Also zunächst mal ist die Kammerdiskussion keineswegs ein Nebenschauplatz oder Symbolpolitik.
Es wird zwar immer wieder so getan, aber die finanziellen Verhältnisse der allermeisten Pflegekräfte sind nicht so prekär, wie es immer wieder (gern auch von Politikern) dargestellt wird. Ausnahmen mag es bei ungelernten Hilfskräften geben, ich spreche hier aber von
echten Pflegekräften, also Leute mit einer heutzutage i. d. R. 3-jährigen Ausbildung.
Ich halte die einseitige Gehaltsdebatte für einen Ablenkungsversuch, um die eigentlichen Probleme der Pflege nicht anzugehen: Viel zu wenig Personal bei gleichzeitig immer mehr zu versorgenden Menschen; keine klar definierten Vorbehaltsaufgaben (dadurch willkürliche Zuweisung bzw. Übernahme pflegefremder Tätigkeiten durch andere Berufsgruppen, natürlich Ärzte, aber auch andere, z. B. Therapeuten an Wochenenden und Feiertagen - "ihr seid ja eh schon da" - wie die Profession Pflege allerdings ihre eigentlichen Aufgaben schaffen soll, das interessiert nicht); immer noch ein überwiegendes Image als "Deppen- und Helferberuf", was natürlich an der immer noch starken Fremdbestimmung liegt.
Alle diese Punkte auch und gerade im internationalen Vergleich - anderswo schaffen es die Kollegen deutlich besser, sich abzugrenzen und Kernaufgaben der Profession festzulegen. Dies alles insbesondere auch mit Hilfe von Pflegekammern, welche in den allermeisten Ländern Standard sind:
Pflegekammer – PflegeWiki
"In den europäischen Ländern sind Pflegekammern längst praktizierter und bewährter Standard. Zu diesen Ländern gehören zum Beispiel Dänemark, Großbritannien, Schweden, Norwegen, Finnland, Irland, Italien, Spanien, Portugal, Ungarn, Polen, Slowakei, Slowenien, Zypern sowie jüngst in Frankreich. In den aufgeführten Ländern ist die Pflegekammern am nationalen Gesundheitssystem angepasst und in politische Entscheidungen mit eingebunden. Sie haben eigenverantwortliche Tätigkeitsbereiche sowie ein rechtlich gesicherteres Berufsbild. Des Weiteren setzen sie sich sowohl im Versorgungskontext wie auch im politischen Sinne durch sogenannte Nursing Boards und Nursing Councils für professionelle Pflege ein. Die Ausbildung in den Pflege- und Gesundheitsberufen ist in das jeweilige Bildungssystem integriert und blickt auf eine lange akademische Tradition zurück.
Aber auch außerhalb der Grenzen Europas sind Pflegekammern weltweit (z.B. in Australien, Neuseeland, USA) Standard. Verbunden mit den Pflegekammern dort ist eine Registrierung von Pflegefachkräften die Norm. Diese Regristierung ist in Großbritannien ebenso bindend für Pflegekräfte. Sie dürfen ihren Beruf nur ausüben, wenn eine gültige Registrierung bei der Pflegekammer, dem Nursing and Midwifery Council nachweisbar ist."
Im übrigen wird auch die Zuwanderung die (hausgemachten) Probleme im deutschen Gesundheitssystem nicht lösen können, bestenfalls können dadurch ein paar der ärgsten Lücken kurzfristig gestopft werden - mehr nicht.
Abgesehen davon halte ich es moralisch für ein Armutszeugnis, daß ein reiches Industrieland wie Deutschland aus ärmeren Ländern Pflegekräfte abzieht, die dann dort fehlen, weil es nicht in der Lage ist, sein eigenes Gesundheitssystem endlich mal zu reformieren.
