ver.di: Vierte Runde am 25./26. FebruarBund und Kommunen verschärfen die Lage
Statt ein besseres Angebot vorzulegen, wollen die Arbeitgeber nun die Tarifregelungen zur Arbeitszeit kündigen. Ohne Ergebnis endete somit auch die vierte Runde der Tarifverhandlungen mit Bund und Kommunen am 25./26. Februar in Potsdam. Zu deren Beginn hatte die ver.di-Verhandlungskommission eine Zwischenbilanz der Warnstreiks und Aktionen vom 14. bis zum 22. Februar gezogen.
"Wir werden kein weiteres Angebot vorlegen." So nahm Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble nach der vierten schon die fünfte Verhandlungsrunde vorweg. Und auf Nachfrage erläuterte er: "Wir sind eine Runde von der Schlichtung entfernt."
So versuchen die Arbeitgeber wohl, "sich in die Schlichtung zu retten", vermutet der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. Die Gewerkschaften hingegen wollen "nichts unversucht lassen", um in Verhandlungen ein Tarifergebnis zu erreichen.
Als Verhandlungsführer der Kommunen beharrte Thomas Böhle darauf, die Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst vereinheitlichen zu wollen. Deshalb, sagt er, müssten sie verlängert werden. Mit dem gleichen Argument lässt sich allerdings auch eine Verkürzung begründen.
Um ihren Plan umsetzen zu können, wollen Bund und Kommunen nun die Tarifregelungen zur Arbeitszeit kündigen. "Damit gießen sie noch Öl ins Feuer", kritisiert Frank Bsirske diese Absicht: "Die Arbeitgeber haben offenbar immer noch nicht verstanden, wie die Stimmung in den Betrieben aussieht". Viele Beschäftigte kämen nach Jahren mit Reallohnverlusten mit ihren Einkommen einfach nicht mehr aus. "Uns reicht's" sei allerorten der Tenor. Wenn die Arbeitgeber sich nicht bewegten, müssten eben die Kolleginnen und Kollegen dies tun - mit weiteren und breiteren Warnstreiks in der nächsten Woche.
Enorm hohe Streikbereitschaft", "supertolle Aktionen" und "flächendeckende Beteiligung". Diese Vokabeln prägten in Potsdam auch die Berichte in der ver.di-Verhandlungskommission. Betont wurden auch das durchweg positive Medienecho und das große Verständnis von Bürger/innen, Patient/innen und Eltern für die Warnstreiks und Aktionen vom 14. bis zum 22. Februar.
"Gelnhausen war nicht immer der Dreh- und Angelpunkt der Bewegung", bemerkte verschmitzt Ralf Nix aus der (benachbarten) Stadtverwaltung Hanau. Doch am 21. Februar, dem Tag der Kitas, traten dort zwei- bis dreihundert Kolleginnen und Kollegen in den Warnstreik.
Denn dies ist eine der Erkenntnisse der Warnstreiks: Sie waren, so Frank Bsirske, "nicht beschränkt auf die großen Städte". Die Beschäftigten in ländlichen Gegenden beteiligten sich ebenfalls sehr engagiert an den Aktionen.
Die Taktik der spartenspezifischen Streiktage habe sich ausgezahlt: "So wurde der Blick auf die einzelnen Branchen gerichtet." Nicht zuletzt auf jene, von denen die Öffentlichkeit das Streiken eher (noch) nicht gewohnt war - zum Beispiel Erzieherinnen und Pflegekräfte, Sparkassenangestellte und Mensa-Beschäftigte.
Am Freitag, 22. Februar, zeigten auch die "klassischen" Streikbereiche, welche Kraft in ihnen steckt: So wurde beispielsweise in Kassel, Mainz, Neunkirchen und Stuttgart sowie in vielen Städten Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens der Nahverkehr zum Teil 24 Stunden lang komplett lahmgelegt. In Bayern, Berlin, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein traten am gleichen Tag viele Beschäftigte aus Ver- und Entsorgungsbetrieben in den Ausstand.
Bundesweit nahmen mehr als 180.000 Beschäftigte an den Warnstreiks und Aktionen teil - in vielen Orten wesentlich mehr als erwartet. "Und wir sind noch deutlich steigerungsfähig", versicherte unter anderem Bayerns Landesbezirksleiter Josef Falbisoner.
Beeindruckt zeigten sich auch viele Arbeitgeber, die mit einem solch massiven Widerstand gegen ihr "Angebot" vom 24. Januar offenbar nicht gerechnet hatten.
Mit jeder Aktion wächst auch die Stärke der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft. Denn im Zuge der Warnstreiks konnten in den letzten Wochen ungewöhnlich viele neue Mitglieder für ver.di gewonnen werden. Das berichteten unisono die Vertreterinnen von Landesbezirken und Fachbereichen in der Verhandlungskommission.
Am 6./7. März wird in Potsdam weiter verhandelt. In dieser fünften Runde wird sich entscheiden, ob ein Tarifergebnis erreicht oder die Schlichtung angerufen wird.