Recht auf "Hofgang"?!

M!aren

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Gesundheits- und Krankenpflegerin
"Der Hofgang ist in § 64 Strafvollzugsgesetz geregelt und wird als Aufenthalt im Freien bezeichnet. Üblich sind in deutschen Gefängnissen Hofgangzeiten zwischen einer und zwei Stunden."

Ketzerische Frage : Wie sieht es eigentlich aus mit dem Recht unserer betagten Patienten auf "Aufenthalt im Freien" ?
Ich betreue eine Patientin, die im 1. Stock wohnt. Sie kann noch am Rollator in ihrem Zimmerchen vom Sessel zum Tisch und zurück gehen, auch zum Bad oder der Küche, aber sie kommt auf keinen Fall die Treppe runter.
Die Rente ist sehr schmal, sie wohnt im Haus des Sohnes, aber das Verhältnis ist sehr schlecht.
Die Patientin leidet unter depressiven Verstimmungen - das würde ich an ihrer Stelle auch !!! (Es kommt fast keine Sonne in das Zimmer.)
Ausser Fernsehschauen ist ihr nicht viel geblieben....

Wie käme man in so einem Fall an einen Treppenlift ?
Aber dann bräuchte sie ja auch jemand der mit ihr ein bißchen läuft oder so... Bewegung wäre sicher sehr gut für sie, physisch und psychisch !

Ach, ich kenne mich da einfach noch viel zu wenig aus, Nachbarschaftshilfe wäre ja da geeignet, aber die kostet natürlich auch wieder -
kennt sich jemand von euch da gut aus und kann mir ein paar Hinweise geben ?
 
Hallo Maren,

ein solches Gesetz, vgl. wie bei Gefangenen ist mir nicht bekannt und gibt es in der Form z.B. auch bei psychiatrisch untergebrachten Personen m.W. nicht. Allerdings gibt es ein Grundrecht auf Freizügigkeit, insofern könnte die Behinderung der Fortbewegung deiner Klientin eine Freiheitsberaubung darstellen.

LG Ben
 
Ein Treppenlift ist auch nicht günstig - vom Einbauen her weiß ich nicht, wie aufwändig das ist, da wäre dann wahrscheinlich noch die Frage zu klären, wem das Haus gehört (ihr oder dem Sohn).
Dein Engagement in allen Ehren, pass auf, dass du nicht zu viel auf einmal verändern willst (s. auch Thread mit den Medikamenten). In meiner Ausbildung war ich auch in der Sozialstation und wir hatten eine alte Dame, die dement war und den ganzen Tag in der Wohnung eingesperrt war, da sie sonst weggelaufen wäre. Sie bekam morgens und mittags das Essen von der Sozialstation, auf Wunsch des Sohnes aber immer nur Semmeln in Milch eingebrockt. Ich kam dann auf die Idee, ihr mittags mal was "Ordentliches" geben zu wollen, die Krankenschwester mit der ich mitfuhr, war da auch gleich begeistert davon und wir haben ihr (auf eigene Kosten) ein Fertigmenü gekauft. Das gab dann großen Ärger mit dem Sohn (der auch der Betreuer war) und der PDL der Sozialstation. Ich hab dann für mich das Fazit gezogen, dass ich nie dauerhaft im ambulanten Dienst arbeiten könnte, da mir sowas auch sauer aufstößt, vor allem, wenn man es nicht ändern kann mangels Unterstützung der Vorgesetzten.
 
Danke Susi, für deine Warnung. Ich würde natürlich gern alles gleich verändern und die Welt retten .... ich habe auch 1000 gute Ideen.... :daumen:...., bin aber in der Zwischenzeit auch so lebenserfahren, dass ich weiß, dass ich vorsichtig sein muß und vieles einfach nicht geht und manches hingenommen werden muß.

Deshalb gehe ich mit meinen Ideen auch nicht gleich zu meinen Kollegen oder Vorgesetzten, aber so in "aller Stille" am PC hier im Forum ein bißchen drüber nachdenken, das mache ich schon sehr gern.

Ich werde auch sicher nicht losziehen und ohne Absprache mit Kollegen und Vorgesetztem mich mit Ärzten oder Angehörigen anlegen oder was verändern.
Wenn man neu ist, fallen einem aber sicher auch verschiedene Dinge auf, die man wenn man schon lange an einer Stelle arbeitet, gar nicht mehr wahr nimmt.
 
Ich wollte auch gar nicht absprechen, dass was verändert werden müsste, das kannst du vor Ort selber besser beurteilen (und vielleicht auch gerade, wenn man neu und "frisch" ist).. Aber eben langsam, der stete Tropfen höhlt den Stein :). Aber vieles, was man als ideal ansieht, lässt sich denk ich gerade in der Privatsphäre nicht so leicht umsetzen.
 
Gerade im Team lässt sich das am besten erörtern. Pflege ist ein Mannschaftssport !
Das Team kennt den Patienten und seine Situation und die Grenzen der Möglichkeiten.
Oftmals besser als Du. Erst wenn Du da nicht weiterkommst, solltest Du Dir andere Meinungen einholen.

(Keine Kritik, sondern Erfahrungswert)
 
Elfriede, ich habe jetzt eher andersrum gedacht... und wollte bei euch Rat einholen und Sichtweisen dazu erfragen bevor es sozusagen "Ernst wird" und ich es im Team bei den Kollegen - die ich ja noch kaum kenne - anbringe.
So wollte ich mir auch klar werden, mit welchem Thema ich dann bei der Teambesprechung rausrücke... und welche Dinge ich mal lieber noch eine Weile abwartend beobachte.
Klar kennen die den Patienten und seine Situation und die Grenzen der Möglichkeiten besser !
 
Hallo Maren,

die Welt verändert sich mit kleinen Schritten.

Ich habe eine demente und depressive Mutter, daher habe ich einige Erfahrung mit "Hofgang".
Meine Mutter wohnt im Erdgeschoss, für die eine vorhandenen Stufe ist auch noch eine Rollator-Rampe vorhanden.

Sie verlässt ihre Wohnung nur unter maximaler Motivation - ein Garten wäre auch noch vorhanden.
Dabei beschimpft sie auch noch die Helfer, bzw. die Ergotherapeutin - mich natürlich genauso, eine Qual für einen alten Menschen, sie will ihr selbstbestimmtes Leben (auf dem Sofa) führen.

Nicht alles was ich als für sie positiv empfinde, bzw. was sie positiv empfindet kann auch umgesetzt werden, weil die Compliance fehlt.

So sagte sie z.B. am Sonntag: Morgen gehe ich raus, gehe ich wieder spazieren.
Montag - bei strahlendem Sonnenschein:Naaaa, heut net, aber morgen wieder...

Sie würde dir freudig zustimmen - rauszugehen, aber wehe du würdest es umsetzen wollen, dann fallen ihr 1000 Gründe ein warum nicht.

Die Rollatorrampe war so eine Aktion. Sie schafft die Stufe nicht in den Garten, möchte aber soooo gerne raus, also organisiert die Tochter die Rampe.
Ergebnis: Nein, die ist geht garnicht, zu "steil" zu keine Ahnung was.

Übrigens gibt es von der Pflegekasse einen Zuschuss (dieses Jahr 4000,-) für die Wohnumfeldgestaltung - dazu würde der von dir erwähnte Treppenlift zählen.
Dazu muss natürlich der Eigentümer des Hauses zustimmen.

Doch, wie schon geschrieben - kann auch total in die Hosen gehen. Es gibt noch viele Gründe warum man den dann nicht benutzen kann...

lg
Narde
 
Liebe Narde, da machst du (und deine Mutter) echt Heftiges durch...
Du schreibst "die Welt verändert sich mit kleinen Schritten" - aber du hast da so große Schritte gemacht - und trotzdem verändert sie sich an dieser Stelle nicht wirklich.
Allerdings hast du gemacht, was du konntest - auch wenn es dann trotzdem nichts wird.

Aber ich werde bei meiner Patientin auf jeden Fall erst mal die "kleinen Schritte" machen.
Freundlich sein, versuchen sie aus der Reserve zu locken, diese undurchsichtigen Stores die auch noch das wenige Sonnenlicht aussperren aufziehen, mir bis zum Sommer was einfallen lassen wie sie vielleicht wenigstens den kleinen Nordbalkon mit Stufe nutzen kann... usw :roll:
 
Ne, ich mache nur kleine Schritte mit ihr - nicht mehr als sie toleriert. Sonnenlicht wird bei uns "ausgesperrt" - da kommen die Rolläden runter. "Soviel Sonne tut nicht gut für einen alten Menschen" - der braucht Ruhe und Erholung auf seinem Sofa.
Das ist eben die Depression und die Demenz - eine böse Kombination.

Bevor die Frage kommt - doch meine Mutter ist sowohl mit Antidepressiva als auch mit Demenzmedikamenten eingestellt, wenn nicht gerade ein Schub der Depression kommt, eigentlich sehr gut und auch am Limit mit den Dosierungen. Sie hat eine hervorragende Gerontopsychiaterin und Hausärztin, nur zaubern können wir alle nicht.
 
Mangelnde Compliance ist eine Sache, da schaffe ich es inzwischen nach Jahrzehnten des Übereifers und der blutigen Nasen den Patienten da abzuholen, wo er steht.....und auch wie verrückt kleine Veränderungen zu loben.
Aber Situationen, in den seitens des Umfeldes auch nur ein bisschen Beweglichkeit nicht gewährt sondern der Betroffene lediglich "verwaltet" wird, erlebe ich zu Hauf. Gegen so eine Haltung fehlen mir in der Regel die Mittel und manchmal frage ich mich zynisch, warum wir zwar ein Tierschutz- aber kein Menschenschutzgesetz haben.....

Ich kann mich an eine Patientin in einem Dachgeschosszimmer erinnern, wo lediglich der Fernseher lief und regelmäßig Malzeiten angeboten wurden. Viel zu selten kamen wir zur Inko-Versorgung und sie lag im Bett in extrem gekrümmter Haltung und sämtliche Verhandlungen mit den Angehörigen schlugen fehl..."der Arzt habe angeordnet, dass sie mit sehr hochgestelltem Kopfteil im Bett liegen soll, das sei gut für sie"....
Ein gut angepasster Stuhl stand verwaist beiseite und ich hab' mehr als einmal schreiend vor Wut nach dem Einsatz im Auto gesessen....:(
 
"...manchmal frage ich mich zynisch, warum wir zwar ein Tierschutz- aber kein Menschenschutzgesetz haben....."
da hast du echt Recht !!!

Das habe ich mich zB auch oft gefragt nach einem ergebnislosen Kampf um menschenwürdige Beförderung unserer Kinder im Bus. Weil es kein ausgewiesener Schulbus ist sondern als "normaler Linienbus" läuft, darf er vollgestopft werden, bis die Kinder stehend vorne neben dem Fahrer hinter der Windschutzscheibe stehen. Weil die Grundschüler ja nicht so schwer sind wie Erwachsene, besteht auch nicht die Gefahr, dass der Bus vom Gewicht her überladen wird. Jedem Huhn steht beim Transport ein Mindestplatz zu !
 
Wenn ihr wüsstest, was das für ein Tier"schutz" Gesetz ist, würdet ihr es nicht mehr für Menschen fordern - außer vielleicht, ihr wollt sie in Zirkussen auftreten sehen, vom Jäger erschießen lassen und für Juden schächten lassen dürfen. Im Zweifel werden sie auf der Straße ausgesetzt oder verkauft.
Leute - für Menschen gibt es ein Grundgesetz. Und das beinhaltet nicht wenig.

LG Ben
 
Schon klar, dass unsere Gesetze nur so gut sind wie ihre Umsetzung, so sind am Ende doch immer wir als Menschen gefordert. Aber wer achtet in o.g. Fall auf Einhaltung?
 
Jeder für sich! Ich bin dafür zuständig meine Rechte für mich einzufordern und für meine unmündigen Kinder und von mir betreute Personen.
Außerdem kann ich in Institutionen für Menschenrechte mitarbeiten und bei Wahlen mir vorher gut die Parteiprogramme durchlesen.
Ich habe ein sehr hoches Bedürfniss nach Selbstbestimmung, ich würde mir von Niemanden Entscheidungen abnehmen lassen.
Als abhängige pflegebedürftige Person ist dies natürlich schwierig, liegt aber an mir dies frühzeitig zu regeln.
Leider kenne ich durch meinen Beruf aber sehr viele Menschen, die dies eben nicht tun, das Thema ist unangenehm und die Kinder "wissen doch,was ich will. Die können doch meine Gedanken lesen"

Nein, mein Nick ist nicht Programm
ich übernehme aber nicht mehr die Probleme anderer Menschen, ich pflege und berate sie gerne und ausführlich, die Entscheidung liegt bei Ihnen
 

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