Umgang mit Bewohner (Menschen mit Behinderung) - Bipolare Störung

Ovian

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Beruf
Gesundheits- und Krankenpfleger
Hallo, ich arbeite seit ca. vier Jahren auf einer Gruppe für Menschen mit Behinderung.
Dort betreue ich einen Bewohner (Name Anonym) - soweit fit, selbständig, geht auf die Arbeit (Halbtags von 13 Uhr bis 16:30 Uhr) und macht eigentlich alles je nach Tagesfassung selbständig.

- Diagnosen:
Bipolare Störung
mittelgradige Intelligenzminderung

- bis vor 2011 auch Schizophrenie, wurde aber vom Neurologen "abgesetzt", da sich die Schizophrenie nicht eindeutig diagnostizieren hat lassen.

Eingestellt wird er mit:
- Pipamperon
- Risperidon
- Quilonum

Aktueller Stand:
- Er ist raucher, war bereits drei mal in zwei Monaten psychiatrisch eingewiesen worden (mit Polizei) und Stimmung extrem schwankend (Bipolare Störung)

Wir haben mit ihm jetzt Zigaretten Pläne geschrieben damit er sich danach richten kann. Nun versucht er mit allen "Tricks" das Team zu spalten ala "Die hat meine Zigaretten weggeschmissen; ich habe noch keine bekommen; Der Bewohner X hat meine Zigaretten gestohlen! usw." allerdings verlegt er oft in seiner manischen Phase seine Wertsachen (Geldbeutel, Zigaretten usw.) und sucht einen schuldigen.

Das wäre ja nicht das Problem, wenn er nicht gleich aggressiv werden würde (verbal) und mittlerweile wurde er sogar einem MA handgreiflich (weswegen Polizei + Psychiatrie Einweisung).

Oft lässt er sich nicht bremsen, brüllt herum, sucht sich 2-3 Mitarbeiter aus die er immer schlecht macht (was wir aber ja besprechen und uns egal ist) und schwankt extrem zwischen seinen manischen und depressiven Phasen. Im Nächsten Augenblick ist er wieder super happy und will einen umarmen (was ich aber nicht zu lasse - Nähe/ Distanz) und redet normal bzw. eben sehr schnell und viel.

Wenn er so wie oben beschrieben herumbrüllt und einen verleugnet (z. B. ich hätte ihn geschlagen, oder ich lasse andere Bewohner verhungern, oder führe eine Beziehung mit anderen Bewohnern usw.) sage ich meistens "Stop. Jetzt ist es eindeutig zu viel und so unterhalte ich mich nicht mit dir" woraufhin er meistens abdampft und flucht. Nicht mal eine Stunde später kommt er und ist wieder wie ausgewechselt.

Was könnte man da noch pädagogisch machen? Ist das die einzige Umgangsmöglichkeit?
Auf Dauer ist es sehr frustrierend. Ich komme jeden Tag zum Dienst und weiß nicht wie der drauf ist. Liegt es an den Medi Einstellungen? Er ist erst seit einem Jahr so schlimm.

- Geld ist ein rießen Problem bei ihm. Er arbeitet nur halbtags und ist Raucher und verdient in der Werkstatt nicht viel.
- Zigaretten müssen eingeteilt werden, da er sonst alle sofort rauchen würde
- Wir haben feste Duschzeiten für ihn erstellt und wenn er duscht bekommt er eine Zigarette zusätzlich
- Seine Zigarettenpläne schreibt er selbst. Er hatte früher 13 am Tag allerdings ist ihm das zu viel und er will nur sechs (manische Phase, total motiviert weniger zu rauchen, drosselt sich selbst auf sechs Zigaretten pro Tag) und zwei Tage später kommt er mit einem Plan an mit 9 pro Tag usw. und weitere Tage später gelten die 6 Zigaretten nur um 7 Tage später festzustellen dass er im Dorf nach Kippen sucht und aufraucht.

Vielleicht sollte man da ansetzen, dass er keine Pläne mehr schreiben darf? Er schreibt die halt seit dem ich ihn kenne und es hat wohl mehrere Jahre super geklappt.

Als wir die Zigaretten noch eingeteilt haben (13 pro Tag) hat es eigentlich gut funktioniert. Jetzt haben wir es ihm vorgeschlagen und er brüllte los und meint das geht gar nicht.

Was zurzeit wieder sehr oft aufkommt ist "Vergiftung". Bei jeder Mahlzeit sagt er wir wollen ihn vergiften, wollen ihn umbringen und loswerden und dass der Neurologe und wir ihn "bestrafen" durch die Medikamente. Er hat vor zwei Monaten Medikamente "gebunkert" weswegen wir immer dabei sind.

Ich muss ehrlich sagen ich habe auf der Sucht- und Entwöhnung Psychiatrie gearbeitet und da ging es auch zu. Der Unterschied zw. Psychiatrie und im Wohnheim ist einfach mal dass ich keinen Arzt da habe im Notfall oder mal schnell hier und da Medi's anpassen kann, was die Sache schwieriger macht.
Dem Bewohner geht es ja in den Akutphasen bzw. generell meiner Meinung nach nicht so gut und er gehört find ich eingestellt. Das Problem ist aber, dass wenn er in die Psychiatrie eingewiesen wird er sich schlagartig ändert. Er weiß ja dass er sich dort gut Verhalten muss um entlassen zu werden und da wundert es mich nicht dass die Ärzte in der Psychiatrie sagen dass er unaufällig ist und bald entlassen werden kann. Meistens kommt er sogar mit weniger Medikamente raus (Pipamperon wurde mal abgesetzt) und er hatte nur noch Quilonum und Risperidon

-- Ich habe mit ihm sogar Gesprächszeiten angeboten. Am vorherigen Tag haben wir den nächsten Tag vereinbart für eine Stunde. Bin zur Frühschicht gekommen und er war gut gelaunt und habe die anderen Bewohner in die Werkstatt gebracht und ihm gesagt dass wenn ich wieder da bin wir das Gespräch führen können. Alles super und er hat sogar Kaffee vorbereitet usw. und kaum bin ich wieder auf der Gruppe wirft er mir vor ich hätte ihn vergiftet (Medikamente eine Stunde vorher), ich würde Nachts in seinem Zimmer die Schränke durchwühlen usw... also kein Gespräch möglich und es ging schlagartig von jetzt auf gleich. So eine Wut hatte er und ich dachte mir nur noch: "Alles klar, ruhig bleiben" - hab ihn weggeschickt und gemeint: "So nicht, wenn du dich wieder beruhigst rede ich gerne mit dir aber sowas brauche ich mir nicht anhören" und habe dann am PC weiter gearbeitet (Doku). Er fängt ja dann auch an einen anzuspucken bzw. versucht es. Bei sowas fällt es mir schwer ruhig zu bleiben also gehe ich lieber auf Distanz um die Situation mit Glück zu entschärfen (was oft leider nichts bringt, da er einen verfolgt und Vorwürfe hinterherbrüllt... da geh ich ins Stationszimmer und mach die Tür zu und beobachte ihn, woraufhin er meistens abzischt) aber so bin ich wenigstens entspannt und komme aus der Situation.

Tut mir leid für den ungegliederten Beitrag aber es ist so spät und wollte es noch unbedingt hier rein stellen. Vielleicht weiß einer wirklich was oder weiß was wir als Team noch machen könnten.
 
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Guten Morgen!
Was ist das für ein Heim, in dem Du arbeitest? Leben die Bewohner da „freiwillig“, mit Pflegestufe?
LG
 
Hallo :-)
Ja die Bewohner kommen aus Familien in denen es einfach nicht mehr funktioniert (z. B. Aufgrund der Arbeit oder pflegeaufwand). Wir gruppieren die Bewohner in Pflegestufen ein.

Bewohner komplett unterschiedlich. Ich habe eine Gruppe und die ist in zwei Bereichen eingeteilt. Einmal mit eher psychischen Auffälligkeiten (Sucht, Umgang mit Geld und solche Geschichten) also eher fittere mit leichter intelligenzminderung und Tics/ Zwängen und einmal eher Richtung downsyndrom, recht unauffällige Bewohner aber mit körperlichen Behinderungen (schwere intelligenzminderungen, Beeinträchtigung der Sprache und so) also mischform... psychisch auffällig sind ja alle im Prinzip und viel Auto und Fremdaggressionen

Edit:
Was heisst freiwillig. Fuer manche Bewohner wie oben im Erstellungsbeitrag ist es die vorletzte Instanz. Selbständig können sie nicht mehr leben (wurde probiert mit betreutes wohnen) hat nicht geklappt (Verwahrlosung, Verschuldung und so Sachen). Fuer die anderen mit schweren Behinderung gab es nie was anderes. Die sind seitdem sie Kinder waren im Heim gewesen.
Manche haben keine Eltern mehr oder die Eltern wollen nichts mit denen zutun haben oder sind froh wenn sie "verräumt " sind (klingt hart aber ist so) und kümmern sich um gar nichts. Andere hingegen engagieren sich und treffen sich oft mit ihnen... wobei es immer Zoff und action gibt wegen Eifersucht von denen die nicht besucht werden (logisch) also alles in allem ziemlich kompliziert manchmal vor allem auf der Gruppe mit den fittern Bewohnern die nie Besuch bekommen. Oft nur der Berufsbetreuer und auch nur mit Glueck einmal im Jahr zum bday.

Also es gibt hier rund um die Uhr irgendwas. Aber zurzeit ist der oben beschriebene sehr extrem und er ist sogar einer der oft Besuch bekommt. Er ist auf der Gruppe mit den psychischen Auffälligkeiten... Er steht auch kurz vor der geschlossenen Abteilung weil er im Dorf oft Sachen anstellt die man irgendwann nicht mehr tolerieren kann.
 
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Es klingt ein bisschen so, als müsstest Du in manchen Situationen Angst vor ihm haben.
Wäre da die geschlossene Abteilung nicht ohnehin besser? Denn was er sagt, klingt für mich schon sehr wahnhaft...
 
Angst sollte man nicht haben, da man sonst verloren hat. Er spürt es quasi.
Hm manche Situationen sollte man meiden.

Ja er ist wahnhaft.
Gestern morgen hat er mir erzählt dass die vom Militär (Hubschrauber) ihn gesucht haben ... wir leben in der Nähe einer Militärbasis und er sagt immer die suchen ihn..
 

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