vor exakt 20 Jahren war ich noch in der Ausbildung
Im wenige Jahre zuvor neu gebauten Krankenhaus herrschten damals (aus heutiger Sicht) traumhafte Verhältnisse, für 34 Patient im Frühdienst mind. 4 ex.PK und 2 Schüler, man hatte nicht mehr als 6 Patienten zu versorgen, konsequente Bereichspflege, Pflegeplanung und Übergabe* am Bett waren schon Standard.
Geführt wurde die Pflege von einer PDL die noch sehr weitreichende Machtbefugnisse hatte.
Langweilig war's nicht aber weniger hektisch.
Alle Fahrten hatte man selbst zu machen,
Laborzettel mit Strichcode-Etiketten und handschriftlicher Eintrag mit Bleistift (!),
einige Laborparameter wurden nicht im Hauslabor bearbeitet sondern extern bei 2 verschiedenen Laboren von denen jedes sein eigenes Formular hatte, man musste trotzdem häufig im jeweiligen Büchlein nachschauen welcher Wert welches Röhrchen benötigte und in welches externe Labor das Zeugs musste,
pro Tag 3 handschriftlich und nur mit speziellem (!) Stift anzukreuzende Essenskarten (NEIN, kein Kreuz sondern 1 Querstrich IM Feld war richtig), Karten vorbereiten - im ND.
Es wurde mind. 1x/Woche das Bett bezogen,
die Patienten hatten noch ihre "Halb-bis Ganzgötter" (Stationsarzt, Oberarzt, Chefarzt), was auch mit der doch sehr ländlichen Umgebung zu hat, Schüler spülten Gläser und Becher, wischten Tische und Nachtkästchen.
Nahezu jede Station hatte ihren Zivi/ ihre FSJ'lerin.
Nachmittags gab's Kaffee, Tee oder Kakao mit Gebäck, früh 1 Ei auf Bestellung, Marmelade und Butter in Glasschälchen, Kaffeemilch in putzigen Minifutzelkännchen.
Es gab noch Dauernachtwachen, mit entsprechendem Arbeitsvertrag.
Im Nachtdienst waschen war offiziell verboten.
Tägliche Ganzkörperwäsche und anschließend Ganzkörperpflege mit Lotion waren der Standard, einmal die Beine nicht waschen war grad noch o.k.
Ah ja der Franzl- der Franzbranntwein - der kam häufig zum Einsatz.
..... und es gab bereits Großcontainerförderanlagen (Essen, Apotheke, Lager) UND Kleinkastenförderanlagen.
... und eine "Leitstelle" pro Stockwerk/ca. 100 Patienten, wo zum Teil ausgearbeitet wurde, mit der Kleinkastenförderanlage versendet wurde, Formulare vorbereitet wurden, Formulare/Laborergebnisse wurden auf die Station gebracht (...)
Im Personalaufenthaltsraum wurde gequalmt- permanent und konsequent
es gab noch einen Patientenaufenthaltsraum
In der Cafeteria, die ausschließlich für's Personal war, gab es billiges Essen, das sich jeder leisten konnte, leider schloss diese bereits um 15:00. Für Patienten gab es nur einen Kiosk. (heute gibt es "nur" noch eine für alle, teuer ist's obendrein, ein großer Salatteller ist Luxus - weil's nach Gewicht geht)
Es brauchte noch laaange keinen Leitungsdienst der nur koordiniert, telefoniert und KEINEN Bereich übernehmen kann.
Bis Ende letzten Jahres hatten wir sogar noch die exakt gleichen Pflegewägen wie in der Ausbildung, etwas weniger als hüfthoch, Schrankmodule als Einsatz, offener Abfalleimer, lecker.
was mich zu früher unterscheidet?
Das nahezu ständige Gefühl von Unzufriedenheit und permanenter negativer Stress, eine gewisse Aussichtslosigkeit - Du wirst sowieso nicht wirklich mit allem rechtzeitig fertig.
War ich früher seeeeeeeeehr stolz darauf was ich kann, wofür ich stehe, was ich leiste und wo ich arbeite
so muss ich mich heute zunehmend öfters dafür schämen, nein das ist jetzt kein Witz. Das schlechte Gewissen wurde zum permanten Begleiter.
*das ist das Einzige was gleich geblieben ist, die Übergabe am Patientenbett. ALLES andere gibt's nicht mehr, hat man gestrichen, wurde umstrukuriert, abgebaut, umgebaut....