Dokumentiert Pflege ausreichend?

hartwig

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Krankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
Dozent, Stationäre Pflege
Moin, moin!

Ja, ich weiss. Natürlich dokumentiert Pflege. Oft sogar doppelt und dreifach, man kann ja schliesslich nicht vorsichtig genug sein... Die Frage ist, welchen Wert hat diese Dokumentation für die eigentliche Pflege?
Schaut man sich mal etwas um, findet man in den Dokumentationen beispielsweise Absicherungen, die als rechtlicher Nachweis gedacht sind, Anweisungen an Kollegen, wie z.B. "RöThorax noch anmelden", oder gelegentlich auch überflüssige Einträge wie "Fernseher im Schwesternzimmer kaputt"... Ein wesentlicher Aspekt der Dokumentation ist aber die pflegerische Anamnese des Patienten und die Dokumentation eines Verlaufs. Allerdings sind auch unter diesem Blickwinkel die Einträge nicht immer besonders aussagekräftig.

Was nutzt beispielsweise ein Eintrag wie "Patient bei der Mobilisierung schwach, wieder ins Bett gelegt"? Ein solcher Eintrag enthält so gut wie keine brauchbaren Informationen. Wie wurde der Patient mobilisiert? Was wurde exakt gatan? Was bedeutet "schwach"? Welche Massnahmen wurden getroffen, um den Patienten wieder zu stabilisieren, falls nötig? War der Patient eventuell nicht motiviert? usw.
Noch schlimmer sind Einträg wie z.B. "Patient fühlt sich nicht gut"...

Mein persönlicher Eindruck ist: Zwar wird oft sehr umfangreich dokumentiert, aber das meiste davon ist pflegerisch kaum brauchbar. Wie ist eure Meinung, wie läusst sich das ändern?

Gruss Hartwig
 
Wenn du so fragst... Eigentlich liest ja kaum jemand die alten Pflegeberichte (leider), denn man verläßt sich gerne auf das, was mündlich übergeben wurde. Trotzdem dokumentieren wir jeden Tag locker eine ganze Seite, und fast immer geht es nur um das Befinden der Kinder. Hautkolorit, Atmung, Trinkverhalten, Ausscheidungen, dazu das Befinden/Verhalten der Eltern - schon allein beim Abklappern der Liste nach einer Pflegerunde kann man eine Menge schreiben - oder Nichts. Das kommt auf die jeweiligen Kollegen an und darauf, wie lange das Kind schon da ist und ob sich der Zustand innerhalb der Schicht geändert hat (zu Beginn der Schicht gibt es von jedem Kind einen ausführlichen Bericht). Wir haben außerdem pro Tag eine (ausgedruckte) Kurve, da ist das Interesse an vorangegangenen Pflegeberichten noch geringer inrgendwie, da man ja danach blättern muß. Schade auch, daß die Pflegeplanung im hinteren Teil (gut versteckt unter dem Zettel für den tägl. Pflegeaufwand) so wenig frequentiert wird. Da könnte man Fortschritte am besten ablesen.

Der Wert der Doku liegt für mich hauptsächlich darin, Veränderungen zu erkennen, von der Norm abweichende Ereignisse zu beschreiben (je nach Schwere auch deutlich hervorgehoben im Text) und evtl. noch die ausgefalleneren Vorlieben mancher Kinder zum Nutzen der Kollegen/Eltern zu hinterlegen.
 
Ich hab während meiner letzten Tätigkeit eine Pflegedoku eingeführt, die sich wirklich nur am nötigsten orientierte. Mich hat interessiert: ist der Pat. pflegebedürftig? Wenn ja, in welchem Maße? Die Ursache für die Pflegebedürftigkeit wurde net Doku., da sie sich z.T. aus den Krankheiten ergab.
Dazu gabs die Möglichkeit, relevante Krankenbeob. über Zahlen zu kodieren. Wenn ich bei Bewusstseinslage 1- lese, dann weiß ich, dass der Pat. wach ist, aber desorientiert.

Der Pflegebericht sollte lediglich dazu dienen, das aufzuschreiben, was anderweitig nicht dokumentierbar war, weil Wort nötig. Beispiel: Pat. hat Probleme in der Krankheitsbewältigung- entlastende Gespräche... das konntest noch planen. Das Ergebnis musstest notgedrungen verschriftlichen. Subjektive Wahrnehmungen wie das Gefühl der Schlaflosigkeit lassen sich nun mal auch net kodieren.

Es war ausgesprochen schwierig einigen Stationen beizubringen, dass in den Pflegebericht eben nicht gehört: Rö-Thorax anmelden, BZ um 23 Uhr usw..

Pflegedokumentation ist in D so ein Problem. die Grundlagen dafür werden meiner meinung nach schon in der Ausbildung gelegt. Dort verfolgt man drei Jahre lang das didaktische Modell und bringt den angehenden Kollegen net bei, wie man kurz und knapp nur das wirklich wichtige dokumentiert.
leider kann der Azubi auch in der Praxis oft net lernen, wie eine Doku funzt, weil dort kaum jemand weiß, was wirklich zu dokumentieren ist.

Der Chirurg schreibt in seinem OP-Bericht auch net bis ins letzte detailliert: Skalpell durchtrennt Oberhaut, Unterhaut, Fettschicht, ... - wenn er den OP-Verlauf schriftlich zusammen fasst.

Elisabeth

PS Am schönsten ist, wenn eine PDL die Doku net kennt und sie net lesen kann bzw. die Zusammenhänge net erkennt. Dann bekommt Fachkraft eine ausgiebigere Doku aufgebrummt, weil der MDK dies so wollte. Wollte er wirklich? Oder geht es eher darum, der PDL die Möglichkeit zu geben, beim nächsten mal dem MDK antworten zu können.
 
Unsere Pflegeberichte sind sehr ausführlich...
Es wird der komplette Tagesablauf dokumentiert...
Besonderheiten bei der Versorgung, Mobilität (Gangbild, Hilfsmittel usw.), womit hat sich der Patient den Dienst über beschäftigt, an welchen Therapien hat er teilgenommen, wie ist die Stimmung, wie ist das Verhalten (aggressiv, unruhig, getrieben), Wie hat der Patient auf bestimmte Situationen reagiert, wie war die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme... usw....
Dann müssen in jedem Dienst Maßnhamen der Pflegeplanung abgeklickt werden...
Zu bestimmten Situationen müssen noch andere Formulare ausgefüllt werden (Sturz, Aggression)
Ich finde teilweise, dass es schon echt zu viel ist...wenn man mal überlegt, wieviel Zeit man z.B. bei einer Aufnahme am PC verbringt, im Gegensatz zu der Zeit mit dem Pat. selbst...
Wir bekommen immer mehr Skalen dazu...Nosger, CMAI die bei deliranten und dementen Patienten ausgefüllt werden müssen..dann zwischendurch mal irgendwelche Bögen (QS) usw.
In der Somatik werden jetzt die PKMS eingeführt, was auch in den Psychiatrien nach der Testphase bald kommen wird...mal schaun was da auf uns zu kommt...und wer weis was noch alles kommt...
 
War der Pflegebericht nicht mal so gedacht, dass nur Abweichungen und Änderungen dokumentiert werden sollten?

Ich hoffe, dass ihr wenigstens Textbausteine verwenden könnt. Ansonsten frage ich mich, wie schafft ihr so ein Schreibpensum und habt dann noch zeit für den Pat..

Elisabeth
 
In der Psychiatrie ist jeder Tag anders, daher auch immer das Verhalten der Pat., wenn man schnell schreiben kann, brauch man in etwa ne halbe Stunde für die Pflegeberichte...es gibt Textbausteine, aber ich habe diese noch nie genutzt, weil sie einfach zu allgemein gehalten sind...kommt auch immer auf das Patientenklientel an..manchmal gehts schneller und manchmal hat man viel zu schreiben...
das abklicken übernimmt oft einer im Laufe des Dienstes...
das was wirklich viel Zeit in Anspruch nimmt ist die Aufnahme...da kann man sich dann glücklich schätzen, wenn der Pat. schonmal da war und man Altdaten übernehmen kann...
Die Zeit für Pat. ist da...aber wenn man sich die ganze Doku wegdenkt, wäre natürlich mehr Zeit..seit ich dort arbeite kommt von Zeit zu Zeit immer mehr dazu...teilweise find ich manches auch echt schwachsinnig...aber was soll man machen...jetzt gerade haben wir erst einen Leistungserfassungsbogen dazu bekommen...da müssen dann auch noch sachen angeklickt werden...wenn man länger als 25 Minuten hintereinander mit nem Pat. zutun hatte (Gespräche usw.) oder wenn einer 1:1 Betreuung erhalten musste...
Irgendwie kommt es mir langsam wie eine Endlosschleife vor...ich weis ja nicht wie es in anderen Psychiatrien mit der Doku ist...
 

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