Akutes oder unklares Abdomen?

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Vorsichtige Frage:

Was ist der Unterschied zwischen Akut und Unklar?

Das mir leider aktuell so garnicht klar.
 
Der unklare Bauch ist immer auch akut. Er bleibt so lange akut, bis die Diagnose gefunden und die Therapie eingeleitet ist.
"Akut" bedeutet beim Bauch eigentlich nur, dass ein dringend zu behandelnder Vorgang besteht + Schmerzen etc., sprich Notfall.
Unklar heißt, es ist noch keine Diagnose gefunden. Aber oft fängt die Th. vorher an - Schmerzmittelgabe, was gegen Übelkeit, Magensonde, Flüssigkeitszufuhr usw., wisst ihr ja.

Wird uns im Op ein Akutes Abdomen angemeldet, wissen wir, wir richten grob den Standard für eine Magen-Darm-Op, meist ist es ja ein Ileus. Aber es muss dann schon etwas zügiger gehen. Bei Verdacht auf einen akute Blutung sowieso. "Unklar" ist die vorläufige Diagnose meistens auch noch solange, bis der Bauch offen ist.
Selbst die bildgebenden Verfahren wie Rö, CT, MRT, Sono geben in den meisten Fällen nur Anhaltspunkte und Verdachtsdiagnosen. Die Internisten machen dann auch gern Gastro oder Colo, da sieht man schon mal was und kann ggf. was reparieren.
 
Welche Erkrankungen fallen unter unklares Abdomen?

Wenn ein Patient in die Klinik kommt mit Bauchschmerzen - was ist es dann?

Ist es vom Schmerz abhängig?
 
Im Prinzip doch alles, was mit dem Magen-Darm-Trakt zu tun hat. Akutes/unklares Abdomen ist ja nur ein Sammel- und Oberbegriff für zig Differentialdiagnosen. Selbst ein Herzinfarkt kann ja in den Bauch ausstrahlen.
Ansonsten fängt's an bei Magen-Darm-Grippe und Appendizitis über Cholcystolithiasis (wow, ich glaub', ich hab's richtig geschrieben!), eingeklemmte Leistenhernie bis (perforierte) Sigmadivertikulitis, aber auch oft Extrauteringravidität oder eine (stielgedrehte) Ovarialzyste....u.v.m. (bin ich Doktor?)
Das berüchtigte Bauchaortenaneurysma macht ja auch Bauchbeschwerden.
Ne' Galle ist ja noch recht einfach zu diagnostizieren: Schmerzen im re. Oberbauch, auch kolikartig, die Steine sieht man manchmal gut im Sono (sogar ich) und im Labor erhöhte Lipase.

Kürzlich, ha, fällt mir ein, hatten wir ein junges Mädchen, die mit Bauchschmerzen kam, etwas überspannt wirkte, sonst aber ganz gesund. da tippt man ja gefühlsmäßig auf den Blinddarm. Also Zugang, Blut abgenommen und in den Sonoraum.
Sie hebt das Shirt hoch und wir sehen etwas Seltsames: ihre Insulinpumpe. Wir, der Assistenzarzt und ich gucken erstaunt. Sie schnauzt uns plötzlich an, ja sie hat einen Typ 1 - Diabetes, aber sie war gestern erst in ihrer Klinik und wäre gut eingestellt, wir bräuchten nicht so doof zu gucken.
Der Doc macht sich also an den Ultraschall, ich rufe noch eben im Labor an, dass sie den BZ mitmachen.
Auf einmal tickt die Kleine aus, heult, zieht sich die Braunüle und haut ab. Wir haben noch versucht, sie zu beschwichtigen, aber keine Chance, wir sind die Bösen.
Tja, was soll ich sagen, der Zucker war über 300, ich mich ans Telefon gehängt, weil der russische Assistenzarzt ab und an Wortfindungsstörungen hat und nicht so richtig freundlich rüberkommt, die Angehörigen und den Arbeitgeber abtelefoniert. Kommt ein Anästhesist vorbei, den ich gut kenne, sagt der: "Ruft lieber sofort die Polizei und den Notarzt an; wenn die jetzt ins Koma fällt!"
Gesagt, getan, alle Welt irre gemacht. Sie kam dann heulend wieder (mit ihrer Begleitung);(angeblich waren wir böse zu ihr, ich schwöre, wir waren's nicht!).
Derweil hatten wir die Innere informiert, denn Diabetes ist dann doch ziemlich eindeutig internistisch.
Ein Symptom bei Überzuckerung ist Pseudperitonitis. Aber da muss man mal draufkommen!
Die Insulimpumpe hatte nicht richtig funktioniert.
 
PS: Im Nachhinein war uns natürlich auch klar, dass sie wegen ihres hohen BZs so durcheinander, psychisch neben der Spur war.
 
Im Prinzip doch alles, was mit dem Magen-Darm-Trakt zu tun hat. Akutes/unklares Abdomen ist ja nur ein Sammel- und Oberbegriff für zig Differentialdiagnosen.
Danke - das sehe ich nämlich genauso.

Weil es ging ja ursprünglich darum, ob ich bei einem akutem Abdomen den Chrirugen hole und beim unklarem Abdomen den Internisten.

Bei uns gilt: Es guggen immer beide drauf. In den OP geht es, wenn überhaupt erst nach den Laborwerten und der Diagnostik. Somit immer noch genug Zeit für die entsprechenden Fachrichtungen ihre Meinung dazu abzugeben.

Meist schaut erst der Internist und dann der Chirurg geht aber auch umgekehrt.
 
@flexi: Danke für's "Umdrehen" in die richtige Reihenfolge,im Kopf hatte ich's richtig,aber man sieht ja,was die Finger draus machen *g* !!
@narde : Ist es im Prinzip nicht völlig wurscht,welchen Doc man nun ranholt ?? Ich mein,im Dienst sind se beide und besser bezahlt als wir werden se auch,also müssen se eben erscheinen!!! Mir persönlich ist es jedesmal absolut schnurzpiepegal,ob die Herren Langzeitstudenten sauer sind,weil sie des nachtens aus ihrem warmen Bett steigen müssen und das sag ich denen auch jedesmal auf's Neue,so dass die es mittlerweile kapiert haben und besser nix sagen,wenn ich mal nacht's die Ambulanz mache.
 
Hallo Jok,

mir ist es völlig egal, welcher Arzt zuerst auf den Bauch schaut, bei uns schläft nachts sowieso kein Arzt und sind in der Notaufnahme immer jeweils zwei Internisten als auch Chirurgen im Dienst.
Aber das war die Ausgangsfrage:
Hi an alle Ambulanzler und welche die damit zu tun haben.
Ich tu mich so richtig schwer einen Pat. vom RD zuzuordnen, wenn die sagen akutes oder unklares Abdomen.
Wird er also chirurgisch oder internistisch. rel. Eindeutig ist es ja Gott sei dank bei OB Schmerzen ( Galle drin oder draußen ) wie gehts euch da bei unterbauch.... Sondiert ihr schonmal , d.h. Untersucht ihr, macht ihr bsp. nen MCBurney oder vertraut ihr drauf was der RD sagt.

Ich finde immer glejch die richtige Fachrichtung zu finden ist schon schwer.


Wie macht ihr das so?
 
Wenn es so einfach wäre, die Symptome des Patienten spontan dem richtigen Fachgebiet zuzuordnen, bräuchten wir doch gar nicht diese teure Diagnostik mit Blutabnahmen, Röntgen nativ und mit KM, CT, MRT, Spekula, diversen Endoskopen usw.
Wenn Du vier Fachabteilungen im Haus hast, hast Du 75 % Chancen, den falschen Arzt zu holen, falls ich richtig rechnen kann. Und diese Zahl läßt sich nur schwer senken; es sei denn, Du hättest den endoskopischen Röntgenblick.
 
Für ein unklares Abdomen holen wir erstmal grundsätzlich den Internisten. Für ein akutes Abdomen den Chirurgen. Wobei ich mich auch auf die Aussage des Rettungsdienstes auch nicht verlasse. Erstmal schaue ich mir den Patienten an, frage nach der Symptomatik, und taste mal auf den Bauch. Ich frage beispielsweise seit wann der Patient die Schmerzen hat und nach der Schmerzcharakteristik.

Wenn der Patient einen brettharten Bauch hat, die Schmerzen schlagartig aufgetreten und sehr stark sind, hole ich den Chirurgen.

Falls die Patienten tagsüber vom Hausarzt mit einer Einweisung kommen, richten wir uns nach der Einweisung Innere / Chirurgie.
 
@Ronja- worin unterscheidest du ohne Diagnostik, ob es sich um ein akutes oder ein unklares Abdomen handelt?

In einer Notaufnahme dürften wohl ehr nur Pat. mit einer akuten unklaren abdominelle Symptomatik vorstellig werden:

Intraabdominelle Ursachen

Akut entzündliche Prozesse, z.B. Appendizitis, entzündetes Meckel-Divertikel, Cholezystitis, Divertikulitis, Lymphadenitis mesenterialis, Typhilitis, Gastroenteritis, Ulcera im MDT, Enterokolitis, akute Pankreatitis, diffuse und lokale Peritonitis, Abszess

Hohlorganperforationen, z.B. Ulkusperforation, perforierte Appendizitis oder Divertikulitis, Gallenblasenperforation, toxisches Megakolon mit Ruptur, Tubarruptur bei Extrauteringravidität, Ileus mit konsekutiver Darmruptur, Trauma

Ileus, bedingt durch Briden, Adhäsionen oder Darmtumor als mechanische Ursache, Volvulus, Invagination oder Hernien, reaktive Darmparalyse

Durchblutungsstörungen, z.B. akute intestinale Angina oder Ischämie, akute Durchblutungsstörungen der Leber, Milzinfarkt

Intraabdominelle Blutungen, z.B. Ruptur eines Bauchaortenaneurysmas, hämorrhagische Diathese, Gefäßverletzung nach
Bauchtrauma, ein durch ein Ulcus arrodiertes Gefäß

Gynäkologische Ursachen, z.B. Adnexitis, Ruptur von Ovarialzysten, Endometriosezysten, Ovarialtumor, Tuboovarialabszess, Extrauteringravidität, Stieldrehung der Adnexe

Urologische Ursachen, z.B. Urolithiasis, obstruktive Uropathie, Pyelonephritiden, Nierenarterienverschluss

Extraabdominelle Ursachen

Kardiovaskuläre Erkrankungen, z.B. akuter Myokardinfarkt, Myokarditis

Pleuropulmonale Erkrankungen, z.B. Pneumonien, Pleuritis, Embolien

Endokrine Erkrankungen, z.B. Pseudoperitonitis diabetica, diabetische Ketoazidose

Metabolische Erkrankungen, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit Urämie, akute intermittierende Porphyrie

Renale Erkrankungen, z.B. Urolithiasis, Pyelonephritis, Nierenabszess, Niereninfarkt
http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3259/1/Buchner_Franz.pdf.pdf

Die Bandbreite erscheint mir persönlich so groß, dass selbst ein Mediziner erst eine Aussage wird treffen können, wenn er den Pat. gesehen hat.

Elisabeth
 
@Elisabeth Dinse : Da kann ich Dir nur 100%ig zustimmen,denn außer bei schtbaren Verletzungen und Abwehrspannung kann man keine Differenzierung vornehmen ! Und auch die Abwehrspannung ist ja letztlich kein sicheres Symptom für nur eine spezielle Erkrankung,weshalb eben ne genaue Diagnostik zu erfolgen hat. Aber vom Arzt,denn mich als Pflegepersonal steht eine "Vordiagnostik" nunmal nicht zu,womit sich die Diskussion doch eigentlich erübrigt. Wir als Pflegepersonal in der Ambulanz assistieren dem Doc,nehmen den Patienten auf,machen den Laborkram usw.,für die Differenzierung durch Diagnostik ist der Arzt zuständig !!!
 
Die Diagnostik gehört in die Hände der Ärzte, ganz klar.

Und auch die streiten sich gern, wem der Pat. "gehört".
 
Darum meinte ich, hätte man genug Zeit um beide Fachrichtungen auf den Bauch guggen zu lassen, oder?

Wenn die das wollen, bitte sehr.
Bei uns gab es bisher die Regelung, dass der Chirurg zuerst guckt (Absprache der Chefärzte). Da mische ich mich doch nicht ein.

Beide gleichzeitig hat sowieso keinen Sinn. Chirurgen und Internisten können selten gut zusammenarbeiten.

Wenn woanders der Internist zuerst guckt, ist das eben so.

Bei einer ziemlich eindeutigen chirurgischen Diagnose erübrigt sich dann ja sowieso der andere Facharzt und umgekehrt.

Wobei die "internistischen Bäuche" meist eine längere Vorgeschichte haben, die beim Hausarzt bekannt ist (Magenulcus, Verdauungsprobleme, chronische Pankreatitis usw.). Die Pat. geben dann ihre Anamnese ja auch beim NA an oder eben bei der aufnehmenden Person.

MfG,
Ev
 
Moin Ev,

nein, ich meinte nicht beide gleichzeitig - das wollen wir dem Patienten nicht zumuten.
Bei uns guggt zuerst der Internist, ist auch so festgelegt. Ausnahmen gibt es natürlich, wie du schon geschrieben hast.

Schönen Sonntag
Narde
 
Da lob ich mir doch die großen Kliniken,deren Notaufnahmen in Fachabteilungen gegliedert sind,somit bleibt der ganze "Käse" am NA oder der RTW-Besatzung hängen,denn die sollten ja in dem Fall die richtige Abteilung ansteuern:zunge:. Bloß haben diese Einteilung die wenigsten Häuser,leider.
 
Hallo
Jetzt nicht ganz ernst gemeint:
Akutes Abdomen: Pat. krümmt sich vor Schmerz, deutet dabei auf seinen Bauch, braucht einen Rollstuhl zum Transport, ist Fragen gegenüber wie-wo sind sie Versichert, fühlen sie sich als Frau oder Mann, wie sieht es mit ihrem schamgefühl etc.- nicht sehr zugänglich da er damit beschäftigt ist sich vor Schmerz zu krümmen.
Unklares Abdomen: Pat schlendert ins Krankenhaus vorzugweise Nachts um 2:00 Uhr, deutet auf seinen Bauch, gibt an er habe seit Stunden/Tagen/Wochen immer wieder mal Bauchweh und da er jetzt eh nicht schlafen kann weil Vollmand habe er sich gedacht da könnte ja mal ein Doc drauf schauen, außerdem habe er tagsüber keine Zeit sich in Wartezimmern rumzutreiben.
Wenn es denn immer nur so einfach wäre.
Ernsthaft, wir haben eine interdisziplinäre Nothilfe und bei einem Abdomen welcher Art auch immer schauen immer der Chirurg und der Internist drauf.
Alesig
 
Da lob ich mir doch die großen Kliniken,deren Notaufnahmen in Fachabteilungen gegliedert sind,somit bleibt der ganze "Käse" am NA oder der RTW-Besatzung hängen,denn die sollten ja in dem Fall die richtige Abteilung ansteuern:zunge:. Bloß haben diese Einteilung die wenigsten Häuser,leider.
Ich kenne die grösse des Haues nicht in dem du arbeitest, aber wir haben eine ZNA (1200 Bettenhaus) in der alle Abteilungen, ausser Gyn, zusammen sind. Wir sind darüber sehr froh. Die Patienten auch, aber um die geht es ja eher nicht. *Ironie on*Das KH könnte doch so schön sein, gäbe es weder Patienten noch Ärzte.*Ironie off*
Narde2003 schrieb:
Ich hasse es im Rettungsdienst, da auch ich nicht den Blick habe welche Fachrichtung ist die Richtige, wenn ich dann zwischen den Aufnahmen pendeln muss, jeder schiebt es der Anderen zu und zum Schluss wird es Urologisch, weil sie der dem Patienten erbarmt, der schon die ganze sinnlose Diskussion mitbekommen hat und sich so erwünscht wie noch was vorkommt. Gelegentlich auch schon gefragt hat, ob er lieber wieder gehen soll...
 
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