Bitte um einen Rat - Umgang mit Patienten

Cali

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13.06.2014
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Hallo liebe Kollegen,

ich bräuchte euren Rat bzw. eure Meinung. Ich bin Medizinstudent und arbeite neben meinem Studium als sog. "Sitzwache" in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Ich bekomme dabei immer einen Patienten zugeteilt (meist anorektische oder suizidale Patienten) und passe den ganzen Tag auf sie/ihn auf und beschütze sie/ihn sozusagen vor sich selbst. Es ist ein sehr dankbarer und interessanter Job doch bekomme ich dadurch natürlich auch einen guten Einblick in den Psychiatriealltag und den Umgang des Personals mit den Patienten. Auf Kleinigkeiten möchte ich nun gar nicht eingehen, doch hatte ich vor kurzen ein Erlebnis, welches mir sehr zu denken gibt:

Ich hatte eine Patientin mit stark suizidalem Verhalten. Mir wurde des Öfteren strikt verboten mit ihr zu sprechen und mich anderweitig zu beschäftigen dh. ich sollte sie acht Stunden lang beobachten und einschreiten sobald sie selbstverletzendes Verhalten zeigt. Das dieses Konzept höchst fragwürdig ist, möchte ich nun gar nicht diskutieren, allerdings den Umgang der verantwortlichen Betreuerinnen mit dieser Patientin: Nachdem man ihr beide Arme eingegips hatte und sie wiederholt versucht hat, mit den Zähnen den Verband und Gips abzureisen, kam eine Betreuerin extrem wütend in unser Zimmer. Sie hielt die Patientin fest und nachdem diese versuchte sich zu wehren brüllte sie: "Ich habe ja schon viele persönlichkeitsgestörte gesehen aber DU übertriffst sie alle" und weiter "wenn du nicht aufhörst mir weh zu tun dann werde ich DIR weh tun" . Das Mädchen ist 10 Jahre alt!
Sind diese Worte der Betreuerin denn noch in irgendeiner Art zu rechtfertigen? Ok sie mag überarbeitet sein und das Mädchen schwierig aber mit derart wenig Souveränität und verbaler Brutalität zu reagieren ist doch höchst fragwürdig! Mir fällt es sehr schwer diesen Vorfall zu ignorieren, denn ich kann mir kaum vorstellen, dass es zum Therapiekonzept gehört die Kleinen zu brechen, so wie man es bei Zirkuselefanten macht! Was denkt ihr denn? Ich würde mich sehr über einen kleinen Austausch freuen denn ich denke, dass ihr euch als Schwestern/Pfleger gut in diese Gesamtsituation hineinfühlen könnt!

Grüße
Cali
 
Du sagt es ja selber, ist weder professionell noch ethisch und empathisch. Überarbeitung/ Burnout ist keine Entschuldigung mit einem psychisch Kranken so umzugehen.

Ich hab einer Frage, bekam das Kind nichts sedierendes. Ich kenne mit Psychopharmaka in KiJu nicht aus, aber man gibt den Kindern doch bestimmt etwas in der Akutphase oder? Die Pat scheint schon sehr gequält zu sein,wenn sie versucht den Gips mit Zähnen werzubeissen.
 
Nein! Man hat sie im Anschluss sediert und 9-Punkt-fixiert! Wobei sie mit Sicherheit eine Grundmedikation hat aber was wurde mir nicht gesagt. Sediert kam sie mir zuvor auf keinen Fall vor...
 
Wie, was, wo nicht gesagt?
Wenn man als "Sitzwache" einen Pat. hat, muss man doch wissen, was mit ihm/ihr los ist.
Wenn ich die Medikation nicht kenne, kann ich Zustand/Reaktion nicht beurteilen und
Alarmzeichen nicht erkennen.
 
Das ist stramm und da sollte man Handeln.Als Betreuer stell ich mir was anderes vor.Macht echt traurig.
 
Und an wen wendet man sich in einem solchen Fall? Behandelnden Arzt? Oder gleich OA?
 
Hey, ich kenne mich zwar mit pädiatrischen Patienten nicht aus, finde jedoch das dargestellte Verhalten auch äußerst erschreckend.
An deiner Stelle würde ich mich mit deinem Problem an die zuständige PDL oder SL wenden, da ja von Seiten der Krankenschwester ein Fehlverhalten ausgeht. Trägt das keine Früchte würde ich dem Oberarzt Bescheid geben !! In jedem Falle würde ich auch noch deine Stellenbeschreibung erfragen, denn wie schon erwähnt, wie sollst du denn beobachten und überprüfen/beschützen wenn du keinerlei Hintergrund Infos bekommst.. ?! :eek1:
 
es wäre auch Interessant, welche Ausbildung diese Betreuerin hat oder ihr noch fehlt...wen man eine Patientin mit diesem Krankheitsbild hat braucht man Hintergrundinformationen. Biographie, Therapie und Medikation...häufig geht diese Erkrankung von einer Depression aus. diesbezügliche Fortbildungen erleichtern den Umgang...in unserer heutigen Zeit so etwas zu lesen ist schockierend.
 
Hey, Cali,

also, falls Du an irgendeiner Stelle weiterkommst mit der Beschwerde, dann gratulier ich....:klatschspring:

Meine Erfahrung nach 1,5 Jahren: Psychiatrie lässt einen sehr, sehr weiten Handlungsspielraum für spezielle, mehr oder weniger gerechtfertigte Handlungs- und Verhaltensweisen. Das liegt vor allem daran, weil es schwammig ist von den Therapien. Es gibt nicht DIE Therapie, wie in anderen Fachbereichen:

Medizinischer Fachbereich: Herzrhytmusstörungen -> Defibrillator hilft
Chirurgischer Fachbereich: Gebrochenes Bein -> Schrauben zusammenflicken, gipsen
Gynakoligischer Fachbereich: Ovarial- CA -> Operation, Bestrahlung, Chemo
Psychiatrischer Fachbereich: Schwerstgestörtes, vereinsamtes Kind -> Ja, da sag mir mal was richtig und falsch ist...:cry:

Du wirst es schr schwer haben, das Verhalten dieser Kollegin zur Sprache zu bringen. Vermmutlich ist sie schon länger da und da hast Du kaum Chancen. Das Verhalten werden auch andere sehen und es nicht okay finden.
Nur- meine traurige Erfahrung ist, dass die Personen, die ein solches Verhalten unterbinden könnten, es nicht sehen wollen.

Sonst wäre die Frau ja gar nicht mehr da... Und der Fisch stinkt immer vom Kopf ab... :down:
 

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