Wir haben vor Kurzem in der Schule über Gewalt in der Pflege gesprochen und sind einstimmig zu dem Entschluss gekommen dass man in der Pflege kaum ohne Gewalt auskommt, vorausgesetzt man macht sich bewusst was man unter Gewalt versteht. Hier einige Beispiele anhand der AEDL:
Kommunizieren
- Unterhaltungen mit Dritten überden Kopf des Patienten hinweg
- Desinteresse / Unaufmerksamkeit
- Verniedlichung des Namens / respektlose Anrede wie "Oma"
- Rügen wie "Haben Sie sich schon wieder vollgemacht?"
- Vermeidung von Blickkontakt
Sich bewegen
- unangemessene Unterstützung der Bewegungen (zu fest, zu grob, zu schnell)
- Einschränkungen des Bewegungsspielraums, z. B. Rollstuhl zu eng an den Tisch schieben
- Liegenlassen im Bett bzw. Zwangsmobilisation
Vitale Funktionen aufrechterhalten:
- zuviel Lüften / Durchzug machen / Lüften wenn jemand nackt ist
- schlechte Gerüche belassen
- Waschwassertemperatur bestimmen
- Rationalisierung von geäußerten Bedürfnissen: "Sie brauchen keine Decke, es ist doch viel zu warm"
Sich pflegen
- Zwang zur Körperpflege, zu Vollbad, Dusche oder Haarwäsche
- zwanghafte Anwendung eigener Hygienevorstellungen
- Haare-/Nägelschneiden, Rasieren wider Willen des Pat.
- Zwangsparfümierung
- ungewollte Anwendung von (Baby)Pflegemitteln
Essen und Trinken
- Verwendung des Wortes "Füttern"
- zu schnelles Essen eingeben
- nicht ausreichend Nahrung/Flüssigkeit geben
- Verabreichung des Essens auf dem Nachtstuhl
- routinemäßige Verabreichung passierter Kost
Ausscheidung
- Sitzenlassen auf Toilette
- "drin liegenlassen"
- Anbringen eines DK
Sich kleiden
- ungewolltes Anziehen von Kleidung bzw.
- Anziehen von ungewollter Kleidung
- Einschließen der kleidung
Ruhen und Schlafen
- zu zeitiges Wecken
- nächtliche Waschungen
- Verabreichen von Schlafmitteln ohne Info oder ungewollt
Sich beschäftigen
- Kindergartenspiele
- Missachtung der Privatsphäre (nicht anklopfen)
- Einhalten eines starren Tagesablaufs
- geistige Aktivitäten verkümmern lassen
Sich als Mann/Frau fühlen
- Anbringen eines DK/Urinalkondom
- Schamgefühl verletzen
- Netzhosen
- Duzen
Sicherheit in der Umgebung
- Fixierung/Bettgitter (wider Willen)
- Vertrauensbruch
- Entwenden der Klingel
Soziale Bereiche des Lebens sichern
- jemanden sich selbst überlassen
- jemanden aus "Zimmer werfen"
- Dauerberieselung durch Radio/TV
- Aufzwingen von Gesprächen
Existentielle Erfahrungen des Lebens
- Missachtung oder Nichtbeachtung der Religiösität
- Abblocken von Gesprächen
- Floskeln ("Das wird schon wieder")
- Gespräche über Sterben/Tod versuchen zu unterdrücken
Das sind nur einige Beispiele, die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Viele der oben genannten Dinge passieren einfach, ohne dass man sich darüber Gedanken macht. Vielleicht kann dieser Thread ja die Leser für genau dieses Thema sensibilisieren.
Man kann viele Dinge nicht einfach anders machen, dennoch sollten sich Pflegende bewusst sein wie sich der Mensch gegenüber, der sich in einer hilfsbedürftigen Situation befindet, fühlt wenn wir automatisch handeln und denken es wäre das Beste für den Patienten. (Hoffe ihr versteht meinen letzten Satz
)
Nun würd mich eure Meinung dazu interessieren, da ich denke dass das ein ganz heißes Thema ist.