Hallo Forum,
ich mache mich jetzt mal nackig:
Ich hab ne F 60.31 und derzeit das zweifelhafte Vergnügen, Patient einer psychiatrischen Klinik zu sein.
Gelernt habe ich Krankenpflege und mit Ausbildung 8 Jahre im Beruf gearbeitet, derzeit läuft eine Umschulung.
Seit über drei Jahren bin ich nicht mehr in der Pflege tätig. Am Anfang fiel mir der Rollenwechsel sehr schwer, inzwischen aber komme ich relativ gut klar damit, vor dem Dienstzimmer stehen zu bleiben.
Aber ich kenne mich bezüglich meiner Erkrankung und meinen Medikamenten sehr gut aus, dazu kommt dann noch ein wenig übrig gebliebenes Fachwissen bezüglich Wundversorgung nach Selbstverletzung
Nun ja, ich möchte mal berichten, was mir in den letzten 4 Wochen so widerfahren ist als Patient und mich interessiert die fachliche Sicht über den allgemeinen Umgang mit Borderline-Patienten. Es muss nicht diskutiert werden, wie sich das Pflegepersonal in meiner Situation verhalten hat. Mich interessiert lediglich, wie ihr das hinkriegt, adäquat mit diesen eher schwierigen Patienten umzugehen und wie ihr BPS-Patienten wahrnehmt. Daraus kann ich lernen
Aufgenommen wurde ich als Notfall auf eine offene Station, die mit drei Patientengruppen belegt wird: Psychose, Depression, Borderline.
Es werden drei Arten von Therapieplänen verteilt:
Ergotherapie findet für alle dreimal die Woche statt. Der Ergo-Raum ist sehr klein und es gilt der Standard, "wer zuerst kommt, malt zuerst". Das heißt: ist der Raum voll, kriegen verspätete Patienten keine Möglichkeit mehr, an der Ergo teilzunehmen.
Die Station ist die Standardaufnahmestation für stationäre Borderline Patienten.
Es gibt ein DBT Angebot auf Station, allerdings läuft das eher nebenher, also eine 12 Wochen geplante DBT wird nicht durchgeführt, dafür gibts an der Klinik eine spezielle tagesklinische Station.
Auf dieser Station war ich vor einiger Zeit schon mal, habe mich nach zwei Wochen dann aber mehr oder weniger selbst entlassen. Damals gab es das DBT Angebot noch nicht.
Damals war mein Hauptproblem eine schwere Depression. Das choatische Wesen meiner BPS war eher Randgeschehen. Ich bekam aber aufgrund der Diagnose sofort den B-Plan. Eigentlich hätte mir der D-Plan zugeteilt werden müssen (meine Einschätzung).
Nun kam ich Ende April also auf diese Station. Der B-Plan war diesmal richtig, das Chaos und die Stimmungsschwankungen standen im Vordergrund.
Dem Personal ist meine berufliche Vergangenheit bekannt und man scheint sich daran ein wenig zu stören.
Ich hatte einige Krisensituationen auf dieser Station, die in der Regel nicht weiter nachgefragt wurden, sondern es wurde Tavor verteilt bzw. nach Skills gefragt. Stand man völlig aufgelöst weinend auf dem Stationsflur verzog sich das Personal ziemlich schnell in einen von außen nicht einsehbaren Raum und schloss die Tür. Gelegentlich hingen an dieser Tür ein "Übergabe" bzw. "Pause" Schild. Störte man während dieser Zeit durch anklopfen, wurde man angewiesen zu warten bzw. später wiederzukommen. Auch wenn man beispielsweise (wieder) völlig aufgelöst vor der Tür stand und nach Bedarf fragte.
Gespräche wurden so gut wie nie angeboten, selbst auf Nachfrage nach Gesprächen nahm sich der Großteil des Personals nicht mal die Zeit, nachzufragen, was los ist.
Einmal erhielt ich in einer suizidalen Krisensituation ein Gespräch, in dem mir nach wenigen Sätzen mitgeteilt wurde, dass ich mich zu sehr in die Angelegenheiten des Personals einmischen würde. Das war der falsche Moment für eine solche Kritik, ich musste mich dann vor der Schwester für eine Situation rechtfertigen, die ich ihr im Vertrauen am Vortag erzählt hatte.
Ich kenne mich bezüglich meiner Erkrankung u. meiner Medis als Patient aus. Einige Medis gab es noch nicht mal, als ich noch in der Pflege arbeitete, außerdem lese ich immer aufmerksam die Packungsbeilage.
Auch wurde ich mal von der Oberärztin auf eine Sache angesprochen, die sie in der Pflegedoku gelesen hatte. Diese Situation hatte sich jedoch völlig anders ereignet. Selbst der Stationsarzt, der bei dieser Situation (Gruppenvisite) dabei war sagte dazu, dass diese Sache sich ganz anders abgespielt hatte. Solch ein Dokumentationsfehler fiel mir nochmals auf, als ich von einer Schwester auf eine andere Sache angesprochen wurde, die sich gar nicht so ereignet hatte.
Ich bekam Zeldox Saft. Zeldox sind normalerweise Kapseln, die natürlich nicht teilbar sind. Ich bekomme eine Dosis, die die Kombination aus Saft und Kapseln erfordert. In den 4 Wochen seit ich in der Klinik bin war es der größten psychiatrischen Einrichtung Kölns nicht möglich, mir diesen Saft zu besorgen. Den Saft habe ich von zu Hause mitgebracht, nachdem das Experiment, die Dosis auf Kapseldosis zu verändern scheitere. Allerdings wurde auch nie versucht, das Zeug zu bestellen. Apotheke hat es nicht, fertig war die Erklärung.
Ich sage mal ganz bescheiden: in der Somatik hätte ich innerhalb von 3 Tagen dieses Zeug als Klinikbestand nehmen können. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich nur in Unikliniken gearbeitet habe?!
Mehrfach musste ich das Personal darauf hinweisen, wie dieser Saft eingenommen werden muss, nämlich nicht im Tropfenbecher, da es nicht verdünnt werden darf. Der Medikamentenpackung liegt eine spezielle Spritze bei, aus der man sich das Zeug dann in den Mund gibt (heißt also: pro Patient eine eigene Flasche). Man glaubte mir das ganze erst, nachdem sie selbst die Packungsbeilage gegoogelt hatten und das nachlesen konnten.
Außerdem verweigerte ich einmal die Einnahme meines L-Thyroxins direkt nach dem Essen, was die Schwester gar nicht verstehen konnte. Auch bestand ich darauf, mein Eisenpräparat nüchtern zu nehmen, weils halt so am besten wirkt (Packungsbeilage behauptet das)
Außerdem wollte ich das abendliche Zeldox nicht zum Abendessen nehmen, sondern erst zur Nacht, so, wie ich das zu Hause auch immer mache, denn das Zeug macht extrem müde. Auch darüber gab es eine längere Diskussion, bis der Arzt das dann freundlicherweise auch so anordnete.
Meine Verbände habe ich i.d.R. selbst gemacht und mir nur das Verbandmaterial abgeholt. Alle paar Tage schaute dann mal eine Schwester drauf, wie es mit Entzündungszeichen aussieht.
Mehrfach fiel in diesem Zusammenhang die unterschiedlich formulierte Aussage mit dem Inhalt, dass ich das ja alles selber könne, weil ich ja Krankenschwester bin.
Grundsätzlich will ich das auch selbst machen, weil ich so viel Aufmerksamkeit gar nicht will aber in dem Zusammenhang diesen Spruch zu bringen. Nun ja, unpassend jedenfalls.
Der Ton generell den Patienten gegenüber war eher unfreundlich/genervt. Man hatte oft das Gefühl, dass man stört. Das Vertrauensverhältnis zum Pflegepersonal war bei vielen Patienten, also nicht nur bei mir und den anderen Borderlinern, heftig gestört. Der Großteil der Therapie fand unter den Patienten selbst statt. Gespräche mit den Stationspsychologen konnten beim Arzt gewünscht werden. Während den zwei Wochen auf der Station hatte ich keinen Psychologentermin, andere Patienten während ihres gesamten Aufenthalts von teilweise mehr als vier Wochen ebenfalls nicht.
Insgesamt wurden vom Pflegepersonal intransparente Regeln aufgestellt, die selten besprochen waren und auch nicht immer nachvollziehbar. Jegliche Freizeitgestaltung beispielsweise war erst ab 16 Uhr (Ende der Therpiezeit) gestattet (Billard, Fernsehen, Badminton spielen auf der Wiese, Laptop benutzen, Besuch). Dies wurde auch durchgezogen, wenn jegliche Nachmittagstherapien ausfielen. Vielleicht könnte hier eine Fachperson dazu etwas sagen, ich jedenfalls verstehe den Sinn nicht.
Nach der Eskalation einer Situation mit einer Pflegeperson hörte ich den Spruch "Sie haben jetzt Ihren Wutanfall gehabt, jetzt hilft Ihnen Ihre Selbstmitleidstour auch nicht mehr"
Daraufhin verließ ich unangemeldet die Station und wurde mit Beschluss von der Polizei zu Hause wieder eingesammelt und auf die Geschlossene Station verlegt. Der Beschluss wurde am nächsten Tag dann sofort wieder aufgehoben, ich weigerte mich dann aber, auf die alte Station zurück zu gehen und blieb so 12 Tage auf der Geschlossenen. Ich hatte alle Freiheiten, durfte raus wann ich wollte, nur drinnen dann Handy abgeben und potentiell gefährliche Gegenstände.
Das Personal nahm sich viel Zeit für Gespräche, der Ton war sachlich-zuhörend-lösungsorientiert und vor allem wurden auch Absagen (wenn mal keiner Zeit hatte) freundlich - sowohl inhaltlich als auch vom Ton her - formuliert. Ich fühlte mich als Mensch und nicht als Borderliner behandelt. Die Pausenräume und das Dienstzimmer waren immer offen, wenn dort Personal drin war und wenn man beim Personalfrühstück etwas benötigte, stand irgendwer immer sofort auf und es wurde erledigt.
Eigentlich war ich richtig traurig, als ich wieder auf eine offene Station verlegt wurde. Die Tage auf der Geschlossenen hatten mir bezüglich Gesprächen und dem Loswerden von Gedanken viel gebracht. Einen Psychologentermin bekam ich auch ziemlich schnell. Die Ergotherapie fand zweimal am Tag statt, dazu Snoezelen einmal pro Woche sowie einmal Einkaufen fürs Backen mit der Ergo.
Danach war ich noch einige Tage auf einer Station, die hauptsächlich mit Psychose- und Depressionspatienten belegt wurde.
Keine DBT Angebote aber täglich Ergo und viel mehr Sportangebote als auf der ersten Station.
Das Personal auf dieser Station ist größtenteils sehr freundlich, kennt sich aber mit BPS nicht ganz so aus. Somit landete ich aber auch nicht in der Borderline-Schublade.
Derzeit bin ich seit Montag auf dieser Station nur noch Tagesklinik-Patient, Entlassung ist für Freitag vorgesehen.
Nach nun 4 1/2 Wochen muss ich leider sagen, dass solch eine Behandlung wie vor allem auf der ersten Station in der Somatik undenkbar wäre. Dort wird der Patient aus meiner eigenen Erfahrung eher als mündig wahrgenommen. Ich hatte oft das Gefühl, nicht für voll genommen zu werden und als geistig (und nicht psychisch) behindert behandelt zu werden. Zudem fühlte ich mich eben extrem in die Borderline Schublade reingesteckt, obwohl ich meiner Meinung nach inzwischen über eine gute soziale Kompetenz verfüge. Lediglich der Umgang mit mir selbst ist eher schlecht, andere Menschen behandel ich dagegen sehr respektvoll.
Nun ja, das war die Einleitung.
Die Frage ist nun:
Wie geht ihr als Pflegeperson mit Patienten mit dieser Diagnose um?
Ist der Drahtseilakt, den Patienten ernst zu nehmen, gleichzeitig aber keine Spielchen mitzuspielen machbar?
Es gab auf der ersten Station einige wenige Pflegepersonen, die das geschafft haben, der Großteil eher nicht.
Danke fürs Lesen
ich mache mich jetzt mal nackig:
Ich hab ne F 60.31 und derzeit das zweifelhafte Vergnügen, Patient einer psychiatrischen Klinik zu sein.
Gelernt habe ich Krankenpflege und mit Ausbildung 8 Jahre im Beruf gearbeitet, derzeit läuft eine Umschulung.
Seit über drei Jahren bin ich nicht mehr in der Pflege tätig. Am Anfang fiel mir der Rollenwechsel sehr schwer, inzwischen aber komme ich relativ gut klar damit, vor dem Dienstzimmer stehen zu bleiben.
Aber ich kenne mich bezüglich meiner Erkrankung und meinen Medikamenten sehr gut aus, dazu kommt dann noch ein wenig übrig gebliebenes Fachwissen bezüglich Wundversorgung nach Selbstverletzung

Nun ja, ich möchte mal berichten, was mir in den letzten 4 Wochen so widerfahren ist als Patient und mich interessiert die fachliche Sicht über den allgemeinen Umgang mit Borderline-Patienten. Es muss nicht diskutiert werden, wie sich das Pflegepersonal in meiner Situation verhalten hat. Mich interessiert lediglich, wie ihr das hinkriegt, adäquat mit diesen eher schwierigen Patienten umzugehen und wie ihr BPS-Patienten wahrnehmt. Daraus kann ich lernen

Aufgenommen wurde ich als Notfall auf eine offene Station, die mit drei Patientengruppen belegt wird: Psychose, Depression, Borderline.
Es werden drei Arten von Therapieplänen verteilt:
- Psychose
- Depression
- Borderline
Ergotherapie findet für alle dreimal die Woche statt. Der Ergo-Raum ist sehr klein und es gilt der Standard, "wer zuerst kommt, malt zuerst". Das heißt: ist der Raum voll, kriegen verspätete Patienten keine Möglichkeit mehr, an der Ergo teilzunehmen.
Die Station ist die Standardaufnahmestation für stationäre Borderline Patienten.
Es gibt ein DBT Angebot auf Station, allerdings läuft das eher nebenher, also eine 12 Wochen geplante DBT wird nicht durchgeführt, dafür gibts an der Klinik eine spezielle tagesklinische Station.
Auf dieser Station war ich vor einiger Zeit schon mal, habe mich nach zwei Wochen dann aber mehr oder weniger selbst entlassen. Damals gab es das DBT Angebot noch nicht.
Damals war mein Hauptproblem eine schwere Depression. Das choatische Wesen meiner BPS war eher Randgeschehen. Ich bekam aber aufgrund der Diagnose sofort den B-Plan. Eigentlich hätte mir der D-Plan zugeteilt werden müssen (meine Einschätzung).
Nun kam ich Ende April also auf diese Station. Der B-Plan war diesmal richtig, das Chaos und die Stimmungsschwankungen standen im Vordergrund.
Dem Personal ist meine berufliche Vergangenheit bekannt und man scheint sich daran ein wenig zu stören.
Ich hatte einige Krisensituationen auf dieser Station, die in der Regel nicht weiter nachgefragt wurden, sondern es wurde Tavor verteilt bzw. nach Skills gefragt. Stand man völlig aufgelöst weinend auf dem Stationsflur verzog sich das Personal ziemlich schnell in einen von außen nicht einsehbaren Raum und schloss die Tür. Gelegentlich hingen an dieser Tür ein "Übergabe" bzw. "Pause" Schild. Störte man während dieser Zeit durch anklopfen, wurde man angewiesen zu warten bzw. später wiederzukommen. Auch wenn man beispielsweise (wieder) völlig aufgelöst vor der Tür stand und nach Bedarf fragte.
Gespräche wurden so gut wie nie angeboten, selbst auf Nachfrage nach Gesprächen nahm sich der Großteil des Personals nicht mal die Zeit, nachzufragen, was los ist.
Einmal erhielt ich in einer suizidalen Krisensituation ein Gespräch, in dem mir nach wenigen Sätzen mitgeteilt wurde, dass ich mich zu sehr in die Angelegenheiten des Personals einmischen würde. Das war der falsche Moment für eine solche Kritik, ich musste mich dann vor der Schwester für eine Situation rechtfertigen, die ich ihr im Vertrauen am Vortag erzählt hatte.
Ich kenne mich bezüglich meiner Erkrankung u. meiner Medis als Patient aus. Einige Medis gab es noch nicht mal, als ich noch in der Pflege arbeitete, außerdem lese ich immer aufmerksam die Packungsbeilage.
Auch wurde ich mal von der Oberärztin auf eine Sache angesprochen, die sie in der Pflegedoku gelesen hatte. Diese Situation hatte sich jedoch völlig anders ereignet. Selbst der Stationsarzt, der bei dieser Situation (Gruppenvisite) dabei war sagte dazu, dass diese Sache sich ganz anders abgespielt hatte. Solch ein Dokumentationsfehler fiel mir nochmals auf, als ich von einer Schwester auf eine andere Sache angesprochen wurde, die sich gar nicht so ereignet hatte.
Ich bekam Zeldox Saft. Zeldox sind normalerweise Kapseln, die natürlich nicht teilbar sind. Ich bekomme eine Dosis, die die Kombination aus Saft und Kapseln erfordert. In den 4 Wochen seit ich in der Klinik bin war es der größten psychiatrischen Einrichtung Kölns nicht möglich, mir diesen Saft zu besorgen. Den Saft habe ich von zu Hause mitgebracht, nachdem das Experiment, die Dosis auf Kapseldosis zu verändern scheitere. Allerdings wurde auch nie versucht, das Zeug zu bestellen. Apotheke hat es nicht, fertig war die Erklärung.
Ich sage mal ganz bescheiden: in der Somatik hätte ich innerhalb von 3 Tagen dieses Zeug als Klinikbestand nehmen können. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich nur in Unikliniken gearbeitet habe?!
Mehrfach musste ich das Personal darauf hinweisen, wie dieser Saft eingenommen werden muss, nämlich nicht im Tropfenbecher, da es nicht verdünnt werden darf. Der Medikamentenpackung liegt eine spezielle Spritze bei, aus der man sich das Zeug dann in den Mund gibt (heißt also: pro Patient eine eigene Flasche). Man glaubte mir das ganze erst, nachdem sie selbst die Packungsbeilage gegoogelt hatten und das nachlesen konnten.
Außerdem verweigerte ich einmal die Einnahme meines L-Thyroxins direkt nach dem Essen, was die Schwester gar nicht verstehen konnte. Auch bestand ich darauf, mein Eisenpräparat nüchtern zu nehmen, weils halt so am besten wirkt (Packungsbeilage behauptet das)
Außerdem wollte ich das abendliche Zeldox nicht zum Abendessen nehmen, sondern erst zur Nacht, so, wie ich das zu Hause auch immer mache, denn das Zeug macht extrem müde. Auch darüber gab es eine längere Diskussion, bis der Arzt das dann freundlicherweise auch so anordnete.
Meine Verbände habe ich i.d.R. selbst gemacht und mir nur das Verbandmaterial abgeholt. Alle paar Tage schaute dann mal eine Schwester drauf, wie es mit Entzündungszeichen aussieht.
Mehrfach fiel in diesem Zusammenhang die unterschiedlich formulierte Aussage mit dem Inhalt, dass ich das ja alles selber könne, weil ich ja Krankenschwester bin.
Grundsätzlich will ich das auch selbst machen, weil ich so viel Aufmerksamkeit gar nicht will aber in dem Zusammenhang diesen Spruch zu bringen. Nun ja, unpassend jedenfalls.
Der Ton generell den Patienten gegenüber war eher unfreundlich/genervt. Man hatte oft das Gefühl, dass man stört. Das Vertrauensverhältnis zum Pflegepersonal war bei vielen Patienten, also nicht nur bei mir und den anderen Borderlinern, heftig gestört. Der Großteil der Therapie fand unter den Patienten selbst statt. Gespräche mit den Stationspsychologen konnten beim Arzt gewünscht werden. Während den zwei Wochen auf der Station hatte ich keinen Psychologentermin, andere Patienten während ihres gesamten Aufenthalts von teilweise mehr als vier Wochen ebenfalls nicht.
Insgesamt wurden vom Pflegepersonal intransparente Regeln aufgestellt, die selten besprochen waren und auch nicht immer nachvollziehbar. Jegliche Freizeitgestaltung beispielsweise war erst ab 16 Uhr (Ende der Therpiezeit) gestattet (Billard, Fernsehen, Badminton spielen auf der Wiese, Laptop benutzen, Besuch). Dies wurde auch durchgezogen, wenn jegliche Nachmittagstherapien ausfielen. Vielleicht könnte hier eine Fachperson dazu etwas sagen, ich jedenfalls verstehe den Sinn nicht.
Nach der Eskalation einer Situation mit einer Pflegeperson hörte ich den Spruch "Sie haben jetzt Ihren Wutanfall gehabt, jetzt hilft Ihnen Ihre Selbstmitleidstour auch nicht mehr"
Daraufhin verließ ich unangemeldet die Station und wurde mit Beschluss von der Polizei zu Hause wieder eingesammelt und auf die Geschlossene Station verlegt. Der Beschluss wurde am nächsten Tag dann sofort wieder aufgehoben, ich weigerte mich dann aber, auf die alte Station zurück zu gehen und blieb so 12 Tage auf der Geschlossenen. Ich hatte alle Freiheiten, durfte raus wann ich wollte, nur drinnen dann Handy abgeben und potentiell gefährliche Gegenstände.
Das Personal nahm sich viel Zeit für Gespräche, der Ton war sachlich-zuhörend-lösungsorientiert und vor allem wurden auch Absagen (wenn mal keiner Zeit hatte) freundlich - sowohl inhaltlich als auch vom Ton her - formuliert. Ich fühlte mich als Mensch und nicht als Borderliner behandelt. Die Pausenräume und das Dienstzimmer waren immer offen, wenn dort Personal drin war und wenn man beim Personalfrühstück etwas benötigte, stand irgendwer immer sofort auf und es wurde erledigt.
Eigentlich war ich richtig traurig, als ich wieder auf eine offene Station verlegt wurde. Die Tage auf der Geschlossenen hatten mir bezüglich Gesprächen und dem Loswerden von Gedanken viel gebracht. Einen Psychologentermin bekam ich auch ziemlich schnell. Die Ergotherapie fand zweimal am Tag statt, dazu Snoezelen einmal pro Woche sowie einmal Einkaufen fürs Backen mit der Ergo.
Danach war ich noch einige Tage auf einer Station, die hauptsächlich mit Psychose- und Depressionspatienten belegt wurde.
Keine DBT Angebote aber täglich Ergo und viel mehr Sportangebote als auf der ersten Station.
Das Personal auf dieser Station ist größtenteils sehr freundlich, kennt sich aber mit BPS nicht ganz so aus. Somit landete ich aber auch nicht in der Borderline-Schublade.
Derzeit bin ich seit Montag auf dieser Station nur noch Tagesklinik-Patient, Entlassung ist für Freitag vorgesehen.
Nach nun 4 1/2 Wochen muss ich leider sagen, dass solch eine Behandlung wie vor allem auf der ersten Station in der Somatik undenkbar wäre. Dort wird der Patient aus meiner eigenen Erfahrung eher als mündig wahrgenommen. Ich hatte oft das Gefühl, nicht für voll genommen zu werden und als geistig (und nicht psychisch) behindert behandelt zu werden. Zudem fühlte ich mich eben extrem in die Borderline Schublade reingesteckt, obwohl ich meiner Meinung nach inzwischen über eine gute soziale Kompetenz verfüge. Lediglich der Umgang mit mir selbst ist eher schlecht, andere Menschen behandel ich dagegen sehr respektvoll.
Nun ja, das war die Einleitung.
Die Frage ist nun:
Wie geht ihr als Pflegeperson mit Patienten mit dieser Diagnose um?
Ist der Drahtseilakt, den Patienten ernst zu nehmen, gleichzeitig aber keine Spielchen mitzuspielen machbar?
Es gab auf der ersten Station einige wenige Pflegepersonen, die das geschafft haben, der Großteil eher nicht.
Danke fürs Lesen
