Moderne Wundversorgung im häuslichen Bereich

Trisha

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04.03.2004
Beiträge
1.431
Ort
Göttingen
Beruf
Krankenschwester, Pflegerische Fachexpertin für chronische Wunden
Akt. Einsatzbereich
Bildungsmanagement Bereich chronische Wunden
Hallo an alle ambul. Pflegefachkräfte!

Ich stecke mitten in der WB zur "Pflegeexpertin Chronische Wunden". Dies hat z.B. zur Folge, dass ich mit meiner neuen Bezeichnung (bin ja bereits Pflegeexpertin Dekubitus) die Pflicht habe, alle chronische Wunden und Dekubitalgeschwüre nach dem neuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand zu versorgen.
Leider sind da viele Hausärzte ganz anderer Meinung. Sie verschreiben fast immer PVJ, Leukase, Salbengaze und gefärbte Lösungen (Mercuchrom, Rivanol). Diese dürfen aber nicht mehr zur Anwendung kommen.
Die Hausärzte verschreiben wegen der hohen Kosten und der angeblichen Belastung oder gar "Sprengung" ihres Budgets keine moderne Wundversorgungsmaterialien sprich Hydrokolloidverbände, Alginate, Hydrogele, Silberauflagen etc.! Einige tun dies, andere wiederum nicht. Einer sagte sogar die Therapie mit HKV wäre med. nicht sinnvoll und sie sei ausserdem zweifelhaft 8O , schob aber im selben Atemzug sein Budget vor. Ich bin ja dann remonstrationspflichtig, das heisst, der Arzt bekommt ein Fax von mir mit dem Inhalt, dass er eine fehlerhafte Behandlung begeht, wenn er die "alten Mittelchen" verschreibt. Zudem muss sich der Pat. (oder sein gesetzlicher Vertreter) mit der vom Arzt angeordneten Behandlung schriftlich einverstanden erklären, damit ich nicht haftbar gemacht werden kann (Durchführungsverantwortung!).
Jetzt habe ich aber gehört, die Ärzte hätten für Pat. mit chronischen Wunden ein extra Wundbudget.
Das kann ich mir schon vorstellen, denn es gibt schliesslich Ärzte, die modernes Wundversorgungsmaterial ohne Probleme verschreiben, aber die anderen wegen angeblicher Budgetbelastung nicht. Ich glaube, das ist nur eine Ausrede der Wald- und Wiesenärzte, die immer noch der Meinung sind, die oben aufgezählten Mittelchen sind die besten und sich von einer PK nix sagen lassen wollen.

LG
Trisha
 
Möglicherweise alles Quatsch..

...was die Ärzte erzählen.
Am 29.10.2004 findet das 3. Symposium des Pflegerechts in Köln statt. Thema: Wundmanagement auf den Punkt gebracht.
Vertreter der Pflege(wissenschaft), der Ärzte, des MDK, der Verbraucherzentrale und der Krankenkasse beziehen Stellung zu diesem Thema.
Veranstalter ist der DPV, Telefon unter www.dpv-online.de
Ansprechpartnerin an diesem Tag für die Stellung der Kassen ist Frau Marion Kusserow aus Bonn.
Aber davon mal abgesehen ist die Situation so, dass die Ärzte sehr wohl die teureren Wundauflagen verschreiben können, da sich nach Ansicht der Kassen hier ein besonderer Fall vorliegt, bei dem die Behandlung verkürzt wird und das Outcome für den Patrienten und die Kasse das bessere ist.
Zum anderen würde ich im Extremfall (Behandlung mit Mercurochrom, Rivanol, trockene Kompresse etc.) eine Meldung an die Ärztekammer richten.
Vielleicht findest du aber auch entscheidende Argumentationshilfen beim DGfW oder im direkten Gespräch mit den Kassen!

Viel Glück und Erfolg bei deinem weitern Vorhaben

Gruß
Klaus
 
Hallo,


Tatsache ist, die Krankenkassen übernehmen modernes Wundversorgungsmaterial, denn es ist ja auch im Interesse der Kassen, dass eine chronische Wunde verheilt.
Jedoch ist das Material extrem teuer. Und da es als Arzneimittel zugelassen ist und nicht als Hilfsmittel, belastet es tatsächlich das hausärztl. Budget! Das widerspricht sich zwar alles, aber die Hersteller der modernen Wundauflagen haben es leider dementsprechend vermarktet und haben aus diesem Grund nun das Problem das Material nicht verkaufen zu können (ausser in KH´s z.B.). Die Hersteller sind dazu versucht, ihre Produkte als Hilfsmittel auf den Markt zu bringen. Bis dahin müssen wir aber noch in den Arztpraxen auf Knien rutschen und betteln...

LG
Trisha
 
moderne Wundversorgung

ich habe gerade diese berichte über Wundversorgung im ambulanten Bereich gelesen. Diese Probleme gibt es nicht nur dort sondern auch im stationären Altenpflegebereich. Zwei Beispiele die das deutlich machen: 1. eine Bewohnerin mit einen infizierten tiefen Riss in der Analfalte. Die Patientin ist adipös und aufgrund der Vorerkrankung extrem unbeweglich. Der Riss wurde mit Betasalbe und unstelilen Kompressen versorgt. Als ich dort anfing war der Riss etwa 2 cm lan, 2cm tief und 1,5 cm breit mit zusätzlicher Taschenbildung. Es roch extrem faulig die ganze Wunde war mit Fibrin belegt. Ich habe x-mal bei dem HA angerufen bis der reagiert hat. Jetzt ist eine externe Wundmanagerin mit einbezogen und die Wunde wird mit Hydrogel, Alginat und steilen kompressen einschließlich wundspülung versorgt. Nach 6 Wochen ist der Riss etwa 0,8 cm lang 0,5, tief und 0,4 cm breit ohne Taschenbildung.

2. Eine Patientin , Diabetikerin mit einem anderen HA. Ein Dekubitus am Steiß durchmesser 8 cm , tiefe 2 cm ,mit Fibrin belegt starer Geruch. Behandlung anfangs mit Betasalbe und unsterilen Kompressen. Jetzt mit Refobacinsalbe und weiterhin mit unsterilen Kompressen. Jetzt "dürfen" wir aber mit NACL spülen. Dieser Hausarzt lehnt eine moderne Wundversorgung völlig ab und ist der Meinung die Firmen wollen nur verkaufen und das ganze neumodische Zeug (seine Aussage) bringt doch nichts. Dieser Dekubitus hat sich in seiner Größe nur wenig verändert. Die Bew. leidet unter Schmerzen und auch diese werden nicht behandelt. Auch meine andeutung gegenüber den Angehörigen hat keinen Erfolg gehabt Der Arzt schaltet auf stur und ist sich nicht einmal bewußt das er eine Fortgestzte Körperverletzung begeht.
Diese Problem sind nur 2 von denen die es auch in der Stationären Altenpflege gibt
 
Hallo silverlady,


da hast Du Recht, in der stationären Altenpflege stehen wir Pfegekräfte den gleichen Problemen gegenüber.
Das dürfen wir nicht auf uns sitzen lassen.
Die Ärzte stellen sich meist dann auf taub, wenn wir das Wort "moderne Wundversorgung" nennen.
Besser, wir nennen das Kind beim Namen: Hydrokolloidverbände, Silberauflagen usw. Hydrokolloide gibt es z.B. schon seit den 60ern, also "modern" ist das nicht. Viele klinische Untersuchungen zur Entstehung eines Dekubitus sind von anno dazumal, die Prophylaxe sollte danach ausgerichtet werden, tut es aber nicht. Noch immer kommen z.B. Fersenschoner zum Einsatz - die Untersuchung, dass die wirkungslos sind, stammt aus den 40ern oder sogar schon aus den 30ern.
Auch bewährt sich das Ausfüllen eines "Wundkonsils", ich setze auf einem vorher festgelegten Formblatt auf, was ich an Verbandmaterialien empfehlen kann, mit Wirkungsweise, warum und weshalb, wie wenig es nur gewechselt werden muss...und lege für den Arzt ein Foto der Wunde mit bei.
Ich begründe außerdem, warum die jetzige Therapie wahrscheinlich wirkungslos ist (natürlich nur Fakten aus wissenschaftlicher Sicht).

Alles sehr schwer, aber da hilft nur eines: durchsetzen, wie es nur geht!

LG
Trisha
 
Wundversorgung

Das hilft aber nur wennn Ärzte Argumenten in irgendeiner Form zugänglich sind. Dieser ist aber so verborht das nichts was aus der Altenpflege kommt bei ihm eine Resonanz findet. Dieser Arzt und leider noch einige weitere in meinem Einzugsbereich gehöhren schon zu den "ältern Semestern". Da kann man besser mit einem Stein reden der reagiert schneller. :wut:
Geht aber irgendetwas schief dann sind wir schuld weil wir von Medizin ja keine Ahnung haben.
Allerdings kann ich die Ärzte auch manchmal verstehen. Ich muss ja schon wenn ich einer Bewohnerin eine Kopfschmerztablette geben will den Arzt anrufen, trinkt eine Bew. auch nur an drei Tagen etwas weniger dann muss ich den Arzt anrufen kommt ein Bew der sein Leben lang untergewichtig ist nicht auf einen BMI von 22 muss ich den Arzt anrufen und so weiter und so fort. Wie soll dann ein Arzt glauben das ich ausgerechnet von Wundversorgung etwas verstehe und keine Formel oder Vorschrift vom MDK brauche:wut:
 
Wundversorgung

Habe deine Berichte eben gelesen, und mußte bereits dieselben Erfahrungen machen. Leider ist es heute immer noch so ,dass die meisten Ärzte überhaupt keine Ahnung von der modernen Wundbehandlung haben, und unser größtes Problem ist es doch immer noch das sie sich nicht gerne von uns sagen lassen was sie zu tun haben oder was besser für unsere Pat. ist. Nächsten Monate gehe ich auf eine Weiterbildung zum Wundmanager und denke manchmal mit Schrecken daran , was mich anschließend bei den Hausärzten erwartet. Ich glaube wir können uns bei dieser Versorgung alle nur Glück wünschen.
 

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