Suizid eines Bekannten - ich verstehe es einfach nicht

Shadomo

Junior-Mitglied
Registriert
22.07.2010
Beiträge
53
Hallo,

Muss einfach mal mit jemanden darüber reden, glaub ich.
Samstag morgen wurde unser Bekannter mit Nervenzusammenbruch und Suicid Versuch in unsere regionale Psychatrie eingeliefert.
Samstag waren seine Kinder 15 & 10 Jahre und seine Mutter bei ihm, er machte auf sie einen verwirrten Eindruck.
Der Mann war nie auffällig gewesen, fester Job, 2 Kinder,allerdings geschieden und sein Bruder hatte sich vor einigen Jahren mit mitte 20 das Leben genommen.
Wir hofften dort könnte ihm geholfen werden.
Leider erfuhren wir das er am Sonntag morgen, nicht gekommen war um seine Tabletten im Stationszimmer abzuholen und er daraufhin Tod in seinem Zimmer gefunden wurde. Er hatte sich mit seinem Gürtel erhangen.
Die Fragen die wir uns nun als stellen, warum ließ man ihm seinen Gürtel bzw im allgemeinen Gegenstände die einen Suicid möglich machten?
Warum wurde nicht engmaschig Kontrolliert?
Vorallem aber, warum hatte er keine Sitzwache?
Die Ärztin äußerte das er auf sie einen stabilen Eindruck machte.
Das ist ja wunderbar aber er hatte ja am Samstag bereits einen Versuch getätigt, wurde das völlig ausser Acht gelassen?
Ich habe in meiner Zeit als Springer, mal Sitzwache in besagten Krankenhaus machen müssen, bei einer Pat. die bereits mehrere Suicid Versuche hinter sich hatte, diese Frau konnte nicht mal aufstehen, da sie sich sämtliche Knochen gebrochen hatte bei ihrem letzten Versuch, aber diese hatte eine Sitzwache.
Ich bin geschockt und will einfach nur versuchen zu verstehen.
ich vertrete auch die Ansicht das Menschen die das wirklich vor haben, irgendwann einen Weg dazu finden.
Aber doch nicht 1 Tag nach dem letzten Versuch im Patienten Zimmer.
Würde mich über Meinungen/Info von euch freuen.
Gruss
 
Ich muss Manic recht geben. Leider.
Wenn jemand so etwas plant und will, schafft er es auch. Da kann keine Sitzwache und nichts das verhindern. Wenn in der Nacht eine Sitzwache da gewesen wäre, hätte er es am nächsten Tag gemacht oder ein paar Tage später. Mittel und Wege gibt es immer. Man kann den Menschen nicht alles weg nehmen. Ich kenne jemand, wo sie mit der eigenen Unterhose erhängt hat.
Du und auch kein anderer Mensch hätte dieses Unglück verhindern können.
Wenn dir das sehr nachgeht, versuche doch mal mit einem Psychologe zu reden. Lass dir einen Termin geben und rede. Mir hat das damals geholfen.
 
ich vertrete auch die Ansicht das Menschen die das wirklich vor haben, irgendwann einen Weg dazu finden.
Aber doch nicht 1 Tag nach dem letzten Versuch im Patienten Zimmer.
Ob jetzt 1 Tag oder später ist unerheblich. Wenn ein Mensch einen Suizid begehen will kann man das nicht verhindern.
 
Zuerst möchte ich dir mein herzliches Beileid aussprechen. So ein Verlust trifft Angehörige, Freunde und Bekannte besonders hart, wenn es im Vorfeld keinerlei Anzeichen für eine psychische Erkrankung gab.

Es ist normal im Trauerprozess die Schuld bei anderen zu suchen. Man will es net wahrhaben, dass man es hat net verhindern können.
Vielleicht kannst du im ff. Link hilfreiche Informationen für dich finden: Trauerphasen nach Verena Kast

Es gibt Selbsthilfegruppen, die sich dieser Problematik angenommen haben und entsprechende Hilfe vor Ort anbieten, z.B. AGUS-Selbsthilfe e.V.: Trauer nach Suizid

Elisabeth
 
Ob jetzt 1 Tag oder später ist unerheblich. Wenn ein Mensch einen Suizid begehen will kann man das nicht verhindern.

Aus eigener Erfahrung: Ich bin froh, dass dieser Satz so net stimmt.

Elisabeth
 
Also klar ist der Mann selber Schuld, er hat sich ja sein Leben genommen aber ich sehe es so, dass es hätte verhindert werden können.
Das versteh ich auch nicht, dass man jemanden der 1 Tag zuvor
einen Suizid hinter sich hat, als stabil eingeschätzt wird??
Eine Freundin von mir arbeitet auch auf einer Psych. Station
und da wird den Jugendlichen und Erwachsenen auch alles
weggenommen womit ein Suizid möglich ist.
Und die machen da auch Sitzwache.
 
Du kannst die Gefahr net objektiv einschätzen. Du bist auf die Aussage des Pat. angewiesen.

Es ist üblich, dass der Pat. befragt wird, ob er sich von seinen Suicidgedanken lösen kann. Versichert er dies glaubhaft, dann besteht keine Indikation für eine Überwachunsgmaßnahme.

Sicher spielt hier auch eine gehörige Portion Berufserfahrung mit rein um zu erkennen, dass verbale udn nonverbale Aussage net deckkungsgleich sind. Aber selbst alte Hasen sind vor Fehlentscheidungen net gefeit. Das ist umso bedauerlicher weil du hier keine Möglichkeit mehr hast, deine Entscheidung zu revidieren.

Elisabeth
 
Also klar ist der Mann selber Schuld, er hat sich ja sein Leben genommen aber ich sehe es so, dass es hätte verhindert werden können.
Das versteh ich auch nicht, dass man jemanden der 1 Tag zuvor
einen Suizid hinter sich hat, als stabil eingeschätzt wird??
Eine Freundin von mir arbeitet auch auf einer Psych. Station
und da wird den Jugendlichen und Erwachsenen auch alles
weggenommen womit ein Suizid möglich ist.
Und die machen da auch Sitzwache.

Du kannst einem Menschen nicht alles weg nehmen, womit man Suizid begehen kann! Ich habe es selber erlebt, eine Patientin die sich mit Schokolade suizidiert hat. Sie hat so viel nacheinander schnell in den Mund gesteckt, das sie schlichtweg dran erstickt ist nach einiger Zeit. Man kann die offensichtlichen Dinge abnehmen, klar. Aber nie alles. Und auch eine Sitzwache kann das nicht verhindern. Dann passiert es eben nicht in der Nacht, sondern am folgenden Tag wenn der Patient mal unbeobachtet ist. Und auch eine spezielle Station kann niemals 10 akut suizidale Patienten ununterbrochen beobachten.
Das ist leider Fakt.
 
Teilweise beschweren sich Menschen über die Lebenseinschränkenden Maßnahmen auf einer Psychiatrie, auf der anderen Seite kommt die Frage auf, warum er noch den Gürtel hatte...
Ich denke wenn ein Mensch wirklich seinem Leben ein Ende setzen möchte, dann schafft er das, egal wie...

Ein sehr schlimmes Schicksal für alle Beteiligten!
Glaube mir, auch das Team auf der Psychiatrie kann mit so etwas nicht leicht umgehen.

Er wollte es, KEINER konnte ihn davon abbringen.

Wünsche dir ganz viel Kraft!

Grüße, Santanico
 
Was auch immer es war, was diesen armen Mann so plötzlich und ohne Vorwarnung erwischt hat, eine Psychose, eine Depression, was auch immer-
hätte man es geschafft, ihm Zeit zu geben, ihn in dieser akuten Situation vor sich selbst zu beschützen, dann hätte er mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit aus der Suizidalität herausfinden können.
Das ist tragisch.

Aber auch der Entscheidung der Profis kann man folgen - wo Menschen arbeiten passieren menschliche Fehleinschätzungen. Und gerade jemand, der sich noch jenseits des "Point of no return" befindet, der in seiner Suizidalität alle Zweifel hinter sich gelassen hat, der kann Dir völlig ruhig, gefasst, gesammtlt erscheinen... ein intelligenter Mensch wird dann natürlich Distanz von seinen Suizid-Gedanken suggerieren - die Voraussetzung, um es "durchzuziehen".

Du kennst die Trauer-Stadien?
Es gehört alles dazu und muss durchgestanden werden. Ich hoffe, Du kannst bald zur Akzeptanz kommen - denn, was passiert ist ist passiert - so unfassbar es für die Familie ist.
 
Natürlich kann man keinen Menschen an sowas hindern, wenn er es tätsächlich vorhat. Oder soll man ihn nackt in ein leeres Zimmer setzen?

Immer eine schwierige Angelegenheit, wenn ein Pat. glaubhaft versichert er tut sich nichts an muss man ihm gewisse Freiräume lassen. In der Psych basiert ganz viel auf Vertrauen. Wäre ja auch schlimm wenn nicht.

Man kann sich jedenfalls sicher sein er hat es den Pflegenden und den Ärzten glaubhaft rüber bringen können sich nichts anzutun, denn aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Sowas ist nicht lustig!!! Wünsche auch keiner Pflegekraft sowas erleben zu müssen und deswegen glaube ich kaum, das das übersehen wurde.

Sitzwachen? Naja eher Wachbereiche in denen sie eingeschlossen sind. Aber will man das einer Person ewig antun? Nein und das darf man auch nicht also wird schrittweise gelockert.

Es tut mir unheimlich leid das es deinen Bekannten getroffen hat! Ist sicher nicht leicht mit sowas umzugehen. Aber ich gebe einigen anderen Recht. (Trauerphasen)
 
Ich muß maniac absolut recht geben. Wenn der Mensch Herr seiner Sinne ist, dann hat er- und nur er!- das Recht, darüber zu entscheiden, ob er sein Leben weiterführen will oder nicht. Ich habe schon so viele Menschen auf grausamste Art sterben sehen, daß ich glaube, daß das Weiterleben (von "Leben" kann da manchmal gar keine Rede sein!) manchmal das schlimmere Übel sein kann. Und wenn es mich selbst einmal erwischt, dann hat mir da kein Mensch reinzureden, denn nur ich allein weiß, wie es mir geht ...
 
.... Ich.. glaube, daß das Weiterleben (von "Leben" kann da manchmal gar keine Rede sein!) manchmal das schlimmere Übel sein kann. Und wenn es mich selbst einmal erwischt, dann hat mir da kein Mensch reinzureden, denn nur ich allein weiß, wie es mir geht ...


Wie kann man sich da zu 100% sicher sein, hmmm.
Genauso gut könnt es aber auch sein, dass man in der Akutphase den "Wald vor lauter Bäumen nicht sieht" und sich nach einer Therapie davon distanzieren kann und nie wieder einen Versuch starten möchte.
Das warum wird nicht angesprochen, liegt's im beruflichen im privaten Bereich (...), war es eine Kurzschlusshandlung die andere ganz anders beurteilen (ohne darüber zu urteilen)
Optionen hat derjenige bestimmt aufgezeigt bekommen, aber sich dafür entschieden, dass er das nicht möchte.
 
Wo steht denn was von 100%?
Und : ich will Dir Deinen Glauben an Therapien nicht nehmen....
Was ich sagen will: kein anderer kann sich darüber ein Urteil anmaßen. Was für den einen unerträglich ist, steckt der andere mit links einfach so weg. Wir sind nun mal alle Unikate!
Nachtrag zu Deinem da Vinci: Auch, wer viel denkt, irrt sich (gelegentlich)! Nur wer nicht denkt, irrt sich nie...
 
Lt. aktueller Rechtsgrundlage kannst Du, z.B aufgrund einer Depression unter Betreuung gestellt werden.
Ist die Depression die Ursache für den Suizidversuch, was es ja gibt, dann bist Du eingeschränkt einsichtfähig und man möchte Dir damit helfen.
Ob die damit aufgezwungene Hilfe letztlich hilfreich ist, stellt sich dann heraus.
Es geht hier nicht um meinen Glauben, sondern um das offenhalten von Therapieoptionen.
Wie oft das tatsächlich vorkommt, weiß ich nicht, dazu habe ich keine Zahlen, aber ich weiß dass es so geregelt ist.
Wer sich in der Phase nach einem Suizidversuch befindet, kommt dann auch in die beschützte Akutpsychiatrie, bei uns in einen Wachsaal.
Wie gesagt, es geht nicht um meinen Glauben, auch nicht meine Einstellung oder meine Befindlichkeit. Es geht um eine sachliche Diskussion.
Irren IST menschlich.
 
Der Titel des Threads:
"Suizid eines Bekannten- ich verstehe es einfach nicht"
Genau dazu habe ich meine Gedanken aufgeschrieben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger...Ich kann es unter bestimmten Gegebenheiten schon verstehen...
 

Ähnliche Themen