Umgang mit aggressiven, verwirrten Patienten mit Weglauftendenz im Nachtdienst

Sagittarius

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Liebe Kollegen und Kolleginnen,

ich bin Neuling, und seit 7 Monaten examiniert. Arbeite seitdem auf einer internistischen Privatstation. Neulich im Nachtdienst hatte ich den blanken Horror erlebt.

Ein Patient mit C2 Problematik wurde aggressiv, und flüchtig. Hat seine Frau die als Begleitperson mit im Zimmer war angegriffen, und auch war natürlich auch auf alle anderen aggressiv. Die Station war total voll belegt, ich alleine im Nachtdienst. Natürlich sofort den Dienstarzt von der Notaufnahme informiert. Bekam die Anweisung am Telefon ihm 10 Tropfen Diazepam und 10 Tropfen Haldol zu verabreichen. In diesem Zustand ein wahres kunstwerk - brauche ich glaube ich nicht gross erläutern. Die Frau des Patienten hat gerade mal so den halben Becher der Medikation in ihn hineinbekommen. Hat natürlich überhaupt nichts gebracht. Situation hat sich immer mehr und mehr zugespitzt, er versuchte über die Feuertreppe der Nachbarstation zu flüchten, war halb nackt, hat die Frau erneut angegriffen mich inklusive. Darauf erneute information an den Dienstarzt in der zentralen Notaufnahme mit der Bitte endlich auf Station hochzukommen um den Patienten irgendwie ruhigzustellen. Dann durfte ich mir durchs telefon anhören , ich zitiere" SOLL ICH MICH JETZT ETWA DA OBEN AUF STATION VERMÖBELN LASSEN?! " .... kein Scherz. Ich wusste nicht mehr was ich tun sollte. Irgendwann kam dann doch einer der Ärzte hoch um mir endlich irgendwie zu helfen. Habe in der zwischenzeit den Springer der inneren Abteilung zur Hilfe geholt um den Patient besser bändigen zu können, vorallem das der Arzt i.v. was verabreichen kann.

nach 20 mg. Diazepam i.v. und keine Ahnung mehr wieviel mg Haldol i.V. ist er etwas in sich zusammengesackt und wir konnten ihn ins Bett tragen. Hat sich trotz dieser Dosis allerdings immer noch gewehrt, und immer wieder versucht aufzustehen.

Darauf dann endlich die Fixierung angeordnet. Bauchgurt, beide Hände, und rechtes Bein fixiert.

Als ob das schon nicht genug gewesen wäre, ist ein verwirrter älterer Patient durchgedreht, wollte die ganze Zeit auf die Strasse hinaus und nachhause laufen. Lies sich nicht mehr beruhigen, nahm natürlich oral auch keine Medikation mehr ein zur Beruhigung. Dessen Ehefrau sagte, sollte dieser Fall eintreffen, würde sie ihn abholen und Mitnachhause nehmen und das wir dann sofort anrufen sollen. Was ich dann auch tat. Wusste mir wirklich nicht mehr zu helfen, war da schon fix und fertig. Die Frau nahm in dann mitten in der Nacht mitnachhause.

Was mache ich mit solchen Patienten, die flüchtig sind, sich nicht beruhigen lassen, nach draussen drängen, versuchen über die Terasse zu flüchten und die Ärzte einen mitten in der Nacht im Stich lassen?! Irgendwelche Tipps?????

Danke, LG
 
Hallo, Sagittarius,

mein Mitgefühl für diese Horrornacht. Ich glaube, manchmal weiß ich gar nicht hoch genug zu schätzen, das auf Intensiv solche Probleme mit geballter Manpower und einem netten Sammelsurium an Medikamenten recht rasch gelöst werden können. Ich zieh den Hut vor den einsamen Streitern des Nachtdienstes auf so mancher Normalstation.
Wichtig bei solchen Dingen ist erstens, die Eigensicherung beachten und zweitens Hilfe holen. Erstens heißt, den Patienten erstmal auf Distanz beobachten und wenn nötig,auch laufen lassen. Es nützt nichts, wenn du verletzt wirst, die Patienten entwickeln ja oft schier unmenschliche Kräfte. Und zweitens, die Hilfe... Da hattest du ja gewaltig ins Klo gegriffen. Hattest du niemand auf einer Nachbarstation, oder Springer zum Anpiepen oder Krankenfahrer? Und was den Arzt betrifft mit seinen homöopatischen Tröpfchen, da mußt du klare Ansagen lernen...ala: Sie haben sich sofort hier einzufinden. Wenn Sie das nicht tun, drücke ich den Reaknopf oder ich wähle 110. Das würde ich dann auch machen.
Ich würde den Vorfall mit Stationsarzt und SL nochmal nachbesprechen und für solche Fälle klare, schriftliche Anweisungen fordern.
Manchmal sind wir wirklich Schütze A...h im letzten Glied.
Lerne, dich durchzusetzen. Viel Glück,
Marty
 
Stellt sich mir die Frage: muss ich mich gefährden? Da der Dienstarzt offensichtlich net willens- und wahrscheinlich auch net in der Lage- ist, die Lage unter Kontrolle zu bringen... bei uns kam in solchen Situationen das Fachpersonal mit der entsprechenden Ausbildung- die Polizei. Ab wann darf Pflegekraft zu diesem Mittel greifen? Erst wenn sie das Messer zwischen den Rippen hat?

Btw- ich würde eine schriftliche Beschwerde bei meiner PDL einreichen. Du hast Aufgaben. Der Doc hat Aufgaben. Für Organisationsmängel des Hauses bist nicht zuständig.


Elisabeth
 
Und vor allem: dokumentieren ... speziell das Verhalten des Arztes etc., damit Du aus dem Schneider bist, wenn die Situation gänzlich eskaliert ...
 
Bei Fremd- und Eigengefährdung, die du selbst nicht abwenden kannst : Absperren, Retten, Abhauen, Polizei anrufen.

Dokumentieren!
 
...ein Grund,warum ich nicht mehr auf einer Gastroenterologie arbeiten würde...durchdrehende,aggressive Leberzirrhotiker...Bifiteraleinläufe mitten in der Nacht...etc.nein Danke.
Man braucht bei solchen Patienten eine Anordnung für den Notfall,einen iv Zugang, eine Anordnung über Valium iv oä. Es hört sich für mich laut Deiner Aussage so an,als hätte man diesen Patient "kalt"entziehen lassen? Das halte ich auf einer Normalstation ohne entsprechende Anordnung für den Notfall unverantwortlich.Das sollte mit dem Oberarzt besprochen werden.Mit der PDL natürlich auch.
Als große Klinik kann bei uns der Sicherheitsdienst dazu gerufen werden, das ein Arzt sich so verweigert,habe ich noch nicht erlebt.
Der Arzt hat sich nicht richtig verhalten und Dich klar im Stich gelassen. :knockin: Manchmal hilft ein großer Mann im weißen Kittel,der einfach zum Patient sagt:"Nun reißen sie sich mal zusammen, nehmen sie jetzt dieses Medikament."Mir so passiert-ich war baff.
Du hast richtig reagiert-die Ruhe bewahrt und Hilfe geholt, dies hat man Dir nicht leicht gemacht.

Wie ging es denn mit dem Patient am nächsten Tag weiter??
 

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