Fieber und Kühlung

Muggle

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22.11.2006
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Baden-Württemberg
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Gesundheits- und Krankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
Intensivstation
hallo,


Fiebersenkung ist immerwieder ein Thema, deshalb hab ich mal etwas gesucht.....gefunden hab ich einiges und für mich schlüssiges zusammengefasst:



nicht jedes Fieber bedarf einer Senkung!

Meines Wissens ist es so, daß Fieber, welches nicht aus neurologischen Schäden oder einem Hitzeschlag z.B entsteht, einen guten Grund - z.B. Sepsis - hat und erstmal auch nichts schlimmes an sich ist - ich gehe mal von Werten unter 40° aus - sondern eher positive Wirkungen beinhaltet (Immunantwort). Der Gedanke einer Minderung der Temperatur ist ja der, das man u.a. die negativen Wirkungen auf das Kardiopulmonale System verringert...leider ist es doch aber eher so, daß wenn man nun einen Patienten mit 39° mittels z. B. Kältematten kühlt eher einen gegenteiligen Effekt hat, d.h. er wird anfangen zu zittern um seinen eingestellten "Sollwert" zu erreichen was wiederum zu einem gesteigertem Sauerstoffverbrauch und "Streß" führt, es sei denn er wird relaxiert was wiederum Nebenwirkungen beinhaltet. Ebenfalls führt eine Kühlung zu einer Vasokonstriktion, wodurch ein "innerer Hitzestau" hervorgerufen wird.
Als "Schwellenwert" zur Fiebersenkung (soweit ich es gelesen habe) wird 40° angegeben, wobei in erster Linie die zentrale medikamentöse Theraie bevorzugt werden sollte (z.b. paracetamol).

Der primäre Fokus muß immer auf die Identifizierung des Fiebergrundes liegen und entspechend behandelt werden......


Auch bei der kontrollierten Hypothermie nach Reanimation muß auf eine außreichende Sedierung/ Relaxierung geachtet werden, da diese sonst zu einem gegenteiligen Effekt führt. Ebenfalls muß eine kontrollierte "Normalisierung der Körertemperatur" stattfinden, da es sonst zu einer überschießenden Reaktion und einer Hyperthermie kommt .

Gerne würde ich einige andere Meinungen lesen, auch wenn mein Beitrag nur eine kurze Zusammenfassung war.
 
Thema FALSCH....



.....es sollte heißen Fieber und Kühlung...wenn es geht, bitte ändern


sorry Muggle

Edit by Narde: erledigt ;)
 
Hallo@muggle: Wie sieht es denn da aus bei Kindern??
Nur mal als Beispiel; wenn eines meiner Kinder Fieber hat,
also ab 39° dann mache ich meist erst Wadenwickel und
gucke dann obs runter geht und wenn nicht dann gibts
eben Paracetamol. Ich denke das es nicht falsch ist da zu
kühlen oder bin ich jetzt ganz falsch??
 
wir geben ab 39 Grad entweder Paracetamol oder Metamizol....davor meistens noch Blutkulturen...
 
Hallo@muggle: Wie sieht es denn da aus bei Kindern??
Nur mal als Beispiel; wenn eines meiner Kinder Fieber hat,
also ab 39° dann mache ich meist erst Wadenwickel und
gucke dann obs runter geht und wenn nicht dann gibts
eben Paracetamol. Ich denke das es nicht falsch ist da zu
kühlen oder bin ich jetzt ganz falsch??
Genau aus den von Muggels beschriebenen Gründen hat mir mein Kinderarzt abgeraten Wadenwickel zu machen und zu Paracetamol zu greifen bei Kindern.
 
der Beitrag bezieht sich auf schwere Krankheitsbilder beim Patienten auf einer Intensivstation...denke bei Kindern, ist das mit Sicherheit etwas anderes.....die Fiebern ja auch mal schnell über 40°....und entwickeln ja relativ schnell Fieberkrämpfe...da kann ich nicht wirklich was dazu sagen, da ich mich nur um Erwachsene mit Fieber kümmere und auch nur hierzu recherchiert habe.

Auf einer IPS beim z.B. Septiker sollte man aber vielleicht erstmal auf Fiebersenkung verzichten (bis 39° ist es eher positiv...bzw. die positiven Faktoren des Fiebers überwiegen die negativen) Schwellenwert 40°...dann Fiebersenken, aber eher nicht mit Kühlmatten etc. sondern via zentraler Medikamente


Klar gibt es Außnahmen wie neurol. Krankheitsbilder o.ä.
 
Bei Fieber verbrauchst du massiv Kalorien. Die brauchst aber um die Immunantwort überhaupt "füttern" zu können. Zur Herstellung von "Abwehrstoffen" sind Nährstoffe unumgänglich. Die Zufuhr derselben funzt zwar per Infusion- dürfte aber nicht ausreichend sein. Stichwort: Postaggressionsstoffwechsel.

Elisabeth
 
schon klar das Fieber viele negative Wirkungen hat, vorallem kardiopulmunal und neurol. bewirkt es einigs an negativen Wirkungen und auch klar das man mehr Kalorien verbraucht (wird so mit 10%/C° angeben)....Frage ist ja jedoch nicht ob es nur gut oder nur schlecht ist, da es sowohl positiv als auch negative Aspekte beinhaltet, sondern welche Seite überwiegt....ebenfalls bringt jegliche Therapie zum Fiebersenken wiederum negative Nebenwirkungen mitsich.
Es gibt ein paar Studien hierzu, in manchen wird sogar die Überlegung angestellt, ob man hypotherme Septiker nicht künstlich Fiebern sollte.

Die Immunantwort wird durch das Senken der Temp. gebremmst.


Positive Fieberwirkung:
Verbesserung der Phagozytosefähigkeit und Motilität bei
Neutrophilen sowie vermehrte Fc-Rezeptor Expression
bis 41°C, (>41°C wieder schlechter!)

Weniger Bildung von eisenbindenden Chelaten durch
Bakterien bei Fieber (vgl AkutePhaseProteine)

Hemmung der bakteriellen Zellwandsynthese
notwendigen LPSaufbaus, dadurch Angriff des
Komplementsystems bereits vor der Aktivierung der
zellulären Abwehr möglich



Es geht mir nicht darum das man kein Fieber senken sollte, sondern eigentlich viel mehr um die Methode.
das man hohes Fieber (>40C°) senken sollte is klar (negative Wirkung übersteigt die positive), nur ob es Sinn macht das mittels Kühlung zu versuchen da bin ich skeptisch - eben aus den anfangs erwähnten Gründen.
 
Hallo Muggle!

Das erste was wir bei Fieber immer machen ist gucken wie lange der Patient seine Zugänge wie ZVK, Arterie, DK... schon hat und ggf. bei längerer Liegedauer austauschen. Dann werden Blutkulturen abgenommen, evtl. die ZVK-Spitze eingeschickt und dann gibt es Novalgin oder Paracetamol. Außerdem werden die Pat. positiv bilanziert. Ggf. Umstellung der Antibiose.
Ich habe ein paar Kolleginnen die dann gerne kalte Waschungen machen oder Coolpacks in die Leiste legen. Davon halte ich persönlich garnichts!
Vor allem wenn ich die Temperaturmessen über den Blasenkatheter mache oder ein Leistenthermometer und genau dort Coolpacks hinpacke mache ich doch nix anderes als mich selber zu veralbern, oder?

Liebe Grüße Julia
 
Zugänge erneuern, BK, TS und Urin ect. ins Labor zur Diagnostik zu geben um dann evtl. ne neue Antibiose zu beginnen oder umzustellen is sicher richtig, denk ja auch das die Identifizierung des Fiebergrundes das wichtigste ist.
Kühlpads in die Leiste zu legen und dann da auch noch nachher die Temperatur messen ist sicherlich keine gute Idee...da kommt es ja quasi 100% zu falsch niedrigen Werten.
Mir gehts allerdings eher darum überhauptnicht per Kühlung zu versuchen das Fieber zu senken, da es einfach nicht den Zweck erfüllt den es haben soll.
Ebenfalls besagen Studien, daß man bei septischen Patienten mit Temp. von 39° eigentlich überhauptnicht das Fieber senken sollte. Als "Schwellenwert" zur Fiebersenkung habe ich 40° gelesen, dann aber nicht mit der Kühlmethode (egal ob Pads, Matte) sondern mit Medis wie Paracetamol oder Metamizol etc.
 
Hallo Muggle,

es gab vor Jahren eine Studie der Uni Düsseldorf (glaub ich) die sich mit Kühlen beschäftigt hatte.
Untersucht wurden, wenn ich es noch richtig im Kopf habe Neurochirurgische Patienten mit Fieber.

Das Ergebnis war, dass die besten Kühlerfolge mit Zitronenwadenwickel und PCM erzielt wurden.
Vergleichsgruppen erhielten "nur" PCM bzw. Wadenwickel.

Wadenwickel machen natürlich nur Sinn wenn ich warme Extremitäten habe, bei zentralisierten Patienten eher sinnlos.

Wenn der Grund der hohen Körpertemperatur zentral zu suchen ist, wirst mit den wenigsten Methoden erfolg haben, da versagen normalerweise auch PCM oder Novalgin.


Coldpacks in der Leiste sind eigentlich schon seit den 90er Jahren out, wenn ich auch bezweifel, dass es eine Beeinflussung der Messung über DK geben könnte.

Sonnigste Grüsse
Narde
 
Nur physikalisch zu kühlen... gibts das überhaupt noch? Ist mir seit ca. 15 Jahren schon nicht mehr begegnet.

*grübel* Wie war nochmal der Effekt der Zitrone? Hab ich das richtig behalten mit der Gefäßerweiterung?

Pfefferminz wirkt schon selbst kühlend durch das schnell flüchtige Menthol. Ich könnte mir denken, dass in Verbindung mit kühlen Wadenwickeln die Kühlung einfach zu gravierend ist und der Körper die Peripherie schneller schließt um die Wärmeverluste zu minimieren.
Wenn Zitrone die Gefäße erweitert, wäre der Kühleffekt eher angemessen.

Elisabeth
 
hi narde2003


weißt du darüber evtl. noch mehr? habs mal versucht zu recherchieren aber hatte leider keinen Erfolg.

oder kannst du dich erinnern ob es in der Studie nur um die Senkung des Fiebers ging, oder ob tatsächlich gemessen wurde, wie es z.B. mit Sauerstoff- und Kalorienverbrauch aussah?



Coldpacks in der Leiste sind eigentlich schon seit den 90er Jahren out, wenn ich auch bezweifel, dass es eine Beeinflussung der Messung über DK geben könnte.

out? naja, nur leider noch sehr häufig angewandt, ob es einen Effekt auf die Messung in der Blase hat keine Ahnung, sicherlich jedoch auf ein Leistenthermometer (was wohl auch eher nicht die erste Wahl wäre, bzw. benutzt man das noch)



edit:

Nur physikalisch zu kühlen... gibts das überhaupt noch? Ist mir seit ca. 15 Jahren schon nicht mehr begegnet.

*grübel* Wie war nochmal der Effekt der Zitrone? Hab ich das richtig behalten mit der Gefäßerweiterung?

Pfefferminz wirkt schon selbst kühlend durch das schnell flüchtige Menthol. Ich könnte mir denken, dass in Verbindung mit kühlen Wadenwickeln die Kühlung einfach zu gravierend ist und der Körper die Peripherie schneller schließt um die Wärmeverluste zu minimieren.
Wenn Zitrone die Gefäße erweitert, wäre der Kühleffekt eher angemessen.

Elisabeth



denke mal jegliche kühlung dürfte zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Vasokonstiktion führen zumahl eine Kühlung auch noch andere negative Auswirkung hat.
 
Nur physikalisch zu kühlen... gibts das überhaupt noch? Ist mir seit ca. 15 Jahren schon nicht mehr begegnet.
Dir vielleicht nicht, wir machen es noch immer, vermutlich sind wir etwas rückständig auf Intensiv.
Wenn wir nicht mit Wadenwickeln kühlen benutzen wir ein Gerät das physikalisch kühlt, nennt sich Arctic Sun [r].

Muggle, ich habe es leider nicht mehr, ich hab nur noch die Unterlagen meiner Fachweiterbildung und dort habe ich es Stichpunktartig vermerkt, leider ist es schon einige Jahre her, dass ich diese besucht habe.
 
Kommt drauf an, wie du kühlst.
Unsere Altvorderen haben dieses Mittel ja durchaus auch erfolgreich angewandt. Damals gabs aber noch keinen Tiefkühler. *fg*
Die Kunst liegt wohl darin, die Temperatur nicht zu schnell zu senken sondern eher sanft. Und da dürften die offensichtlich doch noch aktuellen Methoden: Coolpacks, eiskalte Wadenwickel usw. wohl wenig sinnvoll sein.

Bei Kindern hats früher übrigens kalte Hals- und Brustwickel gemacht zur Temperatursenkung. Wenn man auf eiskaltes Wasser verzichtet und nicht eine Senkung in den Normalbereich erwartet hat- hats sogar funktioniert. Sogar ohne zusätzliche Antipyretika.

Elisabeth

PS @narde Im Intensivbereich habe ich in den letzten Jahren keine Kühlung ohne Gegenmittel gegen das "Shivering" erlebt. Und das müssen nicht immer nur Antipyreika sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke ja nicht das man einenbei Patienten mittels Kühlung nicht das Fieber senken kann, sondern denke das es eher zu viele Nebenwirkungen hat...

"Shivering" eins der Probleme der Kühlung, da es ja so ziemlich das Gegenteil von dem macht was ich erreichen will. Klar kann ich das umgehen und was geben, nur ob das Sinnvoll ist?



edit: @narde: schade, naja mal schauen vielleicht bekomm ichs ja doch noch selber raus
 
Wir kühlen auch nicht eiskalt, deshalb auch keine Coldpacks.

In der Regel machen wir die Wickel mit ca. 24 - 28 Grad warmen Wasser, also lauwarmes Wasser. Wenn du davon ausgehst, dass die Körpertemp. entsprechend hoch ist, also auch die Hauttemp. dann reicht das aus.

Die Arctic Sun kannst auch noch einstellen, wobei wir diese normalerweise nicht zur "normalen" Fiebersenkung einsetzen.

Gegen kühle Waschungen spricht doch auch nichts. Wer "schüttelt" oder friert wird auch nicht gekühlt, sondern bekommt eine zusätzliche Decke.
 
Wir hatten offensichtlich wieder unterschiedliche Bilder vor unserem inneren Auge. Ich die "harte Methode"- du die sanfte.

Ich habs zwar net gemessen- aber ich glaub, die Temp. könnte hinkommen bei den Wickeln, die ich als Mama bei den Kiddies angewendet habe. Ein Shivering hab ich bei denen auch nie bemerken können.

Elisabeth
 
hab auch noch was aus dem Netz:

"Fiebersenken durch Abkühlen

Physikalische Maßnahmen zur Temperatursenkung, d. h. Kühlung durch Flüssigkeiten oder Kühldecken, sind sinnvoll bei Hyperthermie, z. B. beim klassischen Hitzschlag, wo die Fähigkeit des Organismus eingeschränkt ist, die erzeugte Wärme effektiv zu dissipieren. Bei Fieber ist externes Kühlen mit dem Ziel, die Temperatur zu senken, an sich unlogisch. Bei Fieber ist der hypothalamische Thermostat auf ein höheres Temperaturniveau gesetzt. Die Verstellung des Thermostaten triggert Effektormechanismen mit dem Ziel, die Solltemperatur zu erreichen. Externes Kühlen erschwert dieses Bestreben, erhöht den Energie- und Sauerstoffverbrauch um bis 40%, induziert Muskelzittern und einen Kältepressor-Effekt mit beträchtlichem Anstieg von Noradrenalin und Adrenalin im Blut. Gesunde Probanden, bei denen Fieber mittels Infusion von Interleukin-2 induziert wurde, fühlten sich während externer Kühlversuche miserabel. Bei nicht kritisch Kranken mit hohem Fieber können kühlende Umschläge eine wohltuende Wirkung haben."




@narde: danke für den link
 

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