Wirkungsort und Abbau von Disoprivan[r]

schwester jenni

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Hallöchen,

ich hätte da mal ne Frage bezüglich des Wirkungsortes von Propofol, das wirkt doch am Gehirn, oder bin ich da falsch informiert? Kann mir da halt nicht viel drunter vorstellen.
Ausserdem wüsste ich noch gern wie es abgebaut wird!

Danke im voraus

GlG
jenni
 
Hallo Jenni,

Propofol ist ein kurzwirksames Hypnotikum, es hat keine analgetische Eigenschaft. Es wird zur Narkoseeinletung benutzt, oder über Spritzenpumpe zur Sedierung von beatmeten Patienten auf der Intensivstation.
Es wirkt nur relativ kurz ca. 4 bis 8 Minuten.
Es wirkt am ZNS und macht in entsprechender Dosierung einen Atemstillstand.
Bei Patienten die einen Betablocker in der Medikation haben, kann es durch Propofol zu einem Abfall der Herzfrequenz kommen.
Ich habe schon häufig erlebt, dass es zu Blutdruckabfällen bei der Anwendung von Propofol kam, besonders bei älteren Patienten mit Herzerkrankungen in der Vorgeschichte.

Propofol wird über die Leber abgebaut und über die Niere ausgeschieden.

Vorteile von Propofol sind, dass Patienten selten unter postoperativer Übelkeit und Erbrechen leiden, sie sehr gut, angenehm aufwachen. Ein weiterer Vorteil ist, dass es durch Propofol kaum zu einer Histaminausschüttung kommt, wodurch es auch für allergische Patienten gut geeignet ist.

Propfol wird in der Narkoseeinleitung in der Regel mit Fentanyl, Suffentanyl kombiniert, genauso wie auf der Intensivstation zur Sedierung.

Genaueres findest du auch in div. "Intensivschmöckern"

Liebe Grüsse
Narde
 
Servus Jenni,

Wie Narde schon richtig bemerkte ist Propofol ein Narkotikum.
Es hat eine kurze Wirkdauer von ca. 4-6 Minuten und eine Halbwertszeit von knapp 55 Minuten.

Der Wirkort ist ähnlich der Benzodiazepine und Barbiturate.
Es wirkt am GABA-Rezeptor.
Die genaue Wirkweise ist noch nicht so richtig erforscht. Fakt ist, daß es zu einer Modulation am Gamma-Hydroxybutyrat-Rezeptor kommt, was eine neuronale inhibitorische Wirkung nachsich zieht. Diese entfaltet sich in der Formatio reticularis und dem Kortex (Quelle: Handout der TU-Dresden).
Merkt dir einfach, daß Propofol (wie auch Barbiturate und Benzodiazepine) am GABA-Rezeptor wirkt. Das reicht glaube ich :D.

Propofol wird zu 88% in der Leber metabolisiert und über die Nieren ausgeschieden. Die Metabolite färben bei Langzeitanwendung den Urin grün.
Teilweise richtig grün.

Neben der sedierenden Wirkung hat Propofol noch weitere positive, aber auch negative Effekte.
Zuerst die Negativen:

1) Propofol ist nicht analgetisch. Sprich du brauchst immer ein Analgetikum, wenn du am Patienten etwas machst was evtl. Schmerzen verursachen könnte. Sufentanil, Alfentanil (Rapifen®) oder Remifentanil (Ultiva®) wären hier optimale Begleiter.

2) Propofol besitzt eine recht hohe hämodynamisch wirksame Komponente.
Diese Wirkung ist natürlich Dosisabhängig. Es kommt zur Blutdrucksenkung, primär durch die Senkung des peripheren Widerstandes. Auch ist eine Herzfrequenzsenkung beschrieben worden, welche allerdings durch die reflektorische Herzfrequenzerhöhung durch den sinkenden Blutdruck nicht sonderlich auffallen wird.

3) Bei der Injektion von Propofol kann es zu Myoklonien bzw. zu unwillkürlichen Bewegungen kommen. Nicht unbedingt negativ, aber recht eindrucksvoll manchmal.

Positive Effekte:


1) Propofol wirkt brochodilatatorisch. Allerdings erst ab einer Dosierung von über 2,5 mg/kg KG.

2) Propofol senkt den Gehirnstoffwechsel und somit den Sauerstoffbedarf des Gehirns (um ca. 35%). Deshalb ist Propofol ein nettes Medikament, welches man bei der Sedierung von Schädel-Hirn-Traumen einsetzen kann. Hirnprotektion ist hier das Schlagwort. Wenn wir einmal beim Hirn sind...

3) Propofol wirkt antikonvulsiv. Allerdings ist die Wirkweise nicht mit Sicherheit nachgewiesen bzw. erforscht.

4) Propofol wirkt antiemetisch.

Ich hoffe geholfen zu haben...oder so :sdreiertanzs:

LG
Andi
 
2) Propofol senkt den Gehirnstoffwechsel und somit den Sauerstoffbedarf des Gehirns (um ca. 35%). Deshalb ist Propofol ein nettes Medikament, welches man bei der Sedierung von Schädel-Hirn-Traumen einsetzen kann. Hirnprotektion ist hier das Schlagwort. Wenn wir einmal beim Hirn sind...
Hallo Andreas,

sowohl die Rote Liste (Fach Info) als auch Herr Latasch und Herr Larsen, sagen, dass Propfol nicht bei einem erhöhten intracraniellen Druck angewendet werden darf, da die Gefahr einer signifikanten Senkung des intracraniellen Druckes besteht.

Liebe Grüsse
Narde
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Andreas,

sowohl die Rote Liste (Fach Info) als auch Herr Latasch und Herr Larsen, sagen, dass Propfol nicht bei einem erhöhten intracraniellen Druck angewendet werden darf, da die Gefahr einer signifikanten Senkung des intracraniellen Druckes besteht.

Liebe Grüsse
Narde

In meinem Larsen (6. Auflage, 2004) steht folgendes:
Intravenöse Anästhetika vermindern in unterschiedlichem Ausmaß die Hirndurchblutung und das intrakranielle Blutvolumen: Der intrakranielle Druck fällt ab! Diese Wirkung ist besonders ausgeprägt bei Barbituraten und bei Propofol, hingegen wesentlich geringer bei den Opioiden.
Ketamin steigert die Hirndurchblutung; hierdurch kann der intrakranielle Druck sehr stark zunehmen, darum gilt:
Ketanest darf bei Patienten mit erhöhtem Hirndruck nicht eingesetzt werden.

Die Senkung des intrakraniellen Drucks wäre ja bei SHT gewünscht.
 
Hallo Andreas,

siehst, dein Larsen bestätigt meinen Larsen:
Andreas8121 schrieb:
Der intrakranielle Druck fällt ab! Diese Wirkung ist besonders ausgeprägt bei Barbituraten und bei Propofol

und auch die Fach Info der Roten Liste sagt das, für mich ist diese bindend, da es sich um den "Waschzettel" des Medikamentes handelt.
Hier ein Auszug aus der Fach Info eines Propofolproduktes der Roten Liste, bei Gegenanzeigen findest du:
Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit erhöhtem
intrakraniellen Druck und niedrigem arteriellen Druck geboten, da die Gefahr
einer signifikanten Senkung des intrazerebralen Druckes besteht.

Liebe Grüsse
Narde
 
Du redest davon, daß man Propofol NICHT bei Patienten mit einem SHT einsetzen DARF. Das ist SO nicht richtig bzw. ist Interpretationssache.
Sicherlich bedarf es besonderer Vorsicht, aber eine absolute Kontraindikation besteht nicht.

Propofol wird von etlichen neurochirurgischen Zentren und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie als Narkotikum empfohlen und auch eingesetzt. Gerade wegen der Senkung des Hirndrucks und der antikonvulsiven Wirkung. Ich persönlich habe nicht einen Patienten erlebt bei dem der intrakranielle Druck so signifikant abgesunken ist, daß es zu einer Gefährdung des Patienten kam.

Vorsicht ist allerdings geboten bei Bolusgabe von Propofol, da durch die hämodynamische Wirkung der Blutdruck teilweise so stark absinken kann, daß der cerebrale Perfusionsdruck (CPP), der benötigt wird um das geschädigte Gehirn ausreichend zu durchbluten, nicht mehr erreicht wird.
 
Vorsicht ist allerdings geboten bei Bolusgabe von Propofol, da durch die hämodynamische Wirkung der Blutdruck teilweise so stark absinken kann, daß der cerebrale Perfusionsdruck (CPP), der benötigt wird um das geschädigte Gehirn ausreichend zu durchbluten, nicht mehr erreicht wird.
+ Zitat von narde:
Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit erhöhtem
intrakraniellen Druck und niedrigem arteriellen Druck geboten, da die Gefahr
einer signifikanten Senkung des intrazerebralen Druckes besteht.

Das ist der Punkt. Es ist ein tolles Medikament bei SHT, wenn ich eine Messung des ICP gewährleisten kann, man sollte aber mit Bolusgaben vorsichtig sein.
Das Stichwort ist hier wie von Andreas erwähnt der CPP!!! Man sollte halt immer auf einen ausreichend hohen MAP achten und den ICP möglichst klein halten.
Hab das Gefühl ihr meint das Gleiche redet aber an einander vorbei :wink1:

...

davon abgesehen, dass es offtopic wird :wink1:
 
Hallo Jungs,
ich ging davon aus, dass es sich um die Narkoseeinleitung handelt, ich weiss ja nicht wie es bei euch ist, aber bei uns wird die Narkose mittels Bolus eingeleitet - oder hab ich was verpasst?
Es steht in dem Beitrag von Jenni, nichts, na gut, nachdem hat sie auch garnicht gefragt:fidee:

Schönen Abend
Narde
 
Hallo!

Ihr habe ja einige interessante Statements abgegeben. Natürlich geb ich jetzt auch noch meinen Senf dazu.

Arbeite sowohl mit cardialen als auch mit neurochirurgischen Intensivpatienten (meistens Aneurysmablutungen).

Mir ist nur wichtig, dass man weis dass Propofol bei akuten Myocardinfarkt in Kreisen der Internisten als kontraindiziert bezeichnet wird, da es negativ inotrop wirkt, wenn man cardial geschädigt ist. Wird bei uns in der Akutphase nie gegeben (auch wenn die Leute eine Hypertonie hätten).

Bei den neurochirurgischen Patienten wird es bei uns sehr oft verwendet, als Bypass oder im Bolus, oder beides bei Bedarf. Hatten damit nie Probleme was jetzt "sinkenden ICP" betrifft - was auch immer das heißt. Klar ist auch, dass die Leute alle Noradrenalin haben, und ich den MAP sowieso anheben kann.
Ein absolutes NO NO ist bei uns die gleichzeitige Gabe von Thiopental und Propofol im Bypass über längerem Zeitraum. Hatten in den letzten Jahren damit Zwischenfälle, die zur Reanimation führten.
Es sind dabei 4 Patienten gestorben, die alle während der Reanimation einen mittels Echocardiographie beobachteten Herzstillstand hatten. Da hat sich nicht einmal mahr das Septum bewegt. Und das waren alles Leute unter 40!

Bei der Obduktion konnte kein Hinweis auf ein mechanisches Problem der Herzens oder Ähnliches gefunden werden, dass diese Symptomatik hervorgerufen hätte.
Seither wir das beachten, hatten wir keine Zwischenfälle dieser Art mehr. Gottseidank!

Ciao, Lisa