Streik im öffentlichen Dienst!

Anke Kugler

Newbie
Registriert
31.10.2004
Beiträge
4
Ort
Hannover
hallo Kolleginnen und Kollegen,


Was haltet ihr vom Streik im öffentlichen Dienst?
Ist eure Klinik in den Streik einbezogen, wenn ja, wie sind eure Erfahrungen im Bereich der Pflege?
Erklärt ihr euch mit den Streikenden solidarisch?
Bei Interesse berichte ich gerne darüber, wie es bei uns läuft.


ich bin gespannt


Anke
 
Hi!!!
Auch wenn ich jetzt sicher nicht viel Zustimmung ernten werde geb ich trotzdem mal ein Statement ab.
Also ich halte nichts von Streik. Aber vom Streik im Allgemeinen. Sehe keine Sinnhaftigkeit dahinter.
Wen trifft denn der Streik??? Jedenfalls nicht die Entscheidungsträger. Im Krankenhaus trifft es das schwächste Glied, den Patienten und sonst niemanden. Und es kann nicht sein, dass der Patient darunter leidet.

Habe hier mal einen Streik bei den öffentlichen Verkehrsmitteln mitbekommen. Gott sei dank hab ich an DEM morgen Radio gehört (mach ich sonst nicht). Durfte dann zur Arbeit laufen. Ich war ziemlich angenervt. Weil WEN hat denn dieser Streik getroffen??? Nicht die Leute, die entscheiden, ... DIE fahren mit Limosinen. Den kleinen Mann trifft es. Ich durfte über 2 km zur Arbeit laufen. TOLL! DANKE!

Bin einfach kein Freund dieser (in meinen Augen) sinnlosen Aktionen.
Aber halt nicht nur in der Pflege, sondern generell.

Sorry, ... aber ich bin halt ein Gewerkschafts- und Streikgegner.
 
Das Problem von Streiks im öffentlichen Dienst ist nun mal, dass der Druck auf den Arbeitgeber durch die Betroffenen erhöht wird.

Beim derzeitigen Streik tue ich mich schwer mitzugehen. In einer Zeit von 5 Millionen Arbeitslosen sich um 18 min tägliche Mehrarbeitszeit zu streiten...? Was bringts?
Geht es den Streikenden tatsächlich um mehr Arbeitsplätze, wie zeitweise publik gemacht? Oder geht es um mehr Gehalt für den Einzelnen? Oder geht es darum bestehende Arbeitsplätze zu sichern? Oder geht es darum, Kraft und Stärke zu demonstrieren gegen den Staat? Mir sind die Ziele zu diffus.

Ich bin nicht gegen den Streik - aber es sollte auch für den Normabürger nachvollziehbar sein, was gewollt wird. Das Arbeitszeitproblem ist hausgemacht. Die vorhandenen Arbeitskräfte können die anfallenden Arbeiten in der vorgegebenen Zeit nicht mehr schaffen. Mehr Einnahmen sind nicht zu erwarten, so dass mehr Personal eingestellt werden könnte. Ergo muss die Arbeitszeit (moderat) erhöht werden. Oder vielleicht doch nicht? Wie wäre es, wenn man erst mal anfängt alle unnötigen Routinearbeiten zu reduzieren, Abläufe strafft und vor allem besser organisiert. Da haben die Unikliniken nicht selten GANZ großen Nachholebedarf.

Elisabeth
 
Ja, um die 18 Minuten sollte es nun wirklich nicht gehen.
Was aber vergessen wird, ist die Tatsache, dass diese 18 Minuten mehr Arbeitsplätze vernichten.
In diesem Punkt hat Verdi recht.
Allerdings sollte es vielmehr um andere Dinge gehen:
Seit Jahren werden moderate Tarifabschlüsse getätigt, mit dem Versprechen der Dienstgeber, neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Das ist natürlich nicht erfolgt.
Stattdessen wird immer weiter rationalisiert, Stellen gekürzt, Lohnbestandteile gestrichen oder gekürzt.
Irgendwann geht es einfach nicht mehr.
Im öffentlichen Dienst wird nicht soviel verdient, dass man locker auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichten kann. In vielen Häusern gibt es durch die Öffnungsklauseln auch Einbußen bei den Monatsgehältern, zusätzlich zur Streichung von Weihnachts- und Urlaubsgeld.
Gegen eine 40 Stunden-Woche habe ich nichts, aber wozu soll sie dienen außer zum Einsparen von Stellen??
Die Schmerzgrenze bei den Lohneinsparungen ist längst überschritten.
Wir wollen doch lediglich, dass sich unsere Situation nicht noch weiter verschlechtert, gerade im Bereich der Krankenhäuser, wo Verwaltung und Pflegedienst teilweise sehr schlecht vergütet werden.:motzen:
Die Arbeitsabläufe sind zumindest bei uns im Haus mehrfach gestrafft worden, irgendwann ist einfach Schluss.
Stellen werden nicht besetzt, oder längere Zeit frei gelassen.
Es wird outgesourced was das Zeug hält.
Verdi sollte sich auf diese Punkte konzentrieren und nicht fast ausschliesslich auf die sch... 18 Minuten.
Das dem Bürger da die Hutschnur hoch geht ist doch wohl klar.
Ich frage mich wirklich, was dort für Strategen am Werk sind???
 
Was aber vergessen wird, ist die Tatsache, dass diese 18 Minuten mehr Arbeitsplätze vernichten.
In diesem Punkt hat Verdi recht.

Kann verdi diese Aussage beweisen? Ich befürchte fast nicht. Wenn es um die Kürzung von Arbeitsstellen gehen würde, würden Stellen nicht mehr neu besetzt und gut is.
Aber es scheint ja genug Arbeit da zu sein, so das eine Erhöhung der Arbeitszeit angezeigt ist. Es ist nämlich billiger mehr arbeiten zu lassen als neu einzustellen.

Elisabeth
 
Ich finde es ja auch nicht gerade super, dass man nun "18 Minuten" mehr arbeiten soll, aber ich glaube dass ich aus Gewissensgründen niemals an einem Streik teilnehmen könnte.
Soviel Leid wie bei uns auf Station manchmal ist, und wie dankbar die Menschen oft sind dass man ihnen hilft.... ich weiß nicht, ich glaube ich würde das nicht mit mir vereinbaren können die Menschen in ihrem Dreck liegen zu lassen, oder ihnen nichtmal eine Grundversorgung zu geben....

Am Schlimmsten finde ich eigentlich, dass jetzt sogar schon Tumorpatienten auf ihre Ops warten müssen....da zählt doch einfach jeder Tag, es ist unglaublich.

Was würden die Leute tun wenn es um das Leben eines Angehörigen gehen würde... oder um ihr eigenes... da würden sie sicherlich nicht erstmal eine Runde streiken und dann versuchen Leben zu retten.
 
Geht man von eintausend Angestellten aus, so würden diese bei tgl. "nur" 18 Minuten Mehrarbeit insgesamt 540.000 Minuten im Monat mehr arbeiten, das entspricht 9000 Stunden! Man müßte 55 neue Leute einstellen, die mit 38,5 Stunden/ Woche arbeiten um diese Arbeitspensum zu bewältigen. Andererseits könnte man bei 18 Minuten Mehrarbeit täglich entsprechend 55 Stellen einsparen, würde jeder Verwaltungsdirektor gerne sehen. Wie oben schon erwähnt, sollten eingefahrene Strukturen aufgebrochen werden, Abläufe und Strukturen überdacht und optimiert werden.
 
Manchmal bin ich schon verwundert... Mit Einführung der DRG`S kommt es in den nächsten Jahren zu einem Abbau der Krankenhausbetten um bis zu 25%. Die durchschnittliche Verweildauer wird 5 Tage betragen. Bedeutet dieses einerseits eine Fallzahlerhöhung mit deutlich höherer Arbeitsdichte, wird andererseits Personal abgebaut (insbesondere in der Pflege). Einspringen, Verzicht auf freie Tage, Überstunden, Pflege am Limit - wer kennt das nicht?
Mit Rücksicht auf die Patienten nicht streiken? Eigentlich sind wir doch jetzt schon fast täglich im Ausnahmezustand! Was kann Pflege noch verkraften?
Ich pflege gerne, möchte dieses aber in den nächsten Jahren auch noch gerne und vor allem gut. Ein bisschen Solidarität würde uns, auch im Sinne der Patienten, nicht schlecht zu Gesicht stehen.
 
Solange es in der Pflege nur Bewegung gibt, wenns um die eigene Kohle geht, kann ich mich zur Solidarität nicht entschließen.
Aber vielleicht kommt ja noch der Tag, wo es um Pflegeinhalte geht und da bin ich gerne bereit mich zu solidarisieren bzw. aktiv zu werden: das nutzt dann nämlich mir und dem Patienten. Und ich kann dem Patienten auch dann noch ins Gesicht sehen, weil ich ihm erklären kann, dass er zukünftig für mehr Geld auch eine bessere Qualität bekommt. Diese Ziel kann ich im derzeitigen Streik nicht entdecken: ein Streik, wo jeder seine Ziele verfolgt.


@ Savannah, woher hast du eigentlich die Zahlen?


Elisabeth
 
Ich glaube nicht mehr an Bewegung in der Pflege... Leider haben wir es immernoch nicht geschafft, uns ein Sprachrohr zu verschaffen. Und das Ver.di es nicht ist, denke ich ja auch.
Die Zahlen entnahm ich u.a. der Tagespresse im November 2005, wo deutlich stand dass tausende von Klinikbetten wegfallen und jede 10. Klinik wirtschaftlich nicht überleben wird. Diese beriefen sich auf den Krankenhaus-Rating-Report 2006. Interessant ist auch die umstrittene Arthur-Andersen-Studie aus dem Jahr 1999, die die Entwicklung der Krankenhäuser bis zum Jahr 2015 beschreibt.
Fakt ist, es wird noch einiges auf uns zukommen, und wir müssen am Ball bleiben...

Grüße
 
Tja, die Pflege hofft auf die Lösung all ihrer Probleme durch ... ja durch wen eigentlich????

Gehen wir davon aus, dass Klinikbetten reduziert werden, weil man erkannt hat, dass ein Krankenhaus nicht die sozialen Probleme lösen kann. Gehen wir davon aus, dass die Kosten im Gesundheitswesen nicht bezahlbar werden - und davon gehe ich aus: immer weniger Beitragzahler, immer teurere medizinische Therapien, immer höhere Erwartungen an das Gesundheitswesen mit dem Wunsch nach Unsterblichkeit. ... Was wird dann aus der Pflege werden?

Pflegende mit einem Examen wird man in der zukünftigen Krankenhaus-Kultur suchen müssen. Es werden einige wenige auf den Stationen sein für die Planung und Organisation von Pflege - und Behandlungsabläufen, für die Übernahme ärztlicher Tätigkeiten. Und es wird Hilfspersonal geben, das ev. noch nicht mal deutsch spricht - Hilfspersonal fürs waschen, füttern, trocken legen. Selbst auf Intensivstationen ist die Grundpflege nicht zwingend an examiniertes Personal gebunden.

Und Pflegende sind heutzutage zufrieden mit einem Pyrussieg: http://www.nzz.ch/2006/03/01/al/newzzEK9TJ9JZ-12.html
Damit hat verdi ihren eigenen Tarifvertrag m.E. torpediert, indem es ja nicht mehr um die Anzahl der Kinder gehen sollte - sondern um Leistung. Aber Back to the roots ist wahrscheinlich immer noch besser als eingestehen müssen, dass man nicht so mächtig ist, wie man gerne sein möchte.

Wenn wir etwas ändern wollen und uns Gehör verschaffen wollen, dann wirds Zeit sich mit Basisfragen zu beschäftigen: welchen Platz mit wievielen Mitarbeitern mit welcher Qualifikation soll es zukünftig geben. Und diese Fragen beantworten weder verdi noch unsere zahlreichen Berufsverbände. Bleibt also nur... jeder Einzelne? Oder gibts da noch was?

Elisabeth
 

Ähnliche Themen