Versorgung von Patienten mit Anorexie Nervosa - IM AKUTKRANKENHAUS!

Oliwaes

Junior-Mitglied
Registriert
11.10.2006
Beiträge
60
Beruf
Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger
Akt. Einsatzbereich
pädiatrische Onkologie/Hämatologie, Diabetologie, Kinder- und Jugendpsychatrische Patienten
Funktion
Praxisanleiter
Hallo Forumgemeinde,

heute habe ich mal eine Frage an die Leute, welche auf ihren Stationen im Akutkrankenhaus Patienten mit der Diagnosestellung Anorexie Nervosa versorgen.

Wie werden diese in akut (schlechten) Ernährungszuständen betreut und versorgt!? Gibt es Besonderheiten beim Versorgen? Interdisziplinäres Team!? Wie läuft der Klinikaufenthalt bis zur Entlassung (in Reha!?) bei euch ab? Würde mich über reichlich Erfahrungsberichte eurerseits sehr freuen!!!

Ol
 
Ich kann mich da nur an wenige Fälle aus der Ausbildung erinnern, wo die Patientinnen (habe keine Jungs erlebt, kommt aber natürlich auch öfters vor) auf der Allgemeinpädiatrie behandelt wurden. Es ging dabei um die Übergangszeit bis zur Verlegung in die Kinder- und Jugendpsychiatrie, oft wegen zu schlechtem Allgemeinzustand. Ich persönlich habe keine Fixierungen (wegen z.B. Ernährung per Magensonde) erlebt, wohl aber Sitzwachen (gegen Sport im Zimmer/Bett) und abgeschlossene Badezimmer bzw. Badbenutzung nur unter Aufsicht (wegen Erbrechen der Mahlzeiten). Generell finde ich gehören die Patienten so schnell als möglich in die Psychiatrie...
 
Ich persönlich empfinde die Versorgung dieser Patienten ausserhalb der Psychatrie immer als extrem unkoordiniert.
Bei uns liegt das Hauptaugenmerk immer auf der Gewichtszunahme, da die meisten Reha-Kliniken/Psych. ja die Pat. erst ab einem bestimmten BMI aufnehmen.
In der Regel schaut der Psychologe in den ersten Tagen auf Station vorbei und bestätigt die Einweisungsdiagnose-damit ist die psychologische Betreuung meist beendet....
Pat mit extrem niedrigen BMI und totaler Verweigerungshaltung werden manchmal auch parenteral ernährt, bis sie ein bestimmtes Gewicht erreicht haben.
Unsere Docs rechnen dann den normal benötigten Kalorienbedarf aus, wir besprechen dann mit den Kids wie das über den Tag verteilt werden soll und was sie gerne möchten ( Essen aussuchen ist ja in der Regel auch nicht das Problem................).
Die Pat essen dann wenn möglich immer in Begleitung einer PK, die in der Regel auch dabei etwas isst ( wird meist von beiden als angenehmer empfunden ). Im Idealfall klappt das natürlich alles ganz toll und der Pat wird zwischendurch auch mal über Nacht beurlaubt ( als Belohnung für die gute Mitarbeit ).
Normalerweise endet das aber im Chaos. Wer zu Hause schon Problem mit dem Essen/ Erbrechen etc hatte, legt das natürlich nicht im KH ab.
Deshalb bekommen die meisten Pat eine Magensonde ( für PK und Pat ein dramatisches Ereignis ) und entsprechende hochkalorische Sondennahrung. Spätestens nach 3 Tagen sind alle endnervt, v.a. durch die ständigen Kontrollen ( fraglich Spritze im Zimmer um Nahrung abzuziehen? ständiges unbeobachtetes Sporteln? etc )
Gewichtskontrollen finden täglich statt, Pat darf Gewicht nicht sehen. Meist wird versucht den schlafenden Pat zu überraschen, um vorheriges Wassertrinken etc zu vermeiden.
Das alles sprengt meist die Zeit, die wir für einen Patienten aufbringen können und am Ende staht nur das Ziel: Gewichtszunahme. Die psychologische Betreuung bleibt fast immer auf der Strecke-das übernimmt ja dann die Psychiatrie:schraube:
 
Vielen Dank für eure Erfahrungen! Vielleicht können noch ein paar andere Leute hier von der Versorgung bei Anorexie Nervosa berichten! Ich würde mich sehr freuen! Vielen Dank im Voraus!

OL
 

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