Politik auf der Überholspur

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Hallo!
Wer und was lenkt die Pflege?

Zur Zeit werden ja wieder Krankenhausreformen diskutiert, inwiefern manche Krankenhäuser werden schließen müssen.

Nicht selten, wie in jeder Diskussion, werden Entscheidungen sich unter Umständen ebenso auf die Pflege auswirken. Veränderungen, die eins-zwei Jahre zuvor durch die Pflegekräfte durchgesetzt wurden, könnten dann wieder unter neuen Vorzeichen stehen; die augenblicklich noch nicht abzusehen sind.

Für die Altenpflege bspw. treten konkret zum 1.7.23 neue Reformen in Kraft, die eine ohnehin gegebene Entwicklung weiter zementiert- hier vor allem das neue "Personalbemessungsverfahren".
Die Pflege wird zerteilt. Je nach Pflegegrad wird es eine "neue Zuweisung" geben, mit mehr Bewohnern mit geringerem Pflegegrad wird das Pflegeheim mit weniger Fach- Pflegekräften besetzt sein. Die Teilung in Behandlungspflege und Körperpflege (sog. "Grundpflege") wird noch stärker Einzug halten. Zur Zeit werden vermehrt einjährige Pflegekräfte ausgebildet. Dies resultiert aus der Reform.

Es ist nicht ganz neu, dass es diese Aufteilung in Pflegeheimen bereits in verstärktem Maße gab. In nicht wenigen Heimen die Quote der Hilfskräfte die der Fachkräfte übertraf. Um die Qualität in den Heimen aufrecht zu erhalten, wurde dann zumindest die 50% Fachkraftquote eingeführt.
Diese wird jetzt wieder zurück genommen.

Nicht nur in der Pflege, im sozialen Bereich überhaupt, stellt sich mir daher die Frage "WO FINDET ÜBERHAUPT BERUFSPOLITIK" statt, "DIE PFLEGE" nicht von "DER POLITIK"vor sich her getrieben?

Sicher es gab Forschung dazu, zu dieser Entwicklung mit dem neuen Personalbemessungsverfahren. Und die Argumentation klingt scheinbar logisch. Nur von wessen Seite erfolgte diese Forschung?
Einer der ausschlaggebenden Gründe war, dass bei Untersuchungen, was wer im Altenpflegeheim macht, aufgefallen war, dass Altenpflegefachkräfte Aufgaben übernommen hatten, die ebenso Pflegehilfskräfte hätten übernehmen können. Die Idee war geboren: Nach Pflegegrad (dem Bedarf an Pflege) die Zuteilung an Pflege zu organisieren. Und scheinbar hatte sich rausgestellt, dass der Anteil der Bewohner-innen mit Pflegegrad im unteren Bereich einen höheren Anteil beträgt als in den höheren Pflegegraden ( 4 oder 5) und Pflegehilfskräfte nun vermehrt eingestellt werden können, "somit der Bedarf an Pflegehilfskräften steige und nicht an Pflegefachkräften (hier im viel geringerem Maße). Klingt-fast- logisch??

Aus der Sicht eines ganzheitlichen Pflegebildes und Pflegeplanung kann man sich schon fragen, wird hier auch das Ende der Pflegeplanung eingeläutet?

LG
Soundness
 
Nicht nur in der Pflege, im sozialen Bereich überhaupt, stellt sich mir daher die Frage "WO FINDET ÜBERHAUPT BERUFSPOLITIK" statt, "DIE PFLEGE" nicht von "DER POLITIK"vor sich her getrieben?
Tja… daher die Notwendigkeit von Pflegekammern.

Aber die wurden ja nicht zuletzt vom eigenen Berufsstand gründlich torpediert.
 
Aus der Sicht eines ganzheitlichen Pflegebildes und Pflegeplanung kann man sich schon fragen, wird hier auch das Ende der Pflegeplanung eingeläutet?
Klingt ganz und gar nicht logisch. 2020 wurde der Pflegeprozess erstmalig als Vorbehaltsaufgabe der Pflege gesetzlich festgeschrieben. Die pflegeplanung ist ein wesentlicher Bestandteil davon.

Pflegefachpersonen planen Ziele und Maßnahmen. Pflegehilfspersonen führen Maßnahmen anhand dieser Planung durch. Das Modell heißt Primary Nursing und ist weder neu noch unbekannt. Es wird auch in vielen Krankenhäusern Deutschlands praktiziert.

1,2 Millionen Pflegende könnten politisch so manches bewegen. Da sie aber selbst viel lieber im Jammertal verharren, anstatt das Steuer in die Hand zu nehmen, ist unsere Profession weitestgehend fremd bestimmt.
 
@ claudia
Es klingt ja ganz "nett" wenn 2020 dieses beschlossen wurde, 2023 jenes. Was dann nicht mehr ganz unter einen Hut zu bringen ist (wenn die Anzahl an Fachkräften abnimmt). "Vorbehaltsaufgabe" schön und gut. Nur eine Pflegeplanung (Pflegeprozess) "kann nicht abgearbeitet werden" nach einer Strichliste- einer To-Do Liste.

In der Gesundheits- und Krankenpflege rückte durch die Verkürzung der Liegezeiten die Entwicklung von einem Pflegeprozess eh schon lange ab, wie ich vermute.
 
Die AEDLs (ATLs, etc.) als Grundlage einer Pflegeplanung (des Pflegeprozesses) ist doch das Herz auf dem die Pflegewissenschaft sich gründet und seinen Ursprung hat? Einfach so mal in den Raum gestellt oder hat sich daran was geändert?

Ich finde, selbstverständlich kann und sollte man sogar darüber diskutieren, ob eine Pflege-fach-kraft alle "Bedürfnisse" im Auge haben kann. Das Ideal der Ganzheitlichkeit in der Pflege (aus den 70er/80er Jahren), wird schon lange durch andere Professionen mit besetzt, im Krankenhaus durch die Physiotherapie oder den Krankenhaussozialdient, die viel präsenter sind, als sie es früher waren.
Im Pflegeheim haben die Betreuungskräfte schon seit 2008 hier einen festen Platz (wurde gesetzlich verankert). Nur anderes als mit den Physiotherapeuten und dem Sozialarbeiterinnenteam im Krankenhaus, brauchen die Betreuungskräfte nur eine 160 Std. (4 Wochen) Ausbildung + zwei Wochen Praktikum. Aufgaben: vom "Bespaßen" bis "zur Biographiearbeit".
 
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"Fachkraftquote und neues Personalbemessungssystem: Rothgang im Interview"
In diesem nicht mal 3 Minuten dauernden Interview (allerdings schon von vor drei Jahren) berichtet Prof. Dr. Rothgang von der Feldstudie, die jetzt zu diesem neuen Personalbemessungsverfahren führt - ab dem 1.7.23.
Aus einem anderen Interview, dass ich suchen müsste, beschreibt er eben wie ich bereits schilderte die Beobachtung im Rahmen der Feldstudie, dass die examinierten Pflegekräfte Aufgaben übernahmen, die ebenso von einer Pflegehilfskraft hätte übernommen werden können.
Interessant wäre zu wissen, ob ähnliche Beobachtungen angestellt wurden, inwiefern Pflegehelfer-innen Aufgaben übernahmen, die von den Pflegefachkräften hätten ausgeführt werden müssen?
 
Die AEDLs (ATLs, etc.) als Grundlage einer Pflegeplanung (des Pflegeprozesses) ist doch das Herz auf dem die Pflegewissenschaft sich gründet und seinen Ursprung hat? Einfach so mal in den Raum gestellt oder hat sich daran was geändert?
Pflegewissenschaft gibt es seit Florence Nightingale. Der Pflegeprozess kam erst einhundert Jahre danach!

Wenn überhaupt, ist die Sache umgekehrt: Pflegewissenschaft erforscht den Sinn oder Unsinn pflegerischer Maßnahmen; die Erkenntnisse aus diesen Forschungen wiederum sollten in die Maßnahmenplanung einfließen. Das gilt natürlich auch für Erkenntnisse aus den Bezugswissenschaften.
Interessant wäre zu wissen, ob ähnliche Beobachtungen angestellt wurden, inwiefern Pflegehelfer-innen Aufgaben übernahmen, die von den Pflegefachkräften hätten ausgeführt werden müssen?
Was wäre die Intention einer solchen Forschungsfrage gewesen? Wie häufig in der Pflege gegen Gesetze verstoßen wird?
 
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