Wundbehandlung mit Varidase[r] - warum entstehen grünliche Beläge?

sisterNic

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Dachau
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Krankenschwester, Rettungssanitäterin
Hallo liebe Kollegen und Kolleginnen..

ich habe zur Zeit einen Patienten auf Station zu betreuen, der hat durch einen Qerrschnitt, der auf einem medullären Tumor beruht, mehrere Decubiti (Steiss, li. Trochanter, re. Trochanter, Sitzbein).

Es wurden mehrmals Abstriche gemacht.
Es stellte sich heraus, dass der Pat. in allen Wunden MRSA-besiedelt ist.

Die Sanierung läuft.

Nun wollte unser CA letztens, dass wir die Wunden alle mit Varidase verbinden.
Das haben wir auch getan.
Aber schon nach einem Tag zeigte sich ein lindgrüner Belag beim Entfernen des Verbandes. Dieser war am nächsten Tag lind-bis dunkelgrün. Nach Entfernen des Verbandes roch es süsslich, wobei wir dann auf Pseudomonas gekommen sind.
Der Abstrich hat dies bestätigt.
Demzufolge wurden bis zum Dienstag die Verbände mit Essigsäure gemacht und alle 4 Std. angefeuchtet, ebenfalls mit Essigsäure.

Am Dienstag war wieder CA-Visite, seitdem verbinden wir wieder mit Varidase.
Heut haben wir Donnerstag, und nun haben wir das gleiche Problem mit dem Verband. Er ist wieder lind-dunkelgrün.
Riecht leicht süsslich.

Laut unserem Stationsarzt hat das was mit der Varidase zu tun.
Doch ich habe wie verzweifelt gesucht und auch im Internet nichts gefunden, was mich schlauer werden lässt, warum die Verbände immer grün sind nach 2 Tagen Varidase-Behandlung.

Hat denn einer vielleicht ähnliche Erfahrungen gemacht?

Ich weiss momentan echt nicht weiter, und auch die Docs sind so langsam aber sicher ratlos.

Ich hoffe, dass mir jemand etwas auf die Sprünge helfen kann.

Danke schonmal..

LG, Nic
 
Hallo,
hab einen ähnlichen Fall auf Station und wäre ebenfalls an Ergebnissen interessiert!
 
Zitat aus der Fachinfo der Roten Liste®:

13.1 Pharmakologische Eigenschaften
Varidase N enthält als Wirkstoff die Enzymkombination
Streptokinase/Streptodornase,
gewonnen durch Fermentation von apathogenen
Kulturen von hämolysierenden Streptokokken
der Gruppe C.
Streptokinase ist eine Fibrinolysekinase.
Als Plasminogenaktivator geht sie mit freiem
Plasminogen einen Komplex ein, der die
Umwandlung von weiterem Plasminogen in
Plasmin katalysiert.
Der resultierende Fibrinabbau ermöglicht
den Abtransport von nekrotischem Zellmaterial
und schafft so die Voraussetzung für die
Bildung von frischen Granulationsgeweben.
Koagulierte Blutansammlungen werden verflüssigt
und können somit resorbiert bzw.
abtransportiert werden.
Streptokinase in der lokalen Anwendung
trägt wesentlich zum raschen Abbau von fibrinösen,
nekrotischen Belägen auf Wunden
bzw. in Körperhöhlen bei.
Das Ferment Streptodornase (Desoxyribonuklease)
führt zu einem enzymatischen Abbau
eitriger visköser Exsudate. Dabei werden
Desoxyribonukleinsäuren depolymerisiert
und schließlich zu löslichen Purinen
(Adenin, Guanin) und zu Pyrimidinen (Thymin,
Cytosin) abgebaut
, die leicht abtransportiert
werden können. Durch die Lyse dieser
Polynukleotide werden eitrige Beläge
verflüssigt.
Beide Wirkstoffe haben einen antiinflammatorischen
Effekt.
Lebende Zellen und Kollagen werden nicht
angegriffen.
Ebenso wurden keine nachteiligen Einflüsse
auf resorbierbares Nahtmaterial festgestellt.
Die optimale Wirkung erfolgt bei einem pHWert
von 6 – 8.
Die Wirkungsweise ist abhängig von einer
ausreichenden Menge von Plasminogen,
das in den Exsudaten und in körpereigenen
Flüssigkeiten in unterschiedlicher Menge
vorkommt, sowie von der Konzentration des
Fibrins am Applikationsort.
Zitat aus Wikipedia (Pseudomonas aeruginosa - Wikipedia):

Es ist ein weitverbreiteter Boden- und Wasserkeim und kann aus Pflanzen, Früchten, Lebensmitteln und dem Darmtrakt von Mensch und Tier isoliert werden. Er ist ein bedeutender nosokomialer Keim und Lebensmittelverderber und kann in Leitungswasser, Waschbecken, Spülmaschinen, Medikamenten und Desinfektionsmitteln vorkommen.

Ich vermute mal, daß durch die Varidase-Behandlung ein richtig "schöner Nährboden" für die Pseudomonaden geschaffen wird (siehe markierte Textstelle in der Fachinfo). Und da die "lieben Tierchen" fast überall vorkommen können, ist eine Einschleppung in die Wunde leicht vorstellbar. Dort können sie sich dann unter idealen Bedingungen vermehren.

Wie gesagt, nur eine Vermutung von mir, ich habe dazu keine Daten gefunden.
 
Wenn ich mich recht erinnere, sollte auch ein Varidase-Verband 3 mal am Tag gewechselt/erneuert werden. Näheres sollte in der Packungsbeilage zu finden sein.GrußKlaus
 
Hi sister Nic,
ich bin noch am Sortieren:
also mehrere Dekubiti,
überall MRSA, der saniert wird = womit?
dann kam Varidase auf den Menschen
nach Verschlechterung Essigsäure :-?,
dann Feststellung Pseudomonas (wie langer der wohl auch schon da war?)
dann wieder Varidase

richtig so?

Als erstes macht mir die Essigsäure Kopfschmerzen. Was sollte sie bewirken? (meine persönliche Meinung ist: Essig gehört in den Salat) Bei Geruchsbildung und schick gegen Keime wäre z.B. Aktivkohle + Silber.
Kann es sein, dass der Pat. mit mehreren Keimen bei Euch ankam, die jetzt nach und nach, je nachdem was das Labor beauftragt ist zu suchen, entdeckt werden?
Und kann es sein, dass durch das bunte Gemisch (MSRA-Sanierung, Varidase, Essig ... kommen auch noch Antibiotika dazu?) eine kleine Explosion in diesem Menschen statt gefunden hat?

Wäre es nicht schick, MRSA-Sanierung (wie schon gefragt, womit denn?) und silberhaltige Auflagen (vielleicht ein Silberalginat) zu verwenden und dem Pseudomonas mit der Varidase nicht noch mehr Feuchtigkeit zuzuführen? Es ist schon schwierig, moderne, feuchte Wundbehandlung bei diesem Keim adäquat in den Griff zu kriegen, sollte aber nicht unmöglich sein.



zur Varidase: Produktbeschreibung Varidase N*Gel

Wieviel von Varidase N Gel und wie oft sollten Sie Varidase N Gel anwenden?
  • Die Anwendung erfolgt nach Zubereitung als Gel. Das Gel in dünner Schicht auftragen und mit sterilem Mull abdecken.
  • Der Verbandswechsel sollte 2mal täglich erfolgen.
WechselwirkungenWelche anderen Arzneimittel beeinflussen die Wirkung von Varidase N Gel?
  • Eine gemeinsame Anwendung mit Antibiotika, deren Lösungen im sauren pH-Bereich liegen und mit sauren Desinfektionsmitteln und Antiseptika kann zu Aktivitätsminderungen des Arzneimittels führen.
 
Hi SisterNic, bin über die Essigsäure auch ziemlich entsetzt. Essig ist ein Lebensmittel und hat somit in einer Wunde nix zu suchen, auch wenn ein Arzt dies anordnet. Ihr macht euch sogar strafbar, wenn ihr diese Anordnung ausführt.
Schliesse mich Nordlichts Meinung an: würde mit Octenisept oder Prontosan reinigen, und dann mit Silberhaltigen Produkten arbeiten. Solange das grün schillert und süsslich riecht, habt ihr mit Sicherheit noch nen Pseudomonas in der Wunde, mal vom MRSA ganz abgesehen.
Meld dich doch mal, wie es mit der Behandlung weitergegangen ist, bzw. weitergeht. Dein Beitrag ist ja schon ein paar Tage her.
 
Nur um die Geister zu beruhigen: Peressigsäure wird tatsächlich in der Wundbehandlung eingesetzt... allerdings nur unter Katastrophenbedingungen. Der Doc empfindet offensichtlich die Grünfärbung als Katastrophe und greift zu Ultima Ratio: Peressigsäure.

Antiseptikum: Eine Konzentration von 0,1 bis 0,2 Prozent Peressigsäure eignet sich als Antiseptikum, wenn Antibiotika und andere lokal wirkende Antiseptika keinen Effekt bringen.
Peressigsaeure

Elisabeth
 
Hallo,
bei uns wird auch Essigsäure verwendet wenn, wie oben beschrieben, Pseudomonas in der Wunde sind. Hat auch schon oft super funktioniert. Muss das nächste Mal glatt aufpassen, ob da wirklich PERessigsäure auf der Flasche steht, wird von unserer Apotheke im Haus gefertigt.

An SisterNic:
Habt Ihr denn den Verband mit Varidase mehrmals täglich gemacht (min. 2x?)?? Oder konnte sich der Pseudomonas immer schön einnisten?
 
Also..

ihr wollt wissen, wie es mit der Wunde des Pat. weiterging..

Nun ja, zunächst einmal sind wir die letzten Tage bei Varidase geblieben.
Das hat auch dann auf der grössten Wunde sehr gut angeschlagen.
(und ja, es war 2mal täglich)..
Die anderen blieben mal mehr, mal weniger hellgrün, aber sie rochen und schillerten nicht.

Einige unserer Docs meinen, dass es vielleicht doch vom Varidase kommt, denn wie wir festgestellt haben, färbten sich mehrere Verbände grün nachdem Varidase aufgetragen wurde.
Doch in einigen war kein Pseudomonas.

Und wir verwenden nun mal Essigsäure.
Kanns doch momentan net ändern.
Diese wird wie glaub ich schon gesagt in der hauseigenen Apotheke hergestellt.

zu dem Thema hab ich im Netz noch folgendes gefunden:
biochirurgisches Debridement

Der MRSA wird mit Turixin, Octenisept und dem ganzen Programm saniert.

Ich wollt grad noch mehr schreiben, muss aber zur Fortbildung.

LG und bis bald..
Nic
 
Hi sisterNic,

ist ja spannend: habt Ihr mal beim Hersteller nachgefragt, ob der das grüne Problem auch schon kennen? Vielleicht kommt ja so was wie , ja, schon mehrfach aufgetreten, ist wenn blablabla geliert und ist nicht schlimm. Vielleicht.

Und was willst Du uns mit den Maden sagen?:gruebel: ist schon prima, (wenn`s die Kasse zahlt.. oder Ihr setzt den Pat. bei tropischen Temperaturen in die Nähe eines Misthaufens :sdreiertanzs:Vorsicht- Ironie!)

@Elisabeth - sehr schön - Katastrophenschutz :rocken: soweit ist es also um Deutschland bestellt..

Bitte weiterhin Berichte!!!
 
@Elisabeth..

in dem Link mit den Maden ist mir der Satz mit Essigsäure wichtig.

Man sollte Maden bei Pseudomonasbesiedlung nicht verwenden, laut Hersteller konkurriert dieser mit den Maden um den Sauerstoff und die Maden sterben ab. Hier kann man mit verdünnter Essigsäure 0,3 - 0,5% über 3-6 Tage, manchmal auch etwas länger den Pseudomonas erfolgreich beseitigen und danach wieder mit der Madentherapie beginnen. Das zersetzte Gewebe nehmen die Maden wieder auf und dadurch wachsen sie.

biochirurgisches Debridement

LG, Nic
 
Danke für die Info- wieder was dazugelernt.
Ich hatte Peressigsäure nur im Zusammenhang mit der Katastrophe gefunden. Ich erinnere mich auch nicht, dass wir Peressigsäure jemals eingesetzt als Antiseptikum... was aber nichts besagen will.
Die Therapiehoheit hat nach wie vor der Arzt in Deutschland. Und wenn der entscheidet Peressigsäure kann ich ggf. Alternativen anbieten. Die letzte Entscheidung liegt aber schlußendlich beim Arzt.

Elisabeth
 
Das ist auch richtig. Daher weisse ich auch immer darauf hin, dass dies nicht dem Standard entspricht. Wir setzen es aber ein, auf Arztanordnung, weil wir damit sehr gute Erfahrungen bei der Beseitigung von Pseudomonasbesiedelung gemacht haben.

Liebe Grüße

Astrid
 
keine Ahnung ob das nach über einem jahr überhaupt noch gelesen wird...
na ja...ich habe jedenfalls folgendes gelesen:

Varidas ist eine mischung aus streptokinase und anderen Substanzen, die aus hämolytischen streptokokken gewonnen werden...

durch mikroorganismen hervorgerufene hämolyse lässt ich in α β und γ-Hämolyse unterteilen... bei der α Hämolyse produzieren die Mikroorganismen zwar keine Blutauflösenden Substanzen, rufen aber eine grünliche verfärbung hervor... woran das genau liegt weiß ich auch nicht, aber es scheint ein physiologischer vorgang zu sein und würde nicht auf eine andere Wundinfektion hinweisen...

wie gesagt...wenn das noch einer liest ;-)

micha
 

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