Allergien bei Hydrokolloiden

Lotta123

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21.03.2009
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57
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Pflegefachkraft, Wundexpertin ICW,
Akt. Einsatzbereich
Wundmanagement
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Hallo an alle,

ich habe mich nach längerem (passiven) lesen heute dazu entschlossen nun aktiv dem Forum beizutreten.
Ich möchte mich auch direkt mit einer konkreten Frage an euch wenden.

Hydrokolloide werden von einigen Kollegen scherzhaft auch H wie Historsch bezeichnet. Ich finde aber es gibt durchaus Breiche in denen sie ihre Berechtigung haben. Des öfteren hört man aber das Hydrocolloide im Vergleich zu einem Schaumverband ein erhöhtes Allergiepotential haben. Was haltet ihr davon? Wie sind eure Erfahrungen dazu? Und hat vielleicht jemand von euch irgendeinen Taext oder Link darüber der diese These bestätigt?

Schon mal vielen Dank für Eure Antworten.

Lotta123
 
halli hallo,
also Allergien auf Hydrokolloid Verbände habe ich in der Praxis erst zweimal gesehen. Patienten haben beide mit Juckreiz und Ausschlag am ganzen Körper reagiert, zudem war bei einer Patientin die Sekretion der Wunde stark angeregt. :cry:Nach entfernen des Verbandes wurden diese Symptome aber schnell wieder rückläufig.
Habe aber bei Tjelle Packing (Schaumverband) auch schon stark angeregte Wundsekretion und Juckreiz gesehen.

Andere Erfahrungen würden mich auch interessieren.:mrgreen:
Bin mal gespannt.

LG aus Rüsselsheim
Julia:nurse:
 
Hydrokolloide werden von einigen Kollegen scherzhaft auch H wie Historsch bezeichnet. Ich finde aber es gibt durchaus Breiche in denen sie ihre Berechtigung haben.

Das finde ich auch. Gerade in der späteren Granulationsphase bzw. bei der Epithelisierung ist es eine gute und kostengünstige Lösung.

Allerdings habe ich auch schon (selten !) lokale allergische Reaktionen gesehen, beim Dekubitus (HKV verschiedener Hersteller) und vor allen Dingen beim Ulcus cruris. Bei letzterem jedoch scheint es eine Reaktion auf gängige Inhaltsstoffe in verwendeten Klebstoffen zu sein; dieser Pat. reagiert auf alles, was eine Klebefläche hat (also auch PU-Schaum mit Haftrand oder Haftfläche, Hydrogelkompresse, Folie, Klebevlies, etc.) mit einem stark schmerzhaften, juckenden, geröteten und nässenden Ekzem, das nicht mit einer Mazeration zu erklären ist. Auf nicht-haftende Wundauflagen hingegen reagiert er nicht.
Im Zweifelsfall kann man ein kleines Stück Material für ein paar Stunden auf gesunder Haut aufbringen und die Reaktion ablesen.

Des öfteren hört man aber das Hydrocolloide im Vergleich zu einem Schaumverband ein erhöhtes Allergiepotential haben. Was haltet ihr davon? Wie sind eure Erfahrungen dazu? Und hat vielleicht jemand von euch irgendeinen Text oder Link darüber der diese These bestätigt?

Ja. Jedoch wird nirgends bestätigt, dass Hydrokolloide ein erhöhtes Allergiepotential haben im Vergleich zu Schaumverbänden, sondern Pat. auf bestimmte Inhaltsstoffe in Wundauflagen allergisch reagieren können. Dies liegt wohl in erster Linie an der Vorbehandlung (gerade bei Ulcus-Pat. ja über Jahre hinweg geübte Polypragmasie); insofern haben Deine Kollegen bzgl. der Verteufelung der HKV nicht unbedingt recht :mrgreen:

http://www.db-thueringen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-1135/Promotion.txt

http://www.at.hartmann.info/active/PDF/DE/wundforum/wf203_pw.pdf.

http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=964448785&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=964448785.pdf
 
Hallöchen!

Herzlichen Dank schonmal für die Antworten und vorallem die Links. Werde sie mir direkt mal zu gemüte führen.
Das ist das bekannte Problem, sobald Du Hersteller ansprichst werden die Aussagen recht schwammig. Habe einmal auf einem Kongress die Aussage gehört das in HKV Pektine sind und Menschen mit bekannter Fruchtallergie deswegen vermehrt auf HKV reagieren.

Für Ulcus Cruris versuche ich eh immer eine nicht-klebende Variante zu wählen. Da es sich meist um ein Rezidiv handelt ist die Umgebungshaut eh nicht mehr im besten Zustand.

Schönen Sonntag noch!:mrgreen:
 
Hallo erstmal,
meine Erfahrungen sind ähnlich. Allergien sind auf HKV eher selten. Bei uns sieht es so aus, dass wir grade bei chronischen QWunden keine HKV verwenden, esrt zur ephitelisierungsphase hin. Allerdings ist das Allergiepotential auf Handelsübliche Schaumverbände im Vergleich zu HKV sehr sehr viel höher. In solchen Fällen benutzen wir ein Prodikt mit Namen Mepilex der Firma Mölnlyke Health Care, ist etwas teurer aber dank Silikonbeschichtung (kein Kleber - klebt trotzdem - toll oder? ) minimalstes Allergiepoztential. Evtl. kennt das jemand.
:thinker:
 
Hydrokolloide finden durchaus im modernen Wundmanagement ihren berechtigten Platz. Sofern die Wunde nicht stark exsudiert, nicht infiziert ist oder auch keine freiliegende Sehne vorhanden ist, sind Hydrokolloide gute Wundauflagen vor allem in der Granulations- oder Epithelisierungsphase.
Hydrokolloide haben die Eigenschaft, die Wunde feucht und warm zu halten, also ein optimales Klima für entzündungsfreie Wunden. Ferner sind sie semipermeabel, das heißt, sie halten Nässe und Keime fern, lassen aber Wasserdampf ab.
Alternativ PU-Schäume zu verwenden, weil sie angeblich moderner sind als Hydrokolloide, ist nicht unbedingt die korrekte Wahl: wenn die Wunde kaum Exsudat bildet, ist ein PU-Schaum nicht angebracht --> er trocknet die Wunde zusätzlich aus, wegen seiner enormen Saugkapazität.

Allergische Reaktionen kann es durchaus geben, allerdings meist von den Patienten, die in der Tat, wie hier schon beschrieben, auf alle adhäsiven Wundauflagen reagieren.

Die Produkte der Fa. Mölnlycke haben eine Silikonschicht mit minimalsten Allergierisiko, allerdings sind diese Produkte sehr teuer. Also direkt auf diese Produkte zurück greifen ist nicht unbedingt wirtschaftlich.

LG
Trisha
 
Hallo alle zusammen,
es ist tatsächlich so, dass HCV ganz langsam auf dem Rückzug sind. Es gibt mitlerweile auch Schaumverbände für gering bis mäßig nässende Wunden und sie geben gleichzeitig eine Polsterung. Da HCV nur max.5% an Feuchtigkeit aufnehmen können ist ihre Matrix schnell verbraucht z.B. im sakralen Bereich bei Dekubitalulcerationen. Die Klebefixierung ist meistens bei den Schaumverbänden besser. Die HCV "rollen" sich im o.g. Bereich oft auf. So sind zumindest unsere Erfahrungen. Für Ulcus cruris sind die HCV meines Erachtens nicht gut, da die Wundumgebung meistens mit "angegriffen" ist(mazeriert, empfindlich). Oh, das ist dann sehr schmerzhaft für den Patient oder HB, wenn HCV angewendet und entfernt wird. Es ist tatsächlich möglich Allergien auf HCV zu entwickeln, z.B. bei bekannter Latexallergie.Einige HCV enthalten Latex. Dies ist im Beipackzettel vermerkt oder es muß über dem Anbieter erfragt werden. Wenn bei uns ein Patient im Bereich der Wundauflage Rötungen entwickeln wird die Wundauflage sofort ausgetauscht und durch ein anderes gleichwertiges Produkt ersetzt.:gruebel: