Schlecht sitzende Blutdruckmanschetten

Neuromaus

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Hallo zusammen,
also bei uns auf der Station kommt es immer wieder vor, dass die Blutdruckmanschetten bei Kindern schlecht sitzen, unabhängig von der verwendeten Größe und davon ob wir manuell oder elektrisch messen.
Häufig ist das der Fall bei älteren Kindern oder Jugendlichen, die schon lange im Rolli sitzen und viel fahren. Bei ihnen sind bestimmte Muskelgruppen im Schulter- und Oberarmbereich einfach stark ausgeprägt.
Dadurch ist der Arm im oberen Teil deutlich dicker als im unteren. Also sitzt die Manschette einfach nicht vernünftig. Im Bereich des Ellbogens ist sie viel zu locker, aber enger machen kann man sie nicht, weil weiter oben eben der Armumfang größer ist.
Kennt jemand anders dieses Problem auch? Wie geht ihr damit um?
 
Ich frag jetzt einfach nochmal...
Hat wirklich niemand Erfahrungen damit gemacht? Wir haben das so häufig, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass niemand anders das kennt... :-/
 
Laienhafte Frage, weil ich wirklich unsicher bin... Was ist mit den unteren Extremitäten? Ich meine ihr messt ja wahrscheinlich nicht dreiminütlich wie intraoperativ, da sollte das doch mal möglich sein?
 
Danke für deine Antwort!
Und ich finde die Frage gar nicht laienhaft, im Gegenteil, die ist sogar ziemlich schlau. ;-)
Was ist mit den unteren Extremitäten?
Grundsätzlich messen wir, gerade bei Kleinkindern häufig an den unteren Extremitäten, bei Säuglingen und jungen Kleinkindern sogar ausschließlich. Bei den oben beschriebenen Kindern und Jugendlichen ist jedoch das Problem, dass die Beine schon so spastisch sind, dass man dort keinen RR mehr messen kann. Das automatische Gerät kann man sowieso vergessen (kann man aber bei fast allen unseren Kindern), weil es aufgrund des hohen Muskeltonus immer einen extrem hohen Druck misst (ist bei Messung am Arm aber auch häufig so). Die manuelle Messung ist definitiv praktikabler und aussagekräftiger. Aber aufgrund der starken Spastiken in den Beinen ist es dort (zu 99%) nicht möglich, die Manschette soweit aufzupumpen, bis der Fußpuls nicht mehr tastbar ist, was ja eigentlich zu Beginn der Messung geschehen müsste. Die Muskulatur hält einfach zu stark dagegen sozusagen, du bekommst die Gefäße nicht komprimiert, weil die Muskeln dich da gar nicht ranlassen, um das mal so blöd auszudrücken, eine professionellere Ausdrucksweise fällt mir gerade nicht ein. Wenn ich dann versuche, einfach trotzdem zu messen, ist der Beginn des systolischen Drucks einfach nicht zu erkennen, weil schon vor dem Ablassen der Luft aus der Manschette der Puls zu hören und das "Zucken" der Nadel zu sehen ist. Aber stärker aufpumpen kann man nicht, weil es halt schon maximal fest sitzt. Ich hoffe, das ist einigermaßen verständlich ausgedrückt.o_O
 
Danke für deine Erklärungen. Jetzt verstehe ich das Problem sehr gut.
Wie wichtig ist denn ein (annähernd) RR-Wert bei euch? Wäre die Doku von Carotispuls-Frequenz und - Qualität in Kombi mit dem Hautcolorit eine Option? Daran lässt sich ja schon eine Einschätzung über die Kreislaufsituation vornehmen.
 
Ja, zur Einschätzung der Kreislaufsituation reicht das vollkommen aus. Wenn eine RR-Messung nicht möglich ist, beschränken wir uns auch bei den (gemessenen) Vitalparametern auf HF, spO2, Temp. und Atmung, je nach Alter und Entwicklungsstand gerne AF. Das Wichtigste ist sowieso die Beobachtung des Kindes.
Die RR-Messung sollte im Idealfall standardmäßig bei Aufnahme stattfinden, da es bei uns diverse Krankheitsbilder gibt, bei denen eine arterielle Hypertonie auftreten könnte oder regelhaft auftritt. Manche Kinder sind auch bereits mit Antihypertensiva eingestellt, eine regelmäßige RR-Kontrolle findet aber zu Hause häufig nicht statt, so dass nicht nachvollziehbar ist, ob die Dosis gut ist. Da Kinder ja wachsen, zunehmen und sich entwickeln, kann man nicht so einfach sagen, ok, wenn das einmal gut eingestellt ist, braucht man nicht mehr zu gucken.
 
I'm Echo kann man anhand der anatomischen Folgen zumindest erkennen, wenn eine Hypertonie längere Zeit nicht ausreichend therapiert wurde (Stichwort Endorganschaden, linksventrikuläre Hypertrophie).
Wenn wirklich ein korrekter Blutdruckwert gewünscht wird, bleibt meiner Meinung nach nur die Anlage einer arteriellen Kanüle Aber ob da ein sinnvolles Nutzen-Risiko-Verhältnis besteht bliebe wohl im Einzelfall zu entscheiden
 
I'm Echo kann man anhand der anatomischen Folgen zumindest erkennen, wenn eine Hypertonie längere Zeit nicht ausreichend therapiert wurde (Stichwort Endorganschaden, linksventrikuläre Hypertrophie).
Da hast du Recht, aber das wollen wir natürlich nach Möglichkeit vermeiden. So weit soll es gar nicht erst kommen.

Wenn wirklich ein korrekter Blutdruckwert gewünscht wird, bleibt meiner Meinung nach nur die Anlage einer arteriellen Kanüle Aber ob da ein sinnvolles Nutzen-Risiko-Verhältnis besteht bliebe wohl im Einzelfall zu entscheiden
Stimmt, und bei den meisten unserer Kiddies geht das Risiko wohl eher über den Nutzen.

Dann bleibt uns wahrscheinlich vorerst nur die Messung mit schlecht sitzenden Manschetten, die natürlich dann recht ungenau ist. Oder, wenn nicht gerade eine Hypertrophie der Wadenmuskulatur vorliegt, versuchen wir manchmal die Messung am Bein im Schlaf, wenn die Muskeln etwas entspannter sind. Aber das ist auch häufig nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Viele unserer Kinder haben auch im Schlaf noch einen zu hohen Muskeltonus dafür. Und sehr viele haben einen extrem leichten Schlaf und schrecken bei einer Berührung sofort hoch und sind dann natürlich erst recht angespannt.
Eigentlich eine Marktlücke, dass die Hersteller keine Manschetten produzieren, die ein bisschen "trapezförmig" geformt sind, also unten schmaler sind als oben, so dass sie komplett am Arm richtig anliegen. Zufällig ein paar Medizintechniker hier, die sowas entwickeln?:wink:

Aber @anästhesieschwester:
Du hast echt super Ideen und Vorschläge! Vielen Dank!
 
Nachdem ich das Problem verstanden hatte konnte ich mir ja Gedanken machen :gruebel:
 

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