Mann jetzt weiß ich gar nicht mehr, wo ich anfangen soll. Mein Post dürfte ziemlich lang werden, um auf jedes Argument einzugehen.
Fangen wir doch vorne an :
WIR - weil wir nicht organisiert sind und den Hintern nicht hochbringen, wenns u.a. ums Streiken geht.
Wir betätigen uns als Trittbrettfahrer und beschimpfen dann hinterher noch diejenigen, die uns die Kohlen aus dem Feuer holen - genau so ist DIE PFLEGEMEHRHEIT.
Ich denke du hast es immer noch nicht kapiert!!!
Verdi sind WIR und verdi ist kein virtuelles Gebilde aus irgendwelchen Avataren, die für die Pflege gutes tun will.
Verdi sind WIR, WIR machen verdi stark oder eben nicht, mit unserem Organisationsgrad, unseren Mitgliedsbeiträgen und
mit unserem Rückgrat für uns zu kämpfen für unsere Ziele einzustehen, oder eben nicht.
Verdi ist "nur" die Plattform/Organisationsform, was wir daraus machen liegt bei uns.
Verdi ist das, was WIR daraus machen - nicht mehr und nicht weniger.
Verdi lebt von der Motivation und dem Engagement seiner Mitglieder und Unterstützer,
durch persönliches Engagement, Mitgliedbeiträgen und
z.B. auch im (Warn)Streik.
Doch das Verweigern zu viele um hinterher beim Kaffee auf Station über den "schlechten" Abschluss her zuziehen.
Selbst beim Warnstreik im Großstädten an Großkliniken sind nur wenig zu motivieren - da braucht keiner sich Gedanken über seinen Arbeitsplatz zu machen,
aber vielleicht darum, warum kein besserer Abschluss zu Stande kommt?
aber
DIE POLITIK wirds dann schon richten - oder?
Ich bin Gründungsmitglied der Gewerkschaft Pflege, dann BIG, gewesen. Ich habe den Aufstieg und Niedergang der Gewerkschaft miterlebt - ein trauriges Kapitel - das sollten wir uns immer wieder vor Augen führen warum diese sich aufgelöst hat, bevor wir über die einzige Gewerkschaft herziehen die uns, durch unser aktives Unterlassen, geblieben ist.
Verdi ist das, was WIR daraus machen - nicht mehr und nicht weniger.
WOW, ich hätte nicht mit einer solchen emotionalen Reaktion gerechnet. Das ist ja schon eine Wutrede
Doch um noch einmal nüchterner auf diese Betrachtungsweise einzugehen, vorweg, würde ich mich gern einmal mit Dir privat austauschen. Du als Gründungsmitglied der Gewerkschaft Pflege und BIG, du hast bestimmt interessantes zu erzählen und ich bin neugierig, wie die Umstände damals waren. Würde mich, wenn Du etwas Zeit hast, über eine private Nachricht von Dir freuen.
Ansonsten möchte ich noch loswerden, daß durch meine Posts hoffentlich klar geworden ist, daß ich mich selbst nicht nur als Nutznießer und passiv Begleiter betrachter, sondern mir, entschuldige nach wie vor, die Überzeugung für die Ver.di fehlt. Ich glaube nicht, daß die Ver.di etwas deutlich anderes als eine Partei oder eine große "Firma" ist. Auch dort sitzen Menschen, die um ihre Machtposition fürchten müssen oder damit ihr Geld verdienen. Die Welt ist kapitalistisch, warum sollte ich nicht böse denken und behaupten, daß die eigentliche Interessenvertretung der (zahlreichen) Berufsgruppen ein Geschäft ist, bei dem (wie immer) nur wenige wirklich gewinnen ?! Und sag mir nicht, daß das sooo unwarscheinlich ist !
Außerdem bin ich generell skeptisch, "wenn ich keine Wahl habe". Lieber für was halbgutes einsetzen, als für gar nichts ? Hmmm. Übrigens gibt es immer noch das Argument, daß Ver.di natürlich nicht stark ist, weil eine breite Mehrheit nicht Mitglied ist. Soll man jetzt behaupten, die breite Mehrheit ist dumm und nur Schmarotzer am Tisch ? Demokratie war noch nie bequem, aber den Leuten ( inkl. mir ) Vorwürfe zu machen, daß sie ja alle profitieren und nichts dafür tun ist bequem. Wer hat schon wirklich die Wahl sich gegen TVÖD auszusprechen ? Wer flexibel genug ist, vielleicht. Doch die breite Mehrheit ist örtlich, zeitlich, usw gebunden und kann nicht mal eben woanders arbeiten. Auch der AG wird nicht einfach so andere Verträge rausgeben, wenn er sich dem TVÖD verschworen hat. Darüber hinaus nimmt diese Tarifbindung übrigens auch jede autonome Form von Gehaltsverhandlungen, wenn man erstmal drin ist. Ein in der freien Wirtschaft gebräuchliches Verfahren hat keine Gültigkeit, es gibt ja Tarif. Für die einen ist das gut, für andere schlecht.
Deswegen in aller Deutlichkeit : Ich fühle mich nicht verantwortlich für den schlechten Zustand der Ver.di, ich habe mir hier die Mühe gemacht und den Dialog gesucht, um Pro-Ver.di Argumente zu finden um vielleicht doch nochmal dort Mitglied zu werden. Ja, ich verstehe alle Argumente hier, und trotzdem beruhen alle auf Schuldzuweisungen, moralischer Verpflichtung und Alternativlosigkeit. Keines dieser Argumente ist überzeugend, sondern beleidigend. Das hat alles den Charakter von moralischer Zwangsrekrutierung und Manipulation. Tut mir leid, so sehe ich es bisher.
Jetzt möchte ich nochmal auf den Artikel von Claudia zu sprechen kommen. Du sagst :
Du wirst ja pauschal besser vergütet. Du steigst durch die Fachweiterbildung eine Entgeltstufe nach oben, ohne den Nachweis zu erbringen, dass Du tatsächlich kompetenter bist als zuvor. Diese Kompetenzsteigerung wird einfach vorausgesetzt; der von Dir geforderte Anspruch auch für die Pflege besteht also bereits. Nur dass sich der Abstand zwischen EG 8a und 9a durch etliche Jahre der Betriebszugehörigkeit relativiert. Dass letzteres nicht jedem gefällt, kann ich auch nachvollziehen.
Das stimmt nur zum Teil. Und wer sich den Taschenrechner nimmt, wird mir recht geben. Ich erlaube mir einmal die TVÖD Tabelle 2015 zu posten (Quelle
http://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/tvoed/k?id=tvoed-k-2015&matrix=1 )
€--------1--------
2---------3--------4---------5--------6
E 9a --------------------2999.18 3099.63 3286.36----------
E 8a 2514.67 2668.29 2798.30 2904.65 3099.63 3286.36
Was fällt als erstes auf ? 9a/5 und 8a/6 sind exakt gleich. Kein absoluter Zugewinn auf Dauer. Jetzt kommt es also nur noch drauf an, WANN man mit der Fachweiterbildung beginnt. In aller Kürze : Je früher ( 8a/1, 8a/2), desto größer ist der Gehaltssprung. Ab 8a/5 macht man sogar Verluste, wenn der AG nicht aus Kulanz angleicht. Bedeutet außerdem, daß es sich also nur um eine temporäre zusätzliche Vergütung handelt. Man könnte auch sagen, eine Einmalzahlung auf Raten. Diese Einmalzahlung ist aber eben nicht für alle gleich. Manche können und dürfen die FWB ganz früh machen, super, aber erfahrungsgemäß kommt das sehr selten vor. Die meisten fangen eher so um 8a/3 oder 8a/4 an. Der "Gewinn" ist über den Zeitraum lächerlich und wie gesagt, nicht von Dauer. Zudem dauern die Stufenaufstiege in 9a jeweils 5 Jahre. Daraus ergeben sich kuriose Situationen ( Kannst gern mal eine Lohnmatrix von mir haben, wenn dich das interessiert ), die erst beim zweiten mal hinsehen eine komplette für-doof-Erklärung sind !!!
So schwierig ist diese Beweisführung nun auch wieder nicht. Wenn Studien im Ausland den Effekt von Pflegeakademikern in der Praxis auf Liegedauer, Komplikations- und Sterberate etc. untersuchen konnten, dann lässt sich Entsprechendes auch mit Fachweitergebildeten durchführen. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (die Abkürzung DIVI sagte mir als Nicht-Intensivlerin nichts, aber wozu gibt's Suchmaschinen
) scheint mir da ein seriöser Ansprechpartner zu sein. Sie müssen ihre Empfehlung begründet haben - mit welchen Argumenten? Warum ist dieser Punkt der Empfehlung nur schwach evident? Ich habe die Langversion kurz überflogen und nur Begründungen für einen bestimmten Personalschlüssel gefunden. Das wären Argumente für mehr Personal im Allgemeinen, nicht für eine deutlich bessere Entlohnung der Fachweitergebildeten.
http://www.divi.de/images/Dokumente...lungen/2011_StrukturempfehlungLangversion.pdf
Jetzt muss ich auch sagen, daß ich das nur überflogen habe. Ich wusste, daß das da drin steht, aber mir ging es nur um den erwähnten Passus als Argument. Tatsächlich wurde ja auch die Ausstattung, auch pflegerisch personelle, einer INT untersucht, aber leider nicht eindeutig, ob Pflege mit oder ohne FWB Unterschiede machen.
Letztendlich hast du ja recht, man kann es nicht eindeutig beweisen. Selbst deine herangezogenen Studien aus dem Ausland geben nur Hinweise und erfassen die Unterschiedlichen Qualifikationen in der Pflege nur zum Teil ( Zumindest hast du dich mehr auf Akademische Pflege bezogen, FWB hat nicht überall einen Bachelorabschluß.)
Insofern muss ich an dieser Stelle eingestehen, ja, ich kann nicht beweisen, daß eine Fachschwester wirtschaftlicher ist, als eine normale Schwester. Doch das Gegenteil hat bisher auch niemand bewiesen, sondern behauptet. Und weil das für den AG wirtschaftlich günstiger ist, hat es mehr Gewicht, als die Gegenbehauptung, nämlich meine These !
Soviel zu Deiner These, dass eine Gewerkschaft rein für Fachweitergebildete regen Zulauf hätte.
Generell Punkt für Dich, habe ich so nicht erwartet. Doch es lässt sich weiterhin mutmaßen, daß so ein Modell Zulauf fände, wenn es schon mal Erfolg bewiesen hätte. Sagen wir in einem größeren Krankenhaus, wo sich eine deutliche Mehrheit zum Beispiel im OP organisiert. Das spricht sich rum, dann hätte man ein gutes Argument pro neue Gewerkschaft zu sein
Pflegepersonal hat eine gewisse Verantwortung, dem würde nicht mal Frank Montgomery widersprechen. Und auf der Intensiv werden Patienten in kritischen Situationen betreut. Aber die Verantwortung verteilt sich dort gleichermaßen auf alle Pflegekräfte, ob mit Fachweiterbildung oder ohne. Und dass Du mit Fachweiterbildung einen besseren Effekt für die Patienten und auch für die wirtschaftliche Situation des AG erbringst, konntest Du bis jetzt noch nicht belegen. Ich sehe noch kein nachvollziehbares Argument dafür, dass der AG - der Dir immerhin eine sechsstellige Summe in Gestalt einer Weiterbildung spendiert hat - Dich besser oder deutlich besser entlohnen sollte als Deine Kollegen ohne Fachweiterbildung.
Warum hinterfragst Du denn nicht die Spendierhosen des AG ? Mal ehrlich, selbstlos hab ich den noch nirgendwo erlebt !
Nein, kann ich nicht belegen, das hatte ich oben eingestanden. Deshalb ist die Forderung aber nicht weniger wert. In Deutschland ist es üblich durch bessere Qualifikation mehr zu verdienen. Das ist nicht in jedem anderen Land so, aber hier. Und diese Struktur besteht schon länger und jeder reiht sich dort ein. Und ausgerechnet die Pflege fordert von sich selbst, daß sie sich erst vor dem AG mit Zahlen, die es warscheinlich nicht gibt, beweisen muss um eine Basis der Verhandlung zu haben ?! Ist doch absurd ! Es gibt in der Medizin viel zu hinterfragen, aber ausgerechnet in diesem Fall soll uns einer das Gegenteil beweisen, nämlich daß eine Fachschwester genauso zu behandeln ist wie eine Nichtfachschwester. Das soll doch der AG machen, dann würde sich die FWB ad absurdum erklären und er könnte die vielen tausend Euro pro Nase und Jahr einsparen. Ein Erfolgsmodell