Kein Metamizol bei Leukämie - Warum?

Katja007

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Hallo!
Ich hab mal ne Frage...und zwar sollte laut Arzt Novaminsulfontropfen sofort abgesetzt werden bei einer Leukämie-Kranken Patientin. Kann mir jemand sagen weshalb das absolut nicht geht? Welchen Zusammenhang hat das?
Danke
 
potentielle auslösung bzw. verschlechterung einer agranulozytose durch metamizol
 
Moin

Wobei unsere Onko bzw Leukämie Patienten Novalgin bekommen. Agranulozytose ist ja auch eine wenn dann lebensbedrohliche Komplikation bei jedem Patienten der Novalgin bekommt. Ich meine mal gelesen zu haben 1:100000 als Wahrscheinlichkeit. Also wenn man sie als Arzt befürchtet sollte man gar kein Novalgin verschreiben !
 
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Kenne Novamin auch als "Standardmedikation" onkologischer Patienten.

Setzt der Arzt dies grundsätzlich bei jedem Leukämie-Patienten ab, oder nur bei dieser Patientin? Wie sind ihre Laborwerte? Hat sie auf Novamin negativ reagiert?
 
Novalgin ist ein rotes Tuch auf allen hämatologischen Stationen. Ich habe es nur in sehr seltenen Ausnahmesituationen erlebt das es gegeben werden durfte. Auch jetzt bei mir sind Novalgin und Ibuprofen ein no go. Nicht mal auf Station vorhanden.

Novalgin® Filmtabletten - PatientenInfo-Service
 
Moin Supetrosu

Scheinbar nicht auf allen :)
Steht glaube ich 2:2 . Tja ?!
 
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Also ich hab auch schon auf ner Hämato-Onko einer Uniklinik (also keine Wald-und Wiesenklinik;-)) gearbeitet und wenns der RR zugelassen hat gab's da häufig Novalgin...
 
Agranulozytose.
Der schwarze Schwan der modernen Medizin, wie mir manchmal scheint.
Ich habe noch niemals eine erlebt und kenne nur einen Arzt, der sehr vorsichtig davon sprach, das einer seiner Chefärzte eventuell einmal einen Patienten mit der passenden Symptomatik behandelt habe.
Interessant ist, daß diese mit "1:1.000.000" doch recht seltene Komplikation, die massiv häufigere Hypotonie (hier habe ich schon Schockzustände bei unsachgemässer Infusionsgeschwindigkeit miterlebt) als Risiko im Bewusstsein von Pflegekräfte und Ärzten in den Schatten stellt.
Ausserem wird häufig vergessen, daß Metamizol nur einer einer ganzen Reihe häufig genutzter Stoffe ist, die eine Agranulozytose auslösen können.
Also heisst das, Aufmerksam sein und rasch handeln, wenn der Patient nach beispielsweise Novalgingabe plötzlich und unerklärlich einen Fieberschub und Schleimhautschäden zeigt.

Zum OP:
Unsere Onkologie verwendet Novalgin, aber die Präferenz wechselt von Arzt zu Arzt - ein generelles "Verbot" gibt es nicht. Im Intensivbereich ist es weiterhin ein Medikament der Regelversorgung; es gab sogar eine Zeit in der bei post-OP Patienten 5g Novalgin via Perfusor über 24h Standard waren.

Eine Bekannte die auf einer Hämatologie in der Nähe arbeitet, bestätigt allerdings, dass dort Novalgin nicht das Mittel der Wahl ist - jedoch verfügbar und auch im Einsatz.
 
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Ich denke, jede medizinische Disziplin hat so ihre Präparate bei denen sie reflexartig "das Kreuz schlägt".
Hämatologen (s.o.), Gastrenterologen (NSAR's, NOAK's, Clopidogrel, etc.), usw.
Was des Einen Freund, des Anderen Feind... :wink:
 
Interessant ist, daß diese mit "1:1.000.000" doch recht seltene Komplikation, die massiv häufigere Hypotonie (hier habe ich schon Schockzustände bei unsachgemässer Infusionsgeschwindigkeit miterlebt) als Risiko im Bewusstsein von Pflegekräfte und Ärzten in den Schatten stellt.
Meinen Kollegen (hoffe ich jedenfalls) und mir ist das Hypotonie-Risiko sehr wohl bewusst! Nichtsdestotrotz ist Novamin das Stufe 1- Schmerzmedikament in der Onkologie, häufig natürlich in Kombination mit Morphinen.
 
was ist den ein stufen-1 medikament??

novalgin macht ein venöses pooling, bei ausreichendem volumenstatus und langsamer i.v. gabe/KI bleibt der RR unbeeinflußt, wenn man um diesen mechanismus weiß, dann kann hämodynamisch nichts passieren.
 
was ist denn ein stufen-1 medikament??
Das WHO-Stufenschema zur Schmerzmedikation hat drei Stufen. Mit den peripher wirksamen Schmerzmittel (der Stufe 1) wird begonnen; wenn die nicht mehr ausreichen, werden zuerst die schwach wirksamen Opiode (Stufe 2) und wenn das auch nicht mehr ausreicht stattdessen die stark wirksamen Opiode (Stufe 3) mit den peripher wirksamen Mitteln kombiniert.

WHO-Stufenschema - DocCheck Flexikon
 
man spricht von opioiden und nichtopioiden. periphere analgetika gibt es per se nicht, auch wenn diese bezeichnung weit verbreitet ist, aber jetzt weiß ich was du meintest und dass du dich auf das who schema bezogen hast..

by the way und off topic: das who schema gerät zunehmend in die kritik und wird nicht mehr ohne weiteres angewendet bzw. auch durchaus kritisch bewertet.
 
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Arzneiverordnung in der Praxis

Herausgegeben von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Band 40 · Ausgabe 2 · März 2013

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen Tödliche Agranulozytose unter Novaminsulfon – aus Fehlern lernen

Unter den Nicht-Opioid-Analgetika besitzt Novaminsulfon (Metamizol, Novalgin®) die höchste analgetische Wirkung. Es ist darüber hinaus stark antipyretisch wirksam.
Es wurde 1922 in den Handel gebracht und ist als Tablette, Tropfen, Zäpfchen und Injektionslösung verfügbar. Schon lange ist bekannt, dass es zu schweren Agranulozytosen kommen kann.

In vielen Ländern (z. B. Großbritannien, USA) wurde Novaminsulfon daher vom Markt genommen.
In Deutschland wurde aufgrund des Risikos die Zulassung zu Beginn der 1980-er Jahre beschränkt auf akute starke Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, schmerzhafte Koliken und Tumorschmerzen.

Bei anderen akuten oder chronischen starken Schmerzen darf es nur eingesetzt werden, wenn andere therapeutische Maßnahmen kontraindiziert sind. Außerdem ist Novaminsulfon zur Behandlung von hohem Fieber zugelassen, das auf andere Maßnahmen nicht anspricht (1).

Die AkdÄ hat vor dem Hintergrund zunehmender Fallberichte von Agranulozytosen kürzlich darauf hingewiesen, dass die Anwendung von Novaminsulfon strikt auf die zugelassenen Indikationen beschränkt werden sollte (Deutsches Ärzteblatt, Jg. 108, Heft 33, 19.08.2011).

Über die Häufigkeit der Agranulozytose gibt es unterschiedliche Angaben. 1986 kam die sogenannte Boston-Studie, die Ergebnisse von 300 Kliniken zusammentrug, zu einer Häufigkeit von 1,1 pro 1 Millionen Anwendungen pro Woche (2).

Eine neuere schwedische Studie fand ein weitaus höheres Risiko der Agranulozytose von 1 pro 1.439 Verordnungen (3).
Die Fachinformation gibt das Ereignis als „sehr selten“ an (< 1:10 000). Das Risiko einer Agranulozytose steigt vermutlich, wenn Novaminsulfon länger als eine Woche angewendet wird.

Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: November 2012) sind 1.800 Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen nach Gabe von Novaminsulfon erfasst.

In etwa 350 Fällen davon, werden Agranulozytosen berichtet. Unabhängig von der Kontroverse um die Häufigkeit, sollte die Agranulozytose als Nebenwirkung von Novaminsulfon bekannt sein. Die Erkrankung ist zwar sehr selten, geht jedoch mit einer hohen Mortalität einher, wenn die Diagnose nicht rechtzeitig gestellt und eine adäquate Therapie eingeleitet wird.

Die Verordnungen von Novaminsulfon (Metamizol) in Deutschland nehmen seit vielen Jahren deutlich zu. Im Jahr 2011 wurden (allein im ambulanten Bereich) 135,2 Mio. DDD verordnet (4).

UAW-Beschreibung Einem 48 jährigen Familienvater wird wegen „Bandscheibenschmerzen“ Novaminsulfon dreimal täglich eine Tablette
zu 500 mg rezeptiert. Dies entspricht einer Tagesdosis von 1.500 mg (Tageshöchstdosis laut Fachinformation 4.000 mg). Nach acht Tagen (= 24 Tabletten) benötigt der Patient das Analgetikum nicht mehr und beendet die Einnahme. Drei Tage später wird er mit hohem Fieber und einer heftigen Angina tonsillaris in ein Kreiskrankenhaus eingeliefert. Die Frage, ob er Medikamente einnimmt, beantwortet er wahrheitsgemäß mit „nein“. Dass er drei Tage zuvor noch Medikamente eingenommen hat, hat er zu diesem Zeitpunkt bereits vergessen. Er wurde aber auch nicht danach gefragt. Im Aufnahmelabor fällt eine niedrige Leukozytenzahl auf, die überhaupt nicht zu dem hochakuten Krankheitsbild passt und die auch niemand erklären kann. Gegen das hohe Fieber bekommt er drei i.v.- Injektionen Novaminsulfon zu 500 mg. Als sich sein Zustand weiter verschlechtert, wird er in eine HNO-Abteilung verlegt, wo ihm notfallmäßig die Tonsillen entfernt werden. Wegen weiterer Verschlechterung seines Zustandes wird er schließlich in die medizinische Abteilung eines Universitätsklinikums verlegt. Dort wird die Agranulozytose diagnostiziert und lege artis behandelt. Zwei Tage später erliegt der Mann seiner schweren Erkrankung. Die Tragik des vorliegenden Falles liegt darin, dass nicht rechtzeitig an diese ja altbekannte UAW gedacht wurde.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit.
Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetprä- senz www.akdae.de abrufen.

Literatur 1. Ratiopharm GmbH: Fachinformation „Novaminsulfon-ratiopharm® 500 mg Tabletten“. Stand: Juni 2011. 2. Kramer MS, Lane DA, Hutchinson TA: The International Agranulocytosis and Aplastic Anemia Study (IAAAS). J Clin Epidemiol 1988; 41: 613–616. 3. Hedenmalm K, Spigset O: Agranulocytosis and other blood dyscrasias associated with dipyrone (metamizole). Eur J Clin Pharmacol 2002; 58: 265–274. 4. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2012. Berlin, Heidelberg: Springer Medizin Verlag, 2012. Interessenkonflikte Ein Interessenkonflikt wird von den Autoren verneint. Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. E. Haen, Regensburg ekkehard.haen@medbo.de Prof. Dr. med. D. Höffler, Darmstadt dhoeffler@t-online.de Dr. med. Th. Stammschulte, Berlin thomas.stammschulte@akdae.de

Arzneiverordnung in der Praxis ~ Band 40 · Ausgabe 2 · März 2013


Ich habe leider nicht die Studie, der Schweden zu diesem Medikament gefunden. Außerdem weis ich nicht, von wann diese Studie gewesen ist.
 
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In Deutschland wurde aufgrund des Risikos die Zulassung zu Beginn der 1980-er Jahre beschränkt auf akute starke Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, schmerzhafte Koliken und Tumorschmerzen.
Bei hämatologisch-onkologischen Patienten gehe ich von Tumorschmerzen aus, von daher passt es ja.

Ich arbeite seit dem Jahr 2000 mit onkologischen Patienten und kann mich an keinen einzigen Fall von Agranulozytose erinnern. An Hypotonien schon, bei oraler Gabe (wie im Eingangsbeitrag) allerdings nicht so dramatisch, um einen Schockzustand auszulösen.
 
Ich habe schon mind. 2 mal eine Agranulozytose erlebt. Nicht schön, ziemlich dramatisch. Aber war, glaub, nicht auf Novalgin sondern auf Ibuprofen bei jungen Frauen. Bin aber nicht sicher bei dem Medikament. Ich kenne das Verbot auch nur so absolut bei Stammzell und Knochenmarktransplantierten Menschen. Also auf der KMT.
Leider, denn ich finde Novalgin ist ein sehr gutes Schmerzmittel. Leider weiss ich keine genauen Daten warum die Hämatologen auf diesen Stationen so rigeros sind. Müsste mal unseren Chef fragen ob er mir genaueres sagen kann.
Es sind übrigens nicht die Tumorschmerzen warum dieses Medikament so wertvoll wäre. Novalgin in Kombination mit Opiaten wirkt bei Mucositis Wunder. In meiner Anfangszeit, auf einer KMT, haben wir diese Kombination gegeben. War sehr effektiv.
 
Ich habe inzwischen Zeit weiter nach gelesen im Internet, unter : schwedische Studie zu Novaminsulfon.

Klar sagt die Pharmazeutische Zeitung, das wenige Fälle von der Agranulozytose aufgetreten sind und das das Medikament vom Arzt verschrieben werden kann.

Die schwedische Studie wurde 2002 durchgeführt. Das ist jetzt auch wieder 14 Jahre her. Ob neue Studien in Deutschland statt gefunden haben, für das Medikament, entzieht sich meiner Kenntnis.

Auf jeden Fall wurde Novaminsulfon in den 70 -ger Jahren, in Schweden, Norwegen, Dänemark, England, Indien, Japan, USA, Australien vom Markt genommen.

Exkurs: Ich weis was Schmerzen sind. Am 25.11.2015 wurde mir ein gutartige Tumor zwischen LWK 2 + LWK 3 entfernt,
zurück behalten habe ich eine 10 cm lange Narbe.
Novaminsulfon und Ibuprofen wurde mir von den Ärzten verschrieben,
über einen langen Zeitraum (25.11.2015 angesetzt - 28.1.2016 abgesetzt). Nach und nach habe ich beide Medikamente aus geschlichen, in Absprache mit dem Arzt in der Rehaklinik. Die Leberwerte sind in dieser Zeit nicht so gut gewesen. Ab April wurden die Leberwerte wieder besser.

In Deutschland hat eh die Pharma Industrie eine große Lobby und bevor hier ein Medikament vom Markt genommen wird, muss erst viel passieren.
Mir ist auch klar, das Studien teuer sind und finanziert werden müssen.
Es geht jedoch um die Gesundheit- oder die Wiederherstellung der Gesundheit des Menschen.
 
Ich habe nur erwähnt, welche Medikament ich nach der OP genommen habe und das durch den langen Zeitraum der Einnahme (beider Medikamente), sich die Leberwerte verschlechtert haben. Welches Medikament dafür verantwortlich war (für die Verschlechterung der Leberwerte), entzieht sich meiner Kenntnis.
 
Ich arbeite auf einer hämatologischen Station und unsere Leukämie Patienten kriegen oft Novalgin. Meistens bei Fieber. Es gibt aber Patienten die sollen vorerst keins bekommen, um Fieberspitzen nicht zu verschleiern.
 
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