Selber Angehöriger chronisch Kranker/ Psychohygiene

InetNinja

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Hey zusammen.

Ich hab heute 8h in der Notaufnahme mit meinem unvernünftigen Papa verbracht.
Mein Bruder war ebenfalls dabei und wir mussten heute erkennen "es geht los"

Mein Vater war mal ein gestandener Mann der mit dem Kopf unter dem Arm zur Arbeit ging. Heute saßen wir da... wegen Hypertonie, Vater nimmt seine Tabletten nicht, "die wirken ja nicht...die machen alles nur noch schlimmer" aber dann ins KH wollen weil der RR entgleist... Auch mal ne Tablette nehmen und gucken was passiert... er lässt nicht mit sich reden.

Ich bring es nicht übers Herz ihm da den Kopf zu waschen. Er legt das Verhalten eines chronisch Kranken an den Tag. Keine Eigeninitiative, Verdrängen, die anderen sind Schuld, Verschwörung, Jammern, Verzweiflung... etc.
Ich weiß das er sich da nicht rein reden lässt. Geh ich/ Wir nicht mit oder wollen ihm ins Gewissen reden endet das im Streit. Ich will nicht mit meinem Vater/ Eltern streiten. Es lohnt sich nicht. Aber ich will auch nicht zur Marionette der Beiden werden.

Ich hab Verständnis das er Angst hat. Manchmal ist er unausstehlich. Aber ich weiß das dass die ganzen Krankheiten mit ihm macht. Ich nehm ihm das nicht übel. Aber es zerrt an den Kräften die einzigen paar freien Tage, neben der Ausbildung in der Notaufnahme zu hängen und zu wissen das dass totaler Bull Shit ist dort zu sitzen...

Meine Mutter ist Co abhängig. Sie plagt sich mit der Angst bald ohne ihren Mann dazu stehen. Will aber genauso wenig wie mein Vater zu einem Therapeuten.

Meine Brüder und ich wollen uns die Tage zusammen setzen und überlegen wie wir damit umgehen wollen. Wie wir Psychohygiene betreiben können. Für unsere Eltern da sein, aber selber nicht dran zu Grunde gehen.

Wie sind eure Erfahrungen?
Ich hab nach Selbsthilfegruppen in der Umgebung geschaut...
Wie sieht das Angebot für Angehörige aus? Ich weiß nicht in welche Richtung wir passen. Wir pflegen nicht, meine Eltern sind soweit "fit".
Ich will damit nicht alleine sein, ich möchte gerne irgendwie Hilfe haben können.

Ich bin froh das ich meine Brüder habe und die selber erkennen, das dass Verhalten meiner Eltern weniger mit Vernunft als mit Angst zu tuen hat und die Wahrscheinlichkeit das sie ihren Lebensstil mal eben ändern, sehr gering ist und wir uns auf uns verlassen müssen. (Da bin ich zuversichtlich. Wir haben schon viel zusammen durchgestanden und das Vertrauen zueinander ist Groß)

Wo können wir Hilfe bekommen?
Wo kann man mit der Zerrissenheit hin?
Sie waren mal meine Helden. Jetzt werden sie komisch wie alternde Menschen halt auch komisch werden.
Soll ich ihm glauben oder ist es wieder nur falscher Alarm?
Wie kann ich Mama beistehen ohne mich selber total auszulaugen?

Die beiden waren immer für uns da.

Wie kann man sich abgrenzen ohne groß ihnen vor den Kopf zu hauen und wenn doch wie hält man das aus?

Ich will sie nicht bekehren. Sie sollen ihr leben so leben wie sie wollen.
Aus dem Frust hab ich heute ein Schwester total angefurzt und das tut mir sehr Leid. Hab mich auch bei ihr entschuldigt...

Habt ihr Erfahrungen/ Kenntnisse? Gibt es Anlaufstellen?

Wie seid ihr damit umgegangen?

Gruß
InetNinja
 
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Das ist ein sehr komplexes Thema und läßt sich aus der Ferne nicht lösen.
Nur mal grob: ihr könnt als Familienangehörige kaum helfen! Ihr seit in einer gewissen Form immer Teil des Systems Eures Vaters und er wird es immer wieder schaffen Euch zu korrumpieren um sich zu bestätigen. Er muss seine Verantwortung wahrnehmen und die Inititative ergreifen, nicht Ihr! Dazu bedarf es gewisser Härten die Ihr kaum ohne Hilfen erkennen und ergreifen könnt. Sucht Euch einen systhemisch arbeitenden Therapeuten und geht gemeinsam den Weg der Euch da erarbeitet wird!
Eine andere sinnvolle oder schnelle Alternative sehe ich nicht.
 
Ich würde tatsächlich über eine Gruppe für pflegende Angehörige gehen. Warum denn nicht? Im weitesten Sinne fallt Ihr darunter. Und auch dort geht es nicht nur um Pflegeprobleme oder Schwierigkeiten mit Behörden, sondern auch um Abgrenzung, Belastung und Psychohygiene.

Ich würde mir das dort mal ansehen. Vielleicht gibt es dort auch die Möglichkeit Anlaufadressen zu bekommen, die besser für Euch geeignet sind.
 
Das ist ein sehr komplexes Thema und läßt sich aus der Ferne nicht lösen.
Nur mal grob: ihr könnt als Familienangehörige kaum helfen! Ihr seit in einer gewissen Form immer Teil des Systems Eures Vaters und er wird es immer wieder schaffen Euch zu korrumpieren um sich zu bestätigen. Er muss seine Verantwortung wahrnehmen und die Inititative ergreifen, nicht Ihr! Dazu bedarf es gewisser Härten die Ihr kaum ohne Hilfen erkennen und ergreifen könnt. Sucht Euch einen systhemisch arbeitenden Therapeuten und geht gemeinsam den Weg der Euch da erarbeitet wird!
Eine andere sinnvolle oder schnelle Alternative sehe ich nicht.

Ja an sowas habe ich auch gedacht.

Kann ich sowas in Angehörigengruppen finden oder braucht es da einen speziellen Therapeuten? Und wie wird das finanziert?

Ich werd mich Montag mal bei unseren Gruppen melden und mal schauen was dort geboten wird und ob sie helfen können.
Sollte es Finanzierbar sein wäre es mir auch einen Privaten Therapeuten wert.
 
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Schaue auch mal nach "Pflegestützpunkt".
Die sind recht gut vernetzt und können Dich lotsen.
 
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Ich kann keine großen Tipps geben, außer dass ein Psychologe von der Krankenkasse finanziert wird und dass Dir das vermutlich gut beistehen könnte.
Du hast mein vollstes Mitgefühl! Deine Eltern sind glückliche Menschen, weil sie euch haben! Vielleicht reicht ihnen das. ;-)
LG
 
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Wir haben ähnliche Probleme und inzwischen jegliche Versorgung unseres noch
lebenden Elternteils aufgegeben, wenn bestimmte Auflagen unsererseits, wie Einnahme der
Medikamente im Beisein des Pflegedienstes nicht erfüllt werden.
Der Pflegedienst kann z.B. nur für die Medikamenteneinnahme kommen, auch wenn
die Betroffenen sonst noch fit sind.
Uns wurde vor längerer Zeit vom Sozialdienst im Krankenhaus geraten, eine Betreuung
außerhalb der Familie einzusetzen um nicht ständig im Streit zu liegen und ein
entspanntes Verhältnis anzustreben wie früher.
Das war eine sehr gute Idee, auf die wir selbst nicht gekommen wären.

Wir haben das vor Monaten beantragt und auch wenn es erst Mal ins Leere gelaufen ist,
wird es aktuell nicht mehr lange ohne gehen.
Wir sind inzwischen, nachdem wir mit drei nahen Angehörigen den gleiche Prozess in der Familie mitgemacht haben, zu
dem Ergebnis gekommen, dass wir nicht helfen können.

Ich würde mich z.B. nicht mehr stundenlang mit unserem Angehörigen irgendwo in die Notaufnahme
setzen um die immer wiederkehrenden selbst produzierten Kreisläufe, die aus nicht eingenommenen
Medikamenten etc. entstehen, aufrecht zu erhalten.
Es ist sehr schade und traurig, bei mir ist es nur nicht mehr anders möglich.

Einen gemeinsamen Weg gehen mit therapeutischer Hilfe ist eine super Idee, wenn diese Hilfe angenommen
wird.
Ich wünsche dir, dass ihr einen gemeinsamen Weg findet.

LG
Antje
 
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Hey danke.

Ja mein bestreben ist es entspannt mit meinen Eltern umgehen zu können und ihnen eben auch die Freiheit zu lassen die Medikamente nicht zu nehmen und wenn das wieder in die Notaufnahme führt.

Ich hätte auch gerne jemand außenstehenden der auf die Einnahme achtet. Bzw. da ein bisschen Druck macht. Ganz ehrlich, ich hab mir gewünscht das mein Papa einen Einlauf vom behandelnden Arzt bekommt. Aber die hatten eine Voranmeldung nach der anderen... Und für die Erziehung uneinsichtiger Menschen sind Notaufnahmen nunmal auch nicht da.

Für mich, aber auch für meine Brüder bedeutet das aber Leid. Wir sind alle aus dem Medizinischen Bereich und wissen genau was sie da machen und wie sie sich selber schaden. Daher der Wusch einer Professionellen Betreuung unsererseits. Ich will nicht meine Eltern zu Dingen zwingen die sie nicht wollen, weil ich es nicht aushalten kann.
Ich möchte lieber die Zeit in bestmöglicher Harmonie verbringen, auch wenn sie schneller in die Vollpflege führt oder gar zum Tod.

ABER das schaffe ich nicht alleine... das weiß ich...
 
Ich kann keine großen Tipps geben, außer dass ein Psychologe von der Krankenkasse finanziert wird und dass Dir das vermutlich gut beistehen könnte.
Du hast mein vollstes Mitgefühl! Deine Eltern sind glückliche Menschen, weil sie euch haben! Vielleicht reicht ihnen das. ;)
LG

Danke. Meine Eltern wissen was sie an uns haben. Sie platzen regelrecht vor Stolz wenn sie anderen über Uns erzählen. Die Rettungsdienstler und Krankenschwester... Scheint gerade bei alten Leuten ein Renner zu sein :D

Gerade mein Vater hat eine Ahnung das er uns stellenweise auch "leider" zur Last fällt. Er weiß aber nicht wie und wo, daher kann er es auch schlecht abstellen. Wir können ihm das auch schlecht erklären. Generationskonflikt
In Verbindung mit meiner Mutter und der ganzen Meute an Menschen mit denen sie sich umgeben, kommt ein Verschwörungstheorie nach der anderen zu Tage und wir kommen mit unserer Fachkompetenz nicht dagegen an. Wir haben es auch aufgegeben, wir lassen es jetzt. Wir sind froh das sie so einen reichlichen Sozialkontakt noch pflegen können.
Und meine Mutter fehlt der Mut sich ihren eigenen Problemen zu stellen.
 
Ich bin in einer ähnlichen Situation.

Problem ist, meine Mutter ist selber Krankenschwester gewesen, sollte also so viel "Verstand" haben, vernünftig zu entscheiden. Das setze ich voraus. Fragt sie mich um Rat, teile ich ihr meine Meinung mit, kenne ich mich nicht aus, bemühe ich Schwarmwissen aus meinem Umfeld zur Meinungsbildung. Entscheiden muss sie selbst.

Ich finde immer : Lieber kurz und lustig als lang und elend.

Endet das in der Notaufnahme - lernt sie draus oder eben nicht. Sie ist ja nicht blöd, sondern nur alt. Merkwürdig war sie immer schon. ;-)

Meistens kann ich mich ganz gut abgrenzen. Ich sage mir immer, dass sie erwachsen ist und ihre eigenen Entscheidungen treffen muss. Ich biete Unterstützung an, stelle z.B. die Tabletten. Wenn sie welche davon aussortiert, weil sie meint, sie braucht sie nicht zu nehmen, dann ist es eben so.
 
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...Sie ist ja nicht blöd, sondern nur alt. Merkwürdig war sie immer schon. ;)

Danke für den Lacher...

Ich hab ehrlich Angst das meine Eltern elendige Vollpflegefälle werden. Mit schnellen versterben könnte ich besser umgehen. Meine Mutter natürlich nicht, da werde ich mir dann eine Abgrenzungsmauer aufbauen müssen... Sie ist schon so lange merkwürdig wie wir uns kennen ;)

Meine größte Herausforderung wir die Abgrenzung ohne schlechtes Gewissen sein und die Konsequenzen zu tragen. Obwohl ich mir im klaren bin das ich nichts verhindern kann und auch keine Schuld tragen werde.
Verstand gegen Herz
 
Danke für den Lacher...

Ich hab ehrlich Angst das meine Eltern elendige Vollpflegefälle werden. Mit schnellen versterben könnte ich besser umgehen. Meine Mutter natürlich nicht, da werde ich mir dann eine Abgrenzungsmauer aufbauen müssen... Sie ist schon so lange merkwürdig wie wir uns kennen ;)

Meine größte Herausforderung wir die Abgrenzung ohne schlechtes Gewissen sein und die Konsequenzen zu tragen. Obwohl ich mir im klaren bin das ich nichts verhindern kann und auch keine Schuld tragen werde.
Verstand gegen Herz


Ja, das verstehe ich gut. Mir geht es genau so.
 
Ich hätte auch gerne jemand außenstehenden der auf die Einnahme achtet. Bzw. da ein bisschen Druck macht. Ganz ehrlich, ich hab mir gewünscht das mein Papa einen Einlauf vom behandelnden Arzt bekommt. Aber die hatten eine Voranmeldung nach der anderen... Und für die Erziehung uneinsichtiger Menschen sind Notaufnahmen nunmal auch nicht da.

Leider nützt Druck von außen oft auch nicht.
Bei uns in der Familie war es immer so, dass die Ärzte dann keine Ahnung hatten und
entsprechend gewechselt wurden.
Krankenhausärzte wurden völlig ignoriert...
Beim letzten selbst verursachten Schlaganfall meines Familienangehörigen hab ich in
fassungslose und auch ungläubige Gesichter der Ärzte gesehen als die die ersten Untersuchungen
gemacht hatten und gesehen haben, dass keine Blutverdünner genommen wurden.
Aber auch nach erfolgreicher Genesung und Reha, wurden die Medis wieder abgesetzt.
Bei uns platzen sie auch vor Stolz, wenn sie über uns berichten.
Kürzlich wurde extra ein ärztlicher Bericht verfasst in dem ich erwähnt wurde.
Ich bin ja "sogar" noch Heilpraktikerin.:lol1:
Unfassbar, selbst da wird man noch benutzt.
Wenn es wenigstens helfen würde, dann wäre ich ja froh, nur das tut es leider nicht.

LG
Antje
 
Leider nützt Druck von außen oft auch nicht.
Bei uns in der Familie war es immer so, dass die Ärzte dann keine Ahnung hatten und
entsprechend gewechselt wurden.
Krankenhausärzte wurden völlig ignoriert...
Beim letzten selbst verursachten Schlaganfall meines Familienangehörigen hab ich in
fassungslose und auch ungläubige Gesichter der Ärzte gesehen als die die ersten Untersuchungen
gemacht hatten und gesehen haben, dass keine Blutverdünner genommen wurden.
Aber auch nach erfolgreicher Genesung und Reha, wurden die Medis wieder abgesetzt.
Bei uns platzen sie auch vor Stolz, wenn sie über uns berichten.
Kürzlich wurde extra ein ärztlicher Bericht verfasst in dem ich erwähnt wurde.
Ich bin ja "sogar" noch Heilpraktikerin.:lol1:
Unfassbar, selbst da wird man noch benutzt.
Wenn es wenigstens helfen würde, dann wäre ich ja froh, nur das tut es leider nicht.

LG
Antje

Und genau damit umzugehen. Das wird schwer...

Hatte heute nen schönen Abend mit meinen Brüdern. Wir werden uns an die Gruppe für pflegende Angehörige wenden. Mein Papa möchte mit uns allen auch nochmal ans Meer. Das wollen wir jetzt zusammen angehen.

Wir drei haben uns Fest vorgenommen uns min einmal im Monat zu treffen und was gemeinsam zu unternehmen. Kino, Essen gehen etc.

Und wenn die Belastung groß wird uns auch die mögliche Hilfe zu nehmen und jetzt schon Anlaufstellen zu suchen.
 
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