicht. Unser AG bezieht sich lediglich auf einen DRK Tarifvertrag, der für uns aber keine Gültigkeit hat.
Abs (2) und (3) beziehen sich erneut auf einen bestehenden Tarifvertrag.
Abs (4) auf kirchliche Einrichtungen, was wir nicht sind.
Abs (5) und (6) sagen, dass die Aufsichtsbehörde oder die Regierung Ausnahmen erlassen kann, was sie nicht hat.
Abs (7) trifft zu. Müssen wir im AV unterschreiben, ist aber lediglich eine Zustimmung, keine gesetzliche Grundlage.
Abs (8) und (9) legen lediglich die maximale Wochenarbeitszeit fest WENN eine der vorherigen Bedinungenerfüllt ist, was keine der Bedingungen ist.
 
Ob irgendein Tarifvertrag gilt kannst nur du mit Hilfe deines Arbeitsvertrages ermitteln.
Ebenso, ob dort eine "Einvernehmlichkeitsklausel" drin steht .
Ansonsten ist die Arbeitszeit klar gesetzlich geregelt. Auch wenn einige AG dies nicht einhalten. Dann wird der "Notfall"-Joker gezogen und das Wohl und die Sicherheit der Patienten als Berechtigung zur Mehrarbeit-Anordnung genutzt,

LG Einer
 
Arbeitszeitgesetz, §7, (3):

(3) Im Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach Absatz 1, 2 oder 2a können abweichende tarifvertragliche Regelungen im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder, wenn ein Betriebs- oder Personalrat nicht besteht, durch schriftliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer übernommen werden. Können auf Grund eines solchen Tarifvertrags abweichende Regelungen in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung getroffen werden, kann auch in Betrieben eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers davon Gebrauch gemacht werden.

Dein Arbeitgeber macht Gebrauch von den abweichenden Regelungen eines Tarifvertrags, der für Pflegeberufe gilt. Die Vereinbarung über die verlängerte Arbeitszeit wurde in Deinem Arbeitsvertrag schriftlich festgehalten. Du hast diese Arbeitszeiten mit seiner Unterzeichnung akzeptiert. Somit nutzt Dein Arbeitgeber eine der laut Arbeitszeitgesetz gestatteten Möglichkeiten und verhält sich damit (zumindest in diesem Punkt) völlig korrekt.
 
Ich habe noch eine Frage zur Bezahlung von weniger Stunden als den geleisteten: Ich bin bisher Freiberufler, bekomme auch alle Stunden bezahlt. Mein Brötchengeber möchte aber, daß ich in ein Angestellten-Verhältnis gehe, wo ich, nach derzeitigem Stand, wie meine Kollegen nur 10 von 12 Stunden täglicher Dienstzeit bezahlt bekomme. Mein Brötchengeber hat die fadenscheinige Ausrede, das offiziell nicht mehr als 10 Stunden erlaubt sind, folglich also auch nicht offiziell sind und damit auch nicht bezahlt werden können. Das es sich dabei natürlich um ein erhebliches Einsparpotenzial seitens meines Chefs handelt, wird natürlich unter den Teppich gekehrt. Da ich unter diesen Umständen nicht mehr bei ihm arbeiten würde und meine Kollegen natürlich ebenfalls unzufrieden sind, fast 20% weniger Arbeitszeit vergütet zu bekommen (es gibt auch keine Pausen, wir müssen anwesend sein): Gibt es eine Möglichkeit, meinen Chef unter Druck zu setzen, um diese Situation zu ändern? In meinen Augen ist es Betrug. Wenn man als Arbeitnehmer mit der geringeren Vergütung einverstanden ist, wäre das letztendlich eigenes Verschulden. Gegenüber Kontrollinstanzen ist das aber doch sicherlich nicht rechtens, was die abweichende Arbeitszeit betrifft?!
 
Hallo Josepadilla,

So ganz verstehe ich deine Frage nicht.
Keiner kann dich zwingen, einen neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben.
Wer Vorteile und wer Nachteile hat, hast du selbst schon ausgeführt. Und Nebenbei: Das Arbeitszeitgesetz verbietet nur die geplante Arbeit über 10 Stunden hinaus, nicht das Bezahlen !!!
Genau nachlesen kannst du das hier:ArbZG - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis

Wie Freiberufler geregelt sind müsste im Arbeitsvertrag stehen. Also genau nachlesen.

LG Einer
 
...es geht darum, daß mein Chef sozusagen Behörden gegenüber vorgibt, nur 10 Stunden arbeiten zu lassen, obwohl es tatsächlich 12 sind. Natürlich kann mich niemand zwingen, einen neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben und natürlich ist auch die Bezahlung meine eigene Sache. Mir ging es darum, eine Art Druckmittel zu haben, damit er zukünftig nicht nur 10 Stunden bezahlt, falls ich weiter als Angestellter arbeiten würde bzw. hätten meine Kollegen wohl auch nichts dagegen, die tatsächliche Arbeitszeit vergütet zu bekommen.
 
Ich denke das Problem wird ähnlich wie bei der Ärzten und dem RD mit den 24h Diensten sein. Ich denke das der AG argumentiert das bei der 12h Schicht in der Intensivpflege nicht wirklich 12h gearbeitet wird sondern ein Teil (min. 2h) ein Bereitschaftsdienst ist wo der AN nur auf den Kunden/Patienten aufpasst ob etwas passiert. Auf der anderen Seite wenn ich mich richtig erinnere sind die 24h im RD und KH erlaubt wenn es im allgemeinen zur Entlastung dient und eine Öffnungsklausel und Betriebsvereinbarung nach §7? des ArbZG (ja ich bin gerade zu faul es nach zugooglen) vorhanden ist. Dürfte dann wohl ähnlich in der häuslichen Intensivpflege sein.

Das bei 12h Arbeit nur 10h abgerechnet werden ist natürlich nicht ok und ich denke auch nicht das es dafür eine gesetzliche Lücke gibt.
 
...verstehe ich das hier richtig?

ein privater arbeitgeber, ohne tarifvertrag, darf mittels:

Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag:
Gemäß Arbeitszeitgesetz (ArbZG) §7 (3) Abweichende Regelungen gilt der §12 DRK-Tarifvertrag West Abs. 6: „Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf bis zu 12 Stunden täglich verlängert werden“.
[...]

die 12-Std-Dienste betreiben? Ohne Sondergenehmigung ganz legal?

Gemäß ArbZG § 7 (3) ?!
 
Moin,

da es sich um einen Beitrag aus 2017 handelt, gehe ich mal davon aus, dass das Problem nicht mehr ganz akut ist...

LG
 
wieso? für mich ist es das denn tippte eben genau diese vertragsergänzung... evtl. folgt aber eh noch die anwaltliche prüfung.

wenn das wirklich so ginge wäre das ja ein einfacherer weg als eine sondergenehmigung anzufordern..
 
wieso? für mich ist es das denn tippte eben genau diese vertragsergänzung... evtl. folgt aber eh noch die anwaltliche prüfung.

wenn das wirklich so ginge wäre das ja ein einfacherer weg als eine sondergenehmigung anzufordern..

So wie ich das lese: Ja. Ich bin keine Juristin, aber das oben fett hervorgehobene ist für mich recht eindeutig.

Es handelt sich um eine Arbeit in der Pflege. Der o.g. Arbeitgeber lehnt sich an Regelungen eines Tarifvertrages aus diesem Bereich an und hat dies auch in seinen Arbeitsverträgen festgehalten. Diese Regelungen sind laut Arbeitszeitgesetz auch gestattet. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitsvertrag zugestimmt.

Es ist legal, es wurde vertraglich vereinbart, der Arbeitnehmer war einverstanden - ich wüsste nicht, was rechtlich daran auszusetzen wäre. Gesetze müssen uns nicht gefallen.

(Ergänzung: Ich beziehe mich natürlich auf den Beitrag von Smutjes. 12 Stunden zu arbeiten und nur 10 Stunden bezahlt zu bekommen, wie von einer anderen Userin beschrieben, kann nicht rechtens sein.)
 
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  • "Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag: Gemäß Arbeitszeitgesetz (ArbZG) §7 (3) Abweichende Regelungen gilt der §12 DRK-Tarifvertrag West Abs. 6: „Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf bis zu 12 Stunden täglich verlängert werden“.[...] "
wird gerade durch einen Anwalt geprüft. Ich gebe bescheid was dabei rauskommt aber gehe auch davon aus das es so korrekt und rechtlich legal sein wird.
 
Und beim TE - so hatte ich es zumindest verstanden - war es ja noch nicht mal eine Änderung, sondern der Arbeitsvertrag sah von vornherein 12-h-Schichten vor.
 
Ich habe noch eine Frage zur Bezahlung von weniger Stunden als den geleisteten: Ich bin bisher Freiberufler, bekomme auch alle Stunden bezahlt. Mein Brötchengeber möchte aber, daß ich in ein Angestellten-Verhältnis gehe, wo ich, nach derzeitigem Stand, wie meine Kollegen nur 10 von 12 Stunden täglicher Dienstzeit bezahlt bekomme. Mein Brötchengeber hat die fadenscheinige Ausrede, das offiziell nicht mehr als 10 Stunden erlaubt sind, folglich also auch nicht offiziell sind und damit auch nicht bezahlt werden können. Das es sich dabei natürlich um ein erhebliches Einsparpotenzial seitens meines Chefs handelt, wird natürlich unter den Teppich gekehrt. Da ich unter diesen Umständen nicht mehr bei ihm arbeiten würde und meine Kollegen natürlich ebenfalls unzufrieden sind, fast 20% weniger Arbeitszeit vergütet zu bekommen (es gibt auch keine Pausen, wir müssen anwesend sein): Gibt es eine Möglichkeit, meinen Chef unter Druck zu setzen, um diese Situation zu ändern? In meinen Augen ist es Betrug. Wenn man als Arbeitnehmer mit der geringeren Vergütung einverstanden ist, wäre das letztendlich eigenes Verschulden. Gegenüber Kontrollinstanzen ist das aber doch sicherlich nicht rechtens, was die abweichende Arbeitszeit betrifft?!

Nun, ich glaube nicht, dass dein Chef das auch mit diesen Regeln einfach so machen kann:

"Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag: Gemäß Arbeitszeitgesetz (ArbZG) §7 (3) Abweichende Regelungen gilt der §12 DRK-Tarifvertrag West Abs. 6: „Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf bis zu 12 Stunden täglich verlängert werden“.[...] "
Ja, es ist legal, sie auf 12 Stunden zu erhöhen, aber auch mit dem richtigen Gehalt und vielleicht einem Bonus dafür. Besonders wenn der Arbeitsvertrag nicht klar ist, kann man dafür argumentieren.

Hier findest du ein Beispiel dafür Abmahnung: Arbeitszeitbetrug & Arbeitszeitverstoß ,wie man einen schreibt...ich hoffe, es hilft
 

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