Prontosan + unsterile Kompressen

Takinara

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01.06.2017
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Schülerin der Gesundheits-und Kinderkrankenpflege
Hallo zusammen!

Ich bin neu im Forum und in der Krankenpflege. Ich habe grade erst das zweite Ausbildungsjahr begonnen und bin zur Zeit noch in der ambulanten Pflege eingesetzt.

Ich war nun schon mit einigen Kolleginnen unterwegs und habe mir deren Wundpflege angeschaut. Bei allen war es üblich, dass sie nach Lösen des Verbandes die Wunde mit Prontosan spülten und dann eine mit Prontosan durchnässte unsterile Kompresse nahmen, um die Wundbeläge einzuweichen und zu entfernen.

Heute war ich mit einer anderen Kollegin unterwegs, die besagte Kompressen mit Prontosan lediglich dazu benutzte, um die Wundränder zu reinigen. Auf die Frage, weshalb sie die Fibrinbeläge nicht entferne, meinte sie, die Kompressen seien ja nicht steril, das wäre zu riskant.

Nun frag ich mich natürlich, was richtig ist. Aus dem Krankenhausalltag kenne ich tatsächlich nur steriles Vorgehen bei solchen Wunden. Aber ich habe auch gelernt, dass man Beläge entfernen sollte, da diese eine Keimbesiedelung begünstigen, wenn sie zu dick werden.
Auf der Seite von Braun finde ich folgendes Zitat:
Auch wenn die Lösung unverdünnt zur Wundspülung verwendet werden kann, ist es empfehlenswert, den betroffenen Bereich für 15 Minuten oder gemäß den lokalen Vorgaben mit einem mit der Lösung getränkten Gazetupfer oder
-kompresse zu behandeln.
Da steht leider nichts ausdrücklich von steril oder unsteril.

Meiner Meinung nach müßte eine unsterile Kompresse durchaus geeignet sein, da ja auch das Prontosan an sich keine Sterilität, sondern lediglich eine Keimverminderung verspricht. Das müßte für die Wunde, aber auch für die Kompresse gelten.
Zur Not könnte man ja auch nach dem Wischen nochmal Prontosan drauf geben -ohne Kompresse. Oder ist das echt ein No Go?

Es gibt diese Woche nochmal einen Verbandswechsel mit der selben Kollegin...diesmal würde ich die Wunde gerne optimal versorgt wissen, denn heute hab ich irgendwie Bauchschmerzen bei dem Gedanken an die schmierige Wunde, die wir da ungereinigt hinterlassen haben...

LG,
Takinara
 
Dann sieh mal beim RKI nach, da heißt es sinngemäß "in Wunden dürfen nur sterile Produkte".....
Ist doch auch logisch, dass in eine schwierige vielleicht auch schon besiedelt oder infizierte Wundverhältnisse nicht noch weitere andere Keime eingebracht werden dürfen!
 
In der ambulanten müssen wir uns halt mit dem behelfen,
was der beratungsresistente niedergelassene Arzt aufschreibt.
--- Stichwort: "Verordnungsfreiheit des Arztes" ---
Das Hinzuziehen eines Wundarztes/Chirurgen, der das notwendige
"Bütjeh" hätte, verbitten sich einige.

Ich berate meine Patienten in solchen Fällen, ´nen Euro
draufzulegen und so das Rezept auf "steriles Material" aufzupimpen.
(Ein Anruf bei der Apotheke reicht.)
Meist sind die Patienten/Familien/Betreuer einsichtiger als die Ärzte.
 
In der ambulanten müssen wir uns halt mit dem behelfen,
was der beratungsresistente niedergelassene Arzt aufschreibt.
--- Stichwort: "Verordnungsfreiheit des Arztes" ---
Das Hinzuziehen eines Wundarztes/Chirurgen, der das notwendige
"Bütjeh" hätte, verbitten sich einige.

Ich berate meine Patienten in solchen Fällen, ´nen Euro
draufzulegen und so das Rezept auf "steriles Material" aufzupimpen.
(Ein Anruf bei der Apotheke reicht.)
Meist sind die Patienten/Familien/Betreuer einsichtiger als die Ärzte.

Sehr traurig. Das hat mich in meinem Einsatz in der Ambulanten aber auch im Altenheim sehr frustriert.
 
Hallo miteinander und danke für die Antworten!
Ja, logisch ist es eigentlich schon. Ich dachte nur, es muss irgendeinen "Kniff" geben, wenn die ambulante Pflege Wunden versorgen darf, gleichzeitig aber die Versorgung mit adäquaten Materialien sehr zu Wünschen übrig lässt. Immerhin werden diese ja von Ärzten verschrieben, die eigentlich wissen müssten, wie man eine Wunde versorgt.
Dieses Auseinanderklaffen von Realität und der "Zukunft unseres Pflegesystems" (der ambulanten Pflege) wollte mir da einfach nicht in den Kopf, so dass ich dachte, ich übersehe da etwas.
Ich hab bisher viele Horrorgeschichten über Pflegedienste gehört (und glücklicherweise keine erlebt!), aber was ich jetzt erlebe, ist, dass denen auch wirklich jeder auffindbare Klotz ins Getriebe geworfen wird.
Das fängt bei der Materialbeschaffung an und hört bei Hausärzten auf, die Angehörigen Wundspülungen mit Rotwein empfehlen.

Den Trick mit dem Aufpimpen merk ich mir aber und geb ihn so weiter. Bei betreffender Patientin wird die Umsetzung schwierig, da sie schon das Prontosan lange nicht bezahlen wollte. Aber anderen wird das sicher helfen.

Sehr traurig. Das hat mich in meinem Einsatz in der Ambulanten aber auch im Altenheim sehr frustriert.

Ja, InetNinja, das kann ich verstehen. Ich ziehe echt den Hut vor diesem Engagement, mit dem die Kolleginnen gegen Windmühlen kämpfen. Ich bin gar nicht so lang dabei und hab schon Geschichten und Telefonate mit Ärzten mitbekommen, da wird einem ganz anders. Da muss schon mit der Ärztekammer gedroht werden, damit sich der Hausarzt überhaupt blicken lässt. Und danach muss mit dem kooperiert werden, damit er das richtige verschreibt.

Nachdenkliche Grüße,
Takinara
 
Zur Not könnte man ja auch nach dem Wischen nochmal Prontosan drauf geben -ohne Kompresse. Oder ist das echt ein No Go?

Tja ... Wenn Du das Prontosan - gewissermaßen - als "Wundbefeuchtung" drauflässt, ist Dein Patient garantiert (bei Sensibilität) "brennend interessiert" - aber nicht glücklich. NaCl oder RingerLsg zum Nachspülen ... wäääääären schön.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh stimmt. Ganz blöder Fehler meinerseits. Danke für den Hinweis.

LG, Takinara
 
Tja ... Wenn Du das Prontosan - gewissermaßen - als "Wundbefeuchtung" drauflässt, ist Dein Patient garantiert (bei Sensibilität) "brennend interessiert" - aber nicht glücklich. NaCl oder RingerLsg zum Nachspülen ... wäääääären schön.
Wo steht das? Was am Prontosan brennt?

Doch zurück zum Thema - bei unsterilen Materialien in oder auf Wunden kannst du nicht garantieren, dass diese nach der Öffnung keimarm sind. Du weisst nicht wer hat vor dir hingefasst wie waren die Hände des Vorgängers desinfiziert. Ist vielleicht mal ein Fliege darüber gekrabbelt?

Wichtig sind die RKI-Richtlinien, diese sehen es anders.

Dass viele Patienten als "Drehtür" Patienten in die Kliniken zurück kommen liegt sicher auch daran.

Wenn ein Pflegedienst es nicht leisten kann mit sterilen Materialien zu arbeiten, dann darf er meines Empfinden nach keine Wundversorgungspatienten annehmen.
Dass die Wundversorgung unterirdisch von den Krankenkassen vergütet wird ist mir auch klar.
 
Hier die Herstellerangabe von BBraun Stand 2017 zum Prontosan:
Nach Herstellerangaben (Fa. B.Braun) ist die Gewebeverträglichkeit und biologische Kompatibilität dermatologisch getestet. Das Produkt wurde als nicht irritativ und gut verträglich eingestuft und sei schmerzfrei anwendbar. Es erfolgt keine Hemmung der Granulation und Epithelisierung.

und noch ein bisschen weitergesucht, bzw. von unserer Apotheke suchen lassen:

Nach Kramer A und Assadian O besteht die wesentliche Wirkung der Wunddekontamination durch eine Kombination aus mechanischer Einwirkung und ebenfalls physikalisch bedingter Herabsetzung der Oberflächenspannung der Grenzfläche zwischen zwei Phasen. Letzteres kann mit Tensiden erreicht werden. Durch die Einwirkung auf die Oberflächenspannung wird die Löslichkeit von vitalen und avitalen Partikeln, die an der Wunde haften, erhöht. Tenside bilden somit eine wichtige Komponente bei reinigenden Dekontaminationsmitteln. Amphotere Tenside sind für die Wundbehandlung aufgrund der guten Haut- und Schleimhautverträglichkeit Mittel der ersten Wahl. Eine Schlüsselrolle spielen amphotere Tenside mit BetainStruktur. Zur Gewährleistung der oberflächenaktiven Eigenschaften enthält die Betainstruktur zusätzlich einen sog. Alkylamidopropylrest (z.B. Undecylenamidopropyl-Betain). [Kramer A, Assadian O, 2008]
Quelle: Kramer A, Assadian O. Wallhäußers Praxis der Sterilisation, Desinfektion, Antiseptik und Konservierung. Stuttgart: Georg Thieme Verlag. 6. Auflage 2008, p. 984.

Fazit:
Betain verbessert die Benetzung der Wunde mit der Spüllösung und fördert so die Wunddekontamination bzw. die reinigende Wirkung. Es ist sehr gut verträglich auf Haut- und Schleimhäuten, sodass keine Bedenken in Hinblick auf die Sicherheit auf Wunden bestehen müssen. Im Rahmen der Anwendung von Polihexanid-Spüllösungen ist nicht vorgesehen, die Wunde danach nochmal mit wirkstofffreien Lösungen zu spülen. Damit riskiert man aus pharmazeutischer Sicht eher, dass der antiseptische Wirkstoff Polihexanid abgetragen und die notwendige Einwirkzeit möglicherweise nicht eingehalten wird sowie die Remanenzwirkung (24-Stunden Wirkung) verloren geht
 
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