Visite ausarbeiten - überflüssiges Ritual?

hartwig

Stammgast
Registriert
02.04.2006
Beiträge
338
Beruf
Krankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
Dozent, Stationäre Pflege
Moin, moin...!

Wie sinnvoll ist das Ausarbeiten der Visite tatsächlich, hat das für die Pflege irgendeinen Vorteil? Ein Arzt schreibt in kaum lesbarer Schrift ein paar Anordnungen auf, danach versucht eine Pflegekraft das ganze zu entziffern und kopiert das handschriftlich notierte ebenfalls handschriftlich auf einen anderen Zettel und danach versuchen dann andere Pflegekräfte die oft ebenso kaum leserliche Handschrift des Kollegen zu entziffern, um z.B. Medikamente zu stellen...

Das ist doch alles Unsinn! Warum tippen die ärztlichen Kollegen die Anordnungen nicht einfach in einen Computer, dann gibt es einen sauberen Ausdruck und alle sind zufrieden! Dann müsste nicht mehr unnötig kostbare Arbeitszeit vernichtet werden für unsinnige Schreibübungen. Ausserdem gäbe es dann ein paar bedeutende Fehlerquellen weniger...
Was meint ihr?

Gruss hartwig
 
Moin Hartwig,

warum Ausdruck? ;)

Das Stellen der Medikamente ist auch überflüssig!

Der Arzt hinterlegt Medikamente und Dosierung im System - Medikamente werden zentral und automatisiert in die Tages-Schälchen gepackt. Zuordnung der Medikamente per Barcodecheck Patient - Medikament! Jeder Vorgang wird entsprechend digital protokolliert und dokumentiert. Und das ist sicher schon irgendwo in der Praxis umgesetzt.

Jeder Supermarkt ist z.B. beim Bestellwesen besser elektronisch aufgestellt als die meisten Kliniken!
 
  • Like
Reaktionen: kräuterfrau
Ich denke mal da wird sich in Zukunft vieles ändern. Du kannst als Pflegefachkraft gleich (während der Visite) die Anordnungen separat in Stichworten notieren, dann ersparst Du dir die Entzifferung.
 
Bei uns dokumentiert die Pflegekraft die Anordnungen während der Visite selbst. In naher Zukunft wird aber bei uns eh alles elektronisch, von daher wird sich auch dieser Punkt auch bald von selbst erledigen.

Übrigens sind es nicht nur Ärzte die eine saumäßige Schrift haben. Bin selbst froh nicht mehr per Hand dokumentieren zu müssen. :-)
 
Dank EDV-gestützter Dokumentation ist das bei uns keine große Sache mehr. Also die Dokumentation. Ausführen muss man die Anordnungen ja trotzdem noch.
 
Mich würde mal die Zeitersparnis interessieren, wenn der Doc bereits alles die elektronische Dokumentation einträgt.

Elisabeth
 
HHHHHHHHHHHHHHmmmmmmmmmmmmmmmmm...

Das ist nun mal das Risiko, wenn man es zulässt, dass ein Arzt unbegleitet eine Visite durchführen kann.
 
Wieso meinen viele deutsche Pflegekräfte eigentlich immer, dass Ärzte nicht in der Lage sind, alleine zu schreiben. Ich habe Stationen erlebt, da ist der Doc ganz alleine auf Visite gegangen und hat hinterher nur nochmal eine kurze Rücksprache gehalten. Hat gut funktioniert. Ob es am Arzt lag oder an der Fähigkeit der Pflegekräfte Loslassen zu können, vermag ich nicht zu sagen. War wohl ne Mischung aus beidem.

Elisabeth
 
Hier dank EDV auch kein Problem.

Notfall oder Aufnahmearzt nimmt die Medikamente auf, die der Patient zuhause nimmt. Anästhesie oder zuständiger Arzt ergänzt mit gewünschter Medikation. Wir setzen uns bei der Visite hin, gehen kurz die Medikamente durch (braucht er noch so viele Analgetika? Ist eine Schlafreserve verordnet? etc.). Arzt tippt das vor Ort ein und fertig.

Zudem ist das System in der Lage, anhand Verknüpfungen aus der Diagnosenliste zu warnen, wenn ein Medikament verordnet wird, das nicht gegeben werden darf. Zudem erkennt es Inkompatibilitäten zwischen mehreren Medikamenten. Dazu gibt es ganze "Pakete", die der Arzt zusammenstellen und bei Bedarf abrufen kann, z.B. eine Standardreserve aus verschiedenen Antiemetika und Analgetika.

Die Pflege sieht die Verordnungen und kann die anhand der Verordnungen aus dem elektronischen Medikamentensystem nehmen. Medikamente werden von der Apotheke gestellt und von der Pflege kontrolliert und abgegeben.

Tagsüber haben wir die Möglichkeit, Fragen an den Arzt zu senden, der diese dann beantwortet oder direkt ausführt. Umgekehrt kann uns der Arzt schreiben, wenn wir noch etwas erledigen sollen. Dort werden auch Blutentnahmen, Laborproben etc. verordnet.
Medikamentenlisten werden mit einem Mausklick in ein druckfähiges Rezept umgewandelt.

So kann der Arzt alleine Visite machen und bespricht dann noch kurz mit uns, obs was Wichtiges gibt oder etwas an den Medikamenten geändert werden sollte. So geht eine Visite für die 7 zugeteilten Patienten keine 10 Minuten und alle sind glücklich. ;)
 
Wieso meinen viele deutsche Pflegekräfte eigentlich immer, dass Ärzte nicht in der Lage sind, alleine zu schreiben. Ich habe Stationen erlebt, da ist der Doc ganz alleine auf Visite gegangen und hat hinterher nur nochmal eine kurze Rücksprache gehalten. Hat gut funktioniert. Ob es am Arzt lag oder an der Fähigkeit der Pflegekräfte Loslassen zu können, vermag ich nicht zu sagen. War wohl ne Mischung aus beidem.

Elisabeth
Problem ist nicht, dass Doc nicht alleine auf Visite gehen KANN. Auch sind die Ärzte/Innen durchaus in der Lage zu schreiben. Aber wie oft habe ich schon mitbekommen Patient sagt nachmittags zur Kollegin: " Der Doc hat gesagt...." Wenn keine Pflegekraft mit auf Visite ist heißt es erstmal Doc suchen (sofern überhaupt noch im Dienst) und abklären ob Doc wirklich xyz gesagt hat. Das kostet Zeit und nicht selten auch Nerven. :wink: Und kann man sich alles ersparen wenn eine Pflegekraft mit zur Visite ist. Davon abgesehen ist es bei uns auch so, dass die Visite auch genutzt wird, dass sich Ärzte und Pflege besprechen. Z.B was hat sich beim Patienten getan seit der letzten Visite, etc. pp. Da werden auch wichtige Infos ausgetauscht.
 
Das Eine schliesst das Andere nicht aus. Nur weil man nicht mit ans Bett zur Visite geht, heisst es ja nicht, dass man sich nicht mit dem Arzt absprechen kann. Wenn ein Arzt sauber dokumentiert, kann man das nachlesen. Wenn mir eine Patientin dann sagt "Der Arzt hat mir gesagt, ich solle xy machen", dann schaue ich das einfach in der Dokumentation nach.

Auf einer vorherigen Arbeitsstelle mussten wir bei jeder Visite zum Bett und durch die Zimmer. Wir haben teilweise 30-40 Minuten gebraucht für 5 Patienten. Da sie dem Arzt dasselbe erzählten wie mir auch schon, stand ich da einfach völlig nutzlos daneben und bin im Geiste durchgegangen, was ich in dieser Zeit alles tun könnte, wovon ein Patient wirklich profitiert. Zudem bespreche ich ungern im Zimmer (in dem sich in der Regel andere Patienten aufhalten), was nun alles gemacht und verordnet werden sollte.
 
@JessesGirl , :beten: könntest du bitte aufhören so Dinge zu schreiben, wie: "7 zugeteilte Patienten oder ...gebraucht für 5 Patienten"!

Ich gehe dann zu meinen mir zugeteilten 12 - 18 Patienten, alleine, ohne Hilfskraft. :cry:
Ansonsten, kurze konzentrierte Besprechung mit dem Arzt und dann darf er ganz alleine zum Patienten gehen, das schafft er schon.
 
??? Geht es hier darum, wer die meisten Patienten zu versorgen hat und ob er Hilfspersonal hat oder nicht?

Elisabeth
 
Moin, moin!

Ich erlebe durchaus sinnvolle Visiten, wo ein tatsächlicher Austausch zwischen Pflegekraft und Arzt stattfindet. Mein Ausgangsproblem war eher das, was dann danach passiert: Das unsinnige handschriftliche Kopieren von einem Zettel auf einen anderen Zettel.Pflegehistorisch ist dies ja ganz interessant: Früher war es in der Regel ein besonderes Privileg ausgewählter Schwestern, die die Anordnungen der Ärzte übertrugen und weitergaben, daraus resultierte automatisch eine gewisse Machtposition. Diese Ritus wurde, ohne das es heute noch eine sinnvolle Begründung gibt, bis in die heutige Zeit vererbt. Womöglich liegt darin eine Begründung, warum sich viele Häuser so schwer tun, sich davon zu trennen, obwohl dies technisch schon lange úberholt ist.

Gruss hartwig
 
  • Like
Reaktionen: Elisabeth Dinse

Ähnliche Themen