Team Wallraff - Reporter undercover

Das bedeutet also im Umkehrschluss- ich schaue lieber weg, denn sonst verliere ich meinen Job. Das muss jeder für sich selber entscheiden. Damit ist das Argument "was soll denn aus den Bewohner werden, wenn ich gehe" mehr als verlogen.

I-wo hat einer geschrieben, dass lediglich 50-70% der Heime empfohlen werden können, weil es dort nicht so zugeht, wie in den Einrichtungen aus Reportage. Das bedeutet, dass man ev. selber oder Angehörige zu 30-50% die Chance hat, in so einem Heim zu landen. Kein schöner Ausblick.

Elisabeth
 
Nein das soll es nicht bedeuten aber ich weiss nicht wieviele Menschen sich in dem Privileg befinden sagen zu können, dass man auch mal 2-3 Monate ohne Job auskommen kann um sich die passende Stelle zu suchen. Da spielt auch viel Glück mit.
Wer vor der GF kuscht wenn es um lebenswichtige Dinge geht, ist selbst schuld und macht sich auch noch selbst strafbar. Von daher war schon immer meine Meinung: Meinung sagen, gewissenhaft handeln und sich rechtlich somit nichts zu schulden kommen lassen.

Ich selbst habe schon einen Fall der Kündigung während Probezeit hinter mir. Grund war: bei halluzinierender hoch fiebriger Patienten Paracetamol Supp. gegeben. Die Leiterin meinte ich hätte doch palliativ handeln sollen und statt Paracetamol lieber Wadenwickel.
Abgesehen davon dass der Grund lächerlich ist, ist das kein palliativer Ansatz. Aber das ist eher offtopic.
Wer mich deshalb kündigt, hat MICH nicht verdient ;) Und das ist nicht hochtrabend gemeint, aber ich habe meine Ausbildung nicht umsonst gemacht um eigene Entscheidungen treffen zu können.
Im Krankenhaus ist es doch auch so, der Arzt kann nicht ohne Pflege, die Pflege nicht ohne Arzt. Aufeinander zu gehen, mit Selbstbewusstsein und klarem Wissen argumentieren. Man muss wissen wer man ist.
 
Ich selbst habe schon einen Fall der Kündigung während Probezeit hinter mir. Grund war: bei halluzinierender hoch fiebriger Patienten Paracetamol Supp. gegeben. Die Leiterin meinte ich hätte doch palliativ handeln sollen und statt Paracetamol lieber Wadenwickel.


:gruebel:
 
ich habe die reportage leider nicht gesehen, kann mir aber denken wie es abging.
ich habe selber misstände mitgemacht und mich auch gewehrt. wurden meine einwände abgetan, wurde ich recht garstig.
habe mich geweigert anweisungen aus zu führen weil sie einen bewohner gefährdet hätten oder es gegen das gesetz verstoßen hätte (frau mit hinlauftendenz im rollstuhl am handlauf fixieren).
habe mein verhalten dann auch schriftlich fixiert und der heimleitung zukommen lassen. habe überlastungsmitteilungen geschrieben. wo ich dann oft zu hören bekam das sowas garnicht geht. und op das geht.
am besten war mal das mir gesagt wurde das ich als einfache pflegekraft davon eh keine ahnung hätte. am nächsten tag war ich wieder im büro und legte der pdl mal meine urkunden über die verschiedene weiterbildungen auf den tisch (verantwortliche pflegefachkraft, pdl schein, qualitätsmanagement...ect. (war sogar besser ausgebildet als diese..hehe))
wenn ich absolut nicht weiterkam habe ich angehörigen tipps gegeben, worauf sie mal achten sollen.
und auch schon anonyme hinweise dem MDK, der Heimaufsicht oder dem Gesundheitsamt zukommen lassen.

ich bin also ein recht unangenehmer zeitgenosse wenn es gegen die mir anvertrauten menschen geht, gegen mich oder meine kollegen. gab auch schon die eine oder andere abmahnung, die ich aber jedesmal wiederlegen konnte, notfalls mit meiner rechtsanwalt. darum bin ich auch wohl bei meinen letzten beiden stellen rausgeflogen. aber nicht mit mir.
kündigungsschutzklage und recht bekommen.
wurde ziemlich teuer für die betreiber.
 
Ich war für 2 Monate als Pflegehilfskraft im Heim tätig...
Teilweise waren wir im Frühdienst zu dritt. Ein Examinierter und 2 Helfer. Der Examinierte wurde auf die "schweren" Fälle eingeteilt, wir die anderen.
Ich hatte 2 Tage Zeit mitzulaufen, dann musste ich alleine los und die Bewohner fertig machen... ich kam mir teilweise auch hilflos und alleine vor. Hatte ich Fragen oder brauchte Hilfe war ich alleine. Ich hatte immer Angst was falsch zu machen. Vor jedem Transport aus Bett in Rollstuhl oder umgekehrt war ich nervös. Einmal riss mir da auch eine Hose einer Bewohnerin, weil ich sie nicht gut gepackt hatte wohl.
Eine Bewohnerin galt als "schwierig", sagte, dass ein Pfleger sie umbringen will, man hätte ihr das Kissen aufs Gesicht gedrückt.
Zu dieser Dame wollte dann keiner mehr rein, so blieb sie schon mal nass im Bett liegen, bis ich oder eine andere Hilfskraft dann da waren.

Gekündigt habe ich nach einem dubiosen Todesfall auf einem Wohnbereich wo ich Sonntags im Frühdienst ausgeholfen hab. (ich und eine andere Hilfskraft + 2 Examinierte, die aber für das gesamte Heim zuständig waren an dem Tag). Ich wurde zur Seite genommen und gesagt bekommen, ich soll nichts erzählen, was ich gesehen habe, ich war zu dem Zeitpunkt woanders gewesen.
Ich war ziemlich eingeschüchtert und hatte natürlich Angst. Montag habe ich gekündigt dann.
 
Kündigen und woanders anfangen - gut und schön und oft unvermeidlich.

Man kommt vom Regen in die Traufe.

Ich denke, daß hier die Kassen - auf Kosten ihrer Versicherten - pennen.
(Ebenfalls aus "Profitorientierung")

In die Rahmenvereinbarungen (stationär & ambulant) gehört ein angemessener
und verbindlicher Personalschlüßel festgeschrieben.
Dieser ist engmaschig zu prüfen und konsequent umzusetzen :
Kein Personal = Keine Honorierung der Leistungen.

Sonst wird das nie was.
 
Von 1985-1987 habe ich ein Praktikum in einem Kölner Altenheim absolviert...damals war ich naive 17-19 J alt. Es wurde geschlagen, geschimpft,alte Menschen unter Schmerzen in die Wanne gehieft. Man setzte die Bewohner zum essen vor den Tisch auf den Nachtstuhl....ich fands Alles furchtbar,dachte aber das muss so sein. Die ersten Medikamente,die ich kennen lernte hießen Dipeperon und Haloperidol und die wurden sehr großzügig verteilt. Hilfskräfte, Ungelernte arbeiteten dort:putzen,pflegen,Essensausgabe und Hausarbeit waren der Aufgaben bereich.....organisiert und geleitet wurde von Nonnen der kath Kirche. Bis Mitte 1987,dann gab die Kirche die Pflege ab und examinierte Pflegekräfte wurden eingestellt. Ich begann meine Ausbildung und kann nicht sagen,wie es weiterging. Traurigerweise scheint es immer noch solch schlecht geführte Einrichtungen zugeben ,mag man Hr Wallraff glauben. Trotz MDK Kontrollen. Das Personal wird weiter wie Zitronen ausgequetscht. Hautsache,die Doku stimmt. Ich höre aber aus den Bekanntenkreis von vielen guten Einrichtungen,wo liebevoll und professionell mit den anvertrauten Menschen umgegangen wird,WIE teuer ist das! ich hörte was von €3000,-mtl...im 2 Bett Zimmer....:(
Herr Wallraff könnte man für einen großen Selbstdarsteller halten,....alleine weil ich nicht mag,wie sehr er polarisiert,habe ich die Sendung bewusst nicht angeschaltet.
 
Du verteufelst Walraff... und betreibst das gleiche Spiel. Oder hast du i-was anders gemacht? Ich kann da nix finden. Das Argument der Naivität würde ich ganz schnell versenken. Mit 17-19 J. ist man auch in D strafmündig. Man kann also Recht und Unrecht auseinander halten und entsprechend handeln.
Ergo: Auch du warst jemand, der das System so wie es ist am laufen erhalten hat. Und auch du hast zuerst deinen Job gesehen.

Mich k*** es mittlerweile an, dass Pflege offensichtlich nicht willens ist ihren Anteil an diesen Missständen anzunehmen. Da wird immer auf andere gezeigt. Man selber wäre ja nicht so, wenn die Umstände nicht so wären. Es wird Zeit, dass man begreift, dass man zum Mittäter wird, wenn man dies duldet.

Elisabeth
 
Was genau erwartest Du denn von einer 18-19 Jährigen Praktikantin, die einiges am Rande mit bekommen hat? Was hättest Du denn getan? Warst Du als junge Erwachsene mal in solch einer Situation? Hast Du die Dinge immer sofort perfekt in Dein Weltbild einordnen können? Dies erlebte ist fast 30 Jahre her!
Ich verteufele Wallraff nicht-ich glaube nur nicht, das einseitig berichtetes uns in D weiterbringt.
 
In meiner Familie war es nicht normal, dass man alte Menschen beschimpfte und schlug. Es passt nicht in das Weltbild, dass ich mitbekommen habe. Und da ich eh kein bequemer Mensch war, hätte ich den Mund aufgemacht. Wobei- da hätten auch meine Eltern mit eingegriffen.

Nebenbei- die Zeit der Naivität war bei mir schon mit 16 zu Ende. Da begann meine Lehre und mit 19 war ich fertig mit der Ausbildung.

Es kann nicht sein, dass selbst hier noch weiter von unsäglichen Zuständen berichtet wird und man gleichzeitig nach Entschuldigungen sucht, warum man sie nicht angeht. Das passt einfach nicht zum Berufsethos.

Elisabeth
 
Ich bin zwar nicht oft Elisabeth's Meinung, aber hier muss ich ihr mal definitiv Recht geben, auch als ich mein FSJ gemacht habe mit 17/18 konnte ich Recht und Unrecht schon unterscheiden, dementsprechend habe i9ch auch den Mund aufgemacht wenn was nicht mit Rechen Dingen zu ging.
Dieses Argument, mit der Jobsuche kann ich auch nicht mehr hören, lieber läuft man also in diesem System mit, jammert rum dass alles so schlecht ist und schiebt der Politik den schwarzen Peter zu, aber mal selbst was in die Hand zu nehmen, darauf kommen nur die wenigen.
Die Pflege steht sich da ja teilweise auch oft selbst im Weg, wie oft werden denn Angehörige von Patienten als „Feinde“ angesehen?! Anstatt mit Ihnen zu Reden und auch mal die Karten auf den Tisch zu legen. Das traut sich niemand, weil man sich ja dann in seiner Ehre gekränkt fühlt oder man sich vielleicht eingestehen muss, dass man es nicht mehr packt.
Letztendlich bin ich immer noch der Meinung dass sich auch auf lange Sicht nichts ändern wird, und da können noch so viele „Wallraffs“ kommen. Solange wir/ihr euch selber be******t braucht man sich nicht zu beschweren. Und hört auf mit dem „Also bei uns ist es gar nicht so“ Zeigt mir ein Pflegeheim in dem alles wie im Bilderbuch abläuft, genug Personal, adäquate Versorgung der Bewohner und und und so was gibt es nur in unseren träumen.
Sauber, Satt, Sediert….das ist die Devise und nichts anderes.
Ich kann gar nicht so viel essen wie ich ***** will.

 
Och- die gibt es schon... die Heime in denen es gut läuft. Das sind auch nicht immer nur die teuren Heime. Meine Erfahrung aus 10 Jahren Seminartätigkeit... ich habe viel an Kreativität lernen dürfen von Kollegen, die in kleinen überschaubaren Häusern gearbeitet haben. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Sie haben mir den Glauben an eine menschliche Pflege erhalten.

Elisabeth
 
Ich arbeite auch in einem kleinen überschaubaren Heim und wir können auch noch, wenn es sein muss, stündlich mit den Bewohnern auf die Toilette gehen. Kirchlicher Träger mit Unterstützung von freiwilligen Helfern und "eigentlich"zu viel Personal. So sollte ein Altenheim sein, aber leider die Ausnahme.
Profitgier, Wegschauen der Politik, MDK-Richtlinien und andere Umstände (z.B.Fachkräftemangel, Verschleiss des Personals...bis zum Krankenstand,schlechte Bezahlung) fördern die "Schwarzen" Schafe.
 
Man sollte nicht immer den Medien glauben. Auch das Forum hier oder sonstige Initiativen wie "Pflege am Boden" dürften nicht der Realität entsprechen. Denn wenn es fast nur unhaltbare Zustände in D geben würde, dann wären ja wohl mehr auf der Straße. Es sei denn, dass es den meisten Pflegekräften egal ist, ob der Pat./Pflegebedürftige unter den Umständen leidet und er zuerst an seine Arbeitsplatzsicherheit denkt. Das stellt dann aber die vielgepriesene These "des sich berufen fühlens" und "dem pflegen mit Herz und Hand" auf den Kopf. Und wir müssten uns nicht wundern, dass das Bild der Pflege in der Öffentlichkeit ein so schlechtes ist wie die Medien es uns weißmachen wollen.

Elisabeth
 

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