ALS - plötzliche Besserung!

Hallo Andreas,

Wie geht es Irvana? Hat sich in den letzten 4 Wochen etwas an ihrer Situation geändert, zum positiven oder negativen.
Muss oft an Sie und an Dich denken.....
LG Elie
 
Hallo Elli, hallo ihr Lieben (sag ich mal so),

ich hatte Dienst heute bei ihr, der "Ivy", wie es ihr geht? Insgesamt schlechter. In den letzten Wochen, im Grunde, fast jedesmal wenn ich zum Dienst kam ... ich war erschrocken.

Von der wiedergewonnen Beweglichkeit (das war doch wirklich sehr hoffnungsvoll, als ich hier begann zu schreiben), ist nichts mehr übrig geblieben. Schlimmer noch, es ist noch weniger als am Anfang. Die linke Hand hat nur noch etwas Beweglichkeit.

Trotzdem es gibt auch etwas Positives. Ich sagte, die letzten Wochen, immer wenn ich zum Dienst kam, ich hätte mich erschrocken. Es war nicht nur die körperliche Situation, das Gesamtbild war ganz schlecht.

Ivana, die treffendsde Beschreibung, man hat den Eindruck gehabt, "das Leben tat einfach nur weh". Ihr Mann ... ständig übermüdet, grau im Gesicht. Was ich bewundere wirklich an ihm, nicht nur wie er sich um seine Frau kümmert, sondern auch wie es ihm gelingt freundlich und warmherzig zu sein, auch gegenüber "uns" (die Pflegenden) und es gab in den letzten Wochen häufig Situationen, ... da stand man da, Ivana das Gesicht schmerzverzert ... und jede "Ja/Nein" Frage ... ein Kopfschütteln. Manchmal minutenlang.

Ihre Cousine ebenfalls am Anschlag.

Um es einfach zu sagen, alles begann zu entgleiten. Gegensteuern, Ruhe hereinbringen, auch mit Medikamenten, Disskusionnen. Eben wie das Leben so ist.

Was ein wirklich guter Punkt ist ... im "Team" (ich meine damit nicht nur die Pflege) sondern alle Beteiligten. Es wird nachgedacht, es wird diskutiert (durchaus mit unterschiedlichen Meinungen und Engament, aber mit Achtung), wenn etwas nicht so gut ist wird niemand "abgekanzelt" ... gesucht wird das "Gute".

Ja und bei den letzten zwei Diensten, die seelische Lage (ich mag in diesem Fall das Wort "Psyche" nicht. Jeder von uns würde wahrscheinlich, wäret Ihr in Ivanas Situation "zum Himmel schreien", das hat Sie getan, in den letzten Wochen. Das ist kein Problem der Psyche sondern schlicht "das Leben ist schreind ungerecht" und ich kann es verstehen) ist besser.

Heute wir haben gelacht, es war gut. Der Schmerz (die Seele), sicher er ist weiterhin da (berechtigt), doch es gibt freundliche Momente. Wenn der zwöfjährige Sohn sich bei Ihr erkündigt wie er z.b. "tiefgefrorene Miniberliner" am Besten aufbackt und und sie es ihm mit "Ja/Nein" erklärt und dabei lächelt.

Die seelische Lage ist besser ... gestern sie war auf dem Balkon.

In dieser schlimmen Zeit, ihr Mann hat etwas für mich Wichtiges gesagt.

"Wenn sie hier auf dem Sofa liegt, zufrieden ist ... wir da sind und Sie da ist (nimmt teil, wie gerade geschildert von mir), ich bin dankbar, es ist gut so, sie gibt uns soviel ..." Das war für mich ein "Augenöffner". Eben es aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Elli, Du denkst an Sie. Ich auch, jeden Tag, jeden Abend, sicher vor dem Einschlafen, ja und Du weist schon was ich dann noch tue...

Andreas
 
Hallo Andreas,
das sind ja keine schönen Nachrichten. Aber es tut gut zu hören das ihre Familie für sie da ist. Deine Schilderung von ihrem Sohn mit den Berlinern - das geht ans Herz. Hat Ivana noch mehr Kinder und in welchem Alter sind diese? Hast du bestimmt schon mal geschrieben, aber bei mir geht grad alles drunter und drüber, habs vergessen.
Ja, ich denke oft an Sie und an Dich. Es gibt Patienten die lassen einen nicht los. Die nimmt man mit nach Hause und man freut sich und hat Angst zu ihnen zu gehen. Ich arbeite noch nicht so lange in der häuslichen Pflege, habe aber in meiner 30 jährigen Berufslaufbahn noch nie so einen intensiven Kontakt zu Patienten und deren Familien verspürt. Einige nennen das unproffessionell. Ich nenne es menschlich und christlich. Und es tut gut zu wissen das es Kollegen gibt, denen das Schicksal der von ihnen versorgten Patienten nicht am Allerwertesten vorbei geht. Ich persönlich möchte nichts anderes mehr machen, ich mag die meisten meiner Leute und auf viele freue ich mich regelrecht. Und ja, um viele mache ich mir Sorgen. Und ja, auch um viele Angehörige mache ich mir Sorgen.
Danke für deine Berichte.
Und weiterhin viel Kraft und Freude bei deiner Arbeit, nicht nur bei Ivana. An sie ganz viele Grüße und das es ihr bald wieder besser geht, seelisch wie körperlich.
Ganz liebe Grüße
Ellie
 
Hallo Andreas,
auch ich lese mit Interesse Deine Schilderungen.
Jedoch macht mich die Art und Weise Deines "Engagements" etwas nachdenklich... Zum Beispiel die Intensität,mit der Du Dir das Schicksal eines,im Grunde fremden,Menschen zu Herzen nimmst. Bitte versteh mich nicht falsch,ich meine damit,wie sehr Du Dir Gedanken um die Patientin machst,die Sorgen mit nachhaus nimmst und eigentlich nie richtig abzuschalten scheinst.
ALS ist mit Sicherheit eine der fürchterlichsten Erkrankungen,die einen Menschen heimsuchen kann,aber irgendwie hab ich den Eindruck,daß es "nur" Deiner Patientin so geht und "nur" ihre Familie darunter leidet. Hier wiederum bitte auch nicht falsch verstehen,ich will damit nur sagen,daß es Hunderte bzw. Tausende von ALS-Erkrankten in den verschiedensten Stadien gibt und alle,also zumindest die,die ich kenne,mehr oder weniger permanent im seelischen Tieg hängen. Es gibt aber auch Ausnahmen,so z.B. eine Berlinerin,die durch ALS komplett gelähmt ist,nur noch beschränkt die Augen bewegen und durch einen Augenlasersprachcomputer kommunizieren kann. Diese Patientin tritt trotz ihres Handicaps regelmäßig in der Berliner Volksbühne in entsprechenden Theaterstücken auf und "genießt" ihr Leben.
Du siehst also,keiner ist einmalig...
 
hallo

@ZNA-Öse ich würde dir nicht so zustimmen, denn rein objektiv hast du natürlich recht ....... ABER erleben wir nicht alle mal Patienten die einem irgendwie besonders auffallen, an die man anders denkt ......
in meinen langen Jahren in der Ambulanz hatte ich Polytraumen, die waren und sind im Gedächnis geblieben, andere sind komplett verschwunden
es gab Patienten wie bei Andreas Ivana, die einen berührten, genau wie er schreibt, man hat deshalb keine Schlaflosen Nächte, aber man denkt an sie, freut sich wenn man was tun kann, freut sich anders, wenn es ihnen besser geht .....
in der ambulanten Pflege ist das gewiss noch mehr ......
man kennt die Familie, weiß alles ......
natürlich gibt es viele da draussen .......
natürlich leiden alle
aber ich finde toll was Andreas tut und schreibt,
bei ihm ist es Ivana mit ALS, jemand anders hat vielleicht einen Patienten mit MS
bei mir war es vielleicht ein Polytrauma oder ein Krebspatient

solange wir noch berührt werden sind wir Menschen und reagieren menschlich und DAS ist gut so ........
viele Grüsse
Bully
 
Hallo Andreas,

nun habe auch ich sehr ergriffen und voller Bewunderung deine Schilderungen gelesen.
Ich bewundere Dich für so unglaublich viel Herzenswärme, die in der heutigen Ellenbogenzeit mehr als nur kostbar ist!
Und ich bewundere Eure vertrauensvolle und starke Teamarbeit, in der ihr gemeinsam trotz all dem Leid gemeinsam Kraft gewinnen könnt. Wenn ich darf, drücke ich Ivana und Dich mal ganz lieb und wünsche Euch Beiden weiterhin ganz viel Kraft und eine weiterhin so wertvolle Zusammenarbeit!

Liebe Grüße

Kamilla
 
Hallo zusammen,

erst einamal vielen Dank für den Zuspruch. Es tut gut! Die Grüße werde ich weitergeben und vor allem die guten Wünsche. Ja es sind einige Antworten, ... ich möchte ein wenig darauf eingehen.

@ZNA Öse,

ehrlich gesagt, die Bedenken die Dir beim Lesen kommen, ich kann es nachvollziehen. Ja und ich denke ich verstehe Dich da nicht falsch, jedenfalls habe ich nicht im Geringsten das Gefühl von Dir angegriffen zu sein, noch nicht einmal das Du kritisiertst ... sondern die Gedanken machst und sie äußerst.

Zuerst, die Frage ob ich da etwas mit nach Hause nehme. Klare Antwort "JA", doch ebenso klare Einschränkung, diese Gedanken oder Ivys Schicksal bestimmt nicht mein Leben. Will einfach sagen, ich grüble nicht darüber, ebenso kann ich da abschalten. So seltsam es klingen mag, dieses Schreiben hier, es tut mir gut (schmunzel ... vieleicht eine Art Bewältigungsstrategie). Ja und was das Abschalten betrifft, es klappt ... weil ich eben durchaus noch andere Dinge mache als Sie zu pflegen (ich bin nur ca. 6 - 8 sieben Stunden Dienste dort, pro Monat). Auf der anderen Seite, ich schreibe es ja selbst, es vergeht kein Tag an dem ich nicht an Sie denke, doch es sind keine stundenlangen Gedanken. Ja und was den Gedanken vor dem Einschlafen, die guten Wünsche betrifft ... es schadet mir nicht, es schadet ihr nicht.

Ich weis sehr wohl das Ivana nicht die einzige "ALS" Patientin ist (ich meiner Pflegelaufbahn habe ich drei kennen gelernt) und natürlich weis ich, das sie unterschiedliche Stadien, Verläufe und Schicksale haben und einige erstaunlich "gut" damit umgehen. Sprachcomputer, sie schafft es nicht ihn zu benutzen, übrigens ein Patientenlifter wird ebensowenig toleriert, aber ihr Mann kann Sie auf Händen tragen.

Wenn ich ein pflegerisches Grundziel formulieren könnte, es wäre, das Sie es schafft trotz dieser Krankheit, wieder mehr ins Leben zurück zu kehren. Es muß nicht das Theater sein, sondern Ihre Art.

Die letzten wochen hatte Sie sich immer mehr "herausgenommen", jetzt in den letzten Tagen, ich würde noch nicht sagen sie kehrt zurück, aber sie konsulidiert sich auch, wird eben nicht schlechter. Ja und es gibt durchaus Momente wo wir lachen (echtes).

Du hast den Eindruck, das sie für mich die "Einzige" ALS Patientin ist, der es so geht. Stimme ich Dir hundertprozentig zu, weil sie ist eben die einzige ALS Patientin die ich betreue (von zwei Patienten die ich insgesamt betreue). Das es Tausende andere gibt, klar ich weis und das jede/jeder da einiges zu tragen hat ist mir auch klar. Doch Sie ist eben die einzige zu der ich Kontakt habe.

Wo ich widersprechen möchte, sie ist für mich kein Fremder mehr, ebensowenig wie die Familie. Man bekommt als Pflegekraft sehr viel mit, ob man will oder nicht, eben weil man ständig zugegen ist. Das geht nicht nur mir so. Es liegt vielleicht an der Situation der häußlichen Umgebung.

Von den sieben Stunden meines Dienstes, mindestens 6 1/2 Stunden bin ich "face to face" (auf ihren ausdrücklichen Wunsch ... den ihr Ehemann unterstützt) ... man bekommt alles mit (ob man will oder nicht, manchmal auch sehr schön ... wenn man sieht sie träumt), einziger Punkt. Die Familie spricht untereinander kroatisch (Gut so! Ich verstehe kein Wort). Will einfach sagen: Es ist eine "nahe" Situation. Ich lasse mich darauf ein, ich hatte es schon einmal geschrieben.

Ich möchte anmerken: Wenn das für mich in Ordnung wäre ... z.B. das die Situation dort meinen Tag, meine Stimmung bestimmt, ich würde nicht zögern mich in Sicherheit zu bringen.

Aber darüber nachdenken, auch in der Freizeit, sofern es nicht den Tag bestimmt, das mache ich gern. Der Grund, es gibt noch anderes in meinem Leben.

@bully; @elli

Ja, es gibt Patienten, die nimmt man einfach mit. Ich glaube das ist so in unserem Beruf. Und die häusliche Pflege, eben gerade, wenn es so ist das man einfach über Stunden da ist, es ist intensiv ... man gehört irgendwie zur Familie. Die Frage ist, wie man damit umgeht.

Ich für meinen Teil, ich habe mich entschieden eben ein Stück zur Familie zu gehören und dazu die Rolle der Pflegekraft zu übernehmen.

Ivana hat zwei Söhne, der jüngste ist 12 (der mit den Berlinern) der älteste 16. Beide lieben ihre Mama und beide Wissen "was ist". Die Situation, kenne ich leider, nicht mit ALS, es gibt andere Krankheiten. Na ja und natürlich macht man sich da Gedanken (eigene Erfahrungen und vor allem das Begreifen, was diese Erfahrungen für später bedeuten). Natürlich spricht man mit dem "Papa" und kann darüber sprechen.

Eben ein Stück Familie.

@Kamilla

danke für Deine guten Wünsche, das hört sich klein an. Gute Wünsche von Herzen die tun gut. Bewundern *lach*, nein, nein! Ich kann einfach nicht anders als ich bin. Manchmal, ich habe gute Momente, ja auch bei Ivana. Aber sicher habe ich auch schlechte Momente. Ich hoffe ... ich denke, jeder der pflegt ist ein Stück mit dem Herzen dabei, wenn er kann.

@all

Heute. Die gute Nachricht, es geht "Ivy" nicht schlechter, sie stabilisiert sich. Leider im Moment nichts mehr von plötzlicher Besserung, aber es geht ihr nicht schlechter (auch seelisch, soweit ich das beurteilen kann, eher von dieser Seite etwas besser). Nächste Woche, ich habe vier Dienste bei ihr. Ich werde berichten. Ich habe ein gutes Gefühl.

Danke fürs zuhören.

Andreas
 
Ihr Lieben, Leute!

Bisher, das was ich geschrieben habe waren Erfahrungen und Beobachtungen und Emotionen.

Ich habe eine Idee! Die ALS Patienten werden gepflegt von Dir und mir. Wir haben Erfahrungen, wir haben Beobachtungen, viel mehr als jeder Arzt, weil wir sind näher dran. Ärzte sind herzlich eingeladen und natürlich von Herzen Menschen mit ALS!

:kloppen::kloppen::kloppen::kloppen::kloppen:

LASST UNS UNSER WISSEN UNSERE ERFAHRUNG UNSERE VERMUTUNGEN ZUSAMMENTRAGEN!!!

Wir wissen so viel über diese Krankheit, aus Erfahrung, doch wir tauschen uns nicht aus, bringen es nicht auf den Punkt.

Laßt es uns auf den Punkt bringen. Ich bin doch nicht der Einzige der jemanden mit ALS pflegt!

Andreas

P.S. Für die Phamaindustrie lohnt sich ALS nicht, es ist eine seltene Kranheit. Aber für die Patienten und für uns lohnt es. Also loß, Euer Wissen und Eure Erfahrung ist gefragt.

Erste Fragen: Was ist ALS? Wer hat ALS? Welche Medikation und welche Erfahrungen hat man damit. Geht es immer nur schlechter oder auch manchmal besser (Wann???). Ganz wichtig: Der Verlauf. Was ist Wann unter welchen Umständen passiert?

Ich habe keine Lust mehr nur zu berichten,
 
Hallo Andreas,
Deine Idee ist gut,gibt es zwar Selbsthilfegruppen und I-net-Foren,wo sich meist Betroffene oder direkte Angehörige zusammenfinden,aber eben kaum Pflegekräfte.

ALS : Amyotrophe Lateralsklerose oder Charot-Krankheit,benannt nach ihrem Entdecker,ist eine degenerative,irreversible motorische Nervenschädigung mit fortschreitender Lähmung aller Muskeln.
Eine Besserung oder gar Heilung ist nicht gegeben und weil die Betroffenen geistig gesund bleiben,erleben sie wachen Geistes ihren "Verfall" mit.
Dies ist m.E. das Schlimmste an dieser Erkrankung,denn mit Bewegungseinschränkung-/unfähigkeit und Heimbeatmung kann man sich vielleicht noch "anfreunden",aber bewußt mitzuerleben,wie der eigene Körper verfällt,ist sicher unerträglich.
Als Pflegekraft bei einem ALS-Patienten ist man nicht nur das,sondern auch manchmal "Blitzableiter", Ansprechpartner der Angehörigen,Sprachrohr gegenüber dem HA usw. Man muß als Pflegekraft,noch mehr,als im KH oder Heim,ein Multitalent mit gesunder Psyche sein,um den Patienten umfassend betreuen zu können. Hier ist die Anforderung der "ganzheitlichen Pflege" wirklich gegeben,denn man ist allein mit dem Patienten und den Angehörigen,man betreut quasi die ganze Familie und muß sich erstmal einen Zugang zu allen erarbeiten.
Die Arbeit mit ALS-oder MS-Patienten im eigenen Zuhause ist,m.E.,die anspruchsvollste in der gesamten Pflege.
Nicht vom Krankheitsbild oder dem Aufwand her,sondern weil man in einer 1:1-Pflege wirklich für 8 oder 12 Stunden komplett auf sich allein gestellt und auf seine Kenntnisse und Erfahrungen angewiesen ist,denn den ablösenden Kollegen sieht man 10 Minuten und Teambesprechungen sind auch eher selten.
Ich persönlich empfinde die 1:1-Betreuung eines ALS-Patienten,wenn ich meiner Freundin als Inhaberin eines Heimbeatmungsdienstes helfe,immer als besondere Herausforderung und Ausgleich zu meiner ZNA-Tätigkeit,vorallem lernt man eigenständiges Arbeiten und Vertrauen ins eigene Tun.
 
Hallo,

seit langer Zeit, heute hatte ich einen Dienst bei Ivy. Sie war zwischenzeitlich im Krankenhaus (ich habe sie begleitet auf dem Weg nach Hause) ... ja und jetzt, etwa drei Wochen später ich war mal wieder da.

Ivy, es geht ihr nicht gut, ich habe noch nie jemanden derart Weinen sehen, das man nicht mehr nachkommt mit dem abtupfen der Tränen. Ebensowenig habe ich eine derart ausgeprägte Hypersalivation (verstärkte Speichelproduktion) gesehen ... ich schätze 50 ml Tränen und 500 ml Speichel ( Ja ich kenne Scopolamin Pflaster, aber sie verträgt sie nicht. HAT JEMAND EINE IDEE????). Was die Bewegung betrifft, ei leichtes Kopfschütteln, ganz langsam bedeutet "Nein". Augäpfel nach oben bedeutet "Ja".

Doch es gibt auch eine gute Nachricht. Die Familie. Leute, davor ziehe ich nicht den Hut, davor verneige ich mich und ehrlich gesagt. Ich habe ganz viel Hochachtung und gleichzeitig ist es bitter.

Ihr Mann, ich habe schon einmal geschrieben, er trägt sie im wörtlichen Sinne auf Händen und im übertragenen Sinne auch. Das schlimme ist, wenn jemand derart krank ist, der Partner, es sind nicht nur ganz schlimme Herzenssorgen ... hinzu kommen andere Sorgen (es gibt einfach viele Dinge die keine Krankenkasse bezahlt die jedoch notwendig sind).

Ihre Cousine, die hilft. Die Situation hat sich verändert, der Pflegedienst hat sich nach Absprache zurückgezogen, die Familie übernimmt einen Teil der Pflege (so etwa 6 Stunden am Tag). Was sie leistet, sie ist nicht ausgebildet, ist wirklich großartig. Man würde sagen sie ist ein "versierter Laie". Ganz toll. Die Kinder ... der Kleine er ist 13 (glaube ich) ... aüßerlich man merkt nichts, ... und die drei Punkte sagen sicher passiert da etwas. Ihr älterer Sohn ist 16, er läßt sich ein, er weis mit Sicherheit was bevorsteht.

Insgesamt ... die Familie schafft es ... ganz "normal" zu sein. Und trotzdem diese Familie braucht Hilfe, ich denke das ist jedem der hier mitgelesen hat klar. Sollte jemand das Bedürfnis haben zu helfen, zu unterstützen, ein Zeichen zu setzen ... sprecht mich an ...

Andreas
 
Elisabeth,

sie ist druckkontrolliert betamet, rund um die Uhr ... da gibt es keine "feuchte Nase". Broncialsekret ist nicht das Problem, Sondern Speichel!

Andreas
 
Hallo Andreas,
nimm doch mal die Rampe ein wenig runter,denn es kann sein,dass der Beatmungsdruck einfach zu hoch ist und somit die Sekretion angeregt wird.
Was für ein Gerät wird verwendet : Integra,LegendAir oder...?
Außerdem kannst bißchen mit dem Cuffdruck spielen,weil wenn der zu hoch ist,"spucken" die Pat. manchmal auch.
Ganz wichtig aber : Flüssigkeitszufuhr überprüfen.denn sie wird ja sicher via PEG ernährt und da kann man das gut steuern.
Was die Familie angeht,also da stimme ich Dir zu,solchen Zusammenhalt findet man nur selten ! Es ist für uns "Gäste",auch wenn wir von der Familie akzeptiert werden,nicht immer ganz einfach,den Überblick und die Balance zu behalten,aber ich hab den Eindruck,Du bist da der Richtige am richtigen Platz !
 
Elisabeth,

sie ist druckkontrolliert betamet, rund um die Uhr ... da gibt es keine "feuchte Nase". Broncialsekret ist nicht das Problem, Sondern Speichel!

Andreas

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Elisabeth
 
Hallo,

ich melde mich noch einmal wieder. Ivy, wie es ihr geht. Einfach nur schlecht ... das einzige was sie noch bewegen kann ... die Augäpfel, man ahnt ein "Ja" oder ein "Nein" ... das ist das Beste was man kann. Was für eine brutale Krankheit ALS ist. Der Schlag ins Gesicht ... immer wieder! Und das zynische daran ... diese Krankheit ... zu Wenige sind betroffen und deshalb "lohnt" es sich nicht zu forschen und eventuell Heilen zu können.

Einfach nur sprachlos.

Andreas
 
Hallo Andreas,
gestern Abend habe ich an Ivy und dich gedacht und wollte heute mal fragen wie es Ivy geht.
Es tut mir sehr Leid das es ihr schlechter geht.
Die Geschichte mit Ivy hat mich sehr berührt und ich muss oft an sie denken. Nun habe ich vor einigen Tagen erfahren, das ein guter Bekannter auch an ALS erkrankt ist. Ich habe mir grade nochmal alles durchgelesen und bin ziemlich fertig.
Eine furchtbare Erkrankung..................
Ich wünsche dir viel Kraft für die Pflege und Ivy und ihrer Familie alles Gute.
Ganz liebe Grüße
Ellie
 
Hallo Andreas!
Ich bin gestern zufällig auf diesen Strang gestossen und hab mich festgelesen. Du beschreibst Ivys Krankheit mit so viel Herzenswärme und Einfühlungsvermögen, daß einem teilweise die Tränen in den Augen stehen.Was für ein Schicksal!!!! Aber welches Glück für Ivy Dich als Pfleger und Bezugsperson zu haben .Ich finde es unglaublich, was Du dort leistest und wie sehr Du Dich einbringst. Wir alle wissen, wie es ausgehen wird....Aber ich denke, daß das Erlebte auch für Dich eine Bereicherung sein wird. Ich wünsche Dir und Ivy viel Kraft für die nächste Zeit.
Liebe Grüsse junimond
 
Abendschön!

@Ellie

ein guter Bekannter ist eigentlich ein Freund. Hm ... trotzdem, ja genau das was hier diskutiert wurde: Ist es wirklich ALS, das ist eine wichtige Frage. bei Ivy, der verlauf ist nicht der normale Verlauf, eben ihr Verlauf, war und ist "brutal", wie die Ärzte sagten und "brutal" ist kein normaler ärztlicher Ausdruck.

Es gibt Hoffnung. Das was ich hier beschrieben habe ... mit der plötzlichen Besserung, kein Mensch weis, was da genau passiert ist. Ich auch nicht, aber ich werde noch einmal die Akten studieren ... vielleicht gibt es einen Anhalt, einen Grund. Ganz viele Menschen haben dies von Ivy gelesen und das macht Mut ... ganz viele denken darüber nach. Ja und hier?! Mindestens 2500 Menschen leiden in Deutschland unter ALS, sie werden betreut von uns Pflegekräften. Das bedeutet bei einem 8 Stunden Dienst pro Tag, und freien Wochenenden ... Mindestens 8000 Pflegekräfte (Leute berichtet doch mal endlich über eure Erfahrungen!!!!) und das ist potentiell eine Riesenchance, eben das jemand etwas beobachtet, das jemand gesund wird.

Ich meine damit. Wenn die Diagnose ALS steht und jemand gesund wird, da sagt jeder Arzt: "Wir haben uns vertan." Die spannende Frage ist, wann war es ALS und jemand wurde gesund? Verstehst Du, unsere Erfahrungen haben ein sehr großes Potential, wir sollten nur beginnen zu berichten. Wo seit ihr 8000 Pflegekräfte mit Erfahrungen bei dieser Krankheit? Sprecht endlich!

Ivy ging es einmal plötzlich besser, was diese Erkrankung nicht vorsieht, aber es ist passiert. Deinem Freund, davon würde ich ihm berichten.

Ja und kein Zweifel ... ALS ist ein furchtbare Krankheit

Ganz freundlich

Andreas

@ junimond

Gibt es da nicht ein Lied von Rio Reiser mit diesem Titel? Schönes Lied.

Ivy, diese Geschichte hier. Nun ich pflege Sie ... zur Zeit eher selten, leider ich kann es nicht bestimmen. Aber, was ich weis, wo ich sicher bin. Ich bin am Puls, von Ihr ... der Familie. Eben ich lasse mich ein, bin wie gesagt bei ihr in gewisser Art unprofessionel. Nicht das Fachliche (da bin ich sicher professionel), sondern "menschliche" ... das nehme ich mit und das ist eine bewusste Entscheidung. Eben es ihr einfach "schuldig" sein. Sie ist eine Bereicherung für mich. Ich leiste nicht viel, sondern nur das was ich kann.

Andreas