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Warum, mein Kind? Eltern nach dem Suizid von Kindern. Film von Tina Soliman
ZDF, 22:15-22:45 Uhr
Es ist vielleicht das Schrecklichste, das Eltern geschehen kann: wenn das eigene, geliebte Kind sich das Leben nimmt. Dabei ist es nicht selten: jeden Tag gehen in Deutschland drei Jugendliche freiwillig aus dem Leben und zehn versuchen es. Der Suizid gehört in diesem Lebensalter an dritter Stelle, nach Unfällen und Tumor-Erkrankungen, zu den häufigsten Todesursachen. – "Ich liebe euch. Ihr seid tolle Eltern. Es ist nicht eure Schuld, aber ich kann und will in dieser Welt nicht leben", schreibt Monika in ihrem Abschiedsbrief. Vor fünf Jahren, gerade ist sie 18 geworden, hat sie sich einen Gifttrank zusammengerührt. Sie ruft ihre Mutter auf der Arbeit an und fragt nach dem Mixer. Als Viktoria Eisinger nach Hause kommt, ist ihre Tochter tot. –"Wir haben nicht einmal ein paar Abschiedszeilen von ihm. Mit 19 Jahren sprang er aus dem Leben. Ich hatte von einer Sekunde auf die andere keinen Sohn mehr, erzählt Rita Schygulla-Neubauer mit zitternder Stimme. Ihr Sohn Janis sprang kurz nach dem Muttertag im vergangenen Jahr vom Parkdeck am Bremer Flughafen. –Stephan war 14, als er sich im Elternhaus auf dem Dachboden erhängte. Zuvor schlitzte er sich die Pulsadern auf. "Doppelt hält besser, dachte er sich wohl. Das passte zu ihm", sagt heute sein Vater Wilfried Ossenberg-Engels, von Beruf Psychologe. Stephans Tod liegt zehn Jahre zurück, und mittlerweile kann der Vater über die Tragödie seines Lebens – und der seiner Frau Anne – reden. – Der Freitod eines Kindes ist für Eltern und Geschwister ein gewaltiger Eingriff in ihr Leben. Sie tragen die Last, müssen Schmerz und Sehnsucht bewältigen. Für alle Mütter und Väter dieses Filmes gilt, was Monika geschrieben hat: Sie waren "die besten Eltern der Welt", voller Liebe und Aufmerksamkeit für ihr Kind. Fassungslos aber fragen sie sich jetzt, warum es nicht mehr leben wollte – und suchen nach eigener Schuld. So ist es oft: Das Kind zieht sich zurück, redet immer weniger, entzieht sich den familiären Ritualen, dem gemeinsamen Mittagessen, Festen, träumt. Oft scheinen die Kinder bereits in einer anderen Welt zu leben, bevor sie sich umbringen. Nach außen wirken sie glücklich und erfolgreich: Stephan, ein hübscher Junge mit blonden Locken und einem strahlenden Lächeln, fröhlich, beliebt, immer der Anführer, war mutig, manchmal sogar draufgängerisch. Monika, erfolgreiche Synchronschwimmerin, musizierte, spielte Theater und hatte keine Schulprobleme. Janis, der sympathische junge Mann. Alle drei waren sie geliebt und sind in offenen, herzlichen Verhältnissen aufgewachsen. Offenbar kann es selbst den besten Familien widerfahren. Vielleicht spielt gar dieser Kontrast eine Rolle, zwischen der heilen Familienwelt und einer gesellschaftlichen Realität, die die Kinder als "falsch", verlogen und von Ellebogen-Mentalität bestimmt erleben, und in die sie doch hinauswachsen sollen? Suchten die Kinder im Tod nach einer "besseren Welt"? Daniela, die Schwester von Janis, ist fest davon überzeugt.
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Deutsche Gesellschaft für Psychologie