Angst von Angehörigen vor dem Krankenhauspersonal: Wie gehe ich damit um?

olynthchen

Stammgast
Registriert
09.11.2010
Beiträge
319
Beruf
Krankenschwester
Akt. Einsatzbereich
Chirurgie
Hallo liebe Kollehen,

gestern hatte ich ein sehr einschneidendes Erlebnis mit der Ehefrau und der Tochter eines Patienten.
Beide schilderten mir, wieviel im Behandlungsverlauf nach der OP bei ihrem Ehemann/Vater schief gelaufen ist.
Ein Beispiel. Eine Lungenembolie, bei der niemand auf die Atemnot des Pat. eingegangen ist.
Nach deren Aussage wären Ärzte nicht ans Bett gekommen als der Pat. sich schlechter fühlte und auch die Pflegekräfte hätten nicht reagiert, als der Pat. kanz klar sagte, es gehe ihm schlecht.
Das war wohl nur einemal von mehreren Malen, wo nicht auf den Pat. eingegangen wurde, als er sich mit Bechwerden meldete.
Zusätzlich waren sie mit den hygienischen Umständen nicht zufrieden.
Fakt ist, der Pat. kam zu uns zurrück auf die Intensivstation, weil sich sein Zustand massiv verschlechterte.
Im Vorfeld hatten die Angehörigen wohl schon darauf aufmerksam gemacht und nachgehakt, seien aber forsch abgewiesen worden von den zuständigen Pflegekräften und Ärzten.
Der Pat. hatte eine Magenteilresektion und vielleicht könnt ihr euch denken was für eine Kette an Problemen zu der Lungenembolie noch aufgetreten sind.

Als ich die Angehörigen fragte, ob sie aus dieser Behandlung Konsequenzen ziehen wollen, sich wehren wollen, da sagte mit die Ehefrau, Sie habe Angst, man könne ihren Mann noch schlechter behandeln, ihn darunter leiden lassen, wenn sie sich wehren würde.
Oder ihm sogar zusätzliches Leid zufügen.
Ich betone, mir wurde das erzählt und ich weis nicht, was davon subjektives Empfinden ist und was sich wirklich zugetragen hat.
Die Ängst der Ehefrau und der Tochter allerdings waren echt und greifbar.
Natürlich läuft nicht immer alles nach Plan und über Komplikationen wird der Pat. aufgeklärt worden sein.
Allerdings erschreckt mich, was manche Angehörigen uns zutrauen!
Diese Aussage, ich unternehme erst was, wenn mein Mann/ meine Frau nicht mehr in ihrer Obhut sind.
Ich habe Angst, daß sie alles an meinem Mann, meiner Frau auslassen,
höre ich nicht zum ersten mal, jedoch war bei den vorherigen Fällen der Pat. selbst noch in der Lage sich zu wehren oder zu äußern und der Verlauf war nicht so gravierend.

Ich vermochte nicht die Angehörigen zu beruhigen.
Sie wollten auch nicht glauben, daß wir alles nur erdenkliche für ihren Mann/ Vater tun.

Wie würdet ihr damit unmgehen?
Wie kann es sein, daß ein Angehöriger vor Racheakten von Seiten der Ärzt und der Pflegekräfte Angst hat?, wenn er es wagt sicht zu wehren?!
Gruß olynthchen
 
Wie kann es sein, daß ein Angehöriger vor Racheakten von Seiten der Ärzt und der Pflegekräfte Angst hat?, wenn er es wagt sicht zu wehren?!

Das ist doch kein seltenes Phänomen! Warum glaubst Du geben so viele Patienten und deren Angehörige Geld in die Stationskasse? Weil sie glauben das dann die Versorgung besser ist! (Ein Grund für mich übrigens dieses Bestechungsgeld nicht anzunehmen... sorry für OT)

In einer Fortbildung haben sie uns mal erzählt das die größte Angst der Patienten im Krankenhaus nicht etwa die Angst vor Krankheit oder Schmerzen ist, ja sogar nicht mal die Angst vor dem Tod. Nein, die größte Angst der meisten ist die Angst vor dem Ausgeliefert sein! Und wenn dann noch solche Pannen, wie es Euer Patient samt Angehöriger erlebt hat, ist die Reaktion doch sehr verständlich.

Ich habe sowas auch schon öfter erlebt. Meistens ist meine Reaktion dann neutral, ich lasse die Angehörigen erzählen und bestätige sie, das hilft vielen schon mal. Ich gebe ihnen das Gefühl dass ich ihnen glaube und versuche auch nicht irgendwas herunter zu spielen. Wie gesagt, meisst reicht das.

Versuche einfach so neutral wie möglich auf die Leute zuzugehen, vielleicht schafft es Eure Station wieder etwas Vertrauen zurückzugewinnen. Mehr kannst Du/könnt Ihr nicht tun.

Ich versuche auch nicht Leute davon abzuhalten sich zu beschweren egal wann, ob vor der Entlassung oder danach. Wenn etwas schief gelaufen ist, ist es das gute Recht der Leute sich zu wehren.

Mel
 
Hallo,
natürlich ist das kein seltenes Phänomen, meinte ich auch nicht.
Ich bedenke auch, daß man sich schnell ausgeliefert vorkommt.
Man muß ja als nicht Fachmensch im KH glauben, was einem gesagt wird.
Zudem wundere ich mich nicht, wenn Angehörige mißtrauisch werden, nach der Kette von Pannen, die da statt gefunden hat.

Ich bin entsetzt darüber, was uns zugetraut wird!
Denken Angehörige, wir quälen unsere Pat. extra nochmal, gehen eben mit einer Spritze mehr auf sie los und geben ihnen keine Schmerzmittel.
Sie glauben wirklich, wir leben unseren Frust darüber aus, wenn sie oder der Pat. sich nicht alles gefallen lassen.
Das impliziert, das wir Monster sind, die jedem der etwas unangenehmes zu sagen weis, den Mund stopfen bzw. Druck ausüben auf den der sich für den Pat. einsetzt.
Oder was glauben sie, könnte man ihrem Kranken Angehörigen noch antun?
Beide haben sich auch nicht über unsere Station aufgeregt.
Ich hatte den Eindruck, bei uns fühlten sich gut aufgehoben.
Geld für die Kaffeekasse, wird wenn überhaupt auch nur nach Abschluß der Behandlung für das ganze Team angenommen.
 
Ich bin entsetzt darüber, was uns zugetraut wird!
Denken Angehörige, wir quälen unsere Pat. extra nochmal, gehen eben mit einer Spritze mehr auf sie los und geben ihnen keine Schmerzmittel.
Sie glauben wirklich, wir leben unseren Frust darüber aus, wenn sie oder der Pat. sich nicht alles gefallen lassen.

Ja, ich glaube tatsächlich dass es nicht wenige Leute gibt die genau das uns oder zumindest einigen von uns zutrauen!

Ganz ehrlich, haben sie sooo unrecht damit........?

Mel
 
Ja, ich glaube tatsächlich dass es nicht wenige Leute gibt die genau das uns oder zumindest einigen von uns zutrauen!

Ganz ehrlich, haben sie sooo unrecht damit........?

Mel

Wie soll ich die letzte Frage auffassen?
Läßt Du Deine Pat. das spüren, wenn die Angehörigen nicht zufrieden sind?

Ich kann nicht leugnen, mich schon ungerecht behandelt gefühlt zu haben von Angehörigen.
Wenn ich den Frust abgefangen habe, der durch andere Umstände oder Personen verursacht wurde.
Ich behaupte, daß aber bisher ganz gut mit Reden gelöst zu haben.
 
Ich kann nicht leugnen, mich schon ungerecht behandelt gefühlt zu haben von Angehörigen.
Wenn ich den Frust abgefangen habe, der durch andere Umstände oder Personen verursacht wurde.

Versetze Dich mal in die Leute rein. Sie sind in die Klinik gekommen, mit dem Vertrauen, dass alles 100%ig gemacht wird. Leider ist das nicht passiert, das Vertrauen ist von Seiten des Patienten und seinen Angehörigen ist weg. Ist doch logisch, der Ball ist bei der Klinik (in diesem Fall bei Euch) wieder Vertrauen aufzubauen.

Ich versuche natürlich (wie die meisten meiner Kollegen auch) jeden Patienten gleich zu behandeln. Aber wir sind alle nur Menschen und keiner kann von sich behaupten dass es nicht doch Unterschiede gibt und wenn sie noch so fein sind, in der Behandlung der Patienten. Einem netten Patienten der einem sehr sympathisch ist wird man unbewußt besser behandeln als einen ****brocken mit nervigen Angehörigen. Da kann man sich noch so viel Mühe geben!

Dann geb ich Dir mal noch ein Beispiel: Stell Dir vor Du sitzt im Restaurant und der Kellner ist unverschämt. Du beschwerst Dich beim Geschäftsführer der daraufhin bekommt der Kellner richtig Ärger. Also ich würde in so einem Fall nicht mehr in das Restaurant gehen, einmal weil dort der/die Kellner unfreundlich sind und weil ich auch Angst hätte bei einem weiteren Besuch würde mir jemand vorher in mein Essen spucken! Das meine ich mit dem Misstrauen.

Mel
 
Oh, ich meine die Häftigkeit der Annahme.
Wenn Dir die Ehefrau eines Pat. praktich sagt, sie hat Angst ihren Mann nicht mehr lebend zu sehen, weil sie sich über die schlechte Behandlung beklagt hat.
Oder sie Dir erzählt, sie beklagt sich nicht, weil sie ihren Mann retten will.
Solche Ängste......

Sorry, aber es ist ja wohl eine Unterschied, ob Du zu einem Pat. aus sympatiegründen nicht so gerne ans Bett kommst oder der sogar Angst vor dir haben muß.
 
Oh, ich meine die Häftigkeit der Annahme.
Wenn Dir die Ehefrau eines Pat. praktich sagt, sie hat Angst ihren Mann nicht mehr lebend zu sehen, weil sie sich über die schlechte Behandlung beklagt hat.
Oder sie Dir erzählt, sie beklagt sich nicht, weil sie ihren Mann retten will.
Solche Ängste......

Sorry wenn das jetzt etwas hart klingt.
Aber wenn die Angehörigen solche Angst haben, dann sollen sie sich halt um die Verlegung in ein anderes Krankenhaus kümmern.
Ich habe viel Verständnis für die Ängste der Pat. und Angehörigen, aber bei einem gewissen Grad hört es bei mir auf und der ist spätestens dann erreicht, wenn man uns vorwirft wir würden mit Absicht jemanden leiden lassen oder schlecht behandeln.
 
Sind die Vorwürfe denn berechtigt? Wie ist es denn mit uns, wenn wir mal zum Arzt/ins Krankenhaus gehen und wir schlechte Erfahrungen machen? Wir kennen uns ein bißchen besser aus als viele Patienten Angehörige.
Das jemand Angst hat sich zu beschweren das höre ich auch ab und zu, aber ich sage immer, wenn sie mir das erzählen und nichts unternehmen wäre das sicher auch nicht im Sinne des Patienten.
Bei uns landen auch immer wieder Patienten, weil sie auf Normalstation "liebevoll vergessen" werden. Das soll heißen, sie werden eben nicht bewußt nicht ernst genommen, sondern es geht eben vieles unter und wird zu spät bemerkt nämlich erst, wenns akut wird.
Natürlich gibt es aber auch Patienten wo alles schief geht, was schiefgehen kann. Jede mögliche Komplikation tritt ein jeder Fehler der gemacht wird hat gleich fatale Folgen.
Jeder Angehörige oder Patient hat mehrere Möglichkeiten zu reagieren, der eine will, dass der Patient verlegt wir, dazu würde ich auch in so einem Fall raten. In anderen Fällen fahren Angegörige erst mal Rechtsanwälte und Staatsanwaltschaft auf.
Wir hatten auch mal einen Fall, wo Angehörige so unzufrieden mit unserem Haus waren, dass sie den Patienten verlegen lassen wollten. Unsere Ärzte fragten nach zwei Krankenhäusern, wo der Patient hinverlegt werden soll und wollte ihn dort unterbringen. Was passierte? Beide Krankenhäuser lehnten die Übernahme ab, wegen der ACHTUNG ORGINALZITAT "pathologischen oder maligne-penetranten Familie des Patienten:motzen:".
Wir überlegten Alternativhäuser, die den Patienten und seine Familie eben nicht kannten, keine Chance! Wir schlugen Verlegung nach Hause mit Heimbeatmung vor, wollten die Angehörigen nicht. Irgendwann wollten sie auch den Patienten nicht mehr sehen, er bekam nur noch ganz selten Besuch und blieb bei uns, bis erstarb.
Und dann kam das tollste, ein Arzt zeigte uns die Todesanzeige, da wurde ausdrücklich den Ärzten und Schwestern unserer Station für die stets freundliche und gute Versorgung gedankt. Das muss ich jetzt nicht verstehen:knockin:
 
Sowohl als Angehöriger als auch als Patient fühlt man sich den Pflegekräften und Ärzten ausgeliefert, das ist einfach so. Wenn dann noch dazukommt, dass so einiges schiefgeht, wächst das Gefühl der Hilflosigkeit immens. Dass man dann die Angst entwickelt, dass Beschwerden zu bösen Konsequenzen führen, kann ich als betroffene Angehörige bestätigen:

Dass ich nicht ausgerastet bin, lag einzig und allein an meiner Mutter. Zum einen war für sie ja alles eh viel zu viel und ich wollte sie nicht noch mehr verängstigen (ein Minimum an Vertrauen in Ärzte und Pflegepersonal wollte ich ihr ja noch lassen), zum anderen war bereits am ersten Tag klar, dass die Menschen dort nicht so super auf Kritik reagieren. Und dann meine kranke Mutter in deren Hände? Sorry, ganz schlechtes Gefühl in der Magengegend!

Habe ich ernsthaft geglaubt, dass das dortige Personal meine Mutter schlechter behandelt hätte, wenn ich mich beschwert hätte? Traurig, aber - ja, habe ich. Vielleicht völlig überzogen, aber in der angespannten Situation kann man nicht alles rational begründen.
 
Hallo,
ich habe mit erlebt, wie meine Oma immer Terz gemacht hat wenn mein Opa stationär war.
Auch meine Tante und meine liebe Base, haben sich nicht zurrückhalten können.
Das ganze in der Klinik in der ich gelernt habe und viele kannte.
Ich wollte da fast schon nur noch mit ner Tüte über dem Kopf rum laufen.

Die Kollegen wollten dann einfach nicht mehr mit meiner Oma und dem Rest reden. Sind schon Sturm gelaufen, wenn sie nur unseren Namen gehört haben.

Aber ich kann ausnahmlos sagen, daß mein Opa nie schlecht behandelt wurde.

Wenn wir zum Arzt gehen, dann überschlagen die sich förmlich.
Wir sind ja vom Fach und lassen uns nicht einfach irgendwas erzählen.
aher denke ich, ist das nicht vergleichbar

olynthchen
 

Ähnliche Themen