Handeln gegen die Entscheidung des Betreuers?

Auf alle Fälle lag die Dame im Sterben und das macht man, das unterstelle ich jetzt mal, lieber in seiner vertrauten Umgebung.
Da stimme ich zu. Aber glaubst du auch, das dieses immer die beste Wahl ist?
Der Aussage, das Pflegekräfte darüber motzen, weil sie Patienten waschen, Flüssigkeit und Nahrung verabreichen müssen, widerspreche ich hiermit vehement!

Man soll nicht alle über einen Kamm scheren. Ich weiß, das nicht alle im KH so denken. Dennoch gibt es mehr wie genug Kolleginnen, die über Patienten motzen, die Arbeit machen. Habe ich sowohl als Patientin wie auch schon als Besucherin und früher als Schülerin mitbekommen.

Ganz im Gegenteil, jeder versucht diese sterbenden Menschen möglichst schmerzfrei, ruhig und angemessen zu versorgen. Trotzdem herrscht allgemein ein Unverständnis, warum man diesem Menschen diesen Weg noch zumuten musste.
Dann mach dir doch mal ein Bild darüber, wie es im amb. Bereich abgeht. Wirst vom MDK kontrolliert (und wehe, ein Mediplan wurde nicht vom Arzt unterschrieben), darfst keine Medikation selbständig verabreichen (auch nicht im Akutnotfall), hast unmotivierte Ärzte, die tage- und wochenlang auf sich warten lassen (wird schließlich schlecht bezahlt). Und du bist gezwungen, den Patienten beim oftmals unnötigen Leiden zuzusehen. Was ist da wohl die bessere Alternative?

Denn im Endeffekt macht man das, was auch zu Hause möglich gewesen wäre, nämlich Schmerzmedikation zu verabreichen. Und wenn ein amb. Pflegedienst 4x am Tag vorbei kommt, dann wäre das sicherzustellen eigentlich kein Problem. Nimm das bitte nicht als persönlichen Vorwurf, ich prangere damit nur die traurige übliche Praxis an.

Und wie stellst du dir diesen Ablauf zuhause vor? Mit täglicher Ärztevisite?

Wenn die Pflegenden, die am engsten am Patienten sind, keine Ahnung von der Materie haben - wie sollen sie dann einen entsprechenden Zustand erkennen und eine Entscheidung treffen können?

Und was nutzt die ganze Ahnung, wenn Sie nichts machen dürfen? Wenn Sie keine Docs herbeirufen können, nur weil sie keine Schmerzmedikation selbständig verabreichen dürfen. Natürlich ist Fortbildung wichtig. Aber das ganze Netz muss zusammenarbeiten, und nicht die amb. Pflegekräfte, die Pflegekräfe aus dem KH, die Pflegekräfte aus den Heimen und die Ärzte (niedergelassen, wie auch stationär) für sich. Und solange das nicht unabhängig gelenkt wird (was nahezu unmöglich ist) wird sich an den fatalen Zuständen nichts ändern. Und welche Entscheidungen darf den deiner Meinung nach noch ne Pflegefachkraft treffen? Welche Zahl ich auf ner Nortenskala eintrage?


Du kannst einen Laien schlecht darüber entscheiden lassen, welche Schmerztherapie er möchte - aber ob er sein Ende im Krankenhaus oder zu Haus erleben möchte, das kannst Du sehr wohl ihm überlassen.

Stimme ich dir zu. Allerdings wenn es ein Betreuer entscheiden muss? Ein Laie entscheidet für jemand anders?

Du arbeitest doch in der ambulanten Pflege. Wäre die alte Dame aus dem Eingangspost Deine Patientin gewesen - welchen Weg hättest Du favorisiert und warum?

Ganz einfach: Den Menschenwürdigsten! Wenn jemand Schmerzen hat, und eine Schmerztherapie zuhause unmöglich gemacht wird durch ärztliche Inkompetenz und Unlust, dann wird halt ins KH verlegt. Wenn ein Schmerzfreiger Zustand und auch sonst ein akzeptables Umfeld ist, soll jeder lieber in seiner gewohnten Umgebung sterben.

lg
 
Ich bin der Meinung das man im ambulanten PD im zwiespalt liegt...man möchte aber darf nicht....
wir haben die patientin heute aus dem kh gott sei dank wiederbekommen.
die setzten vaginaltbl. aufgrund von flour in der vagina an und schicken keine mit..dann sind die schmerztrpf. abgesetzt und im bericht steht das sie im kh i.v. welche bekam und was mache ich zu hause?ich muss sie schreien lassen obwohl es mir sehr an nie nieren geht...setzten weiterhin 1x1 ass100 und 1x1 glopidogrel 75mg an...wenigstens haben wir die für morgen früh....ich weiß zwar nicht wie ich diese verabreichen soll, da sie heut im SD jegliche Nahrungs-und Flüssigkeitszufuhr verweigerte. im moment hoffe ich das sie morgen früh ist...verbandsmaterial für den tgl. vw haben sie auch nicht mitgeschickt....
armes deutschland echt
 
man möchte aber darf nicht
Was möchte man?
Eine patiengerechte ambulante Pflege anbieten oder weiter jammern, dass nichts passiert obwohl ja alles so furchtbar ist? Aber es macht ja auch das Leben sehr einfach, wenn immer die anderen an irgendwas Schuld sind.

Nein, nicht armes Deutschland.
Es gibt ganz klare gesetzliche Regelungen, wer Medikamente zu verschreiben hat. Wie man letztendlich regelt, dass eine Betreute zeitnah mit den neu verschriebenen Medikamenten versorgt wird, kann man vor Entlassung abklären.
Wenn ihr als ambulanter Dienst nicht die Möglichkeit habt, so etwas zu organisieren, dann ist das kein Problem vom Land Deutschland.

Mir wird gerade das Blut klumpig:evil:
D.
 
Was möchte man?
Eine patiengerechte ambulante Pflege anbieten oder weiter jammern, dass nichts passiert obwohl ja alles so furchtbar ist? Aber es macht ja auch das Leben sehr einfach, wenn immer die anderen an irgendwas Schuld sind.

Nein, nicht armes Deutschland.
Es gibt ganz klare gesetzliche Regelungen, wer Medikamente zu verschreiben hat. Wie man letztendlich regelt, dass eine Betreute zeitnah mit den neu verschriebenen Medikamenten versorgt wird, kann man vor Entlassung abklären.
Wenn ihr als ambulanter Dienst nicht die Möglichkeit habt, so etwas zu organisieren, dann ist das kein Problem vom Land Deutschland.

Mir wird gerade das Blut klumpig:evil:
D.

Mir auch, wenn ich deinen Beitrag lese.

By the Way, das KH ist sogar noch bis zu 2 Wochen nach Entlassung für die Patienten verantwortlich. Und das man amb. keine i.v. Infusionen mal eben legen und überwachen kann, sollte auch dem letzten schwachköpfigen Arzt bewust sein. Aber getreu dem Motto nach mir die Sinnflut werden die Patienten noch schlimmer entlassen als sie ins KH kommen. Und das sind die amb. am besten noch Schuld, wieso weisen die auch überhaupt ein?

Ausserdem soll man das vor der Entlassung klären? Dazu wäre es gut, wenn man teilweise mal wüsste, wann die Leute entlassen werden. Und selbst wenn, man bekommt vor der Entlassung eh keine Information wg. Datenschutz. Kann man echt was klären.

Ne, nach dem Beitrag sehe ich noch ganz andere Klumpen vor mir.
 
In diese hitzige Diskussion würde ich gern eine Frage einwerfen: Wie darf ich diesen Satz verstehen:
By the Way, das KH ist sogar noch bis zu 2 Wochen nach Entlassung für die Patienten verantwortlich.
?

Ich kann da wenig dazu sagen, weil ich bis auf die Zeit in der Ausbildung nie in der ambulanten Pflege gearbeitet habe.

Ich finds nur traurig, dass die hausärztliche Versorgung anscheinend teilweise so mangelhaft ist, dass die Patienten nicht adäquat mit Schmerzmitteln versorgt werden. Wenn ein Pflegedienst die Patientin 4x täglich anfährt, sollte die einmalige Anordnung von Schmerzmedikation doch möglich sein.

Ich bin auch manchmal auf Station kopfschüttelnd dagestanden, wenn mal wieder ein Patient unserer Meinung nach unnötigerweise in die Klinik eingeliefert wurde, wo doch offensichtlich war, dass er am Ende seines Lebens angekommen war. Mir gings dabei aber nie um diese zusätzliche Arbeit (was für ein Gedanke - ich hoffe, es gibt nur noch wenige Pflegekräfte, die so denken!), sondern um den unnötigen Transport.
 
Das Krankenhaus muss sich rückversichern, dass der Patient nach der Entlassung adäquat versorgt ist. Es ist definitiv nicht dafür zuständig, die Medikamente und Verbandsmaterialien für die nachstationäre Versorgung zu verordnen - das darf der normale Stationsarzt in Deutschland bekanntlich gar nicht, das ist Aufgabe der niedergelassenen Ärzte.

Wenn der Hausarzt es nicht fertigbringt, seinen Patientin mit der nötigen Medikation zu versorgen, ist daran also das Krankenhaus schuld? Interessante These.

Wenn die Krankenhäuser so schlechte Arbeit leisten und die Pflegenden im Krankenhaus keine Patienten mögen, die Arbeit machen - warum kommt ihr denn dann auf die Verlegung in die Klinik als Ideallösung?
 
Flocke09, ich verstehe Deine Problematik und Zusammenarbeit zwischen den Kollegen im Krankenhaus und im Heim ist wichtig.
Aber wir sind nun wirklich keine Gratis-Lieferanten für Medikamente und Verbandmaterialien.
 
Das Krankenhaus muss sich rückversichern, dass der Patient nach der Entlassung adäquat versorgt ist.......Wenn der Hausarzt es nicht fertigbringt, seinen Patientin mit der nötigen Medikation zu versorgen, ist daran also das Krankenhaus schuld?

Du neigst mal wieder zur Verallgemeinerung. Das die Hausärzte zum Teil unfähig sind ist natürlich nicht die Schuld des KH. Aber wenn ein Patient Mittwochs mittags ohne Insulin und Medikamente entlassen wird (falls es noch nicht aufgefallen ist: Mittwochs und Freitags nachmittags machen sich niedergelassene Ärzte nen Praxisfreien Nachmittag), dann hat wohl jemand im Krankenhaus seine Hausaufgaben nicht gemacht. Oder glaubt ihr etwa im Ernst, das ein Hausarzt Überstunden macht, nur weil das KH am liebsten Mittwochs oder Freitags entlässt? Oder weil dann der Zeitraum der DRG abgelaufen ist?

Was mich mal interessieren würde: wie läuft das mit der Rückversicherung, das ein Patient adäquat versorgt wird? Und wieso gibt es dann immer wieder Probleme nach den Entlassungen?
 
@ycassyy: Ich geb Dir schon Recht, dass teilweise bei Entlassungen nicht nachgedacht wird, ob es ein Tag ist, wo die Hausärzte evtl. nicht offen haben. Wir geben i. d. R. die Medikamente bis zum nächsten Morgen mit, am Freitag auch übers Wochenende. Aber für einen längeren Zeitraum geht das nicht.

Ich hätte aber gern noch eine Antwort auf meine Frage, inwiefern das KH noch bis zu 2 Wochen nach Entlassung für den Patienten verantwortlich ist.
 
Die zwei Wochen habe ich auf einer Weiterbildung von einem Juristen erfahren. Habe aber jetzt keinen Gesetzestext dazu. Nehme diese Aussage daher zurück.

Was aber definitiv ist, dass das KH die komplette Entlassung 24 Std. vorher mit dem Patienten durchgehen sollte. Spätestens dann sollte auffallen, das der Hausarzt nicht da sein könnte.

Ebenso muss das KH innerhalb von 48 Std. Kontakt mit dem Patienten, den Angehörigen und / oder der weiterbehandelnden Einrichtung aufnehmen um sich zu vergewissern, ob das Entlassungsmanagement angemessen war. Diesen Standard gibt es seit 2003, aktualisiert 2009.

http://www.dnqp.de/ExpertenstandardEntlassungsmanagement_Atk.pdf

Bei mir ist in diesen nunmehr 8 Jahren nicht einmal vom KH zwecks nachträglicher Vergewisserung angerufen worden. Und bei meinen Patienten auch nicht. Gelten die Expertenstandards nicht im KH?
 
Hallo Flocke, hallo alle anderen im thread.
Ich habe mit grossem Interesse alle Eure Beitraege gelesen. Dabei ist mir aufgefallen, dass eine akute und schlimme Situation (ein Mensch leidet und eine Pflegekraft findet keine Loesung) in einer gegenseitigen Beschimpfung von Kollegen der ambulanten Versorgung und der stationaeren Versorgung endete. Sicherlich gibt es in Deutschland, um es mal vorsichtig auszudruecken "strukturelle Defizite" in der Versorgung von Menschen in Krankenhaus und zuhause.
Ich habe die Situation von Flocke als ein ethisches Dilemma erlebt. Flocke will eine gute Versorgung der Patientin ermoeglichen und es funktioniert nicht. Sie sieht keine Loesung. Die spezielle Situation geht auch mir, so von der Ferne betrachtet, ziemlich an die Nieren. Was koennte man also konkret tun?

Gruesse aus dem Norden
 
hallo

also ich kenne ja nun beide Seiten

wenn so ein Patient in die Ambulanz kommt, war ich auch oft die erste die sagte, was soll das noch........

aber heute weiß ich auch die andere Seite

vor ein paar Tagen selber erlebt

erstmal habe ich auch die PDL
wenn ich eine Bett lägerige Bewohnerin, internistisches Polytrauma, bekannte zahlreiche Hirninfarkte, bekanntes Anfallsleiden
morgens zum Frühdienst ----- hoher Blutdruck, 200 Werte seit gestern abend, Bedarfsmedikation packt angeblich nicht

bei meiner Begutachtung nach der Übergabe war sie nicht erweckbar, was sie eigentlich sonst war
RR nach wie vor 190/100 nochmal Nitro, da Medis geben so nicht mehr möglich war

keine Verfügung, also rief ich erstmal nur hausärztliche Bereitschaftsärztin, da man meiner Meinung nach, diese Bewohnerin in Ruhe gehen lassen sollte

die Ärztin sah es genauso, telefonierte mit dem Betreuer, der verwies an die Tochter (die einmal im Jahr kam)
die Ärztin telefonierte mit der Tochter, sie sagte wörtlich, wenn es meine Mutter wäre würde ich sie hier lassen

aber nein Tochter sagte ---- ab ins Krankenhaus
der RTW plus Notarzt (weil nun V.a. Apoplex) fiel fast in Ohnmacht
als ich ihn fragte ob er jetzt entscheidet, das diese Dame bei uns bleibt und nicht ins Krankenhaus kommt, sagte er nur.......
"nicht das ich Angst vorm Gutachter hätte, aber wissen sie was DAS für ein Schreibkram ist, nein danke--- einpacken"

also Leute die Probleme liegen überall

mal hier mal da
ich habe nun gelernt, ich muß leider streng nach den Buchstaben des Gesetzes handeln und ich muß für die Bewohner versuchen mit den passenden Leuten so ehrlich wie möglich zu reden, ob es klappt.......
sei dahingestellt

übrigens fragte mich die PDL warum ich nicht sofort den RTW und NA gerufen habe, als ich auf die komplette Situation verwies, was soll man noch retten, verstand man mich ein wenig, ich glaube nicht ganz

viele Grüsse
Bully
 
Sicherlich gibt es in Deutschland, um es mal vorsichtig auszudruecken "strukturelle Defizite" in der Versorgung von Menschen in Krankenhaus und zuhause.

Und wie geht ihr mit diesen Defiziten um? Oder warum gibt es diese bei euch nicht?

lg
 
Hier ist auch nicht alles Milch und Honig. Der Unterschied liegt wohl darin, das hier diese Probleme von den Pflegekraeften angesprochen werden. Es findet eine oeffentliche Diskussion darueber statt, was ein Gesundheitssystem leisten soll.
es gibt auch eine andere Kultur im Umgang mit Defiziten und Fehlern. Es ist sehr leicht fuer Patienten, sich ueber Zustaende zu beschweren, die ihnen nicht in Ordnung scheinen. Dann wird ueperpueft, ob da was dran ist. Dann versucht man, etwas zu verbessern. Und man ist sich klar darueber, dass Menschen auch mal Fehler machen.
Ich kenne die Gesundheitssysteme von Deutschland und DK. Hier ist alles sehr viel transparenter und klarer (nicht unbedingt besser).
Ich habe aber eigentlich gepostet, weil mir aus der Distanz betrachtet (vielleicht sieht man manchmal besser von aussen), immer wieder eines auffaellt in Deutschland:
Man zieht sich auf die ziemlich wirre Gesetzgebung und die sicher lausigen Bedingungen zurueck. Aber diese Situationen, die hier immer wieder auftauchen, haben auch eine moralische Dimension. Und die kommt mir immer ein bisschen zu kurz.
Es kann nicht in Ordnung sein, dass ein Mensch tagelang Schmerzen hat, weil ein Kompetenzgerangel herrscht. Da muss man was tun. Und ich denke, da sind sich so ziemlich alle Pflegekraefte auf der Welt einig. Jemand dagegen?
Oder anders: Wenn ich auf der Strasse ueber einen Menschen steige, der sich vor Schmerzen kruemmt und ihm nicht helfe. Dann ist wohl jeden klar, dass ist nicht in Ordnung. Wenn der Mensch zuhause liegt, ebenfalls auf die Hilfe anderer angewiesen ist....
Und ich denke auch, dass dieser Widerspruch vielen deutschen Pflegekraeften das Leben mindestens genauso schwer macht wie die taegliche Arbeitsbelastung. Irre ich mich?
 
@ bisauf: wenigstens einer der mich versteht......es ging nur darum sie nicht unnötig leiden zu lassen...es sagt auch keiner das das KH verpflichtet ist in der Woche Med für 3Tage mit zu schicken..aber wenn die ärztl. AO vom KH latutet: 2x1 vaginaltbl. und ich sie abends nicht verabreichen kann ist das mist
 
Ist sie denn in einem Zustand, in der Vaginaltabletten Priorität haben? Wie ist der Allgemeinzustand? Was ist mit der Schmerztherapie?
 
Ich war gestern beim Arzt und habe mit der schwester gesprochen ob er die 3x30 Trpf Valoron nicht wieder ansetzen kann, das entscheidet sich aber erst heut. Ihr AZ ist schlechter als vor dem KH......Das KH hat nur mitgeteilt das Flour als auslöser für die vaginaltbl verantwortlich ist...in wie weit das jetzt wieder ok ist weis ich leider nicht. zusehen ist aber nix mehr
 
Ist die Frage nicht die, daß Du dir vorstellst, Du hättest eine Betreuung übernommen, und die damit zusammenhängenden Gespräche mit dem Patienten geführt, weil Du in seinem Sinne als Betreuer handeln sollst?
Dazu unterschreibt man ja die Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung, die man bestenfalls natürlich mit seinem "Schützling" vorzeitig besprochen hat.
Würdest Du dann ein Handeln gegen Deine Entscheidung gut heißen, als Betreuer?

Das mag dem Pflegepersonal sicherlich oftmals etwas willkürlich vorkommen. Ist das aber immer willkürlich?

Ich habe anfang des Monats diese Formalitäten mit meiner Mutter absprechen müssen, die ich nach dem Tod meines Bruders als Pflegefall plötzlich übernehmen mußte.
Ich wäre sehr ärgerlich, wenn ich das was ich mit meiner Mutter abgesprochen habe, dann ganz anders vorfinde, als sie es wollte und der gesamte Sinn einer Vorsorgevollmacht, wäre hinfällig.
Auf der anderen Seite bin ich Krankenschwester und sehe durchaus, daß dabei Probleme auftreten können.
In Zweifelsfall kann der Pflegedienst immer anrufen und ich werde dafür sorgen, daß zeitnah jemand reagieren kann, damit die Pflegerin sich nicht solche Sorgen wie Du machen muß.
Mutter kann bei einer akuten behandelbaren Erkrankung natürlich in ein Krankenhaus. Setzt ein Sterbeprozeß ein, so kann sie von uns mit Hilfe des Pflegedienstest eine Rund-um- die-Uhr Betreung erhalten, oder zu mir transportiert werden und hier bleiben.
Aber unter dem Strich steht: Meine Mutter möchte bis zum Schluß möglichst in ihrer Wohnung bleiben, wo sie gelebt hat.
Ich habe ihr versprochen, daß wir das so lange wie möglich respektieren werden, und nur wenn sie sturzgefährdet ist oder weglaufen würde, müssen wir uns etwas anderes zusammen überlegen.

Nun ist das bei Mutter wirklich so, wenn der Pflegedienst kommt, dann leidet Mutter jetzt schon mehr. Dh. wenn ich die fertig mache, dann jammert sie auch nicht so über Schmerzen und das sieht gar nicht so massiv aus, wie das was sie dem Pflegedienst zeigt.
Die kann sich bei mir zb. wenn ich übernehme tatsächlich anziehen und auch aktiv an der Körperpflege teilnehmen, während der Pflegedienst den Eindruck hat: "Mutter kann gar nichts mehr."
Die hängt dann wie ein Schluck Wasser in der Kurve.
Und wenn ich diese Benachrichtigungen bekomme, dann schüttel ich manchmal mit dem Kopf.
Ich frage mich, ob Mutter das macht, damit der Pflegedienst ja weiter zu ihr kommt, weil sie ja so hinfällig ist?
So dement wie im Umgang mit dem Pflegedienst hab ich Mutter noch nicht erlebt, denn die ist mit ihren 88 Jahren total klar für ihr Alter.
Und ich frage mich natürlich: warum Mutter SO funktioniert?
Auch bei den Besuchern und Nachbarn ist Mutter immer totkrank und damit Mittelpunkt des Geschehens. Sie hat damit wirklich alle am Laufen und
Springen. (eigentlich ist das ja raffiniert, Mama hat jeden Tag ein Unterhaltungsprogramm um sich herum und sie ist da auch sehr erfinderisch und badet in der Aufmerksamkeit.)

Das was der Pflegedienst dokumentiert, darüber schüttel ich manchmal mit dem Kopf. Wenn da zb. steht, die Patientin hat nur sehr wenig gegessen und getrunken. Sie hat starke Schmerzen gehabt und nur auf dem Bett gelegen,- nachdem ich mit Mutter im Rollstuhl in der Stadt war und wir unterwegs essen waren. Mutter hat dann mindestens zusätzlich 1 l Cola zu sich genommen und gut gefuttert. ( Die Cola wirkt bei Mutter positiv auf den Kreislauf. Sie ist keine Diabetikerin und die bekommt ihr recht gut. Davon trinkt sie mehr als Wasser oder Apfelschorle.)
Kommt die Pflegerin und fragt sie, dann kommt garantiert: " Ach es geht mich ja so schlecht. Ich habe schlimme Schmerzen und konnte kaum essen und trinken." Dabei waren wir Mittagessen und Törtchen futtern.
Ich nenn die Doku mittlerweile " Märchenbuch."
Mutter benötigt in einer Woche mindestens 1 Kasten Mineralwasser und 6 Liter Apfelsaft, neben Tee und Kaffee.- ( aber Mutter trinkt zu wenig steht da), und Mutter behauptet das natürlich auch.
Wir haben Mama trainiert, alle paar Stunden ruft jemand an, wenn wir nicht persönlich anwesend sind. Dann muß Mama trinken. Und das macht Mama auch brav.

Ich möchte nicht die junge Schwester sein, der meine Mutter diese Bären aufbindet.
Die muß mich für herzlos halten.
Diese Rollstuhlspaziergänge mit dem Schnuckeleien und Törtchen machen wir 3 mal die Woche.

In der Praxis sieht das dann so aus: Mutter war 30 Minuten zuvor ganz schlecht zurecht, hat sich von oben bis unten waschen und ankleiden lassen, liegt wie der sterbende Schwan auf dem Bett. Ich komme, sie steht auf, zieht ihre Jacke an und wir ziehen dann gemeinsam mit dem Rollstuhl los, weil Mutter nur ca 30 m laufen kann. Sie schiebt den Rollstuhl 30 m. und dann ist Unterhaltungsprogramm angesagt. Abends kommt der Pflegedienst und Mutter ist dann wieder total hinfällig.
Ich lese dann am nächsten Tag, wie schlecht es Mama am Vortag ging.

Da möchte ich eher in diesem Fall nicht, daß ein anderer ihren Zustand beurteilt, sonst wäre Mutter jeden Tag fällig für die Klinik.
Mir tut das ja leid, aber sie funktioniert halt so und ich möchte auch nicht, wenn es ihr schlecht geht, daß man Mama nicht mehr ernst nimmt.

Wenn ich die Doku lese, dann komme ich mir vor wie ein Schwein, daß ich Mama mit den Schmerzen da herumliegen lasse und nicht reagiere.
Das müssen die warscheinlich auch von mir denken.

Vielleicht zeigt das ein wenig, daß es besser sein kann, wenn man mit den Menschen redet, der mit dem Patienten vertraut ist.
Der Pflegedienst hätte schon mehrmals den Notarzt rufen wollen, damit Mama in die Klinik kommt, besonders die ganz "lieben" Schwestern,
die sich wirklich sehr kümmern sind da gefährdet.

Liebe Grüße Fearn
 
Lies, das bitte nicht so, daß ich Dir die Qualifikation zur Beurteilung des Zustandes des Patienten in Deiner Situation angezweifelt hätte, sondern daß es bei den Vorsorgebetreuungen durchaus auch " Fußangeln" gibt, die ich nun von der anderen Perspektive aus kennenlernen mußte.
Ich sehe, daß ich bei meiner Mutter würde ich als Schwester tätig sein, auch Probleme hätte, den tatsächlichen " IST-Zustand" beurteilen zu können und ich bin da auch schon drauf hereingefallen, bei Mama.

Die Kommunikation ist sicherlich nicht immer einfach, denn ich möchte Mama ja auch nicht lächerlich machen oder sie bloßstellen. Vor allem aber möchte ich nicht, daß man sie nicht mehr ernst nehmen würde, denn sicherlich liegt in dem Alter auch mal etwas Ernstes vor.
Ich würde dem Pflegedienst wirklich raten, bei uns anzurufen, wenn der sich nicht sicher ist.
Herzlichst Fearn
 

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