Brainstorming zur Salutogenese im pflegerischen Handeln

DerJonasMS

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29.12.2014
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Meine lieben Kolleginnen und Kollegen,

zum Abschluss meines Lehramtsstudiums der Gesundheitswissenschaften möchte ich eine Unterrichtsreihe zur 'Salutogenese' planen.
Hierzu gibt es bestimmte Vorgehensweisen, die unter anderem die Legitimation des Themas aus der Berufspraxis heraus beinhalten. Einfacher gesagt, ich muss aus der Praxis heraus darstellen, warum das Thema überhaupt wichtig ist, bzw. wert ist unterrichtet zu werden.

Ich bitte euch daher darum, anhand der folgenden Leitfragen oder gerne auch in Form eines freien Statements zu beantworten,

welche Vorteile, Stärken, Potentiale aber auch Probleme, Schwächen, Gefahren durch das System der Salutogenese bei der konkreten Pflegehandlung am Patienten/Klienten, der Pflegeplanung, vielleicht auch der Organisation im Team (Übergabe, Patientenzuteilung etc.) eurer Meinung nach vorliegen.

Mögliche Leitfragen?
Fühlt ihr euch besser, weil ihr für die Gesundheit und nicht nur gegen die Krankheit arbeitet?
Gibt euch die Berufsbezeichnung 'Gesundheits- und KrankenpflegerIn' ein größeres Selbstwertgefühl?
Belastet euch der ganzheitliche Anspruch bei der Betrachtung der Patienten oder ermöglicht er endlich eine Pflege, die dem entspricht, was ihr euch idealerweise darunter vorstellt?
Fällt es schwer, die Pflegehandlungen 'neu' zu gestalten (aktivierende Pflege, Beratungen etc.)?
Ist die Salutogenese überhaupt schon 'auf Station' angekommen oder arbeitet ihr im echten Leben weiterhin nur den Symptomen hinterher?

Die Reflexion der eigenen Arbeit ist nicht immer einfach, bringt aber erfahrungsgemäß jedem etwas, weshalb ich hoffe, dass sich der oder die ein oder andere von euch einen kurzen Moment Zeit nimmt, damit ich mir ein breiteres Bild als mein eigenes von der Bedeutung dieses Themas machen kann.
Wenn ihr dann noch kurz dazu schreibt, welche Rolle im Gesundheitswesen ihr spielt, wären die Angaben perfekt.

Ich danke euch sehr und wünsche frohe Weihnachten gehabt zu haben und noch gut ins neue Jahr zu kommen!
Der Jonas (Gesundheits- und Krankenpfleger)
 
Die Salutogenese spielt in meiner tagtäglichen Arbeit seit 2,5 Jahren eine große Rolle, da ich Pflegepädagogik studiere und die Gesundheitswissenschaften einschließlich aller Modelle und Theorien einen nicht unerheblich Rolle spielen. Dies bedeutet, dass ich mir erst seit ich mich intensiv damit auseinandersetze, es überhaupt eine Rolle für mich spielt. Symptomen jage ich zwar nicht hinterher, aber auch diese gibt es nach wie vor in meinen Überlegungen. Allerdings lege ich wesentlich mehr wert auf eine Beratung und selbstverständlich eine aktivierende Pflege ---> schon weit vor meinem Studium. Bedeutet also auch, dass die Salutogenese nach Antonovsky nicht unbedingt auf meinem Schirm war - rein von der Begrifflichkeit, aber rein von der Umsetzung durchaus schon seit 2000 eine große Rolle spielte. Dies liegt allerdings wohl eher daran, dass ich mich mehr auf Intensivstationen bewegte und durchaus aktivierenden Pädagogen in meiner Laufbahn begegnete. Auch die Bewältigungsstrategien sind mir durchaus sehr wohl schon vorher bekannt gewesen, aber bewußt erlebe ich es erst seit dem Studium. Das Gesundheits- Krankheits- Kontinuum und die Partizipation und das Empowerment sind mir tatsächlich erst seit meinem Studium bekannt. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich eben früher nicht damit in Berührung kam und ich natürlich in den 1990er Jahren eine Ausbildung in der Krankenpflege nach dem Gesetz von 1985 absolvierte.
 
Aber ja die Salutogenese empfinde ich persönlich, als wichtiges Modell. Es ist sehr einleuchtend und ja ich habe sehr viel Freude an solchen Modellen und Theorien. Allerdings werde ich garantiert keinen Master in Gesundheitsförderung oder Ähnliches absolvieren, da es mir zu quantitativ ist. Triangulation wäre für mich das Mittel zur Wahl. Aber das wird ja eher kontrovers diskutiert, wobei wenn man nach Mayring geht, dann zählt dies durchaus zu den Gütekriterien.
 
Danke für deinen Beitrag! :-) Das ist doch schon mal ein guter Start.
Gern kannst du mir noch berichten, ob du im Umgang mit Patienten etwas erlebt hast, dass sich z.B. auf den Paradigmenwechsel bezieht. Haben sich Patienten beschwert, dass du ihnen nicht alles hinterhergetragen hast? Wurden Beratungsgespräche gut angenommen oder eher als fremdartig abgetan? Hat die Organisation des Stationsalltags überhaupt Gesundheitsförderung am Patienten zugelassen?
 
Ja also Beratungsgespräche werden ingesamt gut angenommen. Funktioniert z.B. auch im Altenheim mit Angehörigen. Aber vor allem auf einer onkologisch- hämatologischen Station. Selbst bei den Patienten, die von der Erkrankung her eine grundsätzlich eher schlechtere Prognose haben, wie z.B. Burkitt- Lymphom. Gerade diese Patienten und deren Angehörige waren dankbar. Umso mehr Aktivität, um so mehr Chancen auf eine bessere Lebensqualität, umso mehr gesund. Unabhängig davon, wie lange derjenige noch lebt. Da verschiebt sich schon die Kurve im Krankheitserleben und der Bewältigung. Es werden mehr Bewältigungsstrategien angewendet, wie z.B. Hoffnung, Humor, Mobilität erhalten, sich selbst versorgen. Die Organisation des Stationsalltags lässt durchaus Gesundheitsförderung am Patienten zu. Bsp. dafür sind die Expertenstandards, die für jede Pflegeperson bindend sind. Dies wird mittels Assessmentinstrumente unterstützt. Vor allem bemerkenswert finde ich, dass nicht nur in der Langzeitpflege, die Biographiearbeit eine Rolle spielt, sondern immer mehr Einzug in andere Bereiche erhält, also auch im Krankenhaus.
 
Ich frage jetzt mal ganz blöd: Gibt es Leute, die aufgrund der Änderung der Berufsbezeichnung ein größeres Selbstwertgefühl bekommen?

Also die meisten Leute, die ich kenne, fanden die Geschichte eher albern. So wie eine Putzfrau weder mehr Geld, noch mehr Anerkennung bekommt, wenn sie sich Reinigungsfachkraft oder Fachkraft für Bodenhygiene nennt.

Facility Manager ist auch ein hübsches Beispiel für so was.

Immerhin haben sie uns keine englische Berufsbezeichnung verpasst. :-?
 
Liebe Bachstelze,

danke erst einmal für deinen Beitrag. Deine Position kann ich gut nachvollziehen und sehe das im Prinzip genau so.
Ich bin keinesfalls der Meinung, dass es genügt, dem ganzen einen schönen Namen zu geben und dann wird alles besser. Und über Gehaltsfragen brauchen wir, denke ich, gar nicht zu diskutieren. Bei meiner formulierung oben habe ich mich vielleicht nicht ausführlich genug ausgedrückt.
Es geht mir im Prinzip darum, ob es die Einstellung zur eigenen Arbeit verändert die Gesundheit und nicht die Defizite in den Fokus zu stellen, was mit der eigenen Berufsbezeichnung anfängt. Außerdem: Ist es nicht schöner, nicht mehr als Krankenschwester, am besten noch nur mit Vornamen angesprochen zu werden? Dass das noch häufig vorkommt und manchen auch egal ist, weiß ich, aber dass sich - wenn auch nur Schritt für Schritt - die Position im Gespräch durch die Art der Ansprache ändert, ist nach meiner Erfahrung und meinem Wissen nicht von der Hand zu weisen.
Vielleicht hast du ja noch ein Statement zur Gesundheitsförderung oder salutogenen Einflussfaktoren auf deine Arbeit. Das würde mich ehr freuen.

Ein frohes Neues Jahr!
Der Jonas
 

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