Mehrere Psychopharmaka vom Hausarzt - Risiko?

Housekeeper

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03.09.2014
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Hallo ihr Lieben,

ich bin neu und eigentlich fachfremd, ich arbeite als Dozentin/Ausbilderin, auch sonderpädagogisch, in der Erwachsenenbildung. Und für diese Arbeit brauche ich dringend einen Rat, bzw. eure Fachkenntnisse.

Die Arbeitsagentur hat mir eine Frau in die Maßnahme gesetzt, mit der ich echt überfordert bin.

Sie hatte vor Jahren einen schweren Unfall mit multiplen Frakturen und leidet seitdem an chronischen Schmerzen. Durch die Bewegungseinschränkung ist dann noch ein Bandscheibenvorfall dazugekommen, der mit Cortisoninjektionen und Ibuprofen (3x800/d) behandelt wird. So weit, so schlecht.

Dann hat sie aber noch eine Angststörung für die sie Trimipramin, Dosierung weiß ich leider nicht, und Diazepam nach Bedarf, also wenn sie spürt, dass die Panik kommt, 25 Tropfen nimmt. Zum Schlafen dann eine Dominal.

Therapie, Psychiater, alles Fehlanzeige. Der Hausarzt verschreibt auf Zuruf. Geht das? Kann das gut sein?
Die Beschwerden bestehen ja weiter, Platzangst, Desinfektionszwang...

Mein erster Rat war, sie solle sich einen Psychiater und einen Schmerztherapeuten suchen. Ich glaube aber nicht, dass ich durchdringe. Sie scheint sich ein anderes Leben gar nicht mehr vorstellen zu können. Kognitiv ist auch eine deutliche Einschränkung vorhanden, einfache Rechenaufgaben werden trotz normaler Intelligenz und früherer Berufsausbildung nicht verstanden.

Also konkret gefragt: Ist diese Kombination von Medis gefährlich? Und kann man da überhaupt noch was machen? Fällt das schon unter Abhängigkeit und wenn ja, wie geht es weiter? Reha?

Ich bin für jeden Rat und Vorschlag dankbar!

LG
 
Konkret geantwortet :
Ja, die Kombination ist brisant.
Ja, eine Abhängigkeit ist höchstwahrscheinlich.
Wie es weitergeht ? Wer ist für die Frau verantwortlich ?
Hat sie zumindest eine (gesetzliche) Betreuung ? Eine Familie, die sich kümmert ?
Wer verabreicht die Med ? Oder macht sie "Selbstbedienung" ?
Weiss der Hausarzt um die kognitiven Defizite ? (Das würde nämlich eine eigenverantwortliche
Medikamenteneinnahme ausschließen !!! )
Für eine Reha braucht es eine erreichbare Zielvorgabe. - Ist das realistisch?
 
Zwischen allen genannten Medikamenten gibt es in der Regel keine gefährlichen(!) Wechselwirkungen. Verstärkungen etc. durchaus.

Die genannten Medikamente sind ja bereits ein wichtiger Teil der Therapie der Erkrankungen. Ob begleitende (Schmerz-)psychotherapie im konkreten Fall Erfolg verspricht, kann dir aus der Ferne niemand sicher sagen. Ich würde vermuten, zumindest in Teilbereichen durchaus. Sind die Störungen durch organische Hirnschäden verursacht, sprechen sie auf (Psycho-)therapie allerdings schlechter an.

Trimipramin sediert übrigens stark, kann gut sein, dass der Patientin deshalb der Antrieb fehlt etwas zu verändern.

Im Zentrum sollte aber bei allem Aktivismus immer der Leidensdruck und die Wünsche das Patienten stehen. Nur weil wir uns nicht vorstellen könnten so zu leben, muss das noch lange nicht für den Patient gelten.
 
Hallo,

vielen Dank für die Antworten.

Elfriede: Die Frau lebt allein und führt eine Fernbeziehung, sie hat wohl (erwachsene) Kinder, die leben aber nicht in der Nähe.
Sie nimmt die Med nach Bedarf und selbstständig ein, sagt selbst dass sie das Diazepam gar nicht mehr merkt und es deshalb öfter nimmt. Zum "Ausgleich" lebt sie von Kaffee, Energydrinks und Zigaretten. Den Hausarzt scheint das alles wenig zu kümmern, er verschreibt und gut ist.

yoyoyoyo: Vielleicht hätte ich schreiben sollen, worum es bei unserer Maßnahme geht, dann wäre verständlicher warum mich diese Umstände so schockieren (abgesehen vom imho leichtfertigen Verschreiben von doch recht starken Meds).

Uns werden (laut Bundesagentur) arbeitsfähige Personen zugewiesen, deren berufliche Fertigkeiten wir feststellen, denen wir bei Bedarf Grundlagen der gewünschten Fachrichtung beibringen und die dann in ein Praktikum und anschließend in Arbeit vermittelt werden. Das alles idealerweise innerhalb von 8 Wochen.
Ich unterweise im Bereich Hotel/Gaststätten/Hauswirtschaft, das heißt Umgang mit scharfen Messern, Grills, Gasflammen, aggressiven Reinigern und Fleischwölfen etc.- siehst Du mein Problem?
Im geschützten kleinen Rahmen der Maßnahme kann ich die Sicherheit vielleicht noch gewährleisten, aber in einer Großküche zu Stoßzeiten hat niemand die Möglichkeit eine Person ständig zu überwachen. Unfälle passieren schon bei nicht sedierten Leuten schneller als einem lieb ist, da möchte ich nicht die Verantwortung bei dieser Frau übernehmen.

Ich finde es schade, dass du mir Aktivismus unterstellst. Es geht mir hier neben dem Sicherheitsaspekt auch gerade darum, das die Frau eine Wahlmöglichkeit erhält und eine Chance ihr Leben wieder aktiv zu gestalten. Es ist mir durchaus bewußt, dass oft eine Psychotherapie ohne initiale Medikamentengabe nicht möglich ist. Hier aber scheint man in der Medikation und Ruhigstellung der Klientin das einzige Heil zu sehen, ohne auch nur versucht zu haben sie anders zu unterstützen. Sie ist 40 Jahre alt. Wenn sie weiter so "behandelt" wird ist eine Berufstätigkeit im angestrebten Bereich nicht möglich, da spielen auch die Unfallfolgen eine Rolle. Für eine andere, körperlich weniger belastende Tätigkeit müsste eine Umschulung erfolgen, diese ist auf Grund der mangelnden geistigen Leistungsfähigkeit (Sedierung) nicht möglich. Was bleibt da? Frühverrentung und die nächsten 40 Jahre sediert?

Ich finde, es ist einen Versuch zur Veränderung wert.
 
Ich hätte auch Zahnschmerzen, diese Frau in die Küche zu stellen.
Die Gefahr durch die unkontrollierte Medikation ist viel zu hoch. (Sturz, Sekundenschlaf, Angstattacken)

Eine sinnvolle Reha-maßname wäre die Entgiftung und medikamentöse Neueinstellung. Stichwort :
Diazepamresistenz
 
Aber mal ehrlich - wie kommt man auf die Idee jemanden mit diesen Vorerkrankungen und dem daraus resultierenden Schmerzsyndrom im Gaststättengewerbe oder in einer Großküche unterbringen zu wollen?
Das kann die Frau selbst ohne Psychopharmaka rein körperlich doch gar nicht stemmen?
 
Mal ganz offen gesprochen: Diese Frau gehört, so wie hier geschildert, sicher nicht an einen Arbeitsplatz. Vor allem nicht mit den körperlichen Belastungen.

Du sollst doch die beruflichen Fertigkeiten feststellen? Kannst du über den Weg nicht entsprechend eingreifen?
Wieso schreibst du Frühverrentung und die nächsten 40 Jahre sediert? Vielleicht geht es der Frau in der Rente deutlich besser? Weil sie endlich mal Rücksicht auf sich nehmen kann? Oft ist es so, dass anch der Verrentung die Medikation deutlich positiver ausschaut. Oft nehmen auch die Ängste ab, weil der ständige Zwang Leistung zu erbringen, Ängste doch nur zunehmend fördert.
 
Die Verrentung muss ja nicht dauerhaft sein.
Sie sollte Deiner Patientin aber die Zeit verschaffen, wieder ein wenig auf die Beine zu kommen.
Natürlich mit geeigneten Maßnahmen.

Am besten druckst Du Dir alle Antworten aus, und besprichst den Fall mit Deinem Auftraggeber -
der Arbeitsagentur.
 
Am besten druckst Du Dir alle Antworten aus, und besprichst den Fall mit Deinem Auftraggeber -
der Arbeitsagentur.

Im Ernst?
Sie soll mit den Antworten aus einem Forum, in dem niemand die Identität der Mitglieder kennt, zur Arge gehen und damit argumentieren?

Meinst du nicht, die bekommen einen Lachanfall?

Dieser Frau zu helfen geht wohl nur über die Frau selbst.
Ermunterung einen Facharzt aufzusuchen z.B.

LG
 
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Reaktionen: -Claudia-
Was ist ein Weg, der Frau zu helfen?
In erster Linie erscheint mir - ein Vertrauensverhältnis zu schaffen. Eine Basis scheint es ja zu geben.
Worauf, mit der Zeit aufgebaut werden kann.
Die übliche Dauer der Maßnahme, bis zu 8 Wochen - kann verlängert werden? 8 Wochen sind sehr wenig.
Solange die Frau regelmäßig kommt, kann doch angenommen werden, dass sie interessiert ist, etwas zu ändern?
Inwieweit sie das realistisch sieht, kann besprochen werden.
Mit Angestellten die darin geübt sind, Wege aufzuzeigen. Zusammen mit der Frau. Ohne sie geht es nicht.
Welchen Handlungsspielraum habt ihr, über welche Handlungskompetenzen verfügt denn die Bildungseinrichtung?
In welchen Bereichen kann konkret Unterstützung angeboten und vermittelt werden, ggfs. auch Begleitung?
Ich habe keine Vorstellung.
Ebenfalls habe ich keine Vorstellung welche Kompetenzen entscheiden
ob jemand nach der maximalen Zeit in der Bildungsmaßnahme geeignet ist, eine angelernte Tätigkeit aufzunehmen.
Zum jetzigen Zeitpunkt und auf absehbare Zeit scheinen die Voraussetzungen ja nicht gegeben.
Somit sehe ich die Einrichtung in der Verantwortung - dies so festzuhalten und dann auch deutlichst so zu vermitteln.
Wenn sie vom Arbeitsamt geschickt wurde, geht dann ein Bericht nicht auch an den Kostenträger Arbeitsamt? Keine Ahnung.
Ob das ursprüngliche Ziel über einen längeren Zeitraum doch noch erreicht werden kann - ist nicht klar, aber möglich.
Ist das dann immer noch nicht absehbar - kann man dann nicht auf einen anderen Bereich mit weniger Gefahrenaspekten ausweichen?

Aber auch davon habe ich eigentlich keine Ahnung. Braucht Zeit, Geduld, Vertrauen, Verlässlichkeit und Hoffnung.
Wer sich scheinbar aufgegeben hat, braucht das alles und noch viel mehr.
Ob das im Rahmen der Bildungsmaßnahme möglich ist zu vermitteln - auch da fehlt mir jegliche Einsicht.
Wünschen würde ich mir das.
 

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