Religion als Voraussetzung für eine Stelle?

Mir selber geht das auch zu weit. Ich bin zwar evangelisch und habe auch meine Wertvorstellungen, die sich überwiegend mit denen decken. Aber ich empfinde diese Voraussetzungen als Eingriff in meine Privatsphäre; da gibt es Häuser, die verlangen nicht nur die Zugehörigkeit zu einer christl. Kirche, nein sie verlangen auch ein pfarramtliches Zeugnis und es herrscht Wohnpflicht im Wohnheim - dort würde ich mich nie bewerben!
Oder wenn ich schon höre "Pflicht der Nächstenliebe", das hört sich so dermaßen erzwungen an...wenn man es nur als Pflicht empfindet, dann sollte man sich seine Berufswahl noch einmal gründlich überlegen.

Oder anderes Beispiel : ein diakonisches KH in Hamburg hat als Einstellungsvoraussetzung "Nichtraucher" geschrieben - okay, ich bin Nichtraucher, aber auch hier würde ich mich nie bewerben, weil es meine Privatsache ist, ob ich rauche oder nicht. Ich empfinde es ganz einfach so, dass man sich in mein Leben einmischen will. Was wäre, wenn ich in 2 Jahren mit dem Rauchen anfinge, wollen die mich dann kündigen!? :gruebel:

Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Leitbilder mit meinen Wertvorstellungen übereinstimmen - aber das ganze Drumherum muß eben auch stimmen.
 
Es ging mir nicht um die Inzidierung, sondern um das Buch als solches. Text ist in englisch nachlesbar unter Read the Book.

Was verbinde ich mit dem Glauben? Kirche als Institution gehört defintiv nicht dazu. Ich muss nicht in das Haus des Herrn gehen um ihm nahe zu sein. Da beschreiben die 10 Gebote schon eher meine Glaubensinhalte.

Elisabeth
 
Ich kann Sassi beipflichten.

Ich habe selber in einem KH mit christlichem Träger gelernt und arbeite immer noch dort. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass in Deutschland dort nur diejenigen genommen werden, die einer Religion angehören. Bei uns waren in der Schule vertreten: Römisch-Katholisch, Evangelisch, Islam, Mormonen und Atheisten. Und auf der Station: Röm.-Kath., Evangelisch, Islam, Buddhist, Atheisten.
Natürlich haben wir in der Schule auch Messen gestalten müssen, aber da ging es um Werte, Moral und Ethik. Es mussten auch alle dabei sein, aber natürlich musste keiner mitbeten oder -singen, der nicht wollte.
Laut unserem Leitbild, sollen die christlichen Werte in unserem Handeln erkennbar sein. Ich bin selbst nicht gläubig, aber ich kann gut damit leben, da diese Werte für mich persönlich auch wichtig sind (ob man sie jetzt christlich nennen will oder nicht).

Aber ich habe noch ein paar Fragen, wie das dann abläuft. Wie handhabt das der AG, wenn ihr später aus der Kirche austretet? Werdet ihr dann gekündigt? Kann man eine Führungsposition haben, wenn man geschieden ist, in "wilder" Ehe lebt oder uneheliche Kinder hat? Ist da bei allen Berufsgruppen so?
Diese Fragen würden mich wirklich interessieren, vielleicht kann sie mir jemand beantworten. :)

Gruß,
Lin
 
Nicht jedes Krankenhaus mit kirchlichem Träger achtet auf die Religionszugehörigkeit seiner Angestellten. Einige jedoch tun das, und manchmal schießen sie dabei übers Ziel hinaus.

In dem Krankenhaus, in dem ich Praktikum gemacht habe (lang lang ist's her) hätte damals kein moslemischer Angestellter einen Fuß in die Tür bekommen, ebenso wenig ein Aus-der-Kirche-Ausgetretener. Es war ein Diakonissenkrankenhaus, einige wenige Diakonissen hatten auch noch Stellen in der Pflegedienstleitung oder im Ausbildungszentrum. Ich bin evangelisch, hatte also keine Probleme, Katholiken wurden als gleichwertig akzeptiert.

Ich weiß aus Gesprächen, das zumindest die Ärzte den gleichen Einstellungskriterien unterworfen wurden. Teilweise wurde dann schon beklagt, es käme mehr auf die richtige Gesinnung als auf die berufliche Kompetenz an.

Die Idee dahinter ist wohl, ein positives Arbeitsklima durch den gemeinsamen christlichen Glauben zu erhalten. Das allein an der Religionszugehörigkeit festzumachen halte ich persönlich allerdings für eine Milchmädchenrechnung.
 
Wie sieht es eigentlich mit der weiteren Einmischung des Arbeitgebers in das Privatleben des Arbeitnehmers aus, z. B. wenn sich eine unverheiratete Krankenschwester mit einem unehelichen Kind (lebt aber mit dem Vater des Kindes zusammen) in einem katholischen Krankenhaus bewirbt? Hat sie überhaupt eine Chance auf eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch?

Ich kenne übrigens ein katholisches Krankenhaus in der Nachbarschaft, wo eine christlich-orthodoxe Schülerin zwar die Ausbildung machen durfte, diese sogar mit EINS abgeschlossen hat, dann aber nicht übernommen wurde, weil sie dann plötzlich meinten: "Nö, deine Religion passt uns nicht!" Auch ein nichtgetaufter Schüler aus dem Osten hat dort gelernt (von ihm weiß ich auch davon). Auch ihm widerfuhr das gleiche Spiel nach dem Examen: "Lass dich taufen oder geh!" Stattdessen hat man aber etliche Schüler mit Noten im 3er-Bereich übernommen, nur weil sie die passende Religionszugehörigkeit vorweisen konnten.

Eine ähnliche Geschichte hat mir eine Türkin (völlig modern eingestellt und assimiliert, sprachlich und von der Mentalität her nicht mal von einer Deutschstämmigen zu unterscheiden) erzählt, die in einer diakonischen Einrichtung ihr FSJ gemacht hat und dann anschließend gerne einen 400-Euro-Job in der Einrichtung angenommen hätte, was ihr mit Verweis auf ihre Religionszugehörigkeit verwehrt wurde. Und das in einem Altenpflegeheim, wo man zum damaligen Zeitpunkt chronisch unterbesetzt war. In der Personalabteilung reihte sich eine interne Stellenausschreibung an die nächste. Und auf dem Wohnbereich, wo ich damals mein Praktikum machte, war eine bedarfsgerechte, geschweige denn humane Pflege aufgrund des Personaldefizits schon gar nicht mehr gegeben.
Angesichts solcher Zustände in kirchlichen Einrichtungen frage ich mich, ob der Pflegenotstand zu einem Großteil nicht auch hausgemacht ist. ( Ich habe dieses Thema übrigens auch mal mit meinem Pflegeschulleiter besprochen und er hat diese Auffassung mit mir geteilt.)
 
Personalknappheit und offene Stellen gibt es auch bei nichtkirchlichen Arbeitgebern. Die Arbeitslosenquote unter den ausgebildeteten Pflegekräften liegt unter einem Prozent, also kommen offensichtlich auch die mit der unpassenden Religionszugehörigkeit unter.

Was die Einmischung ins Privatleben angeht: Vor nicht allzu langer Zeit hat ein Fall Schlagzeilen gemacht, bei dem eine Geschiedene eine neue Beziehung einging, was ihr Arbeitgeber als Kündigungsgrund ansah.

http://www.spiegel.de/karriere/beru...rtnerin-kommune-kuendigt-kirche-a-823317.html
 
ich frag mich wie man überhaupt "beweisen" soll dass man einer bestimmten religion angehört? in meiner schule muss man irgendeiner religion angehören. welche ist egal, man darf nur nicht austreten.
so nun gibt es in deutschland ja scheinbar eine art "zeugnis" welches man sich vom gemeindepfarrer ausstellen lassen kann. ich komme aus lux., da gibts das nicht. irgendeinen wisch dass ich drin bin gibts bestimmt, den erkennt deutschland aber netterweise nicht an.
und trotzdem hats gereicht als ich bei den angaben einfach "römisch-katholisch" angegeben hab.
hat nie wer was eingefordert oder so.
momentan ist das mit der kirchensteuer ja noch kein thema, aber das find ich mal total bescheuert. ne kirchensteuer gibts nämlich auch nur in deutschland.
 
Ich bin mit ca. 20 Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten. Grund: Das falsche Spiel mit moralisch-ethischen Aspekten. Dieser Grund hat sich im Laufe der Jahre immer wieder bestätigt.

Ich persönlich habe kein Problem gehabt mit meinen Arbeitsstellen. Ich habe bewußt auf kirchliche Arbeitgeber verzichtet. Es gab immer genug Stellenangebote, von nicht kirchlichen AGs.
 
Als ich mein Praktikum in einem christlichen KH gemacht habe hat man im Arbeitsvertrag unterschrieben, dass man die konfessionelle Ausrichtung der Einrichtung akzeptiert und (wie auch immer das formuliert war) das man nicht dagegen anarbeitet.
 
Ich hatte mich im letzten Turnus pro forma am einzigen und auch noch katholischen Krankenhaus meiner Stadt beworben, ein wirklich freundliches und auch nicht so 08/15-mäßiges Antwortschreiben kam zurück und kurz vor Ausbildungsbeginn hat man mich sogar eingeladen und hätte mich auch genommen - obwohl ich nicht getauft bin, aber mit einer DDR-Urkunde im Schlepptau sieht man das wohl nicht so eng. Aber geheuer war und ist mir das nicht. Die aktuelle Berichterstattung tut ihr übriges. Ich wollte mal ein sozialpädagogisches Praktikum machen, mangels lokaler Alternativen eben bei der Caritas. Dort hätte man mich wiederum genommen, weil "zwar nicht getauft, aber in der DDR geboren und das relativiert das Ganze wieder", aber der Abschlusssatz war: "sie müssen wissen, ...Grundsätze...christlich...blubberblubber...wenn sie geschieden/wiederverheiratet, aus der Kirche ausgetreten sind oder entgegen christlicher Maßstäbe leben, also z.B. praktizierend homosexuell sind, dann können sie bei uns kein Praktikum machen - aber das nehmen wir bei ihnen natürlich alles nicht an..."; ich sollte dann noch meine Vita nachreichen und ward nie wieder gesehen, schon aus Prinzip. Für den aktuellen Bewerbungslauf habe ich von vornherein alle christlichen Häuser gestrichen, auch wenn das die Möglichkeiten je nach Region sichtlich einschränkt...
 
Für den aktuellen Bewerbungslauf habe ich von vornherein alle christlichen Häuser gestrichen, auch wenn das die Möglichkeiten je nach Region sichtlich einschränkt...
Find ich sehr korrekt. Muss es halt der Markt regeln. Irgendwann nehmen die auch lesbische promiskuitive Scientologinnen, wenn sie sonst den Laden dicht machen müssten.
 
Weißt du, das Schlimme im Sinne von "ekelhaft Bigotte" daran ist, dass ein Mitarbeiter dieser Caritas-Station (Sozialpädagoge mit wichtigen Aufgaben) zwar nicht "bekennend", aber "praktizierend" homosexuell lebt. Woher ich das weiß, spielt keine Rolle, aber es ist so. Und dass die Leitungskraft mit gönnerhaftem Lächeln dann solche Äußerungen tätigt, ist sowohl irrig als auch dreist. Ein angeheirateter Verwandter, wirklich christlich gläubig, aber wiederverheiratet, ist von der Kommunion ausgeschlossen und wäre es natürlich auch von Praktika bei der Caritas, jedenfalls der hiesigen. Im Gegensatz zu mir, wenn ich irgendwas vom Pferd erzähle und betone, dass ich noch ja noch nie im 'Verein' war, obwohl ich wahrscheinlich zu jeder Indianer-Religion mehr Bezug habe. Da stimmen wohl die Insider-Berichte: solange du als lesbische und promiske Scientologin den Schein wahrst, geht die Sache klar...
 

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