Unterschiedliche Fachbereiche, unterschiedliche Regeln.
Und unterschiedliche Häuser...und das sollte doch auch mal akzeptiert werden. Wenn man die beschriebenen Regeln oder Umstände nicht optimal oder sogar unterirdisch findet, kann man das natürlich auch sagen. Aber hier habe ich den Eindruck, dass man denjenigen die Schuld gibt, die in diesen Situationen stecken und damit leben müssen. So nach dem Motto: selbst schuld! Nimm dir den dicken Ordner mit der Paragraphen-Sammlung und beweise, dass du im Recht bist.
Vorgeführt wird keiner...
Doch. Einige hier vermitteln ein ziemlich arrogantes Bild. Es ist ja richtig, dass eine Intensiv-Pflegekraft andere Aufgaben hat, die näher an der medizinischen Versorgung des Patienten liegen. Aber sich darauf einen zu backen, hat mich schon immer aufgeregt.
Ich habe in all den Jahren immer wieder mal den Job gewechselt um nicht zu verwurzeln und damit zum Fachidioten zu werden. Ich war auf peripheren Stationen, auf ITS, im OP, im Pain-Team, in der ambulanten Chirurgie, in der häuslichen Pflege und im Aufwachraum.
Nie käme ich auf die Idee, auf irgendwelche anderen Abteilungen herabzusehen.
Die größte Herausforderung auf peripheren Stationen liegt nämlich darin, mit viel zu wenig qualifiziertem Personal und gleichzeitig von den Medizinern vernachlässigt, Krankenpflege zu betreiben, die die Genesung des Patienten fördert. Eine Verschlechterung - ohne Monitor und BGA-Gerät um die Ecke - zu erkennen, obwohl ich gefühlt nur 10 Minuten Zeit pro Schicht und Patient habe. Prioritäten setzen und vertrösten- darin ist das PP auf der Peripherie leider Weltmeister.
Wenn ich genug Routine hätte, eine Viggo zu legen, wäre das nicht gut für mich. Das würde nämlich bedeuten, dass ich blitzschnell in der Situation wäre, es ständig tun zu müssen während die Ärzte sich um wichtigere Dinge kümmern. Damit hätte ich dann noch 8 Minuten pro Patient und Schicht.
Hört mal auf, andere Situationen zu beurteilen! Wenn auf Intensiv Personalmangel herrscht, werden zuerst dort die Löcher gestopft. Halb-ITS-pflichtige Patienten werden mal eben zur Peripherie verlegt und Betten werden abgemeldet. Auf der Peripherie werden keine Betten abgemeldet. Wir sind das Ende der Kette und dürfen den ganzen ****** auffangen. Da werden Leute verlegt mit 6 l/h O2, mit undichten Pouches unter denen sich die Haut gerade selbst verdaut, nur notdürftig geflickt (ja sorry, wir können das nicht so gut wie ihr!) und mit der Auflage, halbstündlich die VZ zu kontrollieren und um 16 und 18 noch mal ne BGA zu machen. Schon fast aus der Tür, wird noch hinterhergerufen, dass der Hb übrigens auch nur bei 5,2 liegt, da müsste man vielleicht noch mal gucken!
Und dann schiebst du diesen armen Menschen in ein Zimmer irgendwo am Ende des Flures und bedienst erst mal die vier Schellen, die inzwischen an sind. Wir haben keine 1:2 oder 1:3 Betreuung, sondern 1:20.
Bei der Multimorbidität auf die wir heutzutage treffen (ein Hoch auf das gestiegene Durchschnittsalter, das die größte Errungenschaft überhaupt ist [ironie]), die Patienten, deren liebster Freund Dr. Google stets dabei ist (gibt’s hier kein kostenloses Internet?), und bissige Angehörige (die auch mit Dr. Google befreundet sind) und zahlreichen fachfremden Aufgaben, ist eine periphere Station kein Ponyhof.
Wenn ich nach einem explodierenden Dienst nach Hause komme, habe ich keinen Bock mehr, mich mit Paragraphen und Gesetzestexten zu befassen.
Damit bin ich bei Respekt und Anerkennung angekommen. Ich erwarte, dass meine Arbeit ohne Kampf und tägliche Diskussionen anerkannt wird. Dass man sich um uns kümmert. Dass genug Personal da ist, ohne dass ich darum kämpfen muss. Dass die Leute, die dafür weit besser bezahlt werden als ich, ihren Job machen. Dass eine PDL auf UNSERER Seite steht. Wir wollen bestimmt nicht den Hintern gepudert kriegen, aber menschenwürdige Arbeitsbedingungen sollten in diesem reichen Land eine Selbstverständlichkeit sein.
Niemand kann mir erzählen, dass wir selbst schuld sind nur weil wir nicht oder nicht laut genug schreien. Das Thema ist seit so langer Zeit öffentlich. Der letzte hat es mitgekriegt. Und da nichts Entscheidendes passiert, ist die logische Konsequenz, dass man nicht wirklich etwas ändern will. Wir sind seit ewigen Zeiten - und bleiben es auch - die Sparschweine des Gesundheitssystems. Aber Hauptsache der Protonenbeschleuniger nebenan.
Soviel von mir.