Wenn Angehörige uns auftragen wollen, wie wir zu pflegen haben

Broderen

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05.08.2023
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4
Beruf
Krankenschwester
Akt. Einsatzbereich
außerklinische Intensiv
Funktion
PFK
Ich arbeite in der außerklinischen Intensivpflege, also nur einen Patienten. Die beratungsresistente Ehefrau wünscht die Positionierung so: 10-15% Seitenlage des Oberkörpers (sehr weiches Kissen im Rücken, daher liegt er minimal auf der Seite). Die Beine werden dabei nicht berücksichtigt, sie liegen gerade auf dem Bett, lediglich ein Kissen unter den Waden.
Ich denke mir, das kann nicht gut sein, wenn die Wirbelsäule leicht gedreht ist, das Becken aber flach liegt.
Wie denkt ihr?
Sollte ich das ablehnen wegen Durchführungsverantwortung und Verdacht auf Körperverletzung oder sehe ich das zu streng?
 
Hast Du mit der Ehefrau mal darüber gesprochen, warum Du auch den Unterkörper lagern möchtest?
 
Ich nehme an, das hat er schon getan, sonst würde er die Ehefrau nicht als "beratungsresistent" bezeichnen.

Fachlich falsche Pflege ohne nachvollziehbare Begründung lasse ich mir nicht diktieren. Nicht von Ärzten und nicht von Angehörigen. Falls das der Patient selbst so möchte und äußert, ist das vielleicht noch etwas anderes. Ansonsten halte ich mich an Standards und evidenzbasierte Pflegetechniken. Lückenlose Dokumentation versteht sich von selbst.
Was die Ehefrau macht, sobald du ihr den Rücken zudrehst, ist ihr Ding, aber du selbst trägst, du sagst es schon, die Durchführungsverantwortung.
 
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Reaktionen: Martin H.
Hallo Broderen!

Ich nehme an, der Pat. ist selbst nicht in der Lage sich gezielt zu äußern (außerklinische Intensivpflege).
Da ist vorallem Pat.-Beobachtung gefragt. Wie verändert sich der Muskeltonus durch die Lagerung? Evtl. Mimikveränderung, Veränderung der Atmung etc.? Wirkt der Pat. "entspannt"? - Wenn ja, da ist die Lagerung für den Pat. ok.

Zur Dekubitusprophylaxe ist erstaunlich oft eine sehr "flache" Seitenlage ausreichend. Richtwert sollte der "Fingertest" sein.

Wenn der Pat. durch die Lagerung wahrnehmbar beeinträchtigt ist, hilft es evt. die Wahrnehmung der Ehefrau auf entsprechende Veränderungen des Pat. zu lenken und ihr die Zusammenhänge zu verdeutlichen. - Manchmal hilft es auch die Gründe der Angehörigen für "ihr" Vorgehen im Gespräch zu eruieren, sie kennen den Pat. ja in der Regel deutlich länger.

Der Schlüssel zu einem Konsens ist oft ein Informationsaustausch und beheben von evtl. Informationslücken, nicht "von oben herab" sondern der Angehörige sollte das Gefühl haben "auf Augenhöhe" zu sein.

Insgesamt eine schwierige Thematik, bei der man sich gefühlt oft "den Mund fusselig reden" kann.

In erster Linie geht es dabei um das Pat.-Wohl und nicht wer Recht hat.

Schöne Grüße, Gego
 
Fachlich falsche Pflege ohne nachvollziehbare Begründung lasse ich mir nicht diktieren.
:daumen:

Ich hatte mal einen ähnlich gelagerten Fall, als ich noch in der ambulanten Pflege tätig war:
Die Frau meines Pat. meinte, um einen Spitzfuß zu vermeiden, sollten unbedingt Kissen u. a. Gegenstände zwischen Fußsohlen und Bettende gestopft werden, um die Füße quasi in eine aufrechte Position zu zwingen (so lange er im Bett lag).
Bei jedem von euch, der aus der Neurologie kommt, müßten jetzt eigentlich sämtliche Alarmglocken schellen…
Es gab dann tatsächlich Kollegen, die völlig kritiklos diese unsinnige und gefährliche Maßnahme durchgeführt haben. :rolleyes:
Ich hab mich aber unter Verweis auf die Pflegefachlichkeit (u. a. Lehrbücher) dagegen gestemmt und konnte zumindest erreichen, daß keiner mehr „mit Gewalt“ etwas zwischen Füße und Bettende reinquetscht; die Frau gab sich dann damit zufrieden, ein Kissen an die Fußsohlen zu legen, ohne Druck auf diese auszuüben. Außerdem konnte ich sie überzeugen, daß regelmäßige Lagerung und Mobilisation die besten Spitzfußprophylaxen wären.
Daß man dabei vernünftig mit den Angehörigen spricht, ist klar.
Ich nehme an, der Pat. ist selbst nicht in der Lage sich gezielt zu äußern (außerklinische Intensivpflege).
Das ist nicht automatisch so! ;)
 
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Die beratungsresistente Ehefrau wünscht die Positionierung so: 10-15% Seitenlage des Oberkörpers (sehr weiches Kissen im Rücken, daher liegt er minimal auf der Seite). Die Beine werden dabei nicht berücksichtigt, sie liegen gerade auf dem Bett, lediglich ein Kissen unter den Waden.
Das hört sich zumindest schmerzhaft an.
Hat sie das irgendwie begründet?
 
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Das ist nicht automatisch so! ;)
Das ist mir schon klar. Ich hatte ja auch geschrieben "ich nehme an".
Ich hatte bei dem beschriebenen Fallbeispiel nur den "worst case" vor Augen.
Nur weil ein Pat. evt. intubiert und beatmet ist, bedeutet das noch nicht, daß keine Kommunikation möglich ist.

Die Außerungsmöglichkeiten der Pat. kann sehr vielfältig sein (Blickwendung, Augenbliinzeln, Fingerbewegungen, etc.). Da ist eine gute Krankenbeobachtung ganz essentiell um die individuellen Kommunikationskanäle und -möglichkeiten der Pat. zu erkennen.

Schönen Gruß, Gego
 
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Hallo Broderen!

Ich nehme an, der Pat. ist selbst nicht in der Lage sich gezielt zu äußern (außerklinische Intensivpflege).
Da ist vorallem Pat.-Beobachtung gefragt. Wie verändert sich der Muskeltonus durch die Lagerung? Evtl. Mimikveränderung, Veränderung der Atmung etc.? Wirkt der Pat. "entspannt"? - Wenn ja, da ist die Lagerung für den Pat. ok.

Zur Dekubitusprophylaxe ist erstaunlich oft eine sehr "flache" Seitenlage ausreichend. Richtwert sollte der "Fingertest" sein.

Wenn der Pat. durch die Lagerung wahrnehmbar beeinträchtigt ist, hilft es evt. die Wahrnehmung der Ehefrau auf entsprechende Veränderungen des Pat. zu lenken und ihr die Zusammenhänge zu verdeutlichen. - Manchmal hilft es auch die Gründe der Angehörigen für "ihr" Vorgehen im Gespräch zu eruieren, sie kennen den Pat. ja in der Regel deutlich länger.

Der Schlüssel zu einem Konsens ist oft ein Informationsaustausch und beheben von evtl. Informationslücken, nicht "von oben herab" sondern der Angehörige sollte das Gefühl haben "auf Augenhöhe" zu sein.

Insgesamt eine schwierige Thematik, bei der man sich gefühlt oft "den Mund fusselig reden" kann.

In erster Linie geht es dabei um das Pat.-Wohl und nicht wer Recht hat.

Schöne Grüße, Gego
Hallo Gego, vielen Dank für Deinen Kommentar. Der Patient befindet sich im weit fortgeschrittenen Status ALS, er kann nur noch seine Augen bewegen. Dass er keine Äußerung über Unwohlsein nach der Lagerung zeigt, sagt für mich nichts über Beschwerden bzgl der Positionierung aus. Er runzelt häufig die Stirn, aber selbst seine Frau kommt nach vielen Fragen an ihn nicht darauf, was er möchte.
Die sehr flache Lage bringt viel, aber nur, wenn er dafür mehrere Microlagerungen bekommen würde, die ich wenigstens für die Nacht durchsetzen konnte. Ich halte die Oberkörperdrehung bei unveränderter Flachlagerung des Beckens und Beine als kontraindiziert, egal ob er seine Muskeln spürt oder nicht.
Die Ehefrau handelt oft "aus dem Bauchgefühl" heraus. Zum Beispiel als sie sah, dass ich den Beatmungsschlauch mit einer dafür vorgesehenen Klemme am Betttuch befestigte, damit das Kondenswasser besser ablaufen kann, sich nicht in der Waagrechten staut und daher immer wieder Alarme ausgelöst werden- wurde sie laut und wedelte hysterisch mit den Armen durch die Luft. "Nein das darf nicht sein, sofort wieder den Schlauch über den mechanischen Haltearm hängen." Da sie so ausrastet, gebe ich ihr nach, so wie alle Kolleginnen das tun. Als ich nachfragt warum sie das so möchte, wiederholte sie : "weil der Schlauch so liegen muss". Ein paar Tage danach, als ich wieder zum Nachtdienst kam, lag der Schlauch genau so, wie ich ihn legen wollte. Ihr Kommentar dazu: Ja ich dachte, weil der Beatmungsschlauch beheizt ist würde..... Dann brach sie ab. Möglicherweise hatte sie Angst, das Bett könne abbrennen. Sie vertraut nur dem Herrn, der hin und wieder von Resmed kommt, weil der ihr sehr kompetent vorkommt.
 
Ich nehme an, das hat er schon getan, sonst würde er die Ehefrau nicht als "beratungsresistent" bezeichnen.

Fachlich falsche Pflege ohne nachvollziehbare Begründung lasse ich mir nicht diktieren. Nicht von Ärzten und nicht von Angehörigen. Falls das der Patient selbst so möchte und äußert, ist das vielleicht noch etwas anderes. Ansonsten halte ich mich an Standards und evidenzbasierte Pflegetechniken. Lückenlose Dokumentation versteht sich von selbst.
Was die Ehefrau macht, sobald du ihr den Rücken zudrehst, ist ihr Ding, aber du selbst trägst, du sagst es schon, die Durchführungsverantwortung.
Danke Jillian. Ja, genauso sehe ich das auch. Leider liegt es oft an der Geschäftsführung, die den Angehörigen fast alles verspricht was wie PFKs tun um jeden Wunsch zu erfüllen. Leider wird dies dann auch kritiklos von den meisten PFKs getan.
Erst wenn etwas schief geht oder der MDK kritisiert fragt man uns : Ja wie konntet ihr denn nur
 
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Reaktionen: Martin H.
Zum Beispiel als sie sah, dass ich den Beatmungsschlauch mit einer dafür vorgesehenen Klemme am Betttuch befestigte, damit das Kondenswasser besser ablaufen kann, sich nicht in der Waagrechten staut und daher immer wieder Alarme ausgelöst werden- wurde sie laut und wedelte hysterisch mit den Armen durch die Luft. "Nein das darf nicht sein, sofort wieder den Schlauch über den mechanischen Haltearm hängen." Da sie so ausrastet, gebe ich ihr nach, so wie alle Kolleginnen das tun. Als ich nachfragt warum sie das so möchte, wiederholte sie : "weil der Schlauch so liegen muss".
Schwierige Situation, vor allem wenn dann noch nicht mal eine vernünftige Diskussion möglich ist. In meinem Fall hat das die Ehefrau wenigstens mit ihrer panischen Angst vor einem möglichen Spitzfuß begründet, aber ich konnte sie diesbezüglich beruhigen und man konnte wenigstens drüber reden.
Wenn die Frau immer so hysterisch und ausrastend reagiert, ist echt die Frage, inwieweit man das mal im Team anspricht; also daß quasi das Team als Ganzes das ihr gegenüber anspricht. Habt ihr eine Teamleitung bzw. eine PDL o. ä., die hinter euch steht und das gemeinsam ansprechen könnte?

Generell ist die ambulante Intensivpflege was die Zusammenarbeit mit Pat. und Angehörigen noch viel schwieriger und problematischer als z. B. die Klinik, weil in der Klinik eben weitestgehend feste Abläufe vorherrschen, denen sich die Leute überwiegend fügen müssen (was nicht heißt, daß sie gar kein Mitspracherecht haben, aber sie sind da eben nicht "daheim").
Beim Pat. zu Hause ist das aber ganz was anderes, und man muß irgendwie miteinander auskommen - wenn das nicht klappt, ist es echt die Hölle, und man kann sich letztlich nur woanders hin versetzen lassen.
 
Schwierige Situation, vor allem wenn dann noch nicht mal eine vernünftige Diskussion möglich ist. In meinem Fall hat das die Ehefrau wenigstens mit ihrer panischen Angst vor einem möglichen Spitzfuß begründet, aber ich konnte sie diesbezüglich beruhigen und man konnte wenigstens drüber reden.
Wenn die Frau immer so hysterisch und ausrastend reagiert, ist echt die Frage, inwieweit man das mal im Team anspricht; also daß quasi das Team als Ganzes das ihr gegenüber anspricht. Habt ihr eine Teamleitung bzw. eine PDL o. ä., die hinter euch steht und das gemeinsam ansprechen könnte?

Generell ist die ambulante Intensivpflege was die Zusammenarbeit mit Pat. und Angehörigen noch viel schwieriger und problematischer als z. B. die Klinik, weil in der Klinik eben weitestgehend feste Abläufe vorherrschen, denen sich die Leute überwiegend fügen müssen (was nicht heißt, daß sie gar kein Mitspracherecht haben, aber sie sind da eben nicht "daheim").
Beim Pat. zu Hause ist das aber ganz was anderes, und man muß irgendwie miteinander auskommen - wenn das nicht klappt, ist es echt die Hölle, und man kann sich letztlich nur woanders hin versetzen lassen.
Das Teamgespräch wurde letzte Woche abgesagt, mangelnde Anmeldungen. Teamleitung ist überfordert, kommt mit den Formularen nicht zurecht. Jeder macht das, was zur Beruhigung der Ehefrau beiträgt, niemand will Stress. Viele Pfks haben wenig Erfahrung mir der Beatmungspflege. Ich habe den Eindruck, manche sin d sogar dankbar für die Hilfe der Ehefrau. Beim Betriebsleiter war ich schon öfter, hab auch keine Lust mehr dort immer wieder aufzufallen. Hoffnungslos
 

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