Unterlassene Hilfeleistung?

Sandra79

Newbie
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19.02.2024
Beiträge
4
Beruf
Altenpflegerin
Akt. Einsatzbereich
ambulante Pflege
Funktion
Pflegekraft
Situation: 85 jährige Dame, dementiell verändert, Parkinson, sehr kachektisch. Schon lange Monate Bettlägerig. Versorgung 5x tgl von PD, um Essen, Medikamente etc kümmert sich Tochter.

Nach längerem Aufenthalt in Kurzeitpflege und Krankenhaus kam Pat mit Dekubitus am Stein, ich schätze damals Gr 3, nach Hause.

Mittlerweile trotz 5 maliger Lagerung (ja, zu selten!) und Wochen später ist der Dekubitus groß wie eine Untertasse mit Taschenbildung, Knochen liegt völlig frei. Nekrotisches Gewebe schon mehrfach abgetragen. Wundversorgung durch uns täglich sowie natürlich Zusammenarbeit mit Wundzentrum.
Die arme Dame ist so ein Mensch, der scheinbar einfach nicht sterben kann (aber so gern möchte) und regelrecht Panik vor der Versorgung hat weil natürlich fürchterliche Schmerzen. 25mg Fentanylpflaster hat sie
Angemeldet im Palliativnetz ist sie, jedoch verbietet die Tochter vehement den Einsatz von Morrphin sc ( was vor der Versorgung ein Segen für sie wäre)
Auf bitten der Mutter nach etwas gegen die Schmerzen gab die Tochter ihr heute 500 mg Paracetamol p.o.


Das Kollegium hat mittlerweile Gewissensbisse, die Versorgung so weiter durchzuführen, die Chefetage jedoch schließt absolut aus, sich mit der Tochter "anzulegen".

Könnte man in dem Fall nicht von unterlassen Hilfeleistung sprechen?
VorsorgevollmCht liegt vor, Tochter hat Entscheidungsgewalt.
 
Habt ihr schon mit dem Hausarzt gesprochen? Medikamente werden in D immer noch vom Arzt verordnet, weder vom Pflegedienst noch von den Angehörigen.
 
Das Problem haben wir leider häufig auf Intensiv. Die Angehörigen missverstehen Morphin immer noch als Menschen umbringen.

Warum will die Tochter das denn nicht?

Ja ggf. sollte man das mal Überprüfen lassen ob die Tochter im Interesse ihrer Mutter handelt oder doch ihre eigenen Emotionen vor die ihrer Mutter stellt. Wahrscheinlich würde das dann auf eine Gerichtliche bestellten Betreuer rauslaufen.

Scheinbar steht Morphin ja zur Debatte. Die Verordnung wird es mit großer Wahrscheinlichkeit vom Arzt geben, bloß die Angehörige verhindert die Verabreichung.

Wende dich da an deinen Vorgesetzten. ggf. würde das eine Anzeige nach sich ziehen.
Du kannst deine Versorgung so jedenfalls nicht gutem gewissen machen, ich würde das ablehnen die Pat. unter diesen Bedingungen zu pflegen. Aber ich hätte auch Emotionale Probleme dies bis zum Notarzt zu eskalieren. Meist wird man ja mit so einer Situation alleine gelassen. Ich hab gleich meinen Arzt um die Ecke. Bring das unbedingt ins Plenum.
 
Hallo Sandra,

Ich kann InetNinja nur Recht geben.
Auch wenn es dir schwer fällt und du dich mit deinen Chefs anlegen musst:
Der einzig gangbare Weg für deinen Eigenschutz wird sein, die Pflege bei dieser Patientin abzulehnen.
Die siehst ( und kannst hoffentlich durch eure Dokumentation belegen), dass die Patientin inadäquat versorgt wird. Das du nicht wissentlich da mitmachen willst ( und kannst) ist nachvollziehbar.

Also: ganz klar die Pflege ablehnen. In der Hoffnung, dass andere KollegInnen das genauso sehen und deine Chefs reagieren. Und für deinen Selbstschutz !!!

Ich weiß, du musst das deine Chefs gegenüber verantworten. Auch mit dem Risiko von Konsequenzen. Aber wenn deine Chefs „aus Rücksicht auf die Tochter“ nicht reagieren solltest du dir überlegen, ob es die richtige Arbeitgeber für dich ist. Beim nächsten „Problem“ werden sie vermutlich auch nicht für ihre Angestellten da sein ‍.


Alles Gute
Einer
 
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Das Beschriebene könnte sogar den Tatbestand der "Körperverletzung durch Unterlassen" darstellen. Aber ich bin nicht ganz sicher, ob man dies der Tochter als Nicht-Fachkraft vorwerfen könnte.

Versucht bitte, Euch Unterstützung mit ins Boot zu holen. Entweder den Hausarzt oder den Palliativmediziner (Du sagtest ja, die Patientin sei dort bereits bekannt). Ärzte haben - es ist einfach so - eine andere Autorität als wir Pflegenden. Deshalb solltet ihr im Interesse der Patientin zusammenarbeiten.

Möglicherweise wäre auch eine Beratung durch andere Mitglieder des Palliativteams möglich (wir hatten einmal eine sehr gute Erfahrung mit einer Sozialarbeiterin, die in einer schwierigen Familiensituation ein Gespräch moderierte). Könnt Ihr das Team um Rat fragen? Die hatten solche Situationen sicher schon öfter und haben Lösungsvorschläge entwickelt.