Fremdaggressive Bewohner im Altenheim

Feli

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18.08.2009
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465
Beruf
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Akt. Einsatzbereich
interdisziplinäre Intensivstation
Liebe Kollegen aus der Altenpflege,

derzeit haben wir mal wieder auf unserer ITS einen Patienten, der im Altenheim wohnt und wohl aufgrund eines Korsakow Syndroms fremdaggressives Verhalten aufweist. Momentan ist das kein Problem (er ist intubiert und sediert) und in einem anderem Thread haben wir uns ja schon mal über demente Pat. auf ITS ausgetauscht.

Ich hab mich einfach aus Interesse gefragt, wie ihr solche Bewohner in ihrem "normalen" Lebensumfeld handelt. Im KH wird ja schnell fixiert oder sediert, und solange das für die Gesundheit bzw Genesung dienlich ist, nagut... Aber da, wo die Menschen wohnen, können sie kaum auf ewig fixiert bzw sediert werden.

Werden fremdaggressive, nicht orientierte Menschen eigentlich im AH aufgenommen, oder gibt es da spezielle Unterkünfte? Und wie ist das, wenn man da als Nachtwache allein ist? Und wie schützt man die anderen Bewohner?

Ich bin sehr gespannt auf eure Antworten und Erfahrungen!
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Feli

Ich arbeite jetzt seit seit eineinhalb Jahren in der Altenpflege.

auf meinen Wohnbereich mit 45 Plätzen habe ich 3 Bewohner die zeitweise fremdaggresives verhalten zeigen.

:deal:Ein Beispiel

Bewohner 1:
Hat Copd, Demenz, zn Brustop (Brust wurde ihr mit 16 abgenommen weil Krebs vermutet worden wahr im nachhinein aber Kein Krebs nachgeweisen wurde), Bew ist in Polen geboren, Daher Pflegeperson mit Landespsrache bevorzugt

Durch das Abnehmen der Brust hat diese Bewohnerin Angst Pflegekräften und Ärzten zu Vertrauen.

Wie zeigt Sie ihre Agresivität?
Ihre aggresivität ist Brschränkt sich nur auf Pflegepersonal dem Sie nicht vertraut oder der Sie zu etwas überreden will was sie gar nicht möchte. (Zum Beipsiel zum Frühstück das Zimmer verlassen oder Haare Waschen)

Wie gehen wir mit ihr um? Wir fragen sie nach ihren Wünschen und mussten uns mühsam ihr Vertrauen erarbeiten, Lebenserfahrungen und Gewohnheiten des Bewohners muss jede Pflegekraft kennen um kein agresives Verhalten zu Provoziehren!!!!!

Der umgangston ist ist freundlich aber bestimmt. Bei Agresiven Verhalten ( Schlagen) wird das Zimmer verlassen und Pflegekraft reingeschickt der Sie Besser Vertraut (wenn diese gerade verfügbar ist) wenn nicht abreagieren lassen und nach 5- 10 minuten wieder Arbeit mit Bewohner neu starten ( Wegen der Demenz vergisst Sie die Situationen schnell) Dokumentation in den Pflegebericht und information an die Angehörigen

Wichtig: Je Besser man den Bewohner kennt seine Wünsche, Bedürfnisse, Lebenserfahrungen berücksichtigt lassen sich viele Aggresive Verhaltensmuster ausschalten.


Wichtig:

Wenn man als Pflegekraft die Wünsche, Lebenserfahrungen und die Bedürfnisse des Bewohners kennt kann man die meisten Situationen in denen Sie Aggresives verhalten zeigen schnell klären und unterbinden
Dazu gehört Sprechen mit Bewohner in der Landessprache, bei Bewohnern aus Polen polnisch etc. Das Bedürfniss des Bewohners in der jeweiligen Situation ist festzustellen und zu Befriedigen (nachts zum Beispiel Toliettengang)

Wichtig ist auch der entsprechende umgangston er sollte ruhig und gelassen sein, wenn Bewohner nicht mit sich reden lässt ihm eine kleine auszeit zum beruhigen geben. Danach wieder Kontakt aufnehmen.

In Fällen wo sich der Bewohner nicht beruhigen lässt hilft leider manchmal nur noch die Gabe von Bedarfdmedikation (z B Melperon)

Bei ständig aggresiven Verhalten wird eine angepasste Medikation von Sedadiva verwendung, wobei hier regelmäsig Rücksprache mit dem Neurologen gehalten wird min 1x Monat.

:boxen:Wenn die Leute bei uns neu einziehen und aggresives Verhalten zeigen wird entweder eine sofortige Untersuchung beim Neurologen gemacht, wenn Gefahr in verzug ist (hatte ich leider, Neuer Bewohner drückte immobielen Mitbewohner Kissen ins Gesichtt und sagte die Atmet mir zu Laut) erfolgt sofort die Einweisung in die Spychatrie durch Ordnungsamt und Polizei nach SpychKG zur medikamentösen Einstellung.:boxen:

Aber soweit sollte es eigentlich nicht kommen. Wir sind ein Altenheim und keine Spychiatrie und unsere Bewohner sind nicht Aggresiv und alle Agressionen die man mit Reden und Zuwendung nicht gelößt bekommt gehört nicht in unserer Haus.

MFG Keen01
 
Neuer Bewohner drückte immobielen Mitbewohner Kissen ins Gesichtt und sagte die Atmet mir zu Laut

Unglaublich!

Erst mal vielen Dank für Deine Antwort! Meine Vorstellung von der Arbeit im AH ist ja zugegebenermaßen ziemlich laienhaft. Ich frag mich, wie man es bei den teilweise erschreckenden (und hier schon oft diskutierten) Stellenschlüssel überhaupt schafft, sich eingehend mit der Biographie, den Wünschen und Bedürfnissen der Bew zu beschäftigen.

Kürzlich bin ich nur am Bett eines fremdaggressiven Pat vorbei gegangen, und er hat versucht, mich zu treten. Einem anderen gab ich zur Begrüßung die Hand, und er hat mich gleichzeitig gekniffen und gekratzt (keine Ahnung, wie er das geschafft hat) - deshalb kam bei mir die Frage auf, wie man mit diesem Verhalten im alltäglichen Leben umgeht. Von ITS werden die Leute ja früher oder später verlegt, aber das Heim ist "zuhause"...
 
Ich frag mich, wie man es bei den teilweise erschreckenden (und hier schon oft diskutierten) Stellenschlüssel überhaupt schafft, sich eingehend mit der Biographie, den Wünschen und Bedürfnissen der Bew zu beschäftigen.

Im Altenpflegeheim geht das in der Regel ganz gut. Zuest wird bei jedem Neueinzug in unser Haus von den Mitarbeitern des Sozialen Dienstes die Biographie nach nach aussagen von Bewohner, Angehörigen, Freunden ausgearbeitet. Dienstags haben wir immer eine Übergabe von Pflege und Sozialdienst wo diese dann besprochen werden.

Vieles Lernt man aber auch durch den ständigen Umgang mit dem jeweiligen Bewohner. Bei der Grundplfege unterhalte ich mich zum Beispiel viel mit dem Bewohner über die Vergangenheit dadurch lerne ich tagtäglich ein wenig mehr vom frühheren Leben des Bewohners. Dieses Wissen vermitteln wir uns regelmäßig wodurch alle Mitarbeiter der Station auf dem etwa gleichen Stand sind. Verschiedene punkte werden dann mit in die Pflegeplanung gebracht und ausgearbeitet.

Beispiel: Bewohner mit Demenz war Früher viel auf Reisen, mit dem Bewohner wird täglich eine kleine Reise unternommen. Entweder über den Wohnbereich oder der Soliale Dienst geht mit Bewohner Spazieren.

Wünsche und Bedürfnisse bedürfen der Beobachtung je länger man den Bewohner kennt und sich mit ihm auseinandersetzt umso leichter fällt es diese zu erkennen und kann dementsprechend handeln.

Zu den Stellenschlüsseln ist wie überall sehr gering, viel arbeit aber zu wenig Personal trotz das der Stellenschlüssel laut PDL EL erfüllt ist! Aber das ist noch ein grund sich in unserer einrichtung mit den Biographien, den Wünschen und Bedürfnissen jedes einzelnen Bewohwers auseinanderzusetzen da man nur so den Arbeitsablauf so gestalten kann das man mit der Arbeit fertig wird.

Nochmal zum Thema Fremdaggresives Verhalten: Alte Menschen sind in der Regel nicht agrresiv es sei denn Sie werden aus ihrer gewohnten umgebung gerissen oder ihren Wünschen wird nicht entsprochen, Wenn Bewohner bei uns zum Beispiel die Mobilisation ablehnt dann wird er nicht mobilisiert, es wird ihm mehrmals angeboten die entscheidung was gemacht wird muss bei uns immer der Bewohner treffen es sei denn es liegt eigengefährdung in der luft das ist aber sehr selten

MFG Keen01
 
Ev. interessanter Artikel im Zusammenhang mit dem Thema.

Gezielter Umgangmit herausforderndemVerhalten beiMenschenmit Demenz:
Die „Serial Trial Intervention“ (STI)

Als herausforderndes Verhalten gelten beispielsweise Agitation, Herumgehen,
Herumlaufen und Rastlosigkeit, Aggressivität, vokale Störungen (Schreien, Rufen, Fluchen, Wort- oder Satzwiederholungen), Apathie und Passivität sowie Zurückweisen der Pflege und Verweigerung der Nahrungsaufnahme(vgl. Halek &Bartholomeyczik 2006).
...
http://www.charite.de/pvf/dokumente/Fischer_Pflegezeitschrift_07_07.pdf

Elisabeth
 
Vielleicht kennst sich jemand so gut aus, daß er meine Frage beantworten kann, ggf. Kollegen mit psychiatrischer Erfahrung:
Wenn jemand im Durchgangssyndrom oder bei Demenz aggressiv wird, hatte der dann schon vorher eine latent aggressive Einstellung oder passiert das auch bei Leuten, die vorher, zu geistig gesunden Zeiten, immer lieb und nett und nie aggressiv waren?
(Ich frage nicht, weil mir die Antwort u.U. beruflich weiterhilft, sondern einfach aus Neugierde.)
 
Naja, ich finde die Frage relativ unwichtig...
Man sollte sich eher die Frage stellen, warum diese Person "heute" aggresiv wird, z.B. in welcher Situation im "Pflegealltag". Das hilft dir dann vielleicht dein Handeln und deine Denke zu reflektieren.
Und das sage ich, da ich nunmehr weiß, welchen Einfluss die Biographie haben kann. Und nicht die Aggressions- Biographie! Sondern das Leben des Patienten. Seine Selbständigkeit, Entscheidungsfähigkeit und alle Faktoren, die diese beiflusst haben.
Mal selbst überlegen, wann du aggressiv werden könntest, obwohl du eher geringes Aggressionspotential hast usw.
Mal in die Lebenswelt eines Dementen hineinversetzen, obwohl du nicht dement bist. Stell dir mal vor, alle wollen dir ne andere Realität beipulen, als die, in der du dich gerade befindest... . Alle wollen dir beibringen, dass du dein leben nicht im Griff hast, obwohl du das aber gegenteilig empfindest. Alle behandeln dich, als wärst du bekloppt, obwohl du dich jung und agil fühlst. Solche Situationen lassen sich auch ganz einfach auf das eigene Leben übertragen, mal ausprobieren....
 

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