Notfallkompetenz in der Pflege

Wie schon in dem anderen Thread beschrieben:
Hallo @all,

hier mal die Definition von Notkompetenz ein Auszug aus der Bundesärztekammer:


Ein Handeln unter Berufung auf die "Notkompetenz" setzt voraus, daß
  • der Rettungsassistent am Notfallort auf sich alleine gestellt ist und rechtzeitig ärztliche Hilfe, etwa durch An- oder Nachforderung des Notarztes nicht erreichbar ist
  • die Maßnahmen, die er aufgrund eigener Diagnosestellung und therapeutischer Entscheidung durchführt, zur unmittelbaren Abwehr von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit des Notfallpatienten dringend erforderlich sind
  • das gleiche Ziel durch weniger eingreifende Maßnahmen nicht erreicht werden kann (Prinzip der Verhältnismäßigkeit bei der Wahl der Mitteb,/li>
  • die Hilfeleistung nach den besonderen Umständen des Einzelfalles für den Rettungsassistenten zumutbar ist.
Schönen Tag

Narde
 
Greift eben nicht,denn der 34iger regelt die Notwehr und das ist doch nun ganz was Anderes,als wie der TE hier gefragt hat.
Notwehr ist in §32 StGB geregelt, der Notstand in §34 StGB. Den Artikel hat Elisabeth übringens zwei Posts über Dir zitiert...:roll:

@narde:
Das ist die Sichtweise der BÄK im Bezug auf die Präklinik. Eine Stellungnahme zur "Notkompetenz" für Pflegepersonal gibt es seitens der BÄK nicht. Nur, weil die BÄK etwas empfiehlt, heißt das nicht, dass es maßgeblich sein muss. Aktuelle juristische (!) Meinung gehen davon aus, dass die "Notkompetenz" u.a. auch für Krankenpflegepersonal gilt. in Die Schwester Der Pfleger 02/2006 findet sich ein Artikel zum Thema "Maßnahmen der Wiederbelebung", in welchem die Notkompetenz für Krankenpflegepersonal angesprochen wird.

Edit:
Um Klarheit zu schaffen: Das Notkompetenzkonstrukt der BÄK gilt für Pflegepersonal nicht, da sich diese Stellungnahme auf den Rettungsdienst bezieht. Dass Pflegepersonal allerdings ärztliche Maßnahmen im Rahmen eines rechtfertigenden Notstandes ergreifen darf/ggf. sogar muss, ist meiner Meinung nach unbestritten (und darum ging es dem TE doch, das Wort Notkompetenz hat er in diesem Falle als Synonym für den rechtfertigenden Notstand genutzt und sich nicht explizit auf die BÄK bezogen).
 
Uuuupssalla...da hab ich dann wohl was durcheinandergebracht:weissnix:. Naja,nach den hier angeführten Notkompetenzregeln bleibt für unsereins im KH nix übrig,denn auf uns trifft nix zu. Wird man wohl die Notkompetenz für Krankenpflegepersonal neu erfinden müssen !!
 
Es gibt diesbezüglich nur einen rechtsfreien Raum. Derzeit geht das Gesetz davoan aus, dass stets ein Arzt verfügbar ist bzw. die Einrichtung Maßnahmen zur Patientensicherheit trifft. Pflege ist da momentan nicht im Gespräch. Vor dem Kadi sind Pflegekräfte alle gleich- nämlich ohne Autorisierung für Diagnostik und Therapie. Das ist lt. deutschem Recht ausschließlich Ärzten vorbehalten.

Es muss euch doch stutzig machen, dass man euch eine schriftliche Arbeitsanweisung, welche die Notkompetenz in eurem Sinne vorgibt, vorenthält. Das heiße Eisen fasst keiner an.

Elisabeth
 
Sehr interessante Diskussion !
Ich habe selber im RD die Notkompetenz ausüben müssen da kein NA in adäquater Zeit verfügbar war (z.B. im Rahmen der Reanimation) und habe dies in der Notaufnahme auch schon erlebt (Arzt war zur Reanimation mit dem Team im Haus, in der INA plötzlich Pat. mit Kammerflimmern -> Defibrillation mit manuellem Defi).

Ich möchte auf das Krankenpflegegesetz verweisen:

Abschnitt 2
§3 Ausbildungsziel
...(2) Die Ausbildung für die Pflege nach Absatz 1 soll insbesondere dazu befähigen,1. ...
...d) Einleitung lebenserhaltender Sofortmassnahmen bis zum Eintreffen der Ärztin oder des Arztes,...

...2. die folgenden Maßnahmen im Rahmen der Mitwirkung auszuführen:
a) eigenständige Durchführung ärztlich veranlasster Maßnahmen
b) Maßnahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilation...

Quelle:http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/krpflg_2004/gesamt.pdf

für mich ergibt sich daraus eindeutig, dass ich das gelernte (EKG-Diagnostik [Flimmern: Ja? Nein?]) in der Praxis anwenden darf wenn ich auf mich gestellt bin. Es ergibt sich damit aus juristischer Sicht die Beweislastumkehr, dass mir ein Gutachter beweisen muß, dass ich keine Kompetenz hatte um das Flimmern zu diagnostizieren. Da dies Bestandteil meiner Ausbildung war, welche ich mit Staatsexamen bestanden habe wird er dies aber nicht können.

wenn man den 2. Absatz weiter denkt wäre auch in Deutschland ein amerikanisches Modell in Notaufnahmen, mit Erstdiagnostik, Einleitung der Therapie (z.B. Wunden nähen) und anschliessende Vorstellung mit gesammelten Befunden durchaus denkbar...

Freue mich auf den Gedankenaustausch.:razz1:
 
Abschnitt 2
§3 Ausbildungsziel

...2. die folgenden Maßnahmen im Rahmen der Mitwirkung auszuführen:
a) eigenständige Durchführung ärztlich veranlasster Maßnahmen
b) Maßnahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilation...

Quelle:http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/krpflg_2004/gesamt.pdf

Leider ist das Gesetz kein Wunschkonzert. Man kann es nicht nach belieben auslegen. Du hast die Betonung falsch gelegt:

Abschnitt 2
§3 Ausbildungsziel
...
2. die folgenden Maßnahmen im Rahmen der Mitwirkung auszuführen:
a) eigenständige Durchführung ärztlich veranlasster Maßnahmen
b) Maßnahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilation...

Der Gesetzesgeber sieht vor, dass ein Arzt diese Maßnahmen anordnet und du diese Anordungen dann eigenständig- ohne seine kontinuierliche Anwesenheit- durchführen darfst. Dies bezieht sich auf ausgewählte Maßnahmen in den Bereichen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilation.

Deswegen: du kannst das Problem ganz einfach lösen. Dein AG muss dir schriftlich diese Anordnung geben. Das ist durchaus auch im Rahmen einer Dienstanordnung möglich.

Wie gesagt, mir ist keine Einrichtung bekannt mit so einer SAA. Woran das wohl liegen mag?

Elisabeth
 
Leider ist das Gesetz kein Wunschkonzert. Man kann es nicht nach belieben auslegen. Du hast die Betonung falsch gelegt:



Der Gesetzesgeber sieht vor, dass ein Arzt diese Maßnahmen anordnet und du diese Anordungen dann eigenständig- ohne seine kontinuierliche Anwesenheit- durchführen darfst. Dies bezieht sich auf ausgewählte Maßnahmen in den Bereichen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilation.

Deswegen: du kannst das Problem ganz einfach lösen. Dein AG muss dir schriftlich diese Anordnung geben. Das ist durchaus auch im Rahmen einer Dienstanordnung möglich.

Wie gesagt, mir ist keine Einrichtung bekannt mit so einer SAA. Woran das wohl liegen mag?

Elisabeth

Ich denke nicht, dass ich die Betonung falsch gelegt habe, der Zusammenhang meiner Äußerung wurde vielleicht nicht ganz klar. Ich meinte
1. das Gesetz erwähnt die lebensrettenden Sofortmaßnahmen, auf welche sich die Diskussion hier bzgl. einer Notkompetenz ja nun stützt ausdrücklich. Von einer exam. Pflegekraft wird hier im Rahmen der Garantenstellung eine suffiziente Hilfe erwartet, welche durchaus mehr Maßnahmen als die LSM eines Ersthelfers enthält.

2. das Gesetz lässt durchaus spielraum für die Erweiterung der Tätigkeiten einer Pflegekraft in den medizinisch / ärztlichen Bereich, natürlich nach ärztlicher Anordnung. In meiner Abteilung ist es bei hohem Patientenaufkommen nicht ungewöhnlich, dass z.b. der UCH-Arzt mit mir zusammen einen Pat. mit einer Schnittverletzung anschaut, wir die Therapie (z.B. Naht, Wundkleber,etc.) besprechen und ich diese durchführe um ihm die Möglichkeit zu geben bereits den nächsten Pat. zu sehen.
Die Aussage bezog sich nur auf die Verunsicherung vieler Kollegen ob man wohl überhaupt diese "ärztlichen" Tätigkeiten durchführen darf.

Ich meine ja, wenn man sie erlernt hat und sehe auch nicht die dafür notwendige "schwarze Magie" die im Medizinstudium aus Sicht mancher Kollegen gelehrt wird...

Noch ein kurzer Ausflug in die Berufspolitik:
Die Krankenpflege hat aus historischer Sicht große Bereiche abgedeckt, welche heute die Domänen von Ärzten sind (wie lange gibt es doch gleich Anästhesisten??? :wink1:). Wenn man die Kollegen der Geburtshilfe als Vergleich nimmt, ist es dort gesetzlich geregelt, dass bei einer Geburt eine Hebamme anwesend sein muß, ein Arzt kann. Warum werden wir dann als Hilfspersonal angesehen?

Ein Problem habe ich mit deiner Äusserung zur Dienstanweisung:
ich sehe es grundlegend anders, da die Delegation von Aufgaben an Einzelentscheidungen gebunden ist und nicht pauschal geschehen kann.
 
Wir sprechen hier von einer Intensivstation, nicht vom Rettungsdienst.

Ich sehe keinen Grund für eine Notkompetenz auf einer Intensivstation. Eine Intensiv muss eine 24 Stundenbetreuung durch einen Arzt haben, der auch sofort greifbar ist. Wenn ich nicht irre schreiben dies die Krankenkassen bzw. der MDK vor.

Es heisst aber nicht, dass die Intensiv von einem Anästhesisten betreut werden muss. Ist der im OP oder wo auch immer, muss eben ein anderer Arzt seinen Kopf hinhalten und nicht die Pflegekraft.

Die Zeit bis zum Eintreffen des Arztes muss überbrückt werden, dazu bedarf es keiner Intubation. Unsere Defi's haben alle sowohl einen AED-Modus als auch manuellen Modus - somit bin ich bei der Reanimation auf der sicheren Seite. Die Intubation steht bei der Reanimation nicht an vorderster Stelle, daran sollte auch gedacht werden.

Ich habe kein Problem bei der Übernahme von ärztlichen Tätigkeiten, aber und nur wenn ich entsprechend abgesichert bin.
 
Unsere Defi's haben alle sowohl einen AED-Modus als auch manuellen Modus - somit bin ich bei der Reanimation auf der sicheren Seite.

Beim manuellen Modus wäre ich aber vorsichtig, was die rechtlich sichere Seite angeht!

Unter extremen Stress bei Notfall kann auch mal 'was danebengehen!

Na, hoffentlich kein zweiter Pat. nach Anwendung eines Defis, elektrische Trennung
 
Neuron, warum meinst du, dass die Defi's einen AED-Modus haben? Somit darf es auch die Pflegekraft nutzen, nämlich im AED-Modus.
 
Hallo,

ich glaube er bezieht sich auf manuelle Defibrillation mit den Paddels.



LG Martin
 
@ Rescue- lass es doch mal auf einen Versuch ankommen. Du kannst per SAA Limits vorgeben: nach x Min., wenn Arzt verhindert sind ff. Maßnahmen in einer vorgegebenen Reihenfolge durchzuführen.

Ich habe den Eindruck, dass du schon weißt, das kein Doc dir diesen "Freifahrtsschein" geben wird. Gibt dir dies nicht zu denken?

Ich habe in deinem Profil gelesen, dass du stellvertretende SL bist. Ich hoffe nicht, dass du von deinen Untergebenen verlangst, dass sie aktiv werden sollen in deinem Sinne. Im Falle eines Falles wärst du mit auf dem Bänkchen- übrigens ohne verantwortlichen Arzt.

Der Vergleich mit den Hebammen ist nicht möglich, da hier andere rechtliche Grundlagen ziehen. Sie wird nicht nach Krankenpflegerecht ausgebildet.


Elisabeth
 
ich glaube er bezieht sich auf manuelle Defibrillation mit den Paddels.
Der AED Modus ist auch mit den Paddels möglich.
Ich dachte eigentlich, dass ich mich klar ausgedrückt habe, dass der Defi, deshalb benutzt werden darf, weil er als AED eingesetzt werden kann. Logischerweise darf NICHTärztliches Personal den Defi NUR im AED-Modus nutzen - entweder mit Paddels oder Fast Patches.
 
Ich finde die Diskussion mal wieder sehr erheiternd. Auf der einen Seite die, die bei jeder Tätigkeit rechtlich abgesichert sein wollen, auf der anderen die die Grauzonen des Rechtes zu ihren Gunsten auslegen.

Ich gehe mal davon aus das nach den wirklich festgelegten Grenzen jeder diese schonmal überschritten hat. Wie oft seit ihr damit vor Gericht gelandet?

Was würdet ihr machen wenn im ND der diensthabenden ein ahnungsloser Newbie ist? Ihn trotz besseren Wissens machen lassen und den Patienten gefährden nur damit man rechtlich auf der sicheren Seite ist?

Gruß
 
Wie wärs mit einer vernüftigen Ausstattung solcher ITS?

z.B. AED und Larynxtuben
das sind Maßnahmen, die jeder ehrenamtlicher Sanitäter bei den Hilfsorganisationen lernt.

Einen Zugang besitzen die meisten Patienten auf der ITS. Und wenn nicht, wird es wohl nicht mehr an die kleine rosa Viggo für die Supra/ Atropin/ Cordarex- Gabe scheitern.

In Zeitschriften und Bücher wird beschrieben, dass wer 200 Intubationen im Jahr durchführt auch ein geübter Intubator ist. Selbst Internisten, Gynäkologen, Chirurgen, etc... ratet man die notfallmäßige endotracheale Intubation im Rettungsdienst ab, da die Fehlintubationsrate erschreckend hoch ist.
 
Ich denke, nicht die Ausstattung dieser ITS sollte überdacht werden sondern das personelle und organisatorische System, nach welchem dort gearbeitet wird.

Auch ich arbeite auf einer kleinen ITS mit 8 Betten und auch wir haben keinen ständig auf Station verbleibenden Doc, allerdings sind 4 Dienstärzte ( je 1x CH, IM, Gyn und AN ) im Haus, die ich im Notfall rufen kann. Und das Szenario, dass der Anästhesist bei ner Sectio feststeht, das ist durchaus real im Notfall - allerdings bleiben dann eben noch 2 Ärzte, die ich holen kann. Und die haben dann eben das Kammerflimmern etc. bei der Rea zu diagnostizieren ( ob sie es können ist mir herzlich egal ) und dann den Defi zu bedienen.

Und ich habe auch schon Urologen bei uns beherzt intubieren ( erfolgreich !!! ) sehen, so dass man kaum in die Verlegenheit kommt, das selber tun zu müssen.

Ich habe während einer Rea auch schon defibrilliert ( manuell ) und auch mal intubiert ... allerdings sollte sowas nicht als Massgabe / Standard festgelegt sein sondern man muss die Bedingungen so anpassen, dass dies einmalige Vorgänge bleiben und nicht die Regel werden.

Ich kann nur hoffen, dass sich die Situation auf der ITS des Treaderstellers mittlerweile verbessert hat.

Gruss Cys
 

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