Examensprüfungen Generalistik völlig anders / Erfahrungen

chris.b

Senior-Mitglied
Registriert
12.09.2019
Beiträge
190
Beruf
Pflegefachkraft
Akt. Einsatzbereich
ITS
Hallo allerseits,

ich bin derzeit in den Prüfungen und zumindest den schriftlichen Teil haben wir mittlerweile absolviert.
Ich habe viel über Pflegemaßnahmen, Pathophysiologie, Krankheitslehre und Anatomie gelernt. Letztlich hätte man sich das Lernen aber zu 90% sparen können.
Die Klausuren waren Krankheits- und Pflegetechnisch sehr oberflächlich. Wir hatten die Themen Demenz/Apoplex in Akutsituation, Mukoviszidose bei Kindern sowie COPD/Herzinsuffizienz im Heim.

Bei der ersten Klausur drehte sich ca. 60% der Klausur ums Validieren und weitere sozialpsychologische Theorien von Feil und Kitwood; dazu noch ein wenig Reha. Klar, sollte man schon wissen, was hintern dem Konzept steckt... aber dass die Klausur mehrheitlich mit diesem Thema belastet ist, fanden wir schon äußerst seltsam. 2/3 des Kurses vermuten zudem, durchgefallen zu sein. Das lag wohl auch daran, dass es für akut-pflegerische Tätigkeiten oder Ausführungen zum Apoplex und der Demenz vllt. 20-30 Punkte gab.
Ich verstehe schon, dass in der Generalistik alles abgedeckt sein soll. Aber die Klausur so dermaßen auf Feil und Langzeittherapie zu trimmen war schon seltsam. Und wie realistisch ist es bitte, dass ich im neurologischen Fachbereich die Akutpatienten während des kurzen Aufenthalts ohne den Fall genau zu kennen erstmal Validiere??

In der zweiten Klausur ging es um Mukoviszidose, wobei letztlich vllt 10 Punkte überhaupt mit der Erkrankung zu tun hatten. Die Fragen waren meiner Ansicht nach eher schlecht gestellt, da man diese zur korrekten Beantwortung noch interpretieren musste. Da hat sogar die Landesschulbehörde geschlafen als das durchgewunken wurde finde ich.
Viele Punkte umfassten Beratungsprozesse und andere theoretische Fragen.

Für die letzte Klausur brauchte man quasi gar keine Kenntnisse zu Krankheiten oder Pflege. Man sollte hauptsächlich Konflikte zwischen Kindern/Eltern und dem Heim analysieren und deuten. Das ging meiner Meinung nach völlig am Inhalt der 3-jährigen Ausbildung vorbei.

Ich bin ehrlich gesagt etwas geschockt, dass man für die Prüfung nur Inhalte der Ausbildung wählt, die eher nachrangig behandelt wurden und nicht unbedingt den Kern der beruflichen Tätigkeit darstellen. Selbst unsere bisherigen Klausuren die wie das Examen aufgebaut waren, hatten Inhaltlich ganz andere Schwerpunkte. Und alle Klausuren sind Krankheitstechnisch sehr stark an der Oberfläche geblieben und haben nötige Dinge meist selbst erklärt anstatt den Prüfling zu fragen.
Und 4 Schüler im Kurs sind in den Vornoten bei 1,7 und besser.... aber keiner weiß, ob es bei der ersten Klausur überhaupt gereicht hat, der Rest rechnet sicher mit dem Nichtbestehen.

Ich Frage mich was da insgesamt falsch läuft in der Erstellung der Ausbildungsmodalitäten. 3 Jahre lernt man Stoff, den man aber gar nicht benötigt, da alleine zwischenmenschliche Psychologie, Beratung und Analyse/Interpretation von Patienten bzw. Patientenäußerungen das zentrale Thema sind?

Wie sind die Prüfungen bei euch gelaufen und wo waren eure Schwerpunkte? Sind die Inhalte auch so völlig abgewichen von dem was man kennt oder erwartet hatte?
 
Das ist mir genauso gegangen.

Wir hatten an Tag 1 einen Parkinson-Patienten in stationärer Langzeitpflege, dabei ging es mehr um das Aufnahmegespräch und seine Sturzgefahr als um irgendwelche fachlichen Inhalte. Recht (was Schwerpunkt hätte sein sollen) kam in exakt 2 Fragen vor, wobei die eine ein anderes Fokusthema hatte.

An Tag 2 haben wir über eine Erstgebärende mit ihrem Neugeborenen geschrieben, bei der es vorrangig um Beratung und Konzepte im Umgang mit Neugeborenen ging - kein Krankheitsbild, keine Theorien oder Modelle, wie erwartet.

Tag 3 war dann der Tag, an dem alle geflucht haben, weil es um einen Suizidversuch mit anschließender Unterbringung in der Psychiatrie ging - und dabei nicht mal gefragt wurde, wie die Bedingungen und Voraussetzungen einer Unterbringung lauten. Stattdessen sollten Pflegeprobleme und -ziele für die Patientin aufgeführt werden, während das Fallbeispiel ausschließlich aus der Sicht des Sohnes der Betroffenen formuliert war.

Insgesamt hatten wir unter unseren Prüfungsthemen 4, die der gesamte Kurs noch nie gehört hatte, und zwei Aufgaben mit je vielen Punkten, in denen Inhalte abgefragt wurden, die wir weder vollständig verstanden haben (die Formulierung war extrem seltsam) noch je in Unterricht oder Praxis gehört hatten.

Ich bin erleichtert, dass die schriftlichen Prüfungen erledigt sind, bin auch sicher, bestanden zu haben, aber das war von Anfang bis Ende seltsam und schlecht geplant.
Wir lernen nicht nur für die Prüfungen, sondern für den Beruf, aber dieses Examen hat mit Kenntnisprüfung rein gar nichts zu tun. Mir ist vollkommen unklar, wie man anhand dessen für die Ausbildungsdauer benotet werden und in den Berufsalltag entlassen werden soll.
 
Kenntnisse bzgl. Demenz, Apoplex oder COPD und Herzinsuffizienz werden in unserem Beruf nicht benötigt? Aufnahmegespräche sind nicht pflegerelevant? Sturzrisiken nicht pflegerelevant? Beratung von Erstgebärenden nicht pflegerelevant? Pflegeprobleme und -ziele haben nichts mit Kenntnisprüfung zu tun? Der gesamte Kurs soll noch nie, weder in Unterricht noch in der Praxis, davon gehört haben?

Ich habe auch über mein Examen gestöhnt, und wir haben manches als ungerecht empfunden - ich wette sogar, dass es der Mehrheit so ging. Und zwar in jedem Jahr seit 1950. Gebruddel ist völlig normal. Aber die obigen Aussagen erstaunen mich schon ein wenig.
 
Nein, das hat durchaus damit zu tun, aber die Inhalte waren recht wenige, und die verschiedenen Bereiche ziemlich begrenzt. In der Zwischenprüfung waren sie deutlich breiter, man musste sehr viel mehr nachdenken, statt alles aus dem Fallbeispiel abzuleiten.
Und der Kurs hatte noch nie von manchen der gefragten Inhalte gehört- ebenso wenig wie die Aufsicht führenden Lehrer. Das klingt absurd, ist aber genau so gelaufen. Es entstand die Vermutung, dass ein anderer Campus andere Themen durchgenommen hat, der auch Vorschläge in den Pool geben durfte - die wir allerdings nicht kannten.
 
Das sind jetzt die ersten schriftlichen Prüfungen der Pflegefachkräfte. Es gab noch keine, die es bisher gab und niemand wusste, was die Gesundheitsämter und Regierungspräsidien da ausklamüsert haben.
Deswegen konnte in den Übungsklausuren niemand wissen, in welche Richtung das sich entwickelt wird. Durchaus möglich, dass da noch alte GuK-Klausuren geschrieben wurde.
 
Ich habe noch ein Jahr hin und lese interessiert eure Berichte. Erstellt die Schule die Prüfungen und muss diese von der Behörde beglaubigen lassen? Ich würde dann davon ausgehen, dass in den schriftlichen Prüfungen auch CEs dran kommen, die in den gesamten 3 Jahren vermittelt wurden. Oder wie läuft das?
 
Ich muss sagen, was in den bisher genannten Prüfungen verlangt wurde, entspricht mehr der pflegerischen Realität, als 3 Schaubilder zu beschriften, 2 Pflegekonzepte von 1970 zu erläutern, die Leitsymptome von den wichtigsten Wohlstandskrankheiten gebetsmühlenartig zu rekapitulieren und anderen Kram stumpfsinnig wiederzukäuen.
Ihr musstet ordentliche Transferleistungen erbringen, ja, das ist verdammt anstrengend und verknotet das Gehirn, aber ich sehe darin einen deutlichen Mehrwert. Denn das ist genau das, was ihr im Berufsleben tun werdet.
 
Mich würde interessieren in welchem Bundesland eure Prüfungen stattgefunden haben. chris B und moonchaser
 
Mich würde interessieren in welchem Bundesland eure Prüfungen stattgefunden haben. chris B und moonchaser

Geht das jetzt nach Bundesland und nicht mehr nach Regierungsbezirk? Habe mich mit der Generalistik bisher nicht beschäftigt
 
Geht das jetzt nach Bundesland und nicht mehr nach Regierungsbezirk? Habe mich mit der Generalistik bisher nicht beschäftigt
Das war schon immer unterschiedlich.
Teilweise konnten die Schulen die Prüfungen selbst schreiben, teilweise waren sie im ganzen Bundesland gleich.

Aber wie es in der Generalitik läuft kann ich nicht sagen.
 
Das sind jetzt die ersten schriftlichen Prüfungen der Pflegefachkräfte.
Tut mir leid, daß ich da zwischengrätschen muss - aber das sind sie nicht.
Ich z. B. bin auch eine Pflegefachkraft. Und vermutlich fast alle, die hier schreiben.

Teilweise konnten die Schulen die Prüfungen selbst schreiben
Echt? Das war mir neu. In welchem Bundesland ist das denn so?
 
Im NRW von 1979 waren die Regierungsbezirke zuständig
 
MWn konnten in einigen Bundesländern die Schulen für die Prüfung einige Vorschläge eingereicht, und das RP oder GA hat dann eine ausgesucht. Jede Schule hatte da andere Prüfungen,
Tut mir leid, daß ich da zwischengrätschen muss - aber das sind sie nicht.
Ich z. B. bin auch eine Pflegefachkraft. Und vermutlich fast alle, die hier schreiben.

Als damals die ersten schriftlichen Prüfungen der GuKs kamen, haben alle gestöhnt, weil diese anders aufgebaut waren wie bei den Krankenschwestern.
Und jetzt ist es wieder so, dass alle die AP-, GuK-Prüfungen und GuKK-Prüfungen gewohnt sind, und da evtl einige Probeklausuren geschrieben haben, und es kommt was ganz anderes dran.
 
MWn konnten in einigen Bundesländern die Schulen für die Prüfung einige Vorschläge eingereicht, und das RP oder GA hat dann eine ausgesucht. Jede Schule hatte da andere Prüfungen
Ja gut, das kenne ich auch, daß die verschiedenen Schulen Prüfungsaufgaben einreichen in einen zentralen Pool.
Aus diesem Pool werden dann Fragen ausgesucht und die dann aber allen Schülern im Bundesland gestellt.
Soweit ich weiß, läuft es so in Bayern.
Als damals die ersten schriftlichen Prüfungen der GuKs kamen, haben alle gestöhnt, weil diese anders aufgebaut waren wie bei den Krankenschwestern.
Und jetzt ist es wieder so, dass alle die AP-, GuK-Prüfungen und GuKK-Prüfungen gewohnt sind, und da evtl einige Probeklausuren geschrieben haben, und es kommt was ganz anderes dran.
Das will ich ja gar nicht in Abrede stellen.
Es ging mir nur um den Begriff "Pflegefachkraft".

Pflegefachkräfte sind:
- Krankenpfleger, Krankenschwester, GuK
- Kinderkrankenpfleger, Kinderkrankenschwestern, GuKK
- Altenpfleger, Altenpflegerinnen
- Pflegefachmann, Pflegefachfrau
 
  • Like
Reaktionen: Tryit und Resigniert
Danke für eure Erfahrungsberichte! Klingt pathetisch, aber mir bricht grade das Herz. Ich wollte immer die Krankenpflegeausbildung machen und GuK werden. Jetzt bin ich im ersten Lehrjahr der Generalistik und mir scheint wirklich, dass mit der Generalistik nur die Altenpflege fortgeführt wurde und die Krankenpflege und Kinderkrankenpflege komplett gestrichen wurden.
Traurig zu merken, dass einen die Inhalte die wir im Unterricht haben durchs Examen bringen werden. Wer muss als "Pflegefachfrau" schon verstehen, wie der Menschliche Körper funktioniert :D
 
Kenntnisse bzgl. Demenz, Apoplex oder COPD und Herzinsuffizienz werden in unserem Beruf nicht benötigt? Aufnahmegespräche sind nicht pflegerelevant? Sturzrisiken nicht pflegerelevant? Beratung von Erstgebärenden nicht pflegerelevant? Pflegeprobleme und -ziele haben nichts mit Kenntnisprüfung zu tun? Der gesamte Kurs soll noch nie, weder in Unterricht noch in der Praxis, davon gehört haben?

Ich habe auch über mein Examen gestöhnt, und wir haben manches als ungerecht empfunden - ich wette sogar, dass es der Mehrheit so ging. Und zwar in jedem Jahr seit 1950. Gebruddel ist völlig normal. Aber die obigen Aussagen erstaunen mich schon ein wenig.

Ich bin alt genug um sowas sachlich und objektiv beurteilen zu können. Natürlich waren die Klausuren letztlich das was man erwarten konnte.
Dennoch halt völlig an den Schwerpunkten der Ausbildung vorbei. Das Beste ist halt, dass zumindest bei einer Klausur Fragen angreifbar wären, da diese völlig unzureichend ausformuliert wurden. Ohne zusätzlich Hinweise konnte man die Fragen letztlich nicht eindeutig zielführend beantworten.
Und die Themen Demenz, Apoplex, COPD, Herzinsuffizienz werden natürlich benötigt. Aber dazu braucht man eben auch Pathophysiologie, Anatomie, Pflegerisches Wissen zu den Erkrankungen etc. Aber all das kam eben fast gar nicht dran. Und ich rette dem Patienten eher das Leben, wenn ich weiß wie sich eine Krankheit entwickelt, als wenn ich weiß wie ich ihn richtig berate oder schule. Oder liege ich da auch falsch?
Die Prüfung im Akut Setting war jedenfalls völlig daneben, da sie rein gar nichts mit akut zu tun hatte.
 
Das sind jetzt die ersten schriftlichen Prüfungen der Pflegefachkräfte. Es gab noch keine, die es bisher gab und niemand wusste, was die Gesundheitsämter und Regierungspräsidien da ausklamüsert haben.
Deswegen konnte in den Übungsklausuren niemand wissen, in welche Richtung das sich entwickelt wird. Durchaus möglich, dass da noch alte GuK-Klausuren geschrieben wurde.
Bei uns hieß es immer ausdrücklich, dass die letzten Klausuren davor entsprechend dem Examen aufgebaut sind. Aber genau das war eben nicht der Fall.
Also im Kurs haben etwa 3/4 die sichere Vermutung, dass eine Klausur ein Reinfall war. Bei Notendurchschnitten mit 2 und besser ist das letztlich auch ein Dämpfer für den Träger, wenn erklärt werden muss, wieso stets gute Schüler im Examen so schlecht abscheiden.
 
Ich habe noch ein Jahr hin und lese interessiert eure Berichte. Erstellt die Schule die Prüfungen und muss diese von der Behörde beglaubigen lassen? Ich würde dann davon ausgehen, dass in den schriftlichen Prüfungen auch CEs dran kommen, die in den gesamten 3 Jahren vermittelt wurden. Oder wie läuft das?
Die Klausuren werden von den Schulen erstellt. Bei uns waren das 3x3 Klausuren für die entsprechenden Bereiche. Die werden dann bei der Landesschulbehörde wohl eingesehen und eine Klausur wird bestimmt. Die Schule weiß wohl nicht welche.
Problem: Laut Aussage der Lehrer guckt die Schulbehörde wohl je nachdem kaum bis gar nicht, ob die Prüfungen sinnig sind. Anders kann ich mir die fehlerhaften Fragestellungen einiger Aufgaben auch nicht erklären.
 

Ähnliche Themen